° OserdotJ
o Pilica
°Podzamcze
-1914
V. © Rauaruska
igi4
sVCI ») Rottenhan °0 ° Zurauniki
LEMBERG ,n,4c
**1*oKormce 1^1^oPrzerrajsLany
tnaqierayjg^^^^^
tleusanßec oGorlice
PrqslSp
Baliqrodo fr&ubne
Slanislaa
TLumacz
r^l^<olomea
oPofoSeEmiTV^
+ 1916
bnsirubtj
Qelatynt
fozen
tun* 19i5/i6
Üj/Lmte. Santo -fojc
lind/ ° Temgua / ~
►K4r° ° Cermzza 1915
( tJajlihrib
1916-1917
vjt|»TRlEST
r Sacile
Xontqliafto
^ °1916
L Comuni
Roveneto 191$
VENEDIG
67
5. Heft
Herausgegeben vom
^arneradsGaftsbund ehemaliger ^Arverers^ützerr
^inz "/Donau, SGlllerstraße -45
Ä.lLgenreine Sparkasse £ing Dir. 138.590 • Spargiro: Zahlschein Dir. 12.483
Inhalt des 5. Heftes
Seile
A. Das Feldregiment:
Vor der 10. Jsonzoschlacht (1. bis 14. Mai 1917)........................... 267
Die 10. Jsonzoschlacht (14. Mai bis 15. Juni 1917)........................... 268
Zwischen 10. und 11. Jsonzoschlacht (15. Juni bis 18. August 1917)........... 276
Die 11. Jsonzoschlacht (18. August bis 15. September 1917)..................... 279
Zwischen 11. und 12. Jsonzoschlacht (15. September bis 26. Oktober 1917) .. 282
Die 12. Jsonzoschlacht (Vormarsch an die Piave,
26. Oktober bis 15. Dezember 1917) ....................................... 284
Im Brückenkopf Zenson (15. bis 22. Dezember 1917) ......................'.... 293
In S. Vidotto und Biauzzo (Lehrdivision, 4. Februar bis 11. Juni 1918) .. 296
Uber die Piave (12. bis 25. Juni 1918)....................................... 298
Wieder in S. Vidotto und Biauzzo (26. Juni bis 24. Oktober 1918)............. 305
Das Ende des Krieges (24. Oktober bis 11. November 1918) .................... 308
Bildbeilagen ................................................................ 322
Skizzen und Pläne ........................................................... 323
B. Das Ersatzbataillon in Brünn .............................................. 326
C. Der Kameradschaftsbuud ehemaliger Zweierschützen ............................ 328
Druck: Jos. Feichtingers Erben, Linz, Hauptplatz 18
A: Das Feldregiment
Zusammengestellt vom Kameraden Hans Brunner, Linz, aus den Aufzeichnungen von ehemaligen
Regimentsangehörigen und dem Nachlaß des ehemaligen k. k. Schützenregiments Nr. 2
Im Jahre 1937 war das 4. Heft unserer Regimentsgeschichte erschienen und niemand ahnte damals, daß es
19 Jahre dauern werde, bis das nächste Heft und damit der Abschluß unserer Geschichte geschrieben werden könne.
Das Heft 5 umschließt die Zeit vom Mai 1917 bis zum Ende des Krieges. In diese Zeit fallen die glück-
lichsten Tage des Regiments, der Vormarsch an die Piave, aber auch die unglücklichsten, -die Tage des Zusammen-
bruches des Staates und die unverschuldete Gefangennahme vieler Kameraden von uns.
Das Schützenregiment Nr. 2 zählte mit zu den besten des alten Kaiserreiches und es ist Ehrenpflicht von nns,
die wir das Glück haben, uns heute noch des Lebens freuen zu können, kommenden Geschlechtern zu künden, aus
welchem Holz ihre Väter waren, die um des Volkes und dar Heimat willen alles zu geben bereit waren.
Schützenregiment Nr. 2 auf Retablierung vor Beginn
der 10. Jsonzoschlacht
Das erst vor wenigen Wochen vom k. k. Landwehr-
infanterieregiment Linz Nr. 2 zum k. k. Schützenregiment
Linz Nr. 2 umbenannte zweite Linzer Hausregiment lag
vom 20. März bis zum 7. Mai 1917 im Raume Sinarje-
Kreplje-Kriz ungefähr 15 Kilometer südöstlich Comen
auf Retablierung. Reinigung des Körpers, der Mon-
turen und Waffen, Entlausung, Ergänzung der Aus-
rüstung, Schießausbildung und Ausbau von Reserve-
stellungen kennzeichnen diese Periode. Urlaube und Son-
derurlaube an mindestens sechs Monate in der Front
befindliche Regimentsangehörige vermittelten vielen
Zweiern ein Wiedersehen mit der Heimat und den Lie-
ben zu Hause. Soldatenheime in Kriz und Kopriva
waren eingerichtet worden und dienten, ebenso wie ein
in Duttoule aufgebautes Frontkino der Freizeitgestal-
tung im Sinne der Bestrebungen: „Heimat an die
Front!" Die letzte Aprilwoche war unter der Devise
„Witwen- und Waisenwoche" ausschließlich der Stär-
kung des unter dem Protektorate des Kaisers stehenden
Witwen- und Waisenfonds gewidmet.
Auch die Armee im Felde wollte hinter der Heimat
nicht zurückstehen, um die bedauernswerten Opfer eines
von ihr nicht verschuldeten Krieges wenigstens vor der
allerärgsten Not zu schützen.
In allen Kantonierungsorten wurden Sammlungen
und Festveranstaltungen zur Belebung der Gebefreudig-
keit durchgeführt. Der Proviantoffizier sorgte dafür, daß
um billiges Geld Rotwein und Essen zusätzlich gekauft
werden konnte. So konnte es nicht ausbleiben, daß bei
unserem Regiment das Ergebnis der Sammelwoche sehr
gut war und mit über 12.000 Kronen den Höchstbetrag
im Bereiche der 44. Schützendivision ergab.
Da die Geschichte des Feldregiments zum Großteil
aus Kampfhandlungen und ernsten, ja traurigen Er-
lebnissen, besteht, soll auch einmal Humor und Spaß zu
Worte kommen. Ein Kamerad berichtet:
Hier in der Retablierung machten auch wir unsere
Witwen- und Waisenwoche. Wer glaubt, daß die Ober-
österreicher da weniger leisteten, als draußen am Draht-
verhau, der kennt sie nicht. Den Höhepunkt der Ver-
anstaltung bildete das große Mannschafts-Wiesenfest.
Was an Brauchbarem aufzutreiben war, wurde hin-
geschleppt: Tische, Stühle, Bänke, Bretter, Fahnen,
Frauenkleider, Waschbecken, Zimmerbesen usw. Die
Zivilbevölkerung tat gern mit. Um halb vier Uhr nach-
mittags begann die Wanderung auf dem steinigen Kar-
renweg hinaus zur bestimmten Doline. Bald machte
diese den Eindruck eines richtigen Amphitheaters. Die
Böschung war dicht von der Mannschaft besetzt. Die eine
sanfter ansteigende Seite hatte die Regimentsmusik für
sich gewählt. In der Mitte der Maibaum, glattgeschält,
mit einem hübschen Wipfel, der von färbigen Bändern
schillerte. Unter demselben ein bebänderter Kranz, schwer
behängen mit Besten. Links unten eine Bühne aus Zelt-
blättern mit tadellos funktionierenden Vorhängen. Die
Regimentspioniere hatten einen soliden Barren auf-
gestellt. Am Rande der Doline waren die Dorfschönen
zu sehen, unten in den vordersten Reihen lagerte die
ganze Dorfjugend. Als der Regimentskommandant mit
den Offizieren erschien, schlug die Musik ein. Ein lustiges
Programm, mit Ulk, Spaß und Humor gewürzt, füllte
zum Gaudium der Soldaten und Zivilisten den Nach-
mittag. Die Fahrküchen waren zum Festplatz gefahren
und hatten gutes Gulasch zubereitet gehabt. Neben den
Fahrküchen wurde noch allerlei verkauft: Ein Viertel-
liter Wein zu 30 Heller, ein hart gekochtes Ei zu zehn
Heller, Russen 10 Heller, Geselchtes mit Kraut zu 60
35
267
Heller usw. Das alles hatte der Proviantoffizier von den
1000 Kronen gekauft, die der Linzer Bischof Dr. Johan-
nes Gsöllner anläßlich seiner Anwesenheit beim Regi-
ments für die Mannschaft gespendet hatte. Weitere 450
Kronen hatte der Bischof dem Jnvalidenfonds des
Regiments gewidmet.
Vom 7. Korpskommando war eine besonders inten-
sive Sturmausbildung anbefohlen worden und es sollten
dieser Ausbildung möglichst viele Zweier zugeführt
werden.
In diese Retablierungszeit fielen auch die ersten An-
ordnungen über die Verleihung des Karl-Truppen-
kreuzes, einer neugestifteten Auszeichnung für Front-
kämpfer. Das Kreuz wurde bald eine der geschätztesten
Auszeichnungen und ein hochbegehrtes Ehrenzeichen.
Ebenfalls neu war die Einführung eines Verwun-
deten-Abzeichens. Für jede Verwundung konnte an der
linken Kappenseite ein ungefähr fünf Zentimeter langes,
schmales, rotes Bändchen aufgenäht werden. Also noch
eine, fast nur den Frontkämpfern zugute kommende Aus-
zeichnung, die später durch die Verwundeten-Medaille
abgelöst wurde. Die angespannte Verpflegungslage kenn-
zeichnete ein im April erlassener Befehl, daß ab sofort
die Brotration pro Mann und Tag für die Kampftruppe
610 Gramm und für Nichtkampftruppen 520 Gramm
betragen soll. Auch die Pferde wurden auf Schmalfraß
gesetzt. Große Pferde sollten 2,5 Kilo und kleine 1,5 Kilo
Hartfutter erhalten. Aber auch diese schon geringfügigen
Mengen konnten nicht lange eingehalten werden. Dörr-
gemüse war Hauptverpflegung geworden. Zubußen, wie
Speck, Käse und Tee, wurden eingestellt und durch die
sogenannte „Grog"-Zubuße, das sind drei Zehntel Liter
Rum und 25 Gramm Zucker ersetzt.
Ende April war gekommen und die schönen Tage der
Retablierung schienen zu Ende zu gehen.
Die Aufstellung einer Technischen Jnfanteriekom-
pagnie (TJK.) und des Telephonzuges wurde begonnen.
Die 10. Jsonzoschlacht
Skizze 1
Schon die ersten Maitage brachten gesteigerte Tätig-
keit der Feindbatterien und man spürte deutlich, daß
etwas in der Luft liege, aber beileibe nicht das viel-
besungene „Mailüfterl". Am 3. Mai war es dann so
weit. Das Regimentskommando erhielt die Weisung,
im Zuge der Ablösung der 48. Jnfanterietruppendivision
durch die 44. Schützendivision am 7. Mai mit dem Re-
giment im Raume Dornberg-Tabor einzutreffen. Das
Regimentskommando, die Technische Jnfanteriekom-
pagnie und das III. Bataillon kamen nach Dornberg,
das I. Bataillon nach Tabor (Ort) und das II. Bataillon
ins Taborlager (Bergwerksschlucht bei Mohorini). Der
Gefechtstrain ging nach Birst und der Provianttrain
nach Mesari. Das Schützenregiment Nr. 2 ist vorerst
Divisionsreserve. Das Brigadekommando hatte einen
schön ausgebauten Standort bei Kote 111 zwischen Zi-
goni und Binisce. Die Anmarschwege der Reserven wa-
ren meist gegen Sicht gut gedeckt, überhaupt machte die
ganze Gegend einen viel sympathischeren Eindruck als
die reine Karstlandschaft um Kostanjevica.
Wie sah es dagegen in Dornberg selbst aus! Der Ort
war fast vollkommen verwüstet. Aus vielen Häusern
waren die Decken und Fußböden herausgerissen und mit
den Fensterrahmen als Heizmaterial verbrannt worden.
Unrat machte auch die sonst noch erhaltenen Räume
unbewohnbar. Es bedurfte anstrengender Arbeit, um den
Aufenthalt hier erträglich zu machen. Unser Regiments-
kommandant war zugleich Stationskommandant und
traf sofort Vorsorge für die Unterbringung der Truppen
bei zu gewärtigender Beschießung durch feindliche Ar-
tillerie und Flieger.
Vom XXVII. Marschbattaillon traf eine Kompagnie
unter Kommando des Oberleutnants Penzendorser in
Dornberg ein und wurde aufgeteilt. Die restlichen zwei
Kompagnien dieses Marschbataillons verblieben einst-
weilen noch in ihrem Ausbildungsraum. Oberstleutnant
Hirsch, unser Regimentskommandant, und Hauptmann
Uldarich Lehecka, Kommandant des II. Bataillons, gin-
gen auf Urlaub ab. Inzwischen übernahm Major Vin-
zenz Murek das Kommando über die Zweier. Außerdem
gab es noch Kommandoänderungen bei der 4. Kom-
pagnie, welche der Oberleutnant der Reserve Leicker,
bei der 11. Kompagnie, die Oberleutnant Mutter, bei
der 6. Kompagnie, welche Leutnant Keck und bei der
Technischen Jnfanteriekompagnie (TJK.), die Leutnant
Lorenz übernahm.
Am 9. Mai wurde angeordnet, daß sämtliche Offiziere
und Säbelchargen die Anmarschwege zum Brigadekom-
mando zu begehen haben, damit vollkommene Sicher-
heit im Zurechtfinden im Brigaderaum erteicht werde.
Da jeder Frontkamerad aus dieser Zeit weiß, wie schwer
ein Orientieren im Karstgelände an und für sich ist und
um wieviel schwerer es erst bei Nacht ohne jede Be-
leuchtung wird, kann man die Zweckmäßigkeit der Wei-
sung unseres Brigadiers Oberst von Schuschnigg nur
voll anerkennen.
Anläßlich des Geburtstagsfestes Ihrer Majestät der
Kaiserin Zita fand in Dörnberg in der Ortskirche ein
Festgottesdienst statt, zu dem auch Abordnungen der
Bataillone I und II erschienen waren.
An der Front verstärkte sich in diesen Tagen das Ar-
tilleriefeuer schon merklich und es wurden auch schon
Räume hinter der Front unter Feuer genommen. Auch
268
Dornberg litt unter Feuerüberfällen. Die Truppen such-
ten dort tagsüber die vorgesehenen Deckungsräume auf.
Bergeltungsfeuer unsererseits hatte Wirkung.
Dornberg ist vom Fajtigipfel (Kote 432) und dem
Monte Santo eingesehen. Die Beschießung Dornbergs
hatte 16 Tote und 30 Verwundete gekostet.
Schon am 13. Mai wurde das Schützenrogiment
Nr. 2 noch näher an die Front herangezogen. Das
I. Bataillon wurde Divisionsreserve und bezog die
Mulde bei Kote 203, das III. Bataillon die Schlucht
zwischen Zigoni und Vinisce und das II. Bataillon kam
in ein Lager bei Kote 125 zwischen Martinuci und
Ozrenj. Beim III. Bataillon war auch das Regiments-
und 44. Schützenbrigadekommando untergebracht.
Oberstleutnant Hirsch und Hauptmann Lehecka wurden
telegraphisch vom Urlaub zurückberufen.
Der Bericht unseres Generalstabes sagte für diese
Tage:
Bericht des Generalstabes
Wien, 13. und 14. Mai 1917.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Bei der Jsonzoarmee sind gestern heftige Artillerie-
kämpfe entbrannt. Der Feind ließ zwischen Tolmein
und dem Meere an ganzer Front seine Geschütze und
Minenwerfer in Tätigkeit treten. Sein Feuer hielt die
ganze Nacht an und dauert fort. Unsere Artillerie er-
widert mit Erfolg.
Die Artillerieschlacht am Jsonzo steigert sich mitunter
zu größter Stärke. Die italienische Infanterie versuchte
bei Plava einen Handstreich gegen einen unserer Höhen-
stützpunkte. Sie wurde geworfen.
v. Höfer, Feldmarschalleutnant.
In den folgenden Tagen dauerte das Artillerieduell
in unverminderter Stärke fort. Die Italiener griffen
die Sektionen 10 und 11 am Fajti-hrib an und wurden
jedoch zurückgeschlagen. Nach Aussagen italienischer Ge-
fangener soll das Infanterieregiment Nr. 30 (Pisa) bei
dem letzten Angriff fast aufgerieben worden sein. Die
II. Kompagnie (Oberleutnant Mutter) und ein Ma-
schinengewehrzug haben die Brigadereserve abzulösen.
Oberstleutnant Leopold Hirsch hat das Regiments-
kommando wieder übernommen, Major Murek kom-
mandiert wieder das III. und Hauptmann Lehecka das
II. Bataillon.
Das I. Bataillon bezog den Raum des III. Bataillons,
welches in die Milojevicschlucht vorgezogen wurde.
Hauptmann Ludwig Lehner rückte zum Regiment ein.
Die Kompagnien das I. Bataillons arbeiteten an der
Ausgestaltung der 1-o-Linie und schafften Material und
Drahthindernisse in die Stellung.
Am 20. Mai erfolgte abends die Ablösung des
III. Bataillons des Gebirgsschützenregiments Nr. 1 durch
das II. Bataillon des Schützenregiments Nr. 2 im Nord-
abschnitt des Regiments, das sind die Sektionen 7, 8
und 9 und am 22. Mai abends folgt das I. Bataillon
in die Sektionen 10, 11 und 12. Hauptmann Franz
Fischer und v. Neupauer rückten zum Regiment ein.
Nach vorhergegangenem eigenen Artilleriefeuerüber-
fall wurde eine Patrouillenunternehmung gestartet,
welche ohne Verluste durchgeführt werden konnte und
welche starkes feindliches Artilleriefeuer auslöste.
In den Bereitschaftsstellungen und in der unmittelbar
davor liegenden Frontlinie waren alle Kavernen, Be-
obachtungsstände, Signalstationen, Maschinengewehr-
stände, Batterien, ja auch Worte, wie: Munition, Gra-
nate, Mine etc. etc., durch Decknamen bezeichnet, damit
das Abhören von Telephongesprächen und Befehlen dem
Feinde erschwert, unverständlich und damit nutzlos
wurde. So hatten die Kavernen am Kavernenriegel z. B.
Namen wie: Agnes, Barbara, Klara, Dora, Steffi,
Greti usw. In der Bataillonsschlucht hießen sie wieder
Paula, Minna, Emma, Linz und Graz, wo anders Cä-
sar, Rudolf, Ernst usw. Man mußte schon lange Front-
erfahrung in diesem Raume haben, um sich halbwegs
zurechtzufinden. Es kam öfters vor, daß unsere Träger
bei den Italienern, italienische bei uns landeten und
Telephonleitungen gegenseitig angeschlossen wurden.
Das II. Bataillon am Kavernenriegel hatte den Be-
fehl, bei einem eventuellen Einbruch des Feindes in die
knapp davor liegende Frontlinie unter allen Umständen
zu halten und durch Gegenangriff den, in der eben er-
oberten Stellung noch unsicheren Gegner sofort wieder
hinauszuwerfen.
Am Riegel war auch ein Beobachtungsstand, der stän-
dig durch einen Offizier besetzt war und einen pracht-
vollen Ausblick weit über das Vorgelände gestattete.
Görz lag weit im Nordwesten in einer großen Ebene,
der Monte Santo und Monte San Gabriele lagen zum
Greifen nahe zur rechten Hand und der Fajti-Gipfel
und die Feindstellung auf demselben auf Flinten-
schußweite zur Linken.
In der Nacht trug die Mannschaft aus dem Riegel
und anderen Reservestellungen „Spanische Reiter",
Stacheldraht und andere Kampfgeräte in den Kampf-
graben. Gar oft war diese Arbeit verlustreicher und ge-
fährlicher als der Aufenthalt im vordersten Graben und
doch mußte dieses Opfer allnächtlich gebracht werden,
sollten die Kameraden vorne bestehen können.
Das Zweierregiment lag nun ab 22. Mai mit zwei
Bataillonen in der vordersten Linie in den Sektionen
7 bis 12 und mit einem Bataillon als Reserve am
Kavernenrücken und in der Milojevicschlucht (Skizze 1).
