Volltext: Dr. Hans Zötl

Wasser des Lebensbornes: die eine ist die Dichtkunst, die andere die 
Freundschaft." Das sinnige Wort, so uralt es ist, klingt wie von 
heute, wie von einem der Unsrigen, und ist noch wahr nach Jahr¬ 
tausenden- denn das Menschenherz redet in ihm, dessen Sprache allen 
Zeiten, Zungen und Zonen gemeinsam ist. Wer fühlte nicht schon in 
seinem Leben den Segen, der von mitfühlender Freundschaft, die Trost¬ 
gewalt, die von einem echten Dichter ausgehen kann, denn die alten 
echten Dichter sind Freunde der Menschen, und wer empfände nicht 
gerade jetzt, in einer vom Hasse vergifteten Zeit, die den wildesten aller 
Kriege gebar, ein Sehnen nach jenem Idealreiche der Vergangenheit, 
wo man dieser besten Früchte des Daseins noch in sorgloserem Wandel 
genießen durfte! 
 
3. 
Anton Matosch an Hans Zötl am 15. Jänner 1882: 
Ja, seit Du mich gewürdigt hast, Zeuge Deiner einsamen Be¬ 
trachtungen zu sein, Zeuge Deines Selbstgespräches, ist mir der Blick 
in Dein Inneres eröffnet. 
Das Höchste, was der Mensch zu vergeben hat, ist dieser Einblick 
in seine Innenwelt. Ein schönes Beispiel dafür ist die Natur- wie 
ergreift sie uns, wenn wir ihr den Eingang in unser Inneres er¬ 
schließen, welch tiefes Glück, welch heilige Nutze vermag ein schöner 
Abend in unsere Seele zu bringen! 
Ich habe mit wahrer Andacht von Deinen abendlichen Spazier¬ 
gängen auf den Pöstlingberg gelesen. Du hast recht, aus dem Lärm 
des menschlichen Treibens heraus gibt es keine schönere Zuffucht, als 
zur Stunde der Vesper hinauszutreten in den ewigen Dom mit der 
erdüberwölbenden Himmelskuppel. Da allein ist Erlösung, Erhebung, 
Versöhnung, Unschuld, Friede! „Werdet wie die Kleinen", sprach der 
göttliche Weise, und wir werden klein, wenn wir uns vertiefen in den 
Anblick des sinkenden Tages 
 
4. 
Hans Zötl an Norbert Hanrieder am 25. Juni 1884: 
Besuch bei Dechant Norbert Purschka. Wundervoller Tag, präch¬ 
tige Landschaft, harmonierend eigenen Stimmungen und dazu noch 
der Vortrag dieses wahrhaftigen Jüngers Christi, atmend tiefe Wahr- 
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