Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 5. Heft (5. Heft / 1956)

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Besonders aufopferungsvoll wurde der Dienst der 
Telephonisten, Essenträger und Materialschlepper in 
diesen Tagen. Immer wieder waren die Telephonlei 
tungen unterbrochen und trotz des schweren Feuers muß 
ten die Männer hinaus, die Fehler suchen und zerfetzte 
Leitungen flicken. Hing doch an diesen Drähten, die zu 
den Kommanden und Reserven laufen, das Leben der 
Front. Das Zuschieben der Munition, der Menage und 
anderer notwendiger Dinge wurde fast zur Unmöglich 
keit. Jede Nacht aber übernahmen hunderte braver Sol 
daten diesen Opfergang zur Front, um ihre Kameraden 
im Kampfgraben mit dem Notwendigsten zu versorgen. 
Dieses stille Heldentum ist wohl genau so hoch zu wer 
ten, als die heroischen Taten unserer Frontkämpfer. 
Das Brigadekommando war in diesen Tagen in der 
Milojevicschlucht. Obwohl den meisten Zweiern der Weg 
dorthin gut bekannt war, mußte man gut aufpassen, um 
ihn jetzt wieder zu erkennen. Steintrümmer, durch tau 
sende Einschläge schwerster Geschosse und Minen umher- 
geschlendert, hatten den Weg fast um einen Meter ge 
hoben, das kleine Wäldchen war verschwunden, viele 
Kaverneneingänge verschüttet und manche Verteidi 
gungsanlage wegrasiert. 
Die Sektion 5 war auf kurze Zeit in Feindeshand ge 
raten. Der Frontabschnitt war in Rauch gehüllt und 
jede Sicht genommen. 
Jnfanterieangriffe auf die Sektionen 7 bis 14 waren 
überall abgewiesen worden. 
Da kam um 4 Uhr nachmittags vom Brigadier von 
Schuschnigg telephonisch folgende Weisung an unser Re 
gimentskommando: 
„Der Feind ist in die Nordkuppen des Divisions 
abschnittes eingedrungen. Die 44. Schützendivision wird 
einen Gegenangriff durchführen. Das II. Bataillon des 
Schützenregiments Nr. 2 ist sofort bereitzustellen und soll 
sofort einzeln zum Standpunkt der Frontbrigade ge 
bracht werden." 
In kurzer Zeit war der Befehl ausgeführt. Inzwischen 
erfolgte eine neue Meldung des Inhalts, daß der Geg 
ner in die Sektionen 1 bis 3 eingebrochen sei. Unsere 
Kräfte standen dort in der alten 1-a-Stellung. Noch in 
der Nacht wurde dann die Zurückeroberung der verloren 
gegangenen Sektionen gemeldet. 
Das Regimentskommando der Zweier war vom Offi 
zier-Beobachter auf Kote 172 ständig auf dem laufen 
den gehalten und ordnete sicherheitshalber die halbe 
6. Kompagnie (Hauptmann Fischer) in den südlichen 
Teil der 1-e-Linie, um bei Gefahr am Schluchtriegel 
eingreifen zu können (Skizze 1). 
Am 23. August erfolgte auf die Sektionen 11 und 12 
ein italienischer Sturmangriff. Die vorgehenden ita 
lienischen Sturmkolonnen wurden aber, bevor sie unse 
ren Schützengraben erreicht hatten, durch Minen- und 
Maschinengewehrfeuer aus dem Kavernenriegel zerfetzt. 
Weitere Jnfanterieangriffe blieben dann aus. 
Am 24. August kehrte Hauptmann Burgstaller vom 
Urlaub zurück und übernahm wieder sein III. Batail 
lonskommando; Oberst Oertl wieder das II. Bataillon. 
Zwischen 19. und 23. August drohte auch die Hermada 
verloren zn gehen. Es war dies die letzte Bastion auf 
dem Wege nach Triest, den die Italiener ja in allen 
Jsonzoschlachten als Ziel gesteckt hatten und dem sie nun 
greifbar nahe gerückt schienen. Aber auch hier blieb ihnen 
der letzte und entscheidende Erfolg versagt. Die Kraft 
der Million Streiter war durch die ungeheuren Blut 
opfer, die das italienische Heer bisher in der elften 
Schlacht am Jsonzo bringen hatte müssen, erschöpft und 
auch die elfte Schlacht neigte sich ihrem Ende zu, ohne 
daß der Feind seine kleinen Anfangserfolge weiter aus 
bauen konnte. Vom Fajti bis zum Volkovnjak, einem 
kaum zwei Kilometer langen Frontstück gegenüber unse 
ren Sektionen 7 bis 12, wurden an italienischen Trup 
pen festgestellt: Brigade Pallanzer, Brigade Rivigo, 
Brigade Tevere, dahinter in Reserve Brigade Leccr und 
Brigade Massa Carrara. Alle gehörten zum 11. ita 
lienischen Korps, das uns gegenüber stand. Biel Feind, 
viel Ehr! 
Unsere hohen und höchsten Kommandos sparten denn 
auch nicht mit ihrer Anerkennung. So ein Telegramm 
vom Armeekommando: 
„Nachstehenden Truppen spreche ich meine belobende 
Anerkennung aus: Den Truppen der 44. Schützendivi 
sion für hervorragend zähe Verteidigung der ihnen an 
vertrauten Stellungen." 
gez. Boroevic, Generaloberst. 
Unser Regimentskommandant Oberst Karl Christo- 
phori erhielt als allerhöchste Auszeichnung den Eisernen 
Kronenorden II. Klasse und Offiziere und Mannschaft 
beglückwünschten unseren Regimentsführer. 
Neu waren auch die Brieftaubeneinsätze zur Verbin 
dung mit dem Korpskommando, wenn alle anderen 
Wege versagen sollten. 
Weil es mit der Waffe nicht gelang, sollte es mit dem 
Wort gelingen und so meinten die Italiener mit ab 
geworfenen Flugzetteln mehr als mit Minen erreichen 
zu können. Es sei hier einer der vielen, vielen bis zum 
Kriegsende abgeworfenen Flugzettel angeführt: 
„Österreichisch-ungarische Soldaten! 
Die österreichisch-ungarischen Soldaten leben in Ita 
lien in bequemen Lagern und bekommen alltäglich Weiß 
brot und Fleisch, weil wir in Italien alles im Überfluß 
haben. Die österreichisch-ungarischen Gefangenen, welche
	        
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