38*
269
„Die Sektion 12 ist das Schmerzenskind meiner Di-
vision", sagte einmal der Divisionär der 44. Schützen-
division, Feldmarschalleutnant Schönauer, und hatte da-
mit die ungemein schwierige Lage dieses Frontabschnittes
treffend gekennzeichnet. Die eigene Stellung dieses
Stuckes der Front war von der gegenüberliegenden ita-
lienischen am Fajti, Kote 432, und auch von den Höhen
bei Görz vollkommen eingesehen und daher immer unter
Feindbeobachtung und jede Bewegungsfreiheit unter-
bunden. Dabei bestand wegen der Nähe der feindlichen
Gräben, die an einer Stelle an knappe hundert Schritte
an unsere Gräben heranreichten, ständig die Gefahr des
Überramltwerdens. Bei schwerem Minen- und Artillerie-
beschuß lagen ja nur Beobachtungsposten im Graben,
während die übrigen Kampfmannschaften in den Ka-
vernen hockten und auf den Augenblick des Vorstürmens
der feindlichen Infanterie lauerten. Es war beinahe ein
Lotteriespiel, wer bei plötzlichem Aussetzen des Vor-
bereitungsfeuers zuerst den Graben erreichte, wir oder
der Feind. Ausschlaggebend für den Erfolg in der Ab-
wehr eines feindlichen Angriffes war auch die Gewissen-
haftigkeit, mit welcher der Dienst in den etwas zurück-
liegenden Beobachtungsstationen und Signalposten ver-
sehen wurde. Diese Stationen waren Tag und Nacht
besetzt und die Posten mußten ununterbrochen mit ge-
spanntester Aufmerksamkeit die Bewegungen beim Feind
überwachen, sofort Meldungen erstatten und nach Not-
wendigkeit selbständig mittels vereinbarter Zeichen
(Leuchtraketen) das Sperrfeuer unserer Artillerie oder
Minenwerfer auslösen. Man kann sagen, daß die Ver-
bindung mit diesen Abwehrwaffen gut funktionierte und
das Zusammenarbeiten zwischen Artillerie und Infan-
terie höchst lobenswert war.
Es war zu erwarten, daß der 23. Mar, der Jahres-
tag der italienischen Kriegserklärung an uns, mit Ak-
tionen größeren Stils aufwarten werde, um dem ita-
lienischen Volk endlich Erfolge bieten zu können.
Italien war 1914, obwohl dem Dreibund angehörend,
bei Kriegsausbruch neutral geblieben und hatte 1915,
indem es der Entente beitrat, die Untreue auch noch mit
Verrat besiegelt. Italien mußte die Verpflichtung über-
nehmen, an Österreich und Deutschland den Krieg zu
erklären, was es am 23. Mai 1915 dann auch tat. Unser
Regiment war damals im Stellungskampf gegen Ruß-
land bei Knihynice in den Schützengräben gelegen. Alle
waren wir höchst erstaunt und erregt, als am 24. nach-
mittags aus den russischen Gräben Gebrüll, Gejohle und
Musik ertönte. Wenig später kam die Meldung vom Ein-
tritt Italiens in den Krieg an der Seite unserer Gegner.
Nun verstanden wir die Freudenkundgebungen bei den
Russen. Das ersehnte und manchmal nahe Kriegsende
war also in weite Ferne gerückt und wir wußten nun,
daß der Krieg noch Jahre dauern werde. Italien sollte
seinen Verrat an uns teuer bezahlen! Die blutigsten
Kämpfe mit Italien entwickelten sich am Mittel- und
Unterlauf des Jsonzo. In dem kaum 20 Kilometer brei-
ten Streifen zwischen Görz und dem Meere versuchte
Italien in elf äußerst verlustreichen Angriffen nach
Triest durchzustoßen, um Laibach zu erreichen (Skizze 2).
Uber 100.000 Tote hatte Italien allein an dieser Front
zu beklagen.
Unerhörte Wunder an Tapferkeit leisteten unsere
Truppen, immer in der Minderheit und materiellen
Unterlegenheit kämpfend. Leider erlitten auch wir, be-
sonders wegen der Überlegenheit der italienischen Artil-
lerie und der im Karstgebiet durch Steinschlag verviel-
fachten Wirkung der Geschosse, empfindliche Verluste.
Nach dieser kleinen Abschweifung ins Allgemeine wieder
zurück zu unserem Regiment.
Der 23. Mai wurde ein Großkampftag. Unser Regi-
ments-Adjutant Oberleutnant Karl Klein, welcher die
beste Übersicht über das Kampfgeschehen dieses und der
nächsten Tage hatte, berichtet darüber:
„Seit den frühesten Morgenstunden hörte man vom
Comen-Plateau ununterbrochenes Trommelfeuer und
Schlachtenlärm. In der Nacht hatte unser I. Bataillon
die Gebirgsschützen Nr. 1 in Sektion 10—12 abgelöst.
Feindliche Feuerüberfälle störten dabei empfindlich. Ge-
gen fünf Uhr früh eröffnete der Feind ein heftiges
Artillerie- und Minenwerferfeuer auf alle Sektionen und
die Räume dahinter. Zeitweise etwas abflauend, dann
um so stärker anschwellend, beschoß der Italiener haupt-
sächlich den Hang des Fajti (Kote 432) und Kote 236.
Auf Kote 464 krepierten auch Gasgranaten. Ich hatte
vom Beobachtungsstand guten Ausblick auf die Stellun-
gen unserer Bataillone. Leider waren Einzelheiten we-
gen des starken Pulverrauches der Explosioneu und der
Gaswolken trotz eines guten Fernrohres nur schlecht
auszunehmen. Auf Sektion 7 wurde ein Italiener des
227. italienischen Infanterieregimentes gefangen, wel-
cher aussagte, daß heute eiu Generalangriff der Italie-
ner erfolgen werde. Dem Trommeln nach zu schließen,
könnte dies richtig sein. Alles war auf der Hut und
wartete mit angespanntester Aufmerksamkeit auf ihn.
Auch das Artillerie-Trommelfeuer und die Minen werden
unsere Leute nicht mürbe machen! Gott helfe uns! Nach
kurzer Unterbrechung bin ich um 12 Uhr mittags wieder
am Beobachtungsstand ans Kote 125, ganz in der Nähe
des Standortes des Regimentskommandos. Soweit ich
sehe, Rauch und Explosionen und ununterbrochenes Rol-
len und Donnern an der ganzen Jsonzofront. Wahrlich
ein Großkampftag. Details bringt der weiter unten fol-
gende Gefechtsbericht. Dazu siehe Skizze 1.
Was aber in diesen Stunden unsere braven Ober-
österreicher durch- und mitgemacht haben, läßt sich mit
Worten gar nicht richtig beschreiben und ausdrücken.
Dazu ist unsere Sprache zu arm an lobenden Worten.
Von meinem Standpunkt uns konnte ich jeden Mann
beobachten. Unbeschreiblich war der Elan und die Uner-
schrockenheit, mit der unsere Leute den Italienern ent-
gegenstürmten. In ihre Reihen fielen die stärksten Minen
und schwerste Granaten, sie stürzten, viele, um nicht
wieder aufzustehen, aber die andern drängten vorwärts
und nicht einer bleibt zurück. Der Erfolg blieb nicht aus,
der Feind wurde geworfen. Aber auch die Artillerie
arbeitete über alles Lob erhaben. Vorzüglich organisiert,
war sie von ungeahnter Beweglichkeit und innerhalb
ein bis zwei Minuten war die erbetene Hilfe da."
Gefechtsbericht des Regiments vom 23. Mai 1917
Die Nacht vom 22. zum 23. Mai 1917 verlief ohne
besondere Ereignisse unter den bereits üblichen Artillerie-
Feuerüberfällen und der Belästigung einzelner Feld-
wachen.
Für den kommenden Tag, dem 23. Mai 1917, dem
Jahrestag der italienischen Kriegserklärung, erwartete
das Regiment allgemein eine größere Kraftanstrengung
des Gegners, insbesondere an den wichtigsten Stellen
der Front, also auch im Raume des Fajti-hrib. Das
Regiment sah dem Tag mit Ruhe entgegen.
In den ersten Vormittagsstunden begann ein Wir-
kungsschießen der feindlichen Artillerie gegen unsere
Schützengräben und die rückwärtigen Linien. Bedeutend
lebhafter war jedoch der Kanonendonner, der vom Karste
her gehört wurde.
Vormittags (8.22, 9.10, 9.45 Uhr usw.) ist wiederholt
von den eigenen Beobachtungsstellen Bewegung in den
feindlichen Gräben zu beobachten, die nach Meldung an
das vorgesetzte 87. Schützenbrigadekommando jedesmal
von der eigenen Artillerie prompt unter Feuer gehalten
werden.
Zwischen 10 und 11 Uhr vormittags steigert sich das
feindliche Feuer und legt sich nicht nur auf die eigenen
vordersten Schützengräben, sondern insbesondere auch
auf den Kavernen- und Schluchtriegel.
Das Regimentskommando hatte dafür gesorgt, daß in
den zu gewärtigenden Gefechten keinen Augeublick die
Beobachtung der feindlichen Bewegungen und die Ver-
bindung zwischen Regimentskommando und den vor-
dersten Linien versage. Die Beobachtung erfolgte gleich-
zeitig von Offizieren auf Kote 113, vom Kavernenriegel
und vom Gefechtsstandpunkt des Regimentskommandos
auf Kote 125 (mit einem 15fachen) aus, so daß das
Kommando und das vorgesetzte 87. Schützenbrigade-
kommando auf telephonischem Wege ohne den geringsten
Zeitverlust von den Vorgängen an der vordersten Linie
in Kenntnis waren. Außerdem ermöglichte ein von den
Bataillonen bis zum Brigadekommando sorgfältig aus-
gebautes, geschultes und erprobtes Relais jederzeit eine
Verbindung, die sich in dem Momente auch bestens be-
währte, als die telephonischen Verbindungen zu den
Bataillonen zerschossen waren.
Mit zunehmender Tageszeit, die für den Gegner auch
die bessere Sicht brachte, nahm die feindliche Artillerie-
und Minenwerfer-Tätigkeit noch erheblich zu. Die Hin-
dernisse vor den eigenen Linien, die schon tags vorher
stark gelitten hatten, wurden vornehmlich von den
Minenwerfern an vielen Stellen gänzlich niedergelegt.
1.07 Uhr nachmittags, Meldung des II. Bataillons:
Ziel der feindlichen Minen und Granaten hauptsächlich
die Kaverneneingänge.
3 Uhr nachmittags: Übereinstimmende Meldung der
Beobachter: Schwerstes Artilleriefeuer mit größter In-
tensität auf die Sektionen 9—13. Fast durchwegs schwere
Granaten und Minen und darüber in regelmäßigen
Zeitabständen Schrapnells.
In den feindlichen Linien werden nur hie und da
einzelne Leute beobachtet. Die eigene Artillerie folgt den
Wünschen der Infanterie, die im Wege des Brigade-
kommandos vorgebracht werden und auch auf Grund der
eigenen Beobachtungen mit staunenswerter Beweglich-
keit.
3.20 Uhr nachmittags: Vom Gefechtsstandpunkte des
Regimentskommandos wird beobachtet, daß sich die
feindlichen Gräben füllen. Man sah deutlich Mannschaft,
Maschinengewehre oder Minenwerfer auf dem Rücken
tragend.
Knapp darauf sieht man in den eigenen Sektionen
10—12 die Helme der eigenen Schützen auftauchen und
sich Mann an Mann reihen. Meldung hievon an das
87. Schützeubrigaidekommando.
3.35 Uhr nachmittags: In Sektion 12 wird eine rote
Leuchtrakete abgeschossen.
Beinahe gleichzeitig hörte man Jnfanteriefeuer aus
den eigenen Gräben und sah man das Aufstauben der
Jnfanteriegeschosfe bei der Sandsackmauer usw., wo
feindliche Sturmpatrouillen aus ihren Schützengräben
stiegen. Jede der vier bis sechs Patrouillen war min-
destens 20 bis 25 Mann stark.
Das eigene Sperrfeuer setzte ohne Verzug mit größter
Wucht ein.
In dem Moment, als das Sperrfeuer einsetzte, hatten
mindestens sechs feindliche Kompagnien die Brustwehr
der feindlichen Schützengräben vor Sektion 10—12
überstiegen. Außerdem sah man hinter diesen, die feind-
lichen Gräben noch voll mit Soldaten, was darauf schlie-
ßen läßt, daß mindestens zusammen drei feindliche Ba-
271
taillone gegen die Sektion 10—12 zum Angriff angesetzt
wurden.
Wie einer seinem Bruder zu Hilfe eilt, so stürzte sich
auf das Zeichen der Infanterie die eigene Artillerie auf
diese vorbrechenden Italiener. Die feindliche Artillerie
erwiderte heftig, so daß die beiden kämpfenden Linien
bald in Rauch und Staub gehüllt waren.
Das Infanterie- und Maschinengewehrfeuer dauerte
an.
Wiederholt kurzes Handgranatenfeuer.
Eine feindliche Sturmpatrouille war am rechten Flü-
gel der Sektion 10 eingedrungen, wurde aber sofort
durch Handgranaten- und Jnfanteriefeuer hinausgewor-
fen.
4.32 Uhr nachmittags: Halbe 11. Kompagnie (diese
Kompagnie wurde vom Regimentskommandanten dem
Bataillonskommandanten Hauptmann Aspöck bereits am
Vormittag für den Fall eines Angriffes und des Ver-
sagens der Telephonverbindung unterstellt, da sie näher
als die Bataillonsreserve war) ging auf eigene Initia-
tive des Kompagniekommandanten aus der Ib-Linie im
größten Artilleriefeuer zur Verstärkung der vorne be-
findlichen Schwarmlinie vor.
Diese Vorrückung in vollkommener Ordnung während
des heftigsten Artilleriekampfes, ebenso wie früher das
plötzliche Auftauchen der eigenen Infanterie, die nach
der stundenlangen schweren Beschießung aus allen Kali-
bern ein wirksames Abwehrfeuer eröffnete, gehörte zu
den Höhepunkten des Gefechtes. Der Italiener hatte die
Erde von Kote 236 bis zur Sektion 12 förmlich zer-
pflügt und zerstampft und rechnete sicherlich nicht mehr,
in diesem seit den Vormittagsstunden von seinen Artil-
leriegeschossen fortwährend durchwühlten Boden noch
auf eine so unerschütterliche Jnfanteriemauer zu stoßen.
Es war herzerhebend zu sehen, wie in den unaufhörlich
aufsteigenden und sich ineinander ballenden schwarzen
und weißen Rauchwolken und den Erdfontänen der
ungezählten Granatexplosionen die Reihe der Plänkler,
trotz merklicher Verluste, in aufrechter Stellung den Geg-
ner abwehrte.
4.42 Uhr nachmittags: Feindlicher Flieger über Sek-
tion 12, der Maschinengewehrfeuer auf die Sektion 11
und 12 abgibt.
Von 4.40 bis 4.48 Uhr nachmittags: Wiederholt weiße
Leuchtraketen aus Sektion 11.
4.50 Uhr nachmittags flaute das Feuer gegen Sek-
tion 11 und 12 ein wenig ab.
Dagegen richtete sich seit 4.40 Uhr nachmittags die
feindliche schwere Artillerie besonders gegen den Raum
der Kote 236.
5.25 Uhr nachmittags: Bewegung auf Kote 236 zu
beobachten. Aus der Kaverne eilten Leute in kleinen
Gruppen vor, einzelne (vermutlich Verwundete) gingen
zurück.
Nach übereinstimmender Meldung des II. Bataillons
(Hauptmann Lehecka) und der Mitteilung des Komman-
dos des Schützenregimentes Nr. 21 hat feindliche Infan-
terie die Kote 236 nach starker Artillerievorbereitung
angegriffen. Der Angriff brach jedoch im eigenen Artil-
lerie- und Jnfanteriefeuer im Beginne schon zusammen.
Eigene Maschinengewehre vom „Zuckerhut" hatten bei
der Abwehr flankierend gut mitgewirkt.
6.05 Uhr nachmittags: Die eigene halbe 11. Kom-
pagnie, welche die Schwarmlinie in Sektion 11 und 12
verstärkt hatte, wurde wieder herausgezogen und bezog
wieder die Reservestellung in der Ib-Linie. Diese rück-
läufige Bewegung wurde von einigen nichtorientierten
Beobachtern mißdeutet und als Zurückgehen der eigenen
Linie vor dem Gegner gemeldet.
6.37 Uhr nachmittags teilte Schützenregiment Nr. 21
übereinstimmend mit der Meldung Hauptmanns Lehecka
mit: Beim „i" von Spacapani (zerschossenes Haus)
feindliche Jnfanterieansammlung. Das 87. Schützen-
brigadekommando lenkte Artilleriefeuer dorthin.
Von 7 Uhr nachmittag an wurde keine feindliche Be-
wegung mehr beobachtet. Die italienische Artillerie setzte
mit ziemlich großer Intensität die Beschießung des
Plateauhanges bis zum Golnek fort.
Alle einlaufenden Meldungen und das inzwischen
wieder hergestellte Telephon bestätigten die eigene Beob-
achtung: Alle Gräben restlos in unserem Besitz, alle
Angriffe des Gegners abgeschlagen. Bei der Abwehr
wurde insgesamt nur eine Halbkompagnie von allen
Reserven eingesetzt und dies nur auf die eigene Initia-
tive des Kompagniekommandanten hin. Die Verluste des
Italieners waren sichtlich sehr schwer. Die eigenen Ver-
luste betrugen: 15 Tote, 73 Verwundete, 2 Vermißte.
Um den schönen Erfolg, der dem Regimente an diesem
Tage durch das ungeschmälerte Festhalten der Stellung
trotz der Wucht des Angriffes beschieden war, konnte
dem Regimentskommandanten bei der schon oft bewähr-
ten Tapferkeit des Regimentes keinen Augenblick bange
sein; trotzdem muß festgehalten werden, daß Offizier
und Mann an diesem Tage wieder ganz besondere Be-
weise von Todesverachtung und Heldenmut in einzelnen
Waffentaten darlegten.
K l e i n, m. p. H i r s ch, m. p.
Oberleutnant. Oberstleutnant.
Die Angriffskolonnen sind zerschmettert und mit
enormen Verlusten zurückgeschlagen worden. Das Wort
„Held" für unsere Soldaten ist zu arm, um ein richtiges
272
Werturteil für die Taten des heutigen Kampftages der
Zweierschützen zu sein. In der Nacht läßt die beider-
seitige Artillerietätigkeit nach.
Es folgt nun ein Auszug aus dem Regimentskom-
maudo-Befehl vom 24. Mai 1917.
Auszug i
aus dem Regimentskommandobefehl Nr. 142
vom 24. Mai 1917
Der 23. Mai 1917, der zweite Jahrestag der italieni-
schen Kriegserklärung an Österreich, ist zu einem neuen
Ehrentag des Regimentes geworden. Das Regiment hat
dem Feuer der auf ihn konzentrierten feindlichen Artil-
leriemassen unerschütterlich standgehalten und den darauf
ansetzenden italienischen Infanterie-Angriff, durch dessen
Gelingen die eigene Stellung am Fajti-Hrib wesentlich
gefährdet worden wäre, im Vereine mit unserer wackeren
Artillerie zurückgeschlagen. Es war ein überwältigender
und mir als Kommandanten dieses tapferen Regiments,
unvergeßlicher Anblick, als nach dem stundenlangen feind-
lichen Artillerie- und Minenwerferfeuer die italienischen
Sturmkompagnien vorbrachen und im gleichen Augen-
blick aus deu eigenen, zerschossenen Gräben die Zweier-
schützen auftauchten und aufrecht stehend, in bewunderns-
werter Ruhe mit wohlgezieltem Infanterie-, Maschinen-
gewehr- und durch Handgranatenfeuer den Angreifer
abwehrten. Vom ganzen Herzen allen Kommandanten,
Säbelchargen und nicht in letzter Linie der gesamten
Mannschaft den Dank im Namen des Allerhöchsten
Dienstes! <
Indem ich auch noch für meine Person allen Unter-
stehenden den herzlichsten Dank ausspreche, bin ich über-
zeugt, daß auch die kommenden schweren Tage in Ehren
überwunden werden.
„Glück auf!" — Euch, meinen Kriegskameraden.
Für die Richtigkeit:
Karl Klein, m. p., Hirsch, m. p.,
Oberleutnant. Oberstleutnant.
Hauptmann Robert Aspöck wurde mit dem Eisernen
Kronenorden III. Klasse ausgezeichnet.
Mannschaft berichtet über Kampfhandlungen während
der 10. Jsonzoschlacht
„25. Mai 1917. Am Sperrposten steht der Schütze
Wels. Rechts, links, vorn, hinten schlagen die Granaten
ein. Ruhigen Blickes schaut er zur Feldwache nach
Spacapani. Er wird verschüttet. Mit einem ,Sakra'
steht er auf, schüttelt die Erde ab und legt sich wieder in
den Granattrichter."
„Es war während der 10. Jsonzoschlacht am 28. Mai,
als Fähnrich Baumgartner die Offiziers-Feldwache in
Spacapani in der Stärke eines Unteroffiziers, eines
Aufführers und zwölf Männern bezog. Auch zwei Sani-
tätsmänner waren ihm beigegeben. Um 1 Uhr früh hatte
er die Feldwache bereits übernommen. Fast in vollster
Ruhe verstrichen die Nachtstunden. Nur einzelne feind-
liche Granaten suchten ihren Weg über sie auf die eige-
nen Stellungen. Feindliche und eigene weiße Leucht-
raketen belichteten das Vorfeld. Viele derselben fielen
auf seine Feldwache. Doch ruhig standen seine Leute und
beobachteten mit größter Aufmerksamkeit das Vorfeld
und die vor ihnen liegende Ortschaft. Als der Morgen
graute, es war gegen 4 Uhr früh, wurde schwächeres
Jnfanteriefeuer aus der Richtung Volkovnjak und Fajti-
hrib vernehmbar. Daraufhin sandte Fähnrich Baum-
gartner den Gefreiten Fedziuk mit einer Patrouille in
das Vorterrain, und zwar in die Schlucht von Spaca-
pani, um sie vor feindlichen Überfällen zu sichern. Selbst
visitierte er die Posten und munterte selbe zur erhöhten
Aufmerksamkeit auf. Im selben Momente stiegen rote
Leuchtraketen der Sektionen .9 und 10 in die Höhe. Nun
wußten sie, was los war. Das Jnfanteriefeuer wurde
immer stärker. Es währte einen Augenblick und Grana-
ten und Schrapnells sausten wie ein dichter Regen über
sie hernieder. Sperrfeuer war es, welches die feindliche
und eigene Artillerie legte. Taghell war die Ortschaft
von roten und weißen Raketen beleuchtet. Pulverdampf
erfüllte die warme Luft. ,Jn die Häuser!' lautete sein
Kommando und kaltblütig, mit größter Ruhe schritten
sie durch das Feuer. Im furchtbarsten Eisenhagel zog
Zugssührer Fallmayer die wackeren Posten ein. Glücklich
gelangten sie in die zerschossenen Häuser der Ortschaft.
Völlig sicher fühlten sie sich in denselben, doch währte es
nicht lange, denn der Welsche belegte die Ortschaft mit
Minen. Den ganzen Tag über kauerten die Wackeren
hinter den zertrümmerten Mauern und warteten dort
sehnsüchtig auf die Dunkelheit, um dann wieder aus den
Schutthaufen loszukommen." — Fähnrich Baumgartner
und Zugsführer Fallmayer, Silberne Tapferkeits-
medaille II. Klasse.
Meldung des 7. Kompagniekommandanten an der
Hand des mündlichen Berichtes des Gefreiten Leopold
Spitzer über die Feldwache Nr. 3 in der Nacht vom
23. auf 24. Mai 1917:
„Am 23. Mai überschüttete der Feind unsere eigene
Stellung mit Granaten und Minen und das letzte Stück-
chen Grün verschwand von unserem Hügel, der Kote 236.
Wo früher ein lieblicher Hain, gemischt von Eichen und
Föhren, gestanden hatte, da hatte sich in wenigen Tagen
ein Stück Karst gebildet, starrend von Steinblöcken,
Sprengstücken und zerrissenem Draht. Nur wer schon
vorher die Stelle gekannt hatte, vermochte jetzt vielleicht
zu erkennen, daß jene kahlen, wie Telegraphenstangen
emporragenden Stämme dort noch vor etlichen Tagen
im frischen Frühlingsgrün prangten und der niedrige
Steinriegel hier den Rest eines Bauernhauses darstellte.
An diesem Abend traf den zweiten Zug die Aufgabe, die
Feldwache Nr. 3 beizustellen. Es wurden bestimmt:
Gefreiter Spitzer und fünf Schützen. Obwohl die Feld-
wache kaum 200 Schritte vor der eigenen Stellung lag,
so wußte Gefreiter Spitzer doch, daß schon der bloße
Hinausmarsch zum Aufstellungsplatz der Feldwache eine
Aufgabe voll Mühen und Gefahren war. Als die Däm-
merung eingebrochen war — das feindliche Feuer hatte
ein wenig nachgelassen — versammelte Spitzer sein
Häuflein am Kaverneneingang und verließ dann, die
kurze Pause zwischen zwei auf den Kavernenausgang
hingesetzten Granatlagen benützend, seinen Unterschlupf.
Nur 200 Schritte waren es zur Feldwachestellung und
doch — welche Mühe! Von einem Granattrichter zum
anderen springend, dann wieder vorsichtig durch eine
Wirrnis von zerrissenem Stacheldraht und zerbrochenen
Balken sich zwängend, suchten sie ihr Ziel zu gewinnen.
Endlich, nach einer dreiviertel Stunde standen sie an
dem niedrigen Steinriegel, der die Feldwachestellung
kennzeichnete. Lautlos begaben sich die Vedetten auf ihre
Posten, die übrigen blieben in gespanntester Aufmerk-
samkeit an der Steinmauer. Bald da, bald dort erlausch-
ten sie den wohlbekannten Kuckucksruf oder das Miauen
feindlicher Patrouillen, welche auf diese Weise mitein-
ander Verbindung halten wollten, doch an die Feldwache
selbst traute sich kein Feind heran. Alle Augenblicke er-
hellte sich die Nacht blitzartig durch die Schrapnells,
welche über ihren Köpfen zersprangen, oder durch die
Granaten, welche rings um sie die Erde aufrissen.
Manchmal ließ der Feind vom Volkovnjak einen Minen-
torpedo in die Talmulde, in der sie lagen, herabstürzen.
Dann erhob sich unter betäubendem Krachen vor ihnen
aus der bebenden Erde eine haushohe Fontäne von
Feuer, Steinen und glühenden Sprengstücken. Bis Mitter-
nacht aber hatte mitten in dieser Hölle die kleine Schar
noch keinen Schaden genommen. Da, plötzlich wieder das
unheimliche Sausen einer Granate in der Luft, ein mark-
erschüttender Schrei und der Platz, wo der Schütze Schin-
kinger als Bedette gestanden hatte, war leer. Der Schütze
Tomann, der nur wenige Schritte weit weg hinter einem
Stein gelegen hatte, wurde verschüttet, grub sich mit
größter Anstrengung selber aus und dann half der
Brave, noch leichenblaß und vor Erregung zitternd, so-
gleich mit bei der Suche nach dem Schützen Schinkinger.
Vergeblich! Ein blutgetränkter Brotsack, ein zerfetzter
Überschwung und ein verbogenes Bajonett war alles,
was von der braven Vedette gefunden werden konnte.
Ein kurzes ,Vaterunser' der frommen Oberösterreicher
zum Abschied für den gefallenen Kameraden und dann
befahl Gefreiter Spitzer seine Leute wieder auf die
Posten. Wohl waren die tapferen Leute bis in ihr In-
nerstes erschüttert, durch das Schicksal ihres Kameraden,
doch bewußt, daß von ihrer treuen Wacht vielleicht das
Schicksal ihrer Kameraden in der Stellung hinter ihnen
abhängen könnte, hielten sie in dem andauernden Feuer
bis zum Morgengrauen aus. — Gefreiter Spitzer und
Schütze Tomann Silberne Tapferkeitsmedaille II. Klasse,
Schütze Schinkinger Silberne Tapferkeitsmedaille
I. Klasse.
Korporal Rath des Schützenregiments Nr. 2 ist mir
einer kleinen Schar Wackerer auf Vorfeldpatrouille. Das
heftige eigene und feindliche Artilleriefeuer ist für diese
kampferprobten Helden kein Hindernis. Schon sind sie
bei der tiefen Mulde angelangt. Ein Vorwärtskommen
aller ist hier unmöglich, denn die zahllosen Steine geben
keinen festen Grund und ihr Gerölle wäre für sie zum
Verräter. Korporal Rath überlegte nicht lange, denn
er ist gewöhnt, die erhaltenen Befehle unter allen Um-
ständen ganz auszuführen. Seine wackere Schar bleibt
zurück und er allein geht vorwärts. Nein, er geht nicht,
denn ein Gehen ist hier unmöglich. Er windet sich vor-
sichtig, mit Händen und Füßen tastend, nach vorne. Die
übriggebliebenen Drahthindernisse zerfetzen ihm Gesicht
und Hände, er beachtete es nicht, nur immer vorwärts.
Endlich ist er soweit, daß er die italienischen vorgescho-
benen Linien übersehen konnte. Da flammen Leucht-
raketen und Scheinwerfer auf. Rath sieht sich fast am
Ende seiner Aufgabe geraten. Aber Gott ist mit ihm!
Es gelingt ihm, nachdem er seine Aufgabe voll und ganz
erfüllt hat, den Weg zu seiner Patrouille zu finden und
mit dieser dann die deckende Kaverne zu erreichen. Dort
konnte er dann seinem Kompagniekommandanten wert-
volle Meldungen erstatten. — Korporal Rath Silberne
Tapferkeitsmedaille I. Klasse.
Hageldicht prasseln die todbringenden Sprengstücke,
das lebhafte Gewehrfeuer der Italiener erzeugt jenes
singende, summende Geräusch. Da — ein schmerzlicher
Aufschrei .— und der matte Ruf „Sanität!" belehrt
uns, daß ein braver Oberösterreicher sein Blut auf dem
Altare des Vaterlandes opfert. Sanitäts-Soldat Sil-
vester Lausegger ist sofort hilfsbereit. Das heftige Feuer
des Feindes bildet ja für unsere brave Samariterschar
eher einen Ansporn, denn ein Hindernis und mit weni-
gen Sprüngen ist der Hilfsbereite bei seinem Kameraden.
Er legt ihm den schützenden Verband an, es gelingt ihm,
den entrinnenden Lebensquell des Verletzten zu stop-
274
Pen — der liebenden Mutter den Sohn zu erhalten —
da saust eine Granate heran und der hilfsbereite Laus-
egger stürzt, tödlich verletzt zusammen. Für ihn, dem
Braven, kam jede Hilfe zu spät! Möge ihm die Erde,
deren Herzblut so vieler Braven rot gefärbt hat, leicht
sein! — Silvester Lausegger Silberne Tapferkeits-
medaille I. Klasse.
Am 24. Mai lebhaftes Artillerie- und Maschinen-
gewehrfeuer seit 5 Uhr früh auf die Sektionen 7 bis 12,
die von unserem I. und II. Bataillon besetzt waren.
Gegen 8 Uhr setzte ein feindlicher Angriff auf die Sek-
tionen links von uns, wo in 13 bis 15 das Infanterie-
regiment Nr. 39 lag, an, kam aber im Sperrfeuer un-
serer Artillerie nicht zur Entwicklung. In den feindlichen
Stellungen war lebhafte Bewegung zu beobachten. Ein
feindliches Flugzeuggeschwader, bestehend aus 14 Ca-
pronis und 12 Nieuports, kreiste über unseren Stellun-
gen. Das Feuer dauerte auch den ganzen Tag an. Ins-
besondere Kote 236 und der Zuckerhut wurden mit schwe-
ren Minen bearbeitet. Ein Feindangriff gegen die Sek-
tionen 10 und 11 wurde glatt abgewiesen. Rauch, Pul-
verdampf und Leichengeruch verpesteten die Gegend. Es
war ein trauriger Kontrast zu dem sonst herrlich schönen
Frühlingstag. Leutnant Ferdinand Brindlmayr fiel als
Beobachter am Kavernenhügel, Leutnant Alois Metz
wurde verwundet. Außerdem kostete der Tag noch zwei
Tote und 18 Verwundete. Gegen Abend flaute das
Artilleriefeuer ab.
„Angriff abgewiesen" hieß es dann so kurz und ein-
fach in den Berichten. Nur der Frontkämpfer selber kann
ermessen, wieviel Heldentum und Opfermut hinter die-
sen wenigen dürren Worten stecken. Wieviel Tote, Ver-
wundete und Krüppel dieses Abweisen kostete, stand nir-
gends. Wieviel Kameradschaft und selbstlose Aufopfe-
rung, wieviel Angst und seelische Not dahinter verbor-
gen waren, wieviel Nerven es kostete, wehrlos dem
schwersten Minenfeuer ausgesetzt zu sein, das konnte kein
Bericht schildern, das weiß nur der, welcher dies erlebte
und überlebte.
Das Abflauen des Artillerieseuers hieß nicht, daß
nun Ruhe wäre. O, nein. Es fielen täglich auch
weiterhin noch rund 500 „Schwere" und zirka 1800
leichte Geschosse auf unsere Stellungen. Mit größter
Schwierigkeit wurde den Kampsgrabenbesatzungen Me-
nage und Wasser zugeschoben. Wenn Menage überhaupt
eintraf, dann nur kalt. Was die Leute ausstanden, kann
man im Hinterland überhaupt nicht ermessen.
25. Mai: Herrlich schöner Tag, mäßiges Artillerie-
feuer auf unsere Stellungen. Um 4 Uhr früh erfolgte aus
Sektion 12 eine eigene Sturmpatrouilleu-Unterneh-
Nlung. Die Patrouille erreichte die Deckungen der feind-
lichen Horchposten und zerstörte dieselben. Gefangene
konnten leider nicht eingebracht werden, keine eigenen
Verluste. Überläufer kündeten für den nächsten Tag einen
Angriff ans unsere Stellungen und die des Nachbar-
regiments, ohne vorherige Artillerievorbereitung, an.
Die Folge war, daß wieder zu erhöhter Bereitschaft ge-
mahnt wurde. Nachmittags war schwere Kanonade vom
Karstplauteau her hörbar. Fortwährend erfolgten hef-
tige Feuerüberfälle auf unsere Sektionen 11 und 12. Am
Nachmittag verlegte der Feind sein Feuer auch auf die
Reserveräume. Die Bataillonsschlucht und der Kavernen-
riegel bekamen starkes Artilleriefeuer zu spüren. Die
eigene Artillerie erwiderte mit gleicher Kraft stets diese
Überfälle. Hauptmann v. Neupauer wurde bis auf wei-
teres als Verbindungsoffizier zur 87. Schützenbrigade
kommandiert. Die gesamte Technische Jnfanteriekom-
pagnie wurde dem I. Bataillon unterstellt, damit in die-
sem wichtigsten Abschnitt die zerstörten Stellungen ra-
schest wieder kampffähig gemacht werden konnten. Bei
den Reserven erfolgten kleine Umgruppierungen.
Im Regimentskommandobefehl wurde verlautbart:
Aus allen Gesprächen der gefangenen italienischen
Offiziere geht hervor, daß die italienische Mannschaft
widerwillig kämpft, energielos ist und wenn energisch
angegangen im Kampf Mann gegen Mann selbst dann,
wenn in der Übermacht, den Mut verliert und sich ge-
fangen nehmen läßt. Die englischen Batterien haben
schon wiederholt in die italienischen Angriffskolonnen
hineingeschossen. Unsere Maschinengewehre und Hand-
granaten sind besonders gefürchtet. Es würde sich emp-
fehlen, unserer Mannschaft die Worte: „Hände hoch!",
„Ergebt euch!" oder „Kommt ohne Waffen!" in ita-
lienischer Sprache einzulernen. Der betreffende Text
dazu war angegeben.
Auch bei den Italienern waren Truppenverschiebun-
gen und Ablösungen zu bemerken. Unsere Artillerie
funkte dazwischen.
Die Kräfte des Feindes waren verpulvert; auch sie
brauchten Erholung. Sowohl südlich (links) von uns am
Karst als auch nördlich (rechts) bis zur Wippach war es
dem Feind trotz enormer Anstrengungen und ebensolcher
Verluste nicht gelungen in unsere Stellungen einzu-
brechen. Auch das Schützenregiment Nr. 2 konnte am
Abend des 25. Mai melden:
„Alle Stellungen fest in unserer Hand!"
In den nächsten Tagen verminderte sich die Kampf-
tätigkeit immer mehr und außer Patrouilleuunterneh-
mungen, einzelnen Aufklärungsversuchen und den schon
zum Alltag der Jsonzofront zählenden Artillerie- und
Minenwerser-Feuerüberfällen gab es keine Kampfhand-
lungen mehr. Fieberhaft arbeiteten unsere Zweier nun
am Aufbau der zerstörten und vielfach eingeebneten
36
275
Kampfgräben und Kavernen, an der Anlage neuer
Drahthindernisse, am Einrichten von Maschinengewehr-
ständen und Beobachtnngsstationen sowie Herstellen von
Verbindungen zu den Kommanden und Reserven. Auch
bei den Italienern hörte man das Geräusch der Bohr-
maschinen und die Sprengschüsse krachen, Krampen und
Schaufeln am harten Gestein klingen.
Die 10. Jsonzoschlacht war geschlagen.
Viel Blut auf beiden Seiten war vergossen worden.
In unserem Abschnitt war dem Feind kein Erfolg be-
schieden, aber südlicher, am Meere, war es ihm geglückt
bis auf drei Kilometer an die Hermada heranzukommen,
was für den ganzen südlichen Armeeflügel sehr gefähr-
lich geworden war. Darum entschloß sich das öster-
reichisch-ungarische Heereskommando zu einem Gegen-
angriff. Am 4. Juni gelang dieser der 28. und 35. In-
fanteriedivision. Aber die Gefahr bestand weiter und die
Heeresleitung plante zur radikalen Entlastung der Süd-
front eine großangelegte Offensive am unteren Jsonzo.
Die russische Entlastungsoffensive bei Zborow verhin-
derte zunächst die Ausführung und unsere Großoffensive
konnte erst im Oktober starten.
Die letzten Schlachttage kosteten unserem Regiment
noch 16 Tote außer den gefallenen Offizieren Leutnant
Brindlmayr und Fähnrich Bartelmus und 32 Verwun-
dete. Man gab auch damals schon auf Statistik etwas
und so wissen wir, daß vom 21. bis zum 26. Mai auf
unseren Frontabschnitt 2102 „Schwere" und 8640
„Leichte" niederprasselten. Soviel Aufwand und so
wenig Erfolg! Unschätzbar und von keiner Statistik und
Zahl zu erfassen sind der Opfermut und Heroismus im
Ertragen der unerhörten Strapazen durch die Zweier-
schützen während dieser Schlachttage, ganz gleich, ob die
Schützen im vordersten Graben oder in den Reserve-
räumen oder im Trägerdienst eingesetzt waren. Eine
neue Seite im Buch der Heldentaten hatten die Zweier
vollgeschrieben und alle Kämpfer draußen an der Front,
und wohl auch die Angehörigen daheim, hatten den sehn-
lichsten Wunsch, es möge bald die letzte Seite sein.
Gesamtverluste im Monat Mai 1917:
Tot 54, darunter Kadettaspirant Friedrich Becker;
verwundet 212, dabei Fähnrich Ignaz Kremier, und
vermißt vier Mann.
Zwischen 10. und 11. Jsonzoschlacht
3. Juni bis 17. August 1917
Pfingsten war gekommen, überall standen die vielen
Kirschbäume voll von reifen Kirschen, die Sonne meinte
es besonders gut, zu gut vielleicht, und schön wäre es auf
der Welt, wenn nur die Menschen etwas friedfertiger
geschaffen wären.
Eine Kriegsberichterstatterin der „Neuen freien Presse"
besuchte unseren Frontabschnitt und ließ es sich nicht neh-
men, auch die exponiertesten Stellen in den vordersten
Gräben aufzusuchen, um der Heimat ungeschminkte Be-
richte vom Leben in der Front geben zu können. Ob sie
wohl alles Gesehene auch schreiben durfte? Sei es wie
immer, die Frau hatte Mut!
Am 2. Juni wurden vom Kaiser Truppen besichtigt,
die sich in der 10. Jsonzoschlacht besonders hervorgetan
hatten. Wir lagen noch in Stellung und daher konnte
das Regiment nur eine Abordnung zu dieser Inspizie-
rung entsenden. Leutnant Edmund Brauer, Korporal
Resch und Schütze Hochradl vertraten das Schützenregi-
ment Nr. 2. Der Kaiser sparte nicht mit anerkennenden
Worten über die Prachtleistuugen der Zweier in den
verflossenen Kämpfen und beauftragte die Abordnung,
dem ganzen Regimente die Grüße des Kaisers zu über-
bringen.
Mit Ende Mai kamen die Ablösungsbefehle zum Re-
gimentskommando, nach welchen die Zweier ans der
vordersten Frontlinie gezogen und als Divisionsreserve
in die Mandriaschlucht zurückgehen sollten. Gebirgs-
schützenregiment Nr. 1 sollte uns am 3. Juni ablösen.
Leider ergaben sich Schwierigkeiten, da bei diesem Re-
giment choleraähnliche Krankheitsfälle aufgetreten wa-
ren. Auch bei uns gab es viele Magen- und Darm-
katarrhe als Folge der hinter uns liegenden Kampftage.
Die Stellungen waren schlecht, die Verpflegung unregel-
mäßig, meist nur bei Nacht und da fast immer kalt. Die
zu kleinen Kavernen waren auch zu wenig, so daß die
Mannschaft zusammengepfercht darin nicht einmal die
Beine ordentlich ausstrecken konnte. In schlechter Luft,
die Kavernen hatten ja meist nur einen Ausgang, hock-
ten sie nebeneinander auf ihren Rucksäcken, das Gewehr
in den Händen und die Handgranaten neben sich griff-
bereit liegen und warteten in ständiger Spannung auf
den Ruf der Grabenposten: „Alarm!" Dazu mußte noch
jede Nacht im Graben anstrengend an den Stellungen
und Hindernissen gearbeitet werden. Niemals konnte die
Kampfgrabenbesatzung sich auch nur einmal ordentlich
ausschlafen! Wer konnte das alles auf die Dauer ohne
gesundheitliche Schädigung aushalten?
Knapp bevor wir aus der Stellung gezogen wurden,
waren bei der 12. Kompagnie drei italienische Offiziere
und 180 Mann übergelaufen. Sie kamen so überraschend
schnell gerannt, daß der Grabenposten zuerst an einen
Angriff dachte und „Alarm!" schrie. Schon standen die
Italiener vor den Kaverneneingängeu. Der Schreck war
groß bei unseren Leuten. Gleich löste sich aber alles in
Wohlgefallen auf, als erkannt wurde, daß diese „Feinde"
nicht zum Kampfe gekommen waren, sondern es nicht
276
eilig genug hatten, für sich den Krieg zu beenden. Ihnen
war es gelungen!
Am 3. Juni konnten das I. und II. Bataillon und
mit ihnen das Regimentskommando die Stellung an die
Gebirgsschützen Nr. 1 übergeben. I. und II. Bataillon
kamen in das obere Mandrialager, während das Regi-
mentskommando unter Oberstleutnant Hirsch einen
Standtpunkt in der unteren Mandriaschlucht bezog. Das
III. Bataillon konnte aus den oben angeführten Um-
ständen nicht abgelöst werden und unterstand vorläufig
dem taktischen Kommando der Gebirgsschützen Nr. 1.
Es hatte sich in dieser Zeit an einem Unternehmen der
Gebirgsschützen gegen den Fajti und Volkovnjak zu be-
teiligen. Der Angriff der Kärntner hatte zwar Erfolg,
konnte aber nicht zu einer dauernden Besitznahme dieser
Gipfel ausgewertet werden. Unser III. Bataillon mußte
diesen Versuch mit dem Verluste von drei Toten, 46 Ver-
wundeten und Verwundung eines Offiziers bezahlen.
Die abgelösten Bataillone arbeiteten in der 2-a-Linie
und auf den Koten 172 und 227. Als besondere Wohl-
tat wurde die Erlaubnis empfunden, daß täglich ein
halbes Bataillon in die Wippach baden gehen durfte.
Am 11. Juni konnte auch unser III. Bataillon, Kom-
mandant Major Vinzenz Murek, später Hauptmann Lud-
wig Lehner, abgelöst werden. Es ging zur Hälfte in das
untere Mandrialager, während die 10. und 11., Ma-
schinengewehr- und die Technische Jnfanteriekompagnie
in ein Lager südöstlich Kote 205 kamen. Sie mußten
aber Freilager beziehen, weil die Baracken, die dort sein
sollten, erst gebaut werden mußten. Leider waren aber
die dazu notwendigen Bretter nicht vorhanden und es
war für unsere braven Zweier eine bittere Enttäuschung,
nach drei Wochen Stellung nun diese Retablierung er-
leben zu müssen.
Auf Befehl der Division wurden die bei uns dienen-
den Tschechen und Polen an das 23. Korps zum Auf-
füllen der bei Jamiano schwer mitgenommenen Regi-
menter dieses Korps abgegeben. Sie gingen sichtlich
schwer von unserem Regiment weg. Die meisten von
ihnen dienten ja schon jahrelang bei uns und hatten sich
immer brav und tapfer gehalten. Wir hatten nach ihrem
Abgang im Kampfstand nun 96 Prozent und im Ver-
pflegsstand 90 Prozent Deutsche und gehörten somit zu
den rein deutschen Regimentern, was im alten Österreich
gleichbedeutend mit tapfer und verläßlich war. Die
Linzer Zweier hatten dies auch schon genugsam be-
wiesen!
Die restlichen zwei Kompagnien des XXVII. Marsch-
bataillons trafen ein und füllten wieder ein wenig die
entstandenen Lücken.
Der Gefechtstrain wurde in die Tomincmühle vor-
gezogen, während der Provianttrain auch weiterhin in
Mesari verbleiben konnte.
Die Gefechtstätigkeit an der Front hatte fast ganz
nachgelassen.
Die Tage der sogenannten Ruhe vergingen allzu
schnell und schon am 16. Juni übernahm das Regiment
wieder seinen altvertrauten Frontabschnitt in den Sek-
tionen 7 bis 12 (Skizze 1) am Nordhang des Fajti-Hrib.
Das I. und II. Bataillon im Kampfgraben und das
III. Bataillon dahinter am Kavernenriegel. Die Stel-
lungen hatten durch das Trommelfeuer in der zehnten
Jsonzoschlacht ungeheuer gelitten und es bedurfte an-
strengendster Arbeit, um sie wieder halbwegs instand-
zusetzen. Der seit der Beendigung der 10. Jsonzooffensive
auch merklich abgekämpfte Gegner störte nur wenig und
so waren unsere Verluste in dieser Stellungsperiode
gering.
Am 24. Juni ging unser allseits beliebter Regiments-
kommandant Oberstleutnant Leopold Hirsch schwer er-
krankt ins Hinterland ab und an seine Stelle trat
Major Franz Thalhofer vom Gebirgsschützenregiment
Nr. 1, Klagenfurt. Auch bei den Bataillonen gab es Ver-
änderungen im Kommando. So übernahm Hauptmann
Ludwig Lehner das Kommando des III. Bataillons und
Leutnant Sepp Urban wurde sein Adjutant, Haupt-
mann Gottlieb Balar erhielt das Kommando über das
II. Bataillon.
Im Regimentskommandobefehl Nr. 177 vom 28.
Juni 1917 stand:
Nachstehend eingelangter Brief des Regimentskom-
mandanten Herrn Oberstleutnant Leopold Hirsch wird
verlautbart:
„Durch plötzliche Erkrankung an Brechdurchfall, wo-
durch mir die letzten Kräfte genommen wurden, mußte
ich, obwohl schweren Herzens, vom Regimente scheiden.
Es ist mir ein Herzensbedürfnis, solange ich noch in
unmittelbarer Nähe meines braven, tapferen, anhäng-
lichen Regiments mich befinde, allen Kriegskameraden,
das sind Abteilungs- und Unterabteilungskommandan-
ten, sämtlichen Säbelchargen, allen Referenten und nicht
zuletzt der gesamten Mannschaft für ihre tapfere und
unermüdliche und unverdrossene Dienstleistung im Na-
men des Allerhöchsten Dienstes den Dank auszusprechen.
Außerdem sage ich in meinem Namen allen Genann-
ten nochmals meinen herzlichsten Dank. Ganz speziell
danke ich allen meinen Kriegskameraden des Regiments
für die Anhänglichkeit und Liebe und das Vertrauen,
das mir entgegengebracht wurde.
Für die tapfere, unermüdliche und unverdrossene
Unterstützung, welche mir mein Regimentsadjutant
Oberleutnant Karl Klein geleistet hat, danke ich ganz
besonders aus vollem Herzen.
36'
277
Nicht weniger meinen anderen Referenten, wie Regi-
ments-Chefarzt, Telephon-Offizier, Liquidierender Rech-
nungsführer, Proviant-Offizier, Feldkurat, Gas-Sonder-
offizier, den herzlichsten Dank.
Nun, so scheide ich vom Feldregiment, welches ich
nahezu acht Monate an der Front kommandierte, indem
ich jedem einzelnen mit Tränen in den Augen ein vom
Herzen kommendes ,Vergelt's Gott' und ,Kriegsglück'
zurufe!"
Am 28. Juni wurde das Zweier-Regiment aus der
Stellung gezogen und ging auf Retablierung; mit dem
I. und II. Bataillon nach Preserje und Cvetroz und mit
dem III. in das Mandrialager. Verluste im Juni: 6 Tote
und 69 Verwundete.
Vom XXVIII. Marschbataillon trafen unter Kom-
mando des Oberleutnants August Klengel die 1. und
3. Kompagnie ein und wurden gleich aufgeteilt.
Zum Zeichnen von Kriegsanleihe wurden Urlaube
gewährt und diese Gelegenheit zum Wiedersehen mit der
Heimat und den Lieben zu Hause von den Zweiern
fleißig genützt.
Wenn nur die Hitze nicht gar so unerträglich gewesen
wäre! Alles wäre schön hier! Die Ruhe, keine Alarme,
nicht ständig am Sprung zur Abwehr von Angriffen
bereit sein müssen, regelmäßige und bekömmliche, wenn
auch etwas kärgliche Menage, keine krepierenden schwe-
ren Minen mit ihrem nervenzerreißenden Wumpsen und
Krachen und nicht zuviel Arbeit. Aber diese fürchterliche
Hitze! Alle Tage ging ein Bataillon in die Wippach
baden; ach, wie war das köstlich!
Jeden zweiten Tag gingen 300 Mann entlausen und
brachten damit die ungeladenen Kavernengäste für einige
Zeit an.
Die ersten Karl-Truppenkreuze, 1630 Stück, trafen
ein. Die Offiziere wurden von ihren Bataillonskomman-
danten und die Mannschaft von den Kompagniekomman-
danten in feierlicher Form damit dekoriert.
Die Erfahrungen der letzten Jsonzoschlachten ließen
eine Vermehrung der Maschinengewehre wünschenswert
erscheinen. Es sollen Hand-Maschinengewehr-Züge ge-
schaffen und den Kompagnien zugeteilt werden.
Vom 9. bis 29. Juli hatte das Regiment wieder Stel-
lungsperiode. Das Regiment bezog mit zwei Bataillonen
wieder die Sektionen 7 bis 12 am Fajti und hatte ein
Bataillon als Reserve im Kavernenriegel und der Milo-
jevicschlucht verteilt stehen.
Oberst Karl Christophori übernahm mit 11. Juli das
Kommando über das Schützenregiment Nr. 2. Haupt-
mann Gottfried Burgstaller das über das III. Bataillon.
Jnt.-Kommandant Oberstleutnant Thalhofer scheidet
vom Regiment.
Starke Gewitterregen setzten die Kavernen unter Was-
ser und die Mannschaft litt unter der Nässe.
Ein Befehl ordnete an, daß die Kavernen auch nach
rückwärts Verteidigungsmöglichkeit haben müßten und
in diesem Sinne ausgebaut werden sollten.
Am 19. Juli wurde die Milojevicschlucht mit Artil-
leriefeuer eingedeckt und dabei ein Brand in der Hütte
des 4. Zuges der 11. Kompagnie verursacht. Das Ge-
fährlichste dabei war das vollkommene Fehlen von Was-
ser zum Löschen. Zudem kam noch, daß in der Hütte auch
Vorräte an Handgranaten lagerten, die jeden Moment
hochgehen konnten. In dieser äußerst gefährlichen Situa-
tion bewies der Offiziersdiener Scheinecker besondere
Kaltblütigkeit und Schneid beim Herausbringen der
Munition.
Auch diese Stellungsperiode verlief, außer beidersei-
tiger, größerer Artillerietätigkeit, ohne besondere Kampf-
handlungen und die Verluste hielten sich in erträglichen
Grenzen. Wie roh das Kriegshandwerk machte! Verluste
waren schon „erträglich" für uns! Was werden die An-
gehörigen der doch in diesen Grenzen Gefallenen gesagt
haben? Ob für diese die Verluste auch tragbar waren?
Am 20. Juli ging das Regiment in seine am 9. Juli
verlassenen Retablierungsorte zurück (I. und II. Batail-
lon). Das III. Bataillon blieb zunächst in der Mandria-
schlucht und tauschte am 25. Juli mit dem II. die Unter-
künfte. Es gab also wieder für zehn Tage Entspannung
und Erholung. Wie kurz zehn Tage sein konnten! Man
glaubte erst gestern aus der Stellung gegangen zu sein
und schon ging's neuerdings hinaus. Wie lange waren
dagegen zehn Tage im Graben! Verluste im Juli:
4 Tote, 22 Verwundete.
Am 1. August war es wieder so weit und die Sek-
tionen 7 bis 12 unser neuer, eigentlich schon alter, Front-
abschnitt. Höchste Alarmbereitschaft wurde angeordnet
und die Urlaube eingestellt. Diese Anordnungen und
erhöhte Artillerietätigkeit kündeten das Kommen größe-
rer Kampfhandlungen an. Sollte die 11. Jsonzoschlacht
schon fällig sein?
In dem Gehölz am Fuße des Kavernenriegels entstand
ein Brand. Er konnte äußerst gefährlich für den ganzen
Baubestand des Lagers bei Kote 113 werden. Ein paar
beherzte Leute der Maschinengewehrkompagnie III lösch-
ten in voller Sicht des Feindes den Brand. Vor solchen:
Mut schienen sogar die Italiener Hochachtung zu haben,
denn sie ließen sie unbehelligt bas Feuer löschen. Hoch
klingt das Lied vom braven Mann!
Eine Patrouillenunternehmung unter Führung des
Leutnants Rudolf Auberger am 10. August verdiente
ebenso höchste Anerkennung. Auberger schlich mit einem
Kadettaspiranten und sieben Mann gegen Kote 218 und
überrumpelte dort neun Italiener, die er zurück schickte.
278
Vorsichtig pirschte die Patrouille weiter gegen den Vol-
kovnjak und erwischte noch einzelne Horchposten des
Feindes, so daß er insgesamt elf Italiener schon gefangen
hatte und durch Leute seiner Patrouille zurückbegleiten
ließ. So hatte er jetzt nur mehr den Schützen Wiesmayr
bei sich und wollte trotzdem noch weiter gegen die Stel-
lung am Volkovnjak vorfühlen. Er mußte aber bemerkt
worden sein, denn die Italiener überschütteten ihn mit
Feuerüberfällen und zwangen ihn zur Umkehr. Leider
konnte er sich nur allein in unsere Linien zurück retten,
da er Wiesmayr verwundet vor den feindlichen Draht-
verhauen zurücklassen mußte. Alle gefangeneil Italiener
waren vom italienischen Infanterieregiment Nr. 69.
Nach dieser Stellungsperiode, die am 15. August zu
Ende gegangen war, wurden wir nicht mehr in die wei-
ter zurück liegenden Retablierungsorte vom letztenmal
verlegt, sondern blieben näher an der Front. Zwei Ba-
taillone kamen in das Mandrialager und eines in ein
Lager bei Kote 203, etwas östlich davon.
Der Futtermangel für die Pferde und Tragtiere
wurde immer spürbarer und so kam Befehl, die Reit-
pferde als Zugpferde einzuteilen und den Pferdestand
überhaupt weitgehend zu verringern. Lastauto sollten
dafür eingesetzt werden. Unser Regiment meldete 61
Pferde zur Abgabe.
Bei einer Feldmesse in Evetroz erfolgte in würdiger
Form die Dekorierung einer großen Anzahl Zweier.
Leider sind weder die Zahl noch die Namen der Deko-
rierten bekannt.
Hauptmann Burgstaller erhielt einen kurzen Urlaub
bewilligt und an seiner Statt übernahm inzwischen Oberst
Oertl (Infanterieregiment Nr. 11) das Kommando des
III. Bataillons.
Die 11. Zsonzoschlacht
17. August bis 16. September 1917 (Skizze 1).
Schon am 17. August schwoll das Artilleriefeuer zum
Trommelfeuer an. Die 11. Zsonzoschlacht hatte begon-
nen.
Sie sollte die blutigste von allen werden. Cadorna
griff mit einer Million Streiter und rund 4000 Ge-
schützen die österreichisch-ungarischen Stellungen an. Der
Hauptstoß toar zunächst wieder gegen den Bainsizzaranm
gerichtet. Am 18. August ging erst recht ein Höllenfeuer
los, wie es die Jsonzofront noch nie gehört hatte. (Und
da war man allerhand gewöhnt!) Viele Flieger wurden
auf italienischer Seite eingesetzt und auch Gas und
künstlicher Nebel sollten diesmal mithelfen, einen Erfolg
zu erzwingen. Bereits am 19. August gelang den Ita-
lienern bei Auzzo (Skizze 2) der Jsonzoübergang und
schon am nächsten Tag setzten dort zwei Feinddivisionen
über. Damit waren nun sieben italienische Divisionen
am Bainsizzaplateau. Das österreichisch-ungarische
Armeeoberkommando mußte sich daher entschließen, die
Bainsizzafront radikal zurückzunehmen. Dabei wurde
auch der Monte Santo aufgegeben und der Monte
San Gabriele wurde nun zum Eckpfeiler in der Jsonzo-
front und kostete in der Folge von beiden Seiten Ströme
von Blut. Zwölf Regimenter aus allen Teilen der Mon-
archie verbluteten im Kampf um diesen „Teufelsberg
mit dem heiligen Namen".
Auch unser Schicksalsberg, der Fajti-hrib, der kaum
ein Dutzend Kilometer südlich vom Gabriele lag, war
innig mit den Kämpfen am Gabriele verbunden. Ein
Weichen am Gabriele hätte auch den Verlust unserer,
mit soviel Heldenmut und Blut gehaltenen, Stellungen
bedeutet. Hier wie dort unter den Hütern dieser zwei
Blutberge ein Linzer Hausregiment. Infanterieregiment
Nr. 14 am Gabriele und Schützenregiment Nr. 2 am
Fajti. Immer stand unser tapferes Regiment an den
Brennpunkten des Ersten Weltkrieges und überall hat
es seine Pflicht mehr als nur erfüllt.
Der Kampfraum unserer 44. Schützendivision reichte
vom linken Ufer der Wippach nach Süden bis zum
Fajti-hrib und war in zwölf Abschnitte, Sektionen ge-
nannt, eingeteilt. Wir lagen meist in den Sektionen 7
bis 12. (Siehe Skizze 1.)
Die Sektionen 1 bis 3 hatten gleich zu Beginn der
Schlacht starke Angriffe auszustehen und gingen vor-
übergehend verloren. Sofort durchgeführte Gegen-
angriffe warfen den eingedrungenen Gegner wieder hin-
aus. Besonders starkem Artillerie- und Minenwerfer-
feuer waren auch die Sektionen 11 und 12 ausgesetzt.
Natürlich wurden auch die Räume dahinter nicht ver-
schont und die dort bereitgestellten Reserven mußten
ebenso Blutzoll leisten wie die Kampflinie.
Unser Regiment befand sich an diesen Tagen in
Alarmstellung im Mandrialager und war jederzeit be-
reit, bei Gefahr eingesetzt zu werden.
Am 18. August wurden unserem Regiment zur Auf-
füllung seiner Stände zwei Kompagnien eines Marsch-
bataillons des III. Kaiser-Schützeuregimentes zugeteilt.
Sie waren direkt aus Südtirol gekommen und brachten
2 Leutnants, 1 Fähnrich, 7 Kadettaspiranten und 261
Mann zu uns. Die Aufteilung auf die Kompagnien er-
folgte noch am selben Tage.
Am 19. August wurden die Zweier noch näher an die
Front herangezogen und besetzten mit zwei Bataillonen
die 1o-Linie und mit dem III. Bataillon die Milosevic-
schlucht (Skizze 1). Das Regimentskommando bezog die
Mandriaschlucht, welche fast ständig unter schwerem Be-
schuß des Feindes lag.
279
Besonders aufopferungsvoll wurde der Dienst der
Telephonisten, Essenträger und Materialschlepper in
diesen Tagen. Immer wieder waren die Telephonlei-
tungen unterbrochen und trotz des schweren Feuers muß-
ten die Männer hinaus, die Fehler suchen und zerfetzte
Leitungen flicken. Hing doch an diesen Drähten, die zu
den Kommanden und Reserven laufen, das Leben der
Front. Das Zuschieben der Munition, der Menage und
anderer notwendiger Dinge wurde fast zur Unmöglich-
keit. Jede Nacht aber übernahmen hunderte braver Sol-
daten diesen Opfergang zur Front, um ihre Kameraden
im Kampfgraben mit dem Notwendigsten zu versorgen.
Dieses stille Heldentum ist wohl genau so hoch zu wer-
ten, als die heroischen Taten unserer Frontkämpfer.
Das Brigadekommando war in diesen Tagen in der
Milojevicschlucht. Obwohl den meisten Zweiern der Weg
dorthin gut bekannt war, mußte man gut aufpassen, um
ihn jetzt wieder zu erkennen. Steintrümmer, durch tau-
sende Einschläge schwerster Geschosse und Minen umher-
geschlendert, hatten den Weg fast um einen Meter ge-
hoben, das kleine Wäldchen war verschwunden, viele
Kaverneneingänge verschüttet und manche Verteidi-
gungsanlage wegrasiert.
Die Sektion 5 war auf kurze Zeit in Feindeshand ge-
raten. Der Frontabschnitt war in Rauch gehüllt und
jede Sicht genommen.
Jnfanterieangriffe auf die Sektionen 7 bis 14 waren
überall abgewiesen worden.
Da kam um 4 Uhr nachmittags vom Brigadier von
Schuschnigg telephonisch folgende Weisung an unser Re-
gimentskommando:
„Der Feind ist in die Nordkuppen des Divisions-
abschnittes eingedrungen. Die 44. Schützendivision wird
einen Gegenangriff durchführen. Das II. Bataillon des
Schützenregiments Nr. 2 ist sofort bereitzustellen und soll
sofort einzeln zum Standpunkt der Frontbrigade ge-
bracht werden."
In kurzer Zeit war der Befehl ausgeführt. Inzwischen
erfolgte eine neue Meldung des Inhalts, daß der Geg-
ner in die Sektionen 1 bis 3 eingebrochen sei. Unsere
Kräfte standen dort in der alten 1-a-Stellung. Noch in
der Nacht wurde dann die Zurückeroberung der verloren-
gegangenen Sektionen gemeldet.
Das Regimentskommando der Zweier war vom Offi-
zier-Beobachter auf Kote 172 ständig auf dem laufen-
den gehalten und ordnete sicherheitshalber die halbe
6. Kompagnie (Hauptmann Fischer) in den südlichen
Teil der 1-e-Linie, um bei Gefahr am Schluchtriegel
eingreifen zu können (Skizze 1).
Am 23. August erfolgte auf die Sektionen 11 und 12
ein italienischer Sturmangriff. Die vorgehenden ita-
lienischen Sturmkolonnen wurden aber, bevor sie unse-
ren Schützengraben erreicht hatten, durch Minen- und
Maschinengewehrfeuer aus dem Kavernenriegel zerfetzt.
Weitere Jnfanterieangriffe blieben dann aus.
Am 24. August kehrte Hauptmann Burgstaller vom
Urlaub zurück und übernahm wieder sein III. Batail-
lonskommando; Oberst Oertl wieder das II. Bataillon.
Zwischen 19. und 23. August drohte auch die Hermada
verloren zn gehen. Es war dies die letzte Bastion auf
dem Wege nach Triest, den die Italiener ja in allen
Jsonzoschlachten als Ziel gesteckt hatten und dem sie nun
greifbar nahe gerückt schienen. Aber auch hier blieb ihnen
der letzte und entscheidende Erfolg versagt. Die Kraft
der Million Streiter war durch die ungeheuren Blut-
opfer, die das italienische Heer bisher in der elften
Schlacht am Jsonzo bringen hatte müssen, erschöpft und
auch die elfte Schlacht neigte sich ihrem Ende zu, ohne
daß der Feind seine kleinen Anfangserfolge weiter aus-
bauen konnte. Vom Fajti bis zum Volkovnjak, einem
kaum zwei Kilometer langen Frontstück gegenüber unse-
ren Sektionen 7 bis 12, wurden an italienischen Trup-
pen festgestellt: Brigade Pallanzer, Brigade Rivigo,
Brigade Tevere, dahinter in Reserve Brigade Leccr und
Brigade Massa Carrara. Alle gehörten zum 11. ita-
lienischen Korps, das uns gegenüber stand. Biel Feind,
viel Ehr!
Unsere hohen und höchsten Kommandos sparten denn
auch nicht mit ihrer Anerkennung. So ein Telegramm
vom Armeekommando:
„Nachstehenden Truppen spreche ich meine belobende
Anerkennung aus: Den Truppen der 44. Schützendivi-
sion für hervorragend zähe Verteidigung der ihnen an-
vertrauten Stellungen."
gez. Boroevic, Generaloberst.
Unser Regimentskommandant Oberst Karl Christo-
phori erhielt als allerhöchste Auszeichnung den Eisernen
Kronenorden II. Klasse und Offiziere und Mannschaft
beglückwünschten unseren Regimentsführer.
Neu waren auch die Brieftaubeneinsätze zur Verbin-
dung mit dem Korpskommando, wenn alle anderen
Wege versagen sollten.
Weil es mit der Waffe nicht gelang, sollte es mit dem
Wort gelingen und so meinten die Italiener mit ab-
geworfenen Flugzetteln mehr als mit Minen erreichen
zu können. Es sei hier einer der vielen, vielen bis zum
Kriegsende abgeworfenen Flugzettel angeführt:
„Österreichisch-ungarische Soldaten!
Die österreichisch-ungarischen Soldaten leben in Ita-
lien in bequemen Lagern und bekommen alltäglich Weiß-
brot und Fleisch, weil wir in Italien alles im Überfluß
haben. Die österreichisch-ungarischen Gefangenen, welche
280
arbeiten wollen, finden auf den Feldern und in den
Fabriken Arbeit und bekommen einen täglichen Lohn
von drei bis vier Lire. Sie warten dort mit frohem Mut
und frei von jeder Gefahr auf die Stunde der Heim-
kehr."
Der Gesundheitszustand im Regiments war derzeit
nicht der beste, was nach vier Monaten Frontdienst,
ohne Unterbrechung durch eine längere Erholungspause,
nicht verwundern kann.
Das XXIX. Marschbataillon ist avisiert und bleibt in
der Nähe des Regiments, um erst nach dieser Stellungs-
periode aufgeteilt zu werden.
Am 24. August rückte das Regiment wieder in seine
altvertrauten Sektionen 7 bis 12 vor. Die Kom-
pagnien bezogen ihre schon bekannten Sektionen und
hatten dabei, mit Ausnahme des II. Bataillons keine
Verluste.
Das italienische Artillerie- und Minenfeuer auf die
Sektionen dauerte auch weiterhin noch mit großer Stärke
an. Jnfanterieangriffe unterblieben bei uns. Anders aber
im Norden von uns, besonders am Monte Gabriele. Wir
sahen sehr gut hin und konnten gut mitfühlen, was die
Verteidiger dort schon seit Wochen zu leiden hatten und
noch immer haben.
Auf die Sektionen 1 bis 3 versuchten die Italiener
einen Angriff ohne Artillerievorbereitung. Unsere Ar-
tilleriebeobachter erkannten die Absicht rechtzeitig und
funkten dazwischen, so daß derselbe nicht zur Entwicklung
kam. Natürlich blieb die feindliche Artillerie nichts schul-
dig und so blitzte und krachte es von beiden Seiten, was
das Zeug hielt. Tragisch war dabei nur, daß unsere Ar-
tillerie einigemal zu kurz schoß, so kurz, daß unsere Gra-
naten, statt am Fajti bei den Italienern, bei uns am Ka-
vernenriegel einschlugen und zehn Verwundete kosteten.
Unsere Stellungen sahen greulich aus. Immer wieder
dasselbe Lied. Alles eingeebnet, die Drahtverhaue zu
Knäueln verwirrt und weggeschleudert und nur die Ka-
vernen hatten sich verhältnismäßig gut gehalten. Eine
einzige, die „Dorothea" war eingeschlagen worden.
Das Schlechtwetter in diesen Tagen und die vielen
Feuerüberfälle erschwerten die Wiederherstellungsarbei-
ten sehr stark. Zu den Vernichtungswaffen war in letzter
Zeit eine neue von den Italienern eingesetzt worden, die
Sprengröhren. Sie kamen rotierend daher geflogen und
krepierten beim Aufschlagen. Die Fliegertätigkeit des
Feindes war sehr rege und der unseren weit überlegen.
Täglich gab es Verluste.
Gesamtabgänge im August: 12 Tote, 89 Verwundete
und 319 Erkrankte.
Mit 36. August setzte auf unsere Sektionen 11 und 12
starkes Artillerie- und Minenfeuer ein und ließ einen
Angriff als wahrscheinlich erscheinen. Er blieb aber aus.
Fähnrich Leo Suda begleitete am 3. September den
Oberleutnant Konrad Heckel in die Stellung zum Front-
bataillon hinaus und wurde dabei durch einen Voll-
treffer bei Osreni getötet.
Am 9. September 1917 wurde die Alarmbereitschaft
bei uns aufgehoben und damit offiziell das Ende der
11. Jsonzoschlacht angedeutet.
Das Kommando der Südwestfront sagt:
„In schwerem Ringen hält die Jsonzoarmee seit Ta-
gen in einem Heldenmut ohnegleichen den wütenden
Anstürmen des Feindes stand. Obwohl die Schlacht noch
weiter tobt, drängt es mich, schon heute allen Truppen
wie ihren Führern warmen Dank zu sagen, für ihre
unvergleichlichen Leistungen, ihren unermeßlichen Opfer-
mut, ihre Hingabe für das Wohl des geliebten Vater-
landes und für die Ehre der Armee. Innigst drücke ich
im Geiste jedem einzelnen der Helden die Hand.
Feldmarschall Erzherzog Eugen.
Wenn auch auf die von den Zweiern besetzten Sek-
tionen in dieser Schlacht kein Jnfanterieangriff erfolgte,
so hatte das Regiment doch seinen vollen Anteil an der
Ehre, die mit so ungeheurem Einsatz begonnene elfte
Jsonzoschlacht zum Scheitern gebracht zu haben. Trotz drei-
facher Überlegenheit vor unserem Kampfabschnitt, wagte
es der Feind nicht, seine Infanterie gegen uns anrennen
zu lassen. Wir waren bereit! Nicht zu wenig mag auch
die Abwehrkraft unserer Stellungen zu seiner Zurück-
haltung in unserem Abschnitt beigetragen haben. Die
Zweier hatten in den wiederholten Stellungsperioden
in den Sektionen 7 bis 12 in fleißigster Arbeit und gro-
ßem Opfermut, wie die vielen Blutopfer ja beweisen,
die Stellungen zu einem starken Bollwerk ausgebaut,
dessen Abwehrkraft den Italienern sicher gut bekannt war.
Am Fajti war kein Schritt Boden preisgegeben worden.
Das Gebirgsschützenregiment Nr. 2 wurde auf das
Ternovanerplateau verlegt und wurde dadurch der bei
unserer Division bisher übliche zehntägige Wechsel in
der Ablösung gestört. Um eine Zerreißung des Regi-
ments bei den künftigen Ablösungen zu vermeiden,
wurde unser Regimentskommando bei der Division bitt-
lich, das Regiment noch eine Woche länger als vor-
gesehen in Stellung zu belassen und dann geschlossen ab-
zulösen.
Das Regimentskommando erhielt vor einigen Tagen
durch Vermittlung unseres Regimentskommandanten
vom Armeeoberkommando einen 18fachen Feldstecher
zugewiesen.
Wunder an Tapferkeit und Aufopferung hatten auch
in der 11. Jsonzoschlacht das ärgste verhindert! Bedenkt
281
man, daß der Krieg schon drei Jahre anhielt, an der
Front uni) in der Heimat spürbare Not an allem
herrschte, unsere Truppen immer zahlen- und aus-
rüstungsmäßig weit hinter dem Feinde zurückstanden,
kann man nur größte Hochachtung und Ehrfurcht für die
Größe des Mutes und stillen Dnldens unserer Soldaten
empfinden. Wird unsere Front noch einem Ansturm
standhalten können? Bange stellten wir uns diese Frage.
Zwischen 11. und 12. Jsonzoschlacht
16. September bis 24. Oktober 1917
Das Schützenregiment Nr. 2 war noch bis znm
17. September in Stellung und ging an diesem Tage
wieder ans elf Tage nach rückwärts in Reserve.
Das Wetter war die meiste Zeit schön gewesen, die
Tage noch warm, aber die Nächte schon merklich kühler.
Noch in der Stellnngsperiode hatte das III. Bataillon
am 11. September das I. Bataillon in der Stellung ab-
gelöst und wurde dabei von der Artillerie erwischt.
Fähnrich Eduard Essler getötet.
Außer der schon gewohnten Artillerietätigkeit ereignete
sich nichts Besonderes. Ein neuer Laufgraben von der
Bataillousschlucht zur Sektion 12 war begonnen wor-
den. Es war dies eine Arbeit, die schon längst hätte in
Angriff genommen werden sollen, aber immer wieder
wegen noch dringenderer aufgehoben worden war
(Skizze 1).
Während bei uns verhältnismäßig Ruhe eingetreten
war, ging im Norden von uns der Kampf noch immer
in unverminderter Stärke weiter. Der Monte Gabriele
lag ständig unter schwerstem Beschuß und die Angriffe
um seinen Besitz hatten noch keine Unterbrechung er-
fahren.
Gabriele — Fajti — Hermada,
drei Brennpunkte der Jsonzofront! Einer steht für die
andern! Fällt einer davon, geht es auch den anderen an
den Kragen. Noch waren sie alle drei fest in unserer
Hand! Aber die Situation wurde brenzlich!
Nach der Ablösung am 17. September kamen das
I. und II. Bataillon nach Cvetroz und Preserje und das
III. Bataillon in das Mandrialager.
Das Regimentskommando inspizierte auf dem Hin-
weg in die Retablierungsstation den Train in der To-
mincmühle und den dort eingetrofsenen ersten Hand-
Maschinengewehrzng unter Leutnant Sepp Linnemayr.
Hand-Maschinengewehrzüge waren eine Neueinführung
bei uns, hatten vier Maschinengewehre desselben Mu-
sters wie die schweren Maschinengewehrkompagnien, je-
doch ohne Tragtiere, ohne schwere Schutzschilde und nur
ein leichtes Gabelgestell. Sie waren daher beweglicher
als die schweren Maschinengewehre und taktisch bedeutete
ihre Aufstellung eine gewaltige Erhöhung der Feuer-
kraft der Kompagnien. Der erste Hand-Maschinengewehr-
zng wurde der 12. Kompagnie angegliedert.
Anschließend an den Train inspizierte der Regiments-
kommandant auch noch das XXIX. Marschbataillon in
Britof. Unser Oberst fand das Aussehen der Leute dort
gut, die Ausbildung aber mittelmäßig. Die eineinhalb
Kompagnien desselben wurden sofort ans das Feld-
regiment aufgeteilt.
Am 19. September hatte Rechnungsunteroffizier An-
ton Wolssberger eine traurige und ganz ungewohnte
Aufgabe zu erfüllen. Der vor kaum 14 Tagen der stei-
nigen Karsterde übergebene, gefallene Fähnrich Leo Suda
sollte exhumiert und in einem Metallsarg nach seinem
oberösterreichischen Heimatort Kremsmünster gebracht
werden. Mit Rum im Magen und Watte in der Nase
erfüllten Wolfsberger und seine fünf Trainsoldaten
unter Beisein des Bruders (Hauptmann Suda), des
Regimentsarztes und des Feldkuraten den traurigen
Kameradschaftsdienst. Nach Zulöten des Sarges und
Einsegnung durch den Priester rollte Fähnrich Suda
mit dem nächsten Zug der Heimat zu. Neun Brüder
Suda waren ins Feld gezogen, zwei gefallen, drei zu
Krüppeln geschossen, zwei gefangen und zwei dienten
noch im Felde!
Mit 21. September wurden plötzlich alle Heimat-
urlaube eingestellt. Gerüchte kamen ans und wollten von
einer bevorstehenden großen Aktion von unserer Seite
wissen. Deutsche Truppen seien gesehen worden usw.
Ein Fenerüberfall auf das Mandrialager tötete vor
der Kaverne „Krems" einen Mann und verwundete
außer Oberleutnant Konrad Heckel noch acht Mann. Vor
der Kaverne „Emma" fiel ein Mann und Leutnant
Bräuer und sieben Mann wurden verwundet.
Oberleutnant August Walch, Adjutant des II. Batail-
lons erkrankte an Typhus und Leutnant Sepp Urban
trat an seine Stelle. Das Kommando des Bataillons
war in der „Lika"-Kaverne untergebracht.
Auch das Kommando dieses Bataillons wechselte.
Oberst Oertl ging am 27. September krank ab und der
vom Marschbataillon eingerückte Hauptmann Ludwig
Letznsr übernahm das Kommando des II. Bataillons.
Am 27. und 28. September löste unser Regiment die
Gebirgsschützen Nr. 1 in der Stellung ab. Diesmal ging
es aber nicht in den altgewohnten Abschnitt gegenüber
dem Fajti, sondern in den Teil „Nord" des Divisions-
bereiches, das waren die Sektionen 1 bis 6. Ein ganz
anderes Terrain erwartete uns dort. Es waren dies
ja die Sektionen, die an der Wippach ausgehend zu-
nächst in der Talsenke verliefen und dann erst langsam
ansteigend ans Kote 126 ihre höchste Erhebung erreich-
ten. Weicher, tiefgründiger Boden erwartete uns dort;
282
tiefe Gräben, die ständig morastig waren und bei
Schlechtwetter gleich hoch mit Wasser voll standen und
fast gar keine bombensicheren Unterstände waren das
Merkmal dieser Stellungen. Bei allem schlechten war
meist doch auch ein Körnchen Gutes vorhanden und hier
war es der Wegfall der Splitterwirkung, ähnlich wie
seinerzeit in Galizien.
Wir ahnten damals noch nicht, daß wir diesmal am
Karst zum letztenmal in Stellung gehen sollten!
Verluste im September: 11 Tote, 62 Verwundete.
Der Oktober war gekommen. Das Wetter dauernd
naß und kalt. Unsere Mannschaft hatte noch die leichte
Sommermontur und fror schon ganz erbärmlich.
Vom Regimentskommando angeforderte Bauchbinden
waren noch nicht gekommen und auch die zweite Decke
fehlte. Hätte man doch ein bißchen von der unerträg-
lichen Sommerhitze aufsparen können! Besonders die
Bora ließ uns bis in die Knochen hinein erschauern.
Die Feuerüberfälle der Italiener mehrten sich. Auch
drüben beim Feind schienen sie etwas von einem nahen-
den Ungewitter zu fühlen und schossen nervös auch weit
in die Hinterräume der Front.
Am Materialplatz erwischte es am 1. Oktober die
Essenträger. In der Stellung gab es diese Nacht „Me-
nage mit Granatsplitter".
Das XXX. Marschbataillon war in Tabor eingetrof-
fen, blieb aber vorläufig dort, um erst nach der Ablösung
aufgeteilt zu werden.
Ein Befehl der Division verbot Telephonleitungen
von den Bataillonen zu den Kompagnien im Graben
und mußten dieselben sofort abgetragen werden. Die
Nähe der Feindstellungen hatte es ermöglicht, daß Ge-
spräche abgehorcht wurden. Das Mitnehmen von Skiz-
zen über Stellungen, Zahlen über Stände, Briefen mit
Feldpostnummer und überhaupt jeder schriftlichen Auf-
zeichnung, die Anhaltspunkte zur Ermittlung des Trup-
penkörpers hätten geben können, war für die Graben-
besatzung strenge untersagt.
Die Tarnungsworte für verschiedenes Kriegsgerät
und Munition wurden vermehrt. So waren zum Bei-
spiel von nun an die Schrapnells: „Rosen", die Minen:
„Rekruten" und die Granaten wurde:: „Knödel". Ein
Ersuchen an die Artillerie, sie solle 10 Rosen und 50
Knödel den Italienern übermitteln, war beileibe keine
Menagezubuße für diese.
Schwere Lufttorpedos töteten drei Mann und ver-
wundeten 22. Das Gewicht der Ladung eines solchen
Geschosses war 56 Kilogramm. Wie dürfen wir vom
Ersten Weltkrieg froh sein, daß es damals noch keine
1000-Kilogramm-Bomben gab, die man dann im Zwei-
ten Weltkrieg bedenkenlos auch auf Frauen, Kinder und
Greise fallen ließ.
Die letzten drei Stellungstage waren sehr unruhig,
anstrengend und verlustreich. Nach mehrmaliger, kräf-
tiger Artillerievorbereitung sollten von uns aus Pa-
trouillenunternehmungen starten, um Gefangene einzu-
bringen. Die Sturmpatrouillen, welche dann unter
Kommando der Leutnants Meßner, Langfellner und
Angermayr losgingen, stellten fest, daß die Wirkung
unserer Artillerie auf die Feindstellungen minimal ge-
wesen war und die Drahthindernisse alle intakt seien.
Unter solchen Umständen konnten die Patrouillen keine
Erfolge haben.
Dafür beschoß uns die Feindartillerie mit um so
größerer Wirkung. Da die Italiener Angriffe von unse-
rer Seite vermuteten, belegten sie unsere Stellungen
und das Vorfeld derselben mit allerschwerstem Abwehr-
und Sperrfeuer. Die Wirkung war verheerend.
Unsere Verluste in dieser Stellungsperiode: 3 Offi-
ziere tot (Leutnant Karl Reiß, Leutnant Adolf Zoderer
und Leutnant Anton Angermayr); 10 Mann gefallen,
50 verwundet, 9 Mann Nervenzusammenbruch, über 100
Erkankte; einige Pferde ausgefallen.
Auch diese, im wahrsten Sinne des Wortes „dreckige"
Stellungsperiode fand am 12. und 13. Oktober mit der
Ablösung durch das wieder in die Division zurück-
gekehrte Gebirgsschützenregiment Nr. 2 sein Ende. Das
Regimentskommando der Zweier kam nach Tabor, das
I. Bataillon in das Taborlager, das II. Bataillon als
Brigadereserve in den 140-Riegel (Skizze 1) und das
III. nach Britof. Die Ablösung war allseits ohne Ver-
luste erfolgt. Endlich sich wieder trocknen und einmal
wieder ausschlafen zu können, wie tat das wohl!
Die erste Kompagnie des XXX. Marschbataillons
wurde aufgeteilt. Einen Tag später rückte Oberleutnant
Vacek mit den restlichen zwei Kompagnien desselben
Marschbataillons ein und Leutnant Panek brachte 18
Mann des XXXII. zum Feldregiment.
Von der Ausbildungsgruppe des 23. Korps kam
Oberstleutnant Alfred Hölzl zum Regiment und über-
nahm zunächst das Kommando über das II. Bataillon.
Leutnant Hans Brunner rückte als Einzelreifender
vom Ersatzbataillon in Brünn zum Feldregiment ein
und übernahm vom Oberleutnant Schmerhoffky das
Kommando der Maschinengewehrkompagnie I. Schmer-
hofsky ging mit anderen Offizieren und Mannschaften
auf Urlaub, da diese nun wieder offen waren.
Immer nasses Wetter, sehr kühl und die Mannschaft
fror.
Es tat sich etwas! Alle Anordnungen wiesen darauf
hin. Der Regimentskommandant Oberst Christophori
und ein Adjutant sowie zwei Bataillonskommandanten
und einige Offiziere gingen auf Rekognoszierung zur
17. Jnfanterietruppendivision im Lager Sv. Ambros
37
283
und Kote 566. Die Bataillone wurden noch in der Nacht
auf den 26. Oktober in Marsch gesetzt und marschierter!
unter strömendem Regen in ihre neuen Bestimmungs-
orte. Die ehemals in Sv. Ambros und bei Kote 566 be-
standenen Lager waren vernachlässigt und zum größten
Teil abgetragen, so daß der größere Teil unserer Leute
Freilager beziehen mußte. Das Regiment der Zweier
war weit auseinandergezogen und es brauchte zirka
45 Kilometer Telephonleitung um die Verbindung zum
Kommando mit allen Teilen herzustellen.
Die Situation am 26. um 9 Uhr früh ist folgende:
Das Regimentskommando, III. Bataillon mit zwei Drit-
tel Technischer Jnfanteriekompagnie im Lager bei
Kote 566, das I. Bataillon mit einem Drittel Technischer
Jnfanteriekompagnie im Lager bei Sv. Ambros als Divi-
sionsreserve der 17. Jnfanterietruppendivision und das
II. Bataillon mit Teilen in Martinice und Dabor. In
der Nacht rückten noch zwei Offiziere und 44 Mann vom
Sturmkurs ein.
Das war die Lage nach einer schon fast sechs Monate
währenden Kampfzeit mit schier übermenschlichen Bean-
spruchungen der 10. und 11. Jsonzoschlacht. Niemals
können Worte den Leistungen der braven Zweier auch
nur annähernd gerecht werden, wenn sie versuchen woll-
ten, den Mut, die Opferfreudigkeit, das Dulden im
Ertragen von Strapazen und des Trommelfeuers in
Lobliedern zu preisen. Dabei sah es momentan gar nicht
darnach aus, daß sich in nächster Zeit viel ändern würde.
Die 12. Jsonzoschlacht
24. Oktober bis 26. Dezember 1917
(Skizze 2)
Mit Ende 1917 war der Krieg in ein sorgenbringen-
des Stadium getreten. Er hatte einen Umfang und eine
Ausweitung erhalten, die man kaum geahnt hatte. Drei-
einhalb Millionen Männer standen im Soldatendienst,
eine Million Pferde und Tragtiere zählte das Heer. Auch
die Artillerie war bedeutend ausgebaut worden. An die
6000 leichte und 2000 schwere Geschütze verfügte die
Monarchie und einige tausend Minen- und Granatwer-
fer vermehrten die artilleristische Wirkung. Leider muß-
ten wir auch schon ungeheure Opfer bringen: eine halbe
Million tote Krieger, eine Million Invalide und rund
eine Million waren gefangen und vermißt. Dazu überall
Mangel an höchst wichtigen Dingen, wie Gasmasken,
Telephonmaterial, Leder für Schuhe, Stoffen für Mon-
turen, Sprengmittel zum Stellungs- und Kavernenbau,
Sprengkapseln und Zündschnüren, Kupfer und Nickel für
die Geschoßerzeugung, Messing für die Munition usw.,
u. s. f. Alles und jedes mangelte, im Hinterland mußten
die Rekruten mit Holzattrappen die Ausbildung machen
und es kam nicht nur einmal vor, daß sie an der Front
zum erstenmal scharf schießen konnten. Nur Mut und
Treue zur beschworenen Pflicht, die hatten unsere Regi-
menter, auch die Zweierschützen, und darum ging der
Krieg auch noch immer weiter. Im Hinterland begann
der Kampf mit dem Hunger und damit auch der unter-
irdische Kampf um die Seelen, um das Vertrauen zum
Staate. Es gärte überall und wer Ohren hatte zu hören,
mußte auf Explosion gefaßt sein. Das alles wußte auch
die österreichisch-ungarische oberste Heeresleitung und
hatte schon am 25. August, also mitten in der elften
Jsonzoschlacht, einen Plan zu einer gewaltigen Ent-
lastungsoffensioe aus dem Raume Tolmein-Flitsch aus-
gearbeitet und das deutsche oberste Heereskommando um
seine Mithilfe gebeten. Diese wurde sofort zugesagt und
schon am 29. August fanden Besprechungen im Großen
Hauptquartier statt. Es galt rasch zu sein, denn am
22. Oktober wollte man losgehen. Große Truppenver-
schiebungen und das Bereitstellen von zusätzlich über
1000 Geschützen mit genügender Munition und dies
alles in den engen Räumen zwischen Gebirgswänden,
über schlechte und zu wenige Straßen, mit einem aus-
gewerkelten Eisenbahnpark war zu bewerkstelligen. Dabei
sollte der Feind getäuscht werden, um die Überraschung
zu sichern. Es gelang und diese Offensive ist als eine der
größten in die Geschichte eingegangen. Die Italiener
hatten zwar eine Ahnung über unsere bevorstehende
Offensive, irrten sich aber über deren Umfang. Erst als
sie von dem Erscheinen reichsdeutscher Truppen erfuhren,
begannen sie die Gefahr zu ahnen. Auch die Italiener
planten ja einen neuerlichen Vorstoß und hofften be-
stimmt, noch vor Winters Einbruch in Triest zu sein.
Die deutsche oberste Heeresleitung hatte das 14. Armee-
kommando unter General Otto v. Below mit der Aus-
führung des Großangriffes betraut. Nur knapp ein
Monat war Zeit gewesen, die umfangreichen Vorberei-
tungen, wozu auch großangelegte Täuschungsmanöver
gehörten, durchzuführen. Das Alpenkorps wurde zum
Beispiel nach Tirol gefahren und in Bozen eine Radio-
station recht auffallend betrieben, kleine deutsche Trup-
penteile ließen sich auch am untersten Jsonzo sehen, da-
für trugen die im eigentlichen Operationsraum zur
Aufklärung eingesetzten Deutschen österreichische Kappen.
Auch die Bereitstellung der deutschen und österreichischen
Truppen sollte keine Schlüsse für die Richtung des
Stoßes zulassen. Deshalb wurden die sieben deutschen
Infanteriedivisionen so verteilt, daß drei im Becken von
Villach und vier im Raume von Laibach untergebracht
wurden. In Kärnten sammelten sich auch die aus Tirol
herangeführten österreichisch-ungarischen Divisionen.
Ungeheures Material und tausende Geschütze mußten in
den Raum um Flitsch, wohin nicht einmal eine Eisen-
284
bahnlinie, sondern nur die vom Feinde eingesehene Pre-
dilpaßstraße führte, gebracht werden. Nun bewährte sich
der ausgebaute Stollen von Raibl durch das Bergwerk
nach Breth und die seinerzeit, hauptsächlich von russischen
Gefangenen, erbaute Straße über den Mojsztrovkapaß
und die Seilbahn über Baumbachhütte. Die Lösung all
dieser Aufgaben war eine Glanzleistung des deutschen
und österreichisch-ungarischen Generalstabes (hätte man
doch Juni 1918 auch so zusammengearbeitet!).
Der Angriff sollte am 22. Oktober starten, doch mußte
er wegen des schlechten Wetters auf den 24. verschoben
werden. Auch an diesem Tage war das Wetter regnerisch,
trüb und nebelig, was aber der Überraschung sehr zustat-
ten kam. Die Italiener hatten ja erfahren, daß am 22.
die Offensive beginne, wurden aber dann, als sie nicht
kam, fast sorglos.
In beiden Angriffsräumen (Flitsch und Tolmein)
begann um 2 Uhr früh das Gasschießen gegen die ita-
lienischen Stellungen. Anschließend um 6.30 Uhr das
Vernichtungsschießen und zwischen 7 und 8 Uhr brach
der Jnfanterieangriff los. Bei Tolmein überrannte die
12. deutsche Division die gegenüberstehenden Italiener
und war mittags schon in Karfreit und abends schon auf
halbem Wege nach Cividale. Bei Flitsch drang die öster-
reichisch-ungarische 22. Schützendivision bis Saga. Der
Sieg entwickelte sich bis zur schärfsten Verfolgung. Die
deutsche 14. Armee, die aus deutschen und österreichisch-
ungarischen Truppen bestand, gab dem Ganzen die
Schwungkraft. Ihre Deutschen Teile stießen gegen
Codroipo und die Österreicher gegen Gemona vor.
Die Heeresgruppe Boroevic, der auch wir angehörten,
sollte den Stoß gegen den Tagliamento bei Latisana
ausführen. Als weitestes Ziel dachte man ja nur bis an
den Tagliamento zu kommen.
Nun verstanden wir auch die schon einige Zeit kur-
sierenden Gerüchte bei uns und auch die zuletzt erfolgte
Umgruppierung im Regiment.
Schon am 23. Oktober hörten wir starkes Rollen von
der Front, welches sich aber noch in der Nacht zum
Trommeln steigerte. Freude zog in unser Herz. War es
doch diesmal unser Feuer, das wir hörten.
Am 25. hielt Oberst Christophori eine Offiziersver-
sammlung ab und deutete die kommenden Ereignisse an.
Am 26. griff die vor uns liegende 17. Infanterie-
division den Fajti an, eroberte ihn unter geringen Ver-
lusten (die Italiener hatten zu spät mit dem Sperrfeuer
eingesetzt) und brachte über 3400 Gefangene ein.
Nun wurde es auch bei uns „locker".
Leutnant Franz Peruaner und Leutnant Josef Ra-
zima wurden vom I. Bataillon als Quartiermacher vor-
ausgeschickt, aber es gab nicht viel „Quartier" zu machen.
Ohne Wege, über Gräben und Trichter ging es in die
Feindstellungen am Fajti und in die zerschossene Ort-
schaft Fajti. Die Bataillone erreichten noch in der Nacht
die befohlenen Räume. Wir beschlossen die Nacht in den
von den Italienern verlassenen Kavernen und waren des
Staunens voll, was wir da für Dinge fanden. Von der
Schuhwichse bis zur Schminke, von der Nagelschere bis
zum Rasiermesser, vom Schinken bis zur Konserve, vom
Weißbrot bis zum Wein in den Feldflaschen fand man
alles, was ein Zweierschütze schon lange nicht mehr ge-
sehen, geschweige denn gehabt hatte.
Die herumliegenden Toten und oft gräßlich verstüm-
melten Verwundeten der Italiener wurden notdürftig
versorgt bzw. begraben.
Ungeheure Explosionen und Feuersbrünste im Westen
ließen uns zum erstenmal die Größe der Niederlage
beim Feinde ahnen. Warm, unendlich warm stieg es uns
da zum Herzen auf.
Zwei Jahre hatten wir um jeden Stein dieses blut-
getränkten Bodens unter uns gerungen und nun diese
Belohnung für unsere Standhaftigkeit. Viele von uns
weinten vor innerer Rührung. 28. Oktober:
Immer wieder Regen! Wir marschierten ohne Weg
und Steg nach Locvica. Tragtiere und Train waren
weit zurück in Skrbina. So blieb nichts übrig, als das
schwere Material und die Munition der Maschinen-
gewehrkompagnie zu tragen. Offiziere und Unteroffiziere
schleppten mit der übrigen Bedienungsmannschaft ab-
wechselnd die schweren Gewehre und Munitionskistel,
die mit ihren dünnen Drahtgriffen sehr schmerzhaft in
den Händen lagen. Die schweren Schutzschilde hatten
wir am Karst zurückgelassen und konnten sie ja später
einmal holen. Jetzt hieß es nur vorwärts und hinter
der Infanterie nicht zurückbleiben. Ab Locvica ging es
auf Straßen dann schon leichter über S. Martino nach
Straussina, gegenüber Gradiska am Jsonzo. Das II.
und III. Bataillon kamen auf etwas anderen Wegen
ebenfalls hieher. Der Abstieg vom Plateau war wieder
erhebend und es gab wieder grandioses Feuerwerk zu
schauen. Im Westen flog eine Munitionsfabrik in die
Luft und riesige Brände glühten wie leuchtende Fackeln
in die einbrechende Nacht. Wir waren plötzlich nicht
mehr müde!
In einem, vor Stunden erst von den Italienern ver-
lassenen, Barackenlager quartierten wir uns ein. Ein
italienisches Monturdepot, voll mit Uniformen, Schuhen
und Leibwäsche, wurde von unseren Leuten sogleich mit
Eifer zur Ergänzung des eigenen zerrissenen Schuh-
werks und Wäschevorrates willkommen geheißen. Die
Brücken über den Jsonzo waren natürlich gesprengt
worden und unsere Technische Jnfanteriekompagnie
wurde zur Errichtung eines, wenigstens für die Infan-
terie zu passierenden Steges, nach Sagrado befohlen.
37*
285
Immer wieder der verfl.... Regen. Immer war
man naß und fror! Alles freute sich schon auf die paar
Stunden Schlaf in den Baracken. Leider wurde nicht
viel daraus, denn die Ratten wollten es nicht. Soviel
Ratten auf einem Fleck hatten wir noch nicht erlebt!
Wo Menschen sind, gibt es Ratten, sogar im Hochgebirge
am Krn hatten wir solche, aber so viele auf einmal ging
über das Ertragbare. Unsere Leute waren zwar oft
genug über die Gefahr des Hantierens mit feindlichen
Blindgängern und nicht explodierten Handgranaten be-
lehrt worden, aber ganz Neugierige gab es immer wie-
der, die durch ihren Ungehorsam nicht allein sich, sondern
auch andere in Gefahr brachten. Oberleutnant Leopold
Laura wurde schon hier durch eine Handgranate, die ein
Mann aufgehoben hatte und die dabei explodierte, ver-
wundet. Am weiteren Vormarsch wurden noch mehrere
Leute auf solche Art verwundet, ja sogar getötet.
Unser Regimentskommandant Oberst Christophori er-
krankte und mußte in das Hinterland abgehen. Oberst-
leutnant Alfred Hölzl übernahm das Kommando über
das Schützenregiment Nr. 2.
Hauptmann Franz Fischer führte ab nun das II. Ba-
taillon und Leutnant Sepp Urban kam als Adjutant
zum I. Bataillon.
Das Regiment wurde aus dem Verbände der 17. In-
fanteriedivision entlassen und reihte sich wieder an seinen
zuständigen Platz in der 44. Schützendivision ein. Außer
uns warteten noch andere Truppen auf den Übergang
über den Jsonzo und so verzögerte sich derselbe.
Eine ganz besondere Leistung vollbrachte auch unser
Train. Unter seinem Kommandanten Oberleutnant Karl
Pilz traf er schon zwölf Stunden nach dem Regiment in
Straussina ein, obwohl er ganz bedeutende Umwege auf
schlechtesten Straßen zu bewältigen hatte.
Am 29. Oktober sollte der Steg über die gesprengte
Brücke bei Sagrado fertig sein und das Regiment war
für nachmittag zum Übergang dorthin befohlen. Der
Übergang verzögerte sich immer wieder und das Regi-
ment bezog in Sagrado für wenige Stunden Alarm-
quartiere, um sich vor dem immer wieder einsetzenden
Regen zu schützen.
Die drei Maschincngewehrkompagnien sollten unter
Kommando des Oberleutnants Hans Brunner und der
Train unter Oberleutnant Karl Pilz dem Regimente
folgen, sobald die Brücke auch für Pferde und Fuhr-
werke passierbar gemacht worden war.
Am 30. Oktober um 3 Uhr früh war es dann für die
Bataillone so weit. Einzeln abgefallen mit zehn Schritt
Abstand passierte das Regiment den Steg und setzte sei-
nen Gefechtsmarsch sogleich über Biasol nach Romans
fort, wo die Tete des Regiments bereits um 5 Uhr früh
anlangte und Quartier nahm. Um 9 Uhr vormittags
traf auch der letzte Mann dort ein.
Das Regiment war gut untergebracht und alles freute
sich, endlich wieder einmal die -verlausten Kavernen und
Erdlöcher mit Wohnräumen in Häusern vertauschen zu
können, sich, wie andere Menschen, wieder aufrecht
gehend bewegen zu können, vielleicht gar in einem Bett
schlafen zu dürfen. Welche Wonne! Dazu Vorräte au
allem, was das Herz begehrte. Wir glaubten in das
Schlaraffenland gekommen zu sein! Wie armselig war
es dagegen schon bei uns! Hier gab es Reis, Mehl,
Kakao, Kaffee in großen Mengen und Wein, viel Wein
und was für einen!
Für die Maschinengewehrkompagnien und den Train
war die Ubersetzungsmöglichkeit am 30. Oktober um
12 Uhr nachts gegeben. In Eilmärschen trachteten diese
das Regiment einzuholen, was bereits am zweiten Tag
abends gelang.
Das Regiment marschierte am 30. um 12 Uhr mittags
von Romans wieder ab und weiter über Topogliano—
Ajello nach Joanitz, wo es für die Nacht Quartiere bezog.
Da der Train noch nicht nachgekommen war, wurde vom
Lande verpflegt. Hühner, Vieh und Schweine gab es ja
in den von der Bevölkerung meist verlassenen Häusern
genug. Auf den Straßen lagen die Spuren oft regel-
loser, in panischem Schrecken erfolgter Flucht. Um-
gestürzte Autos, Geschütze aller Kaliber, leichte Waffen
und immer wieder Berge von Monturen, wie sie die
italienischen Soldaten auszogen, um in der Bevölkerung
unterzutauchen, versperrten die Straßen.
Am 31. Oktober wurde um 4 Uhr früh von Joanitz
abmarschiert und gegen 6 Uhr die italienische Reichs-
grenze überschritten. Der Gefechtsmarsch ging heute über
Privano—Sevegliano — Bagnaria —Fauglis—Castello
—Corgnollo nach Paradiso, wo das Regiment zu Mittag
eintraf.
Die drei Maschinengewehrkompagnien erreichten Pr-
radiso erst um 10 Uhr abends. Nun war das Regiment
mit allen seinen Kompagnien vereint und frohe Stim-
mung herrschte bei Mannschaft und Offizieren. Auch das
Wetter meinte es nun besser mit uns. Hier war alles
noch grün und vom Herbst nur wenig zu erkennen.
Gesamtverluste im Oktober: 25 Tote, 115 Verwundete.
1. November: Gefechtsmarsch über Torsa, wo lange
Rast war, da andere Truppen vorgelassen werden muß-
ten, weiter über Ariis—Flambruzzo—Sivigliano nach
Rivignano, welcher Ort um 5 Uhr nachmittags erreicht
wurde. Sehr schönes Wetter und notwendige Requisi-
tionen an Vieh, Mehl, Wein, Kerzen, Schneider- und
Schusterzubehör, Pferden, Wagen, Fahrrädern u. a. m.
Auch schöne Kaufläden gab es hier mit großen Mengen
ungeahnter Sachen, von welchen das meiste mit Beschei-
286
nigungen eingekauft wurde. Olivenöl, feinste Seifen,
Gummiwaren und noch vieles andere. Vom Untersee-
bootkrieg hatten die Italiener sicher noch nichts gespürt.
Die Bevölkerung war zumeist mit der fliehenden Truppe
mitgezogen und ließ die gesamte Habe liegen. Wer hier-
geblieben war, litt keinen Schaden, denn das Plündern
war streng verboten. Leider wurde auch unvernünftig
zerstört und verwüstet. Der Train war ebenfalls in
Rivignano angekommen. Da wir nicht Spitzenregiment
waren und der Übergang über den Tagliamento erst von
den Einundzwanzigern erkämpft werden mußte, konnte
damit gerechnet werden, daß wir einige Tage Hierbleiben
dürften. Endlich konnte man sich einmal gründlich wa-
schen, rasieren und die Monturen auf Glanz putze»,
vielen war es vergönnt, sogar in einem Bett schlafen
zu können. Aus Beutepferden wurden unsere gelichteten
Stände aufgefüllt und unsere ausgehungerten Tragtiere
und Zugpferde genossen mit uns die Wohltaten eines
reichen Landes. Der Kampfstand des Regiments betrug
alles in allem rund 90 Offiziere und 1700 Mann.
Auch am 2., 3. und 4. November waren wir noch in
Rivignano. Am 2. (Allerseelen) und am 4. (Kaisers
Namensfest) wurden in der Ortskirche Gottesdienste ab-
gehalten. Alle Tage gab es Platzmusik, gute Menage,
Wein und sauberes Quartier. Was braucht ein Soldat
noch mehr, um glücklich zu sein! Aber der Krieg ging ja
weiter und so rief man auch Schützeuregimeut Nr. 2 gar
bald wieder an die Front.
Schützenregiment Nr. 21 hatte in der Nacht vom 2.
auf den 3. November den ersten Versuch zur Forcierung
des Tagliamento gemacht und dabei zwei Offiziere und
54 Mann übergesetzt. Erst am 5. war der Übergang voll-
kommen erzwungen und auch unser Regiment konnte
nun folgen.
Schon am 4. November gegen Abend marschierte das
III. Bataillon und die Technische Jnfanteriekompagnie
nach Marizutta ab. Am 5. um 10 Uhr vormittags
folgten auch das Regimentskommando und das I. und
II. Bataillon und marschierten bis Varmo, woselbst
auch das III. wieder zum Regiment einrückte. In Varmo
lange Rast und um 2 Uhr Weitermarsch über eine Pon-
tonbrücke nach S. Paolo — Bando — Ramuscello und
Bagnarola, wo wir um 11 Uhr nachts Quartiere
bezogen. Hinter dem Tagliamento war der Tisch noch
reicher gedeckt. Überall Weißbrot, Hühner, Gänse,
Schweine und Wein im Überfluß. Wie arm waren da-
gegen unsere Angehörigen zu Hause!
6. November 1917: Schönes, kühles Wetter. Seit
11 Uhr marschbereit. Der Abmarsch erfolgte dann um
12.15 Uhr und ging über Sesto—Cinto Caomaggiore—
Pramaggiore nach Annone, welchen Ort wir um
10 Uhr nachts erreichten. Die Quartiere waren schlecht
und zu wenig, so daß ein Teil der Mannschaft auf der
Straße nächtigen mußte. Eine größere Anzahl junger
Burschen, denen man trotz Zivilkleider den Soldaten
unschwer ansah, wurde nach rückwärts abgeschoben.
Ganz eigenartig berührte die blaue Straßenbeleuchtung.
An der Livenza kam unser Vormarsch wieder ins Stok-
ken. Wir waren jetzt Spitzenregiment. Die Italiener
hatten am gegenüberliegenden Ufer starke Nachhuten
liegen und schienen gesonnen, stärkeren Widerstand zu
leisten.
7. und 8. November: Als allgemeine Richtung war
dem Regiment der Vormarsch bis zur Piave über
Motta — Malentrate — Fossalta — San Nicolo — Sal-
garedo an der Piave anbefohlen.
Ein erhaltener Gefechtsbericht schildert am besten die
Situation des Regiments der Zweier im Kampf um den
Livenza-Ubergang bei Motta.
Gefechtsbericht
des Regiments in der Zeit vom 7. bis 9. November 1917
Im Sinne der Disposition des 87. Schützenbrigade-
kommandos für den 7. November wurde vom Regi-
mentskommando folgendes befohlen:
„Das Regiment steht um 2 Uhr nachmittags auf der
Chaussee Annone—Motta di Livenza in Marschkolonne
mit der Tete bei der Straßenbrücke zirka 1000 Schritte
südwestlich Annone marschbereit. Reihenfolge: Tech-
nische Jnfanteriekompagnie, Regimentsstab, II. Batail-
lon, Sturmkompagnie, I. und III. Bataillon."
Abmarsch des Regiments um 3.30 Uhr nachmittags
von Annone.
Ankunft der Tete des Regiments um 4.45 Uhr nach-
mittags in I. tre ponti. Dortselbst Rast der Kolonne am
Straßendamm.
Regimentskommando befand sich beim Kommando des
Schützenregiments 21, woselbst auch das 87. Schützen-
brigadekommando war.
Um 7 Uhr nachmittags Befehl des Brigadekommandos,
daß das II. Bataillon (Hauptmann Fischer) mit Tech-
nischer Jnfanteriekompagnie bei Zaghi zu überschiffen
hat, mit der Aufgabe, den stark eingenisteten Gegner am
jenseitigen Ufer zu werfen und in weiterer Folge den
Übergang der 53. Infanteriedivision zu unterstützen.
II. Bataillon um 7 Uhr nachmittags nach Zaghi ge-
führt — beginnt um 8.30 nachmittags die Überschiffung.
Unter sehr lebhaftem feindlichen Infanterie- und Ma-
schinengewehrfeuer sowie Beleuchtung durch feindliche
Scheinwerfer übersetzt zuerst der Sturmzug und die
halbe 6. Feldkompagnie auf bereitgestellten Pontons die
Livenza.
Gegner wird durch eigene halbe Maschinengewehr-
kompagnie (Leutnant Rosmanit), welche als liegende
Feuerstaffel am Ostufer aufgestellt wurde, niedergehal-
ten. Nach Erreichen des Ufers rückt Sturmzug (Fähnrich
Faszeny) und halbe 6. Feldkompagnie (Leutnant Köck)
über den hohen Uferrand gegen den Feind vor, der einen
zirka 100 Schritt entfernt gelegenen Damm besetzt hält.
Die zweite Hälfte der 6. Feldkompagnie sichert am Ufer-
rande die llberschiffung der 7. Feldkompagnie (Ober-
leutnant Dr. Werner), die sich rechts der halben 6. Feld-
kompagnie entwickelt.
Unterdessen stürmt der Sturmzug und die halbe
6. Feldkompagnie den vom Feind besetzten Damm und
jagt denselben unter Zurücklassung einiger Gefangener
und eines Maschinengewehrs in die Flucht. Diesem
Sturm schließen sich in der Folge die andere halbe
6. Feldkompagnie und 7. Feldkompagnie an.
Während des Sturms wurden zwei Maschinengewehr-
züge überschifft, welche den flüchtenden Feind mit Feuer
verfolgten.
Während dieses Verfolgungsfeuers gelangten die
8. Feldkompagnie, die anderen zwei Züge der Maschinen-
gewehrkompagnie, 5. Feldkompagnie, Bataillonsstab und
Technische Jnfanteviekompagnie an das jenseitige Ufer
und schließen sich der Verfolgung ebenfalls an.
Um 10 Uhr nachmittags wurde das ganze Gelände
vom Gegner gesäubert, wobei wieder einige Gefangene
und ein Maschinengewehr in unserer Hand verblieben.
Um 12 Uhr mitternachts ist die Ortschaft Motta di
Livenza nach kurzen Straßenkämpfen mit einer Beute
von 55 Gefangenen und zwei Maschinengewehren in den
Händen des II. Bataillons, wodurch der Übergang des
Tete-Bataillons Schützenregiment Nr. 21 über die Eisen-
bahnbrücke bei Motta di Livenza ermöglicht wurde.
Das II. Bataillon rückt sodann im gesicherten Marsch
um 12.40 Uhr vormittags des 8. November von Motta
in der Richtung auf Malentrata vor. Um 2.30 Uhr vor-
mittags sprengte jedoch der Gegner die Straßenbrücke
über den Monticanobach, wodurch der Vormarsch des
Bataillons gehemmt wurde.
Gegner hielt den jenseitigen Uferrand stark besetzt.
II. Bataillon entwickelt sich am nördlichen Uferrand des
Monticanobaches beiderseits der Brücke südwestlich S. di
Motta und nimmt Gegner unter Feuer.
Nach Vorrückung der Gruppe Oberstleutnant Hölzl
über C. Muneretto und Monticanobach um 12.30 Uhr
schließt II. Bataillon an diese Gruppe an.
Um 1.15 Uhr vormittags des 8. November erhielt das
I. Bataillon (Hauptmann Balar) und die Sturmkompag-
nie (Leutnant Spatt) vom 87. Schützenbrigadekommando
den Befehl, ebenfalls bei Zaghi zu überschiffen. Rückte
um 5.45 Uhr vormittags in Motta ein und verblieb
dortselbst in Reservestellung.
Um 6.10 Uhr vormittags Übergang des Regiments-
stabes und III. Bataillons über die Eisenbahnbrücke bei
Motta di Livenza und trifft um 6.30 Uhr vormittags
in Motta beim I. Bataillon ein. Nach Weisungen des
87. Schützenbrigadekommandos befiehlt das Regiments-
kommando an I. Bataillon:
„Das eigene II. Bataillon steht beiderseits der Straße
südlich S. di Motta mit dem sich am Südufer des Mon-
ticanobaches festgesetzten Gegner im Kampfe und kommt
nicht vorwärts. Halbes I. Bataillon mit zwei Maschinen-
gewehrzügen und dem Sturmzug unter Kommando des
Bataillonskommandanten Hauptmann Balar hat sofort
nach S. Antonino vorzugehen, dort durch flankierendes
Maschinengewehrfeuer dem II. Bataillon Luft zu machen
und den Monticanobach zu forcieren. Sodann mit je
einer Kompagnie und zwei Maschinengewehren gegen
Brücke südwestlich S. di Motta und gegen Malentrata
vorzustoßen, um dieser Art das II. Bataillon zu entlasten
und dem Feinde bei Malentrata den Rückzug abzuschnei-
den."
Halbes Bataillon Hauptmann Balar marschierte unter
Ausscheidung eines Zuges als Vorpatrouille über S. di
Motta gegen S. Antonino. Nach Erreichen der Straßen-
gabel nordwestlich der Kirche S. di Motta erhielt dasselbe
starkes feindliches Maschinengewehr- und Infanterie-
feuer aus südwestlicher Richtung, daher entschloß sich
Hauptmann Balar nicht wie anbefohlen bei S. Anto-
nino, sondern südlich Sala d. sp. den Monticanobach zu
forcieren.
Um 7.30 Uhr vormittags setzt Hauptmann Balar den
Marsch entlang des Dammes des Monticanobaches, un-
bemerkt vom Gegner fort und ließ zur Deckung der lin-
ken Flanke und zur Verbindung mit der festhaltenden
Gruppe Hauptmann Fischer (II. Bataillon) einen halben
Zug zurück. Um 8.10 Uhr vormittags erreichte die Vor-
patrouille dieser Gruppe die Brücke südlich Sala d. sp.
Zirka 500 Schritte östlich Gorgo d. Chiesa wurde Ver-
bindung mit Honvedbataillon Nr. 6 hergestellt. Um
8.15 Uhr vormittags wurde bei Sala d. sp. ein Notsteg
über den Monticanobach, unterstützt durch eigenes Ma-
schinengewehrfeuer, gebaut, der um 11.50 Uhr vollendet
wurde. Um 12 Uhr mittags erstürmte das Halbbataillon
Hauptmann Balar mit dem Sturmzuge (Leutnant Lang-
fellner) an der Spitze nach Übersetzen des Notsteges unter
heftigstem feindlichen Maschinengewehr- und Infanterie-
feuer die feindlichen Stellungen am jenseitigen Ufer des
Monticanobaches, wobei um 12.25 Uhr nachmittags
zirka 245 Mann, darunter 5 Offiziere, zu Gefangenen
gemacht, sowie sechs Maschinengewehre erbeutet wurden.
Die 4. Feldkompagnie (Oberleutnant Klengel) säuberte
288
den Ort vom Feinde und machte hiebei 150 Gefangene.
Die 3. Feldkompagnie (Oberleutnant von Oschtzadal)
bekam den Befehl über Westausgang Sala d. sp. über
Marsa auf Malentrata vorzurücken um den durch den
Druck der Hauptkraft bei C. Muneretto weichenden und
verfolgten Gegner den Rückzug zu verlegen.
Während der Vorrückung mußte eine stark besetzte
feindliche Stellung zwischen dem Bachknie vom 2. „a"
von Sal„a" d. sp. und der Straßen- und Fahrwegkreu-
zung 300 Schritte südöstlich des Baches überrannt wer-
den. Der flüchtende Feind wurde in westlicher Richtung
auf Schloß Revedin verfolgt. Der sich des öfteren stel-
lende Gegner wurde überrannt und zirka 200 Gefan-
gene mit zwei Offizieren und vier Revolvergewehre ein-
gebracht. Bei der weiteren Verfolgung gelangte die
3. Feldkompagnie ins Schloß Revedin, wo sie im kühnen
Handstreich zirka 400 Mann, einen Oberst (mit Namen
Orleando oder Orleani — verwundet), einen Major und
acht Offiziere zu Gefangene machte und zehn Maschinen-
gewehre erbeutete.
Summe der Gefangenen und Beute der Gruppe
Hauptmann Balar: ein Oberst, ein Major, 17 Offiziere,
rund 1000 Mann und 20 Maschinengewehre.
Hierauf wurde der Weitermarsch der Gruppe Haupt-
mann Balar auf Malentrata angetreten.
Unterdessen rückt auf Befehl der Schützenbrigade die
Hauptkraft des Detachements Oberst v. Schuschnigg
unter Kommando des Oberstleutnant Hölzl bestehend
aus: halben I. Bataillon (1. und 2. Feldkompagnie),
Sturmkompagnie, Regimentsstab und III. Bataillon
um 8.30 Uhr vormittags des 8. November gegen die
Brücke bei C. Muneretto vor und ist dortselbst um 9 Uhr
vormittags eingetroffen.
Gegner hielt die Brücke bei C. Muneretto am jensei-
tigen Ufer des Monticanobaches mit Infanterie und
Maschinengewehren, durch Einnisten in zwei großen,
stark erbauten Meierhöfen, unter Feuer. Die Spren-
gung der Brücke selbst wurde durch den raschen Vor-
marsch der Gruppe Oberstleutnant Hölzl verhindert.
Ein Forcieren der Brücke war infolge der heftigen feind-
lichen Feuerwirkung nicht sofort durchführbar und kon-
zentrierte die eigene Artillerie vorerst ihr Feuer auf die
beiden vorbezeichneten Meierhöfe. Durch erfolgreiches
Zerstörungsfeuer sowie durch konzentrisches Infanterie-
feuer der bis an die Brücke vorgedrungenen Vorhut
(Sturmkompagnie (Leutnant Spotts, 1. Feldkompagnie
(Oberleutnant Josef Polt), 2. Feldkompagnie (Leutnant
Edmund Brauers) gelang es um 12.30 Uhr mittags den
Gegner zu zwingen, seine Verteidigungsstellung an der
Brücke zu räumen, wodurch auch die feindliche Besatzung
am jenseitigen Bachrande zum Rückzug auf Malentrata
genötigt wurde. Sobald die ersten Anzeichen der rück-
gehenden Bewegung beim Feind wahrgenommen wur-
den, erfolgte durch das Regimentskommando die tele-
phonische Mitteilung an das vorgesetzte Brigadekom-
mando und wurde gleichzeitig der Befehl erteilt, daß die
eigene Vorhut vorzustoßen und in engster Fühlung mit
dem abflutenden Feind zu bleiben hat. Einige Pa-
trouillen verfolgten denselben in der Richtung auf Ma-
lentrata, und wurde der Vormarsch der Hauptgruppe
Oberstleutnant Hölzl entlang des Monticanobaches nach
Überschreiten der Brücke auf Malentrata fortgesetzt.
Aus dem Gefechtslärm in der Richtung von Sala
d. sp. sowie durch eingetroffene Meldungen von Ver-
bindungspatrouillen mit der Gruppe Hauptmann Balar
war inzwischen der Einklang in der Vorrückung des gan-
zen Verfolgungs-Detachements Oberst v. Schuschnigg
auf Malentrata hergestellt, der Gegner zangenförmig
umfaßt, zum Rückzug auf Malentrata gezwungen, re-
spektive dessen Gefangennahme größtenteils vorgearbei-
tet worden.
Im raschen Vordrängen erreichte um 2.45 Uhr nach-
mittags die Hauptgruppe Oberstleutnant Hölzl Malen-
trata, wodurch es gelang, dem von der Gruppe Haupt-
mann Balar geworfenen Gegner den Rückzug voll-
kommen abzuschneiden, so daß der flüchtende Feind ge-
zwungen war, sich dem Halbbataillon Hauptmann Balar
vollständig zu ergeben. Eine Meldung vom Eintreffen
der Hauptgruppe Oberstleutnant Hölzl wurde dem Bri-
gadekommando mit Radfahrer übermittelt und sammelte
sich das ganze Regiment bis zirka 4 Uhr nachmittags in
Malentrata, woselbst auch die große Zahl der Gefan-
genen und die reiche Beute eingebracht wurde. Das Bri-
gadekommando langte zum selben Zeitpunkte ein, ord-
nete den Abschub der Gefangenen und der Beute an und
erteilte den Befehl, daß das III. Bataillon als Nach-
richten- und Verfolgungsdetachement von Malentrata
über C. Revendin—C. Ospedalei—C. Zen—C. Emo—
C. Pte. d. Terra—Earbonere—Fossalta—Maggiore—
Bidoggia—Morosini—S. Nicolo—C. Rebecca—Sal-
gareda bis an die Piave vorzudringen, feindliche Kräfte
zu werfen und Verbindung mit der Nachbarabteilung
herzustellen habe. Beigegeben wurde dem Detachement
Hauptmann Lehner eine halbe Eskadron Dragoner und
eine Jnfanteriebegleitbatterie 2/20. Der Marsch wurde
um 5 Uhr nachmittags angetreten. Bei C. Zen um
6 Uhr nachmittags des 8. November wurde die Spitze
aus der Richtung Chiarano angeschossen. Nach Entwick-
lung der Vorpatrouillen und Orientierung wurde kon-
stantiert, daß der Gegner Nordlisere von Chiarano mit
zwei Kompagnien und einigen Maschinengewehren be-
setzt hielt. Begleitbatterie wurde angewiesen gegen
Chiarano zu wirken. Nach Abgabe von 18 Schuß dieser
Batterie wurde zum Angriff angesetzt. Im frischen An-
289
lauf wurde der Gegner geworfen und bis über Chiarano
hinaus verfolgt, wobei 132 Gefangene und zwei Maschi-
nengewehre in der Hand des Bataillons blieben, welche
dem Honvedinfanterieregiment Nr. 6 übergeben wurden.
Nach Zusammentreffen mit Truppen der Nachbardivi-
sion, denen ein großer Teil des Gegners zugetrieben und
von derselben gefangen wurde, wurde die Verfolgung
eingestellt und der Rückmarsch auf die befohlene Marsch-
linie angetreten. Beim weiteren Vormarsch um 10.30
Uhr nachmittags wurde die Vorpatrouille bei Pte. d.
Terra und Carbonere erneut aus der rechten Flanke
mit Maschinengewehr- und Jnfanteriefeuer empfangen.
Oberleutnant Laufberger gefallen durch Maschinen-
gewehrgarbe. Gegner wurde geworfen und flüchtete
eilig unter Zurücklassung von 29 Gefangener! und zwei
Revolvergewehren gegen Westen. Die feindliche Stel-
lung wurde besetzt, die Hindernisse (bestehend aus ge-
fällten Bäumen) beiseite geräumt und gesicherter Halt
bezogen. Um 5 Uhr vormittags des 9. November wurde
der Vormarsch wieder angetreten. An der Novdlisere
von S. Nicolo wurde die Vorpatrouille abermals an-
geschossen. Dieselbe vertrieb den Gegner und machte
20 Gefangene. Hierauf wurde der Vormarsch neuer-
dings fortgesetzt und gelangte die Spitze um 9.30 Uhr
vormittags ohne Störung bis zur Piave. Um 10 Uhr
vormittags war der Damm nördlich des Flusses beider-
seits Salgareda in einer Ausdehnung von 2500 Schritte
besetzt. Verbindung nach rechts und links konnte nicht
gefunden werden, erst am späten Nachmittag wurde die-
selbe hergestellt. Gleichzeitig wurde konstantiert, daß am
Ostufer der Piave eine brückenkopsartige Verteidigungs-
stellung vorbereitet wurde, welche mit Drahthindernissen
vollkommen ausgebaut und mit zahlreichem Bau- und
Verstärkungsmaterial noch versehen war. Dieses vor-
handene Drahtmaterial wurde sofort zur Verstärkung
der eigenen Stellung am Uferdamm benützt.
Das Regiment ohne III. Bataillon, welches als Ver-
folgungsdetachement schon um 5 Uhr nachmittags von
Malentrata aufgebrochen war, marschierte am 8« No-
vember um 7.30 Uhr nachmittags gesichert mit der
Sturmkompagnie (Leutnant Spatt) als Vorpatrouille
über C. Zen, Abkürzungsweg (Zivilführer) nach
C. Pte. d. Terra. Einige Häuser der Ortschaft pas-
sierend, wurde die Vorpatrouille von einem feindlichen
Pistolengewehr angeschossen (drei Offiziere und vier
Mann bei der Spitze verwundet). Durch Sturmpatrouille
wurde die Ortschaft aufgeklärt und vom Feinde gesäu-
bert, ein Pistolengewehr erbeutet und 47 Mann mit
einem Offizier zu Gefangenen gemacht. Rest des Gegners
zog sich an den westlichen Ortsausgang zurück. Das Regi-
ment bezog gesicherten Halt und verblieb in Alarm-
quartieren.
War schon der Erfolg des Regiments ein Beweis der
Spannkraft eines jeden einzelnen, so ist noch hervor-
zuheben, daß diese Begebenheiten unter den schwierigsten
Verhältnissen einer Regenperiode, verbunden mit
größtenteils Nachtmärschen in stark aufgeweichten ita-
lienischen Kulturen, durchgeführt werden mußteu.
Wenn schon die Leistungen der Feldkompagnien ganz
hervorragende waren (es blieben trotz Gefechte und an-
strengender Fußmärsche nur drei Mann vom Regimente
zurück), so muß insbesondere der Maschinengewehrkom-
pagnien mit höchster Anerkennung gedacht werden, welch
brave Mannschaft die Maschinengewehre selbst infolge
der zurückgelassenen Tragtiere fast die ganze lange
Marschzeit hindurch persönlich fortbringen mußte, um
bei jedem einzelnen Verfolgungsgefechte unermüdlich
und auf das erfolgreichste mitzuwirken.
Der Geist von Offizieren und Mannschaft des Regi-
ments während dieser anstrengenden Periode war über
jedes Lob erhaben und ist die glänzende Durchführung
dieser dem Regimente zuteil gewordenen ehrenvollen
Aufgabe in erster Linie das Verdienst seiner helden-
mütigen, vom Siege durchdrungenen Offiziere und
Mannschaft aller Grade, welche den Feind bei jedem
Zusammenstoße mit unwiderstehlicher Begeisterung an-
griffen, zerschmetterten und in die Flucht jagten!
Uber das Nachtgefecht bei Ponte di Terra in der Nacht
vom 8. auf den 9. November 1917 berichtet Kamerad
Oberleutnant Karl Klein: I
„Um zirka 4 Uhr nachmittags des 8. November kamen
wir bei starkem Regen in Malentrata an. Nach kurzer
Rast wurde das III. Bataillon als Verfolgungsdetache-
ment vorgeschickt. Es sollte bis an die Piave vorstoßen.
Südöstlich unseres derzeitigen Standpunktes war starker
Gefechtslärm hörbar. Auf Befehl des Brigadiers Oberst
v. Schuschnigg wurde das I. Bataillon in die Direktion
gegen Chiarano zur Unterstützung der Nachbardivision
entsandt, der Befehl aber kurze Zeit später retressiert.
Um 4.30 Uhr wurde von Malentrata aus der Weiter-
marsch angetreten. Das III. Bataillon stieß bereits süd-
lich Casa Zen auf den Feind. Im starken feindlichen
Jnfanteriefeuer blieb das Regiment bei C. d. Ospedale
stehen. Der Regen nahm noch zu und dabei war es auch
empfindlich kalt. Um 7.30 Uhr setzte das Regiment den
gesicherten Vormarsch fort. Das Regimentskommando
hielt sich bei der Vorhut auf, während ich selbst als
Marsch- und Transportregulierender Offizier' bei der
Vorpatrouille eingeteilt war. Wir sollten heute noch Fos-
salta Maggiore erreichen. Uber einen äußerst schlechten
Weg, der an Galizien erinnerte, marschierten wir unter
Führung eines Zivilisten gegen Ponte di Terra. Da mir
der Marsch schon zu lange dauerte und ich den Zivilisten
in Verdacht hatte, er führe uns einen falschen Weg, ging
290
ich persönlich an die Spitze. Die Nacht war stockfinster,
der Regen strömte unaufhörlich vom Himmel und alle
Leute waren durchnäßt und ermüdet.
Um 9.30 Uhr, als die Spitze schon fast die Straße
Chiarano—Carbonere erreicht hatte, wurde sie von
feindlichen Maschinengewehren beschossen. Das Feuer
kam unerwartet, weil wir das III. Bataillon vor uns
glaubten. Leutnant Karl Adler, der drei Schritte vor
mir ging, erhielt zwei Bauchschüsse und einen Oberarm-
schuß, Fähnrich Kucera und Leutnant Rubini, die dicht
neben wir gingen, wurden ebenfalls verwundet. Der
Zivilist war verschwunden. Wie durch ein Wunder war
ich heil davongekommen. Leutnant Spalt konnte mit
der Sturmpatrouille die eingenisteten Feinde bald aus-
heben und brachte einen Offizier und 47 Mann als Ge-
fangene ein, erbeutete außerdem noch ein Maschinen-
gewehr.
Die Bataillone I und II verbrachten die Nacht wie-
der auf der Straße, diesmal aber ohne Lagerfeuer."
9. November 1917: Das III. Bataillon unter Haupt-
mann Ludwig Lehner rückte als Nachrichten- und Ver-
folgungsdetachement zuerst von C. Pte. d. Terra ab.
Am Westausgang von Terra überraschte der Sturmzug
unter Leutnant Hans Spalt eine feindliche Abteilung
und machte sie zu Gefangenen (103 Mann, sechs Pisto-
lengewehre). Das III. Bataillon erreichte dann im wei-
teren ungehinderten Vormarsch als erste Truppe der
Armeegruppe Boroevic um 9.30 Uhr die Piave und
besetzte beiderseits Salgaredo den Damm.
Halb 8 Uhr vormittags folgten auch das 1. und II.
Bataillon bis nach S. Nicolo, wo schon vormittags
um 10.30 Uhr vom Regimentskommando, der Tech-
nischen Jnfanteriekompagnie, dem Sturmzug und den
beiden Bataillonen Quartiere bezogen wurden. Ein
schöner Tag und alle Leute waren wieder froh und
gut gestimmt. Reinigung und Trocknen der Monturen
und Leibwäsche nach dreitägigen ununterbrochenen
Kampfhandlungen, die fast immer nachts und im strö-
menden Regen durchgeführt worden waren, tat ja
so wohl. Da der Train noch nicht folgen konnte,
wurde vom Lande verpflegt, und das hieß „gut". Fast
jeder Mann hatte ein Hendel oder Ganserl zum „Pras-
seln". Überhaupt der Vormarsch! Lustig war er an-
zusehen. Der eine hatte sich einen Kinderwagen requi-
riert und fuhr darauf seine Ausrüstung, ein anderer
hatte ein Fahrrad erbeutet und brauchte seine müden
Knochen nicht mehr zu strapazieren, wieder andere hat-
ten im Gemeinschaftsgeist einen Karren genommen,
luden ihre Habseligkeiten drauf und spannten sich ge-
meinsam davor, die Maschinengewehrkompagnie I hatte
gar einen Gig samt Pferd organisiert, dem nächsten hing
eine Gans über die Schulter und so sah unser Zug bis-
weilen wenig nach Paradetruppe aus. Die Offiziere
duldeten diese Extratouren verständlich schmunzelnd und
trachteten nur, alles schnell und gut vorwärts zu brin-
gen. Daß dies gelang, sagt das Eintreffen unseres Re-
giments als erstes an der Piave. Leider tauchte, öfters
als erwünscht, unser Brigadier Oberst v. Schuschnigg
gar plötzlich unter uns aus. Er hatte für Humor wenig
übrig und so mußte unsere nicht ärarische Ausstattung
und Znsatzverpflegung rechts und links in die Gräben.
10. November 1917: Auch das I. Bataillon erreichte
den Piavedamm und besetzte im Anschluß an das III. Ba-
taillon den Damm bis Bigonovo. Ein Zug der Ma-
schinengewehrkompagnie I (Leutnant Franz Pernauer)
wurde in das Vorland am rechten Flügel unserer Stel-
lung placiert, weil dort eine Piaveinsel eventuell sonst
uneingesehene Übergangsmöglichkeit gab. Gar bald
stellte sich die italienische Artillerie mit Feuerüberfällen
auf die hinter unserem Damm stehenden Häuser ein und
verursachte empfindliche Verluste. Ein Volltreffer beim
III. Bataillonskommando tötete den Adj. Lt. Rudolf
Trefni und noch sechs Mann, nur der Kommandant
Hauptmann Lehner kam wie durch ein Wunder heil da-
von. Beim I. Bataillonskommando ebenso Tote und Ver-
wundete. Regimentskommando, II. Bataillon und Tech-
nische Jnfanteriekompagnie blieben in Candole. Das
Brigadekommando in S. Nicolo.
11. und 12. November 1917: II. Bataillon löste das
III. Bataillon in der Stellung ab. Dieses ging als Regi-
nrentsreserve nach Candole zurück. Der Provianttrain
wurde bis Motta nachgezogen. Nachmittags wurde in
S. Nicolo Leutnant Trefni zu Grabe getragen. Mit ihm
wurden noch Zugsführer Litzlhammer, Gefreiter Mühl-
bachler, Schütze Johann Kepplinger, Schütze Adolf
Böhm, Schütze Karl Hager und Schütze Matthias
Huemer in fremde Erde gebettet.
Es wurde bei uns von einer Piaveforcierung gemun-
kelt. Wir hatten das Gefühl, daß der Widerstand drüben
nicht gar zu mächtig sein würde. Besonders die ersten
Tage am Damm zeigten dies deutlich. Warum blieben
wir stehen? Warum wurde die Situation beim Feinde
nicht genützt? Noch ein paar Tage Vormarsch und die
Tirolerfrvnt mußte wackeln! Verrat sagten die Gerüchte,
in Wirklichkeit war man auf so gewaltige Erfolge der
12. Jsonzoschlacht gar nicht vorbereitet gewesen und
brauchte selber eine Pause. Heute wissen wir, daß der
Feind mit dem Weitermarsch rechnete, denn Venedig
und andere große Städte wurden damals in Eile eva-
kuiert und die Vorräte aus Lagern so schnell es ging
weggeräumt. Unsere Feinde, soweit noch welche über
die Piavebrücken gekommen waren, wurden hauptsäch-
lich von Engländern, die rasch herangeholt worden
waren, aufgehalten und gesammelt, neu ausgerüstet und
38
291
mit anderen Divisionen wieder an die Piave heran-
geführt. Englische Artillerie war es, die an der Piave
die italienische Flucht zum Stehen brachte und uns er-
hebliche Ausfälle kostete.
Nun sollte also doch der Übergang erzwungen werden.
Ich führe diese Kampshandlung hier an, weil sie eine
schöne Schilderung der Landschaft beinhaltet und wir
ja später auch in der Brückenkopfstellung eingesetzt
waren.
Schützenregiment Nr. 2 der 87. Schützenbrigade hatte
den Dammabschnitt von Vigonovo bis südlich Salga-
redo, das Gebirgsschützenregiment Nr. 1 der 44. Schüt-
zenbrigade den südlich anschließenden Damm bis dort-
hin, wo die Piave bei Jenson scharf nach Süden abbiegt,
besetzt. Der Übergang sollte im Abschnitt unseres linken
Nachbars erzwungen werden. Im Schutze der Dunkel-
heit waren die Pontons in die Lauerstellung gebracht
worden. Sie lagen, durch das dichte Buschwerk verdeckt,
am Ufer der Piave. Die Piave ist ein Kind der Berge.
Ihr Flußbett ist daher breit und reich an Schotterinseln.
Zu beiden Seiten des Flusses schützen hohe Dämme das
anliegende Land vor den Fluten des Hochwassers. Die
Erddämme verlaufen durchaus nicht parallel zur Fluß-
achse. Oft treten sie weit von den Ufern zurück, dann
wieder bleiben sie nahe am Fluß. Bei Zenson sind die
Dämme weit vom Fluß, so daß ein weites Überschwem-
mungsgebiet zwischen dem Damm und Fluß entsteht.
In diesen Gebieten, die teils mit dichtem Buschwerk-
bestand, teils mit Kieseln und Sand bedeckt sind, stehen
vereinzelt auch kleine Häuser.
Schlagartig setzte das Borbeveitungsfeuer unserer
Artillerie ein. Obwohl es nicht an ein solches von der
Jsonzofront gemahnte, schien es für einen zermürbten
Gegner genug und die Pioniere wollten, die Pontons
zu Wasser bringen. Doch ein starkes Maschinengewehr-
feuer vom gegenüberliegenden Damm zwang die Pio-
niere zurück. Neuerliches Artilleriefeuer und dann mit
dem Aufhören schlagartig die Pontons ins Wasser; kein
Schuß fiel mehr. Rasch füllten sich die Fahrzeuge mit
den bereitgestellten Gebirgsschützen Nr. 1 und mit kräf-
tigen Ruderschlägen ging es dem andern Ufer zu. Kaum
legte der erste Ponton am jenseitigen Ufer an, kamen
schon gegen 200 Italiener gelaufen und ergaben sich.
Zwei Bataillone Gebirgsschützen Nr. 2 wurden ebenfalls
noch übergesetzt und der erste Damm drüben erreicht und
gehalten gegen feindliche Gegenangriffe. (Skizze 3.)
Unser II. Bataillon unterstützte kräftig mit Maschinen-
gewehrfeuer.
13. November: Die Gebirgsschützen am anderen Ufer
waren in Bedrängnis. Zu ihrer Unterstützung wurden
bei uns die drei Maschinengewehrkompagnien am linken
Flügel zusammengezogen und noch vermehrt um den
Handmaschinengewehrzug des Leutnants Linnemayr
dem Befehl des Oberleutnants Hans Brunner unter-
stellt. 28 Maschinengewehre waren mit wenigen Metern
Abstand nebeneinander am Damm aufgestellt und schos-
sen in unregelmäßigen Abständen alle zugleich auf Pfiff
los und feuerten, bis wieder ein Pfiff das Einstellen
befahl. Dieses Trommeln, das wir zwei Tage und
Nächte bei eingestellten Gewehren durchführten, mußte
gute Wirkung gehabt haben, denn von nun ab unter-
blieben größere Aktionen drüben. Wieviele hundert-
tausend Patronen wir damals verschossen, ist nicht be-
kannt, aber es müßen viele gewesen sein, denn die
Mannschaft kam mit dem Stopfen der Gurten fast nicht
mit. Die italienische Artillerie rächte sich mit Feuer-
überfällen, wobei wir Verluste hatten. Leutnant Linne-
mayr wurde verwundet. Dieses Trommelfeuer wurde
in den nächsten Tagen sogar im italienischen Heeres-
bericht erwähnt. Auch die Jnfanteriegeschützabteilung
war eingesetzt gewesen, mußte aber, nachdem sie 150
Schuß verschossen hatte, wieder nach Carbonare ein-
rücken, da ihr Munitionsvorrat aus war.
Wir hatten den Raum nordwärts anschließend an die
übergesetzten Gebirgsschützen unter Feuer zu halten,
weil dort Feindansammlungen beobachtet worden wa-
ren. Es war dies ungefähr der Raum, den ein halbes
Jahr später unser Regiment am 16. Juni 1918 am
ersten Tag am rechten Piaveufer besetzt hatte.
Leutnant Kranzl der Maschinengewehrkompagnie II
schoß auf einen feindlichen Flieger, der dann hinter den
feindlichen Linien niedergehen mußte. Fesselballone der
Italiener standen in der Luft und ihre Beobachter sahen
uns nun hinter die Kulissen und konnten das Artillerie-
feuer wirkungsvoller als bisher gestalten.
In den frühen Morgenstunden des 16. sollte das
Infanterieregiment Nr. 74 rechts von uns bei Vigonovo
übersetzen. Es wäre auch gelungen, wenn nicht unsere
Artillerie dauernd zu kurz geschossen hätte und damit
sogar die schon drüben gelandeten Teile zweier Kom-
pagnien wieder zum Rückzug zwang. Auch das Pionier-
bataillon 10, welches die überschiffung durchzuführen
hatte, erlitt schwerste Verluste.
Die Maschinengewehrkompagnie I hatte vier Gewehre
zur Deckung des Unternehmens am rechten Flügel ein-
gesetzt.
Ablösung kam. Infanterieregiment Nr. 73 löste das
Schützenregiment Nr. 2 ab und die Zweier kamen in den
Raum Fossalta maggiore. Das Regimentskommando
und das III. Bataillon kamen nach Carbonere, das I.
und II. nach Fossalta maggiore, die Technische Jnfan-
teriekompagnie (T.J.K.) nach C. Fae und die Sturm-
kompagnie nach C. Selin. Auch der Provianttrain wurde
nach Carbonere herangezogen.
292
Nach drei Schlachten endlich für die Zweier wieder
einmal Gelegenheit zur Erholung. Die Quartiere waren
gut, die Verpflegung war es auch, der Wein floß zwar
spärlicher, aber er war noch zu haben, nur das Brot
wurde rarer. Dazu kam die Ruhe und die Urlaube wur-
den wieder erlaubt. Soldatenherz, was willst du noch
mehr!
Die ersten Tage der Retablierung waren ausgefüllt
mit der üblichen Reinigung der Waffen und Monturen,
der Ausrüstung, dem Ersatz fehlender Dinge, soweit sie
noch zu haben waren, mit Haarschneiden etc.
Dann begannen die Ausrückungen, kleine Übungen
im Brückenschlägen mit improvisierten Mitteln, Ge-
fechtsübungen, Appelle, bei schlechtem Wetter Beschäf-
tigung in den Quartieren. Höhere Kommandanten lie-
ßen sich hie und da sehen, Platzmusik und Gottesdienst.
Mit einem Worte:
„Ein ruhiges und gemütliches Etappenleben!"
Zur Feier des Regimentsseiertages der Einundzwan-
ziger wurde am 22. November eine Abordnung der
Zweier unter Führung unseres Regimentskommandan-
ten entsandt. Bei dieser Feier waren auch der Korps-
kommandant, der Divisionär und der Brigadier anwe-
send, wobei Seine Exzellenz der Korpskommandant
höchst ehrende Worte für unser Regiment aussprach:
„Die Zweierschützen waren mein erfolgreichstes Regi-
ment im ganzen Korps", sagte er zu unserem Regi-
mentskommandanten.
Die Ruhetage wurde:: von den dazu befugten Kom-
mandanten zur Ausarbeitung von zahlreichen Belo-
bungsanträgen benützt. Weit über 1600 solcher Anträge
wurden vom Regimentskommando begutachtet und
weitergeleitet. Jeder einzelne Offizier und Mann hatte
sich Anerkennung redlich verdient.
Die vielen, vielen Lageskizzen, Pläne etc., die das
Regiment an die vorgesetzten Kommandos mit den be-
treffenden Meldungen sandte, wurden vom Zugsführer
Leopold Breinbauer, einem Ottensheimer, mit einer
nicht alltäglichen Kunstfertigkeit ausgeführt.
Leider fehlen Angaben über verliehene Auszeichnun-
gen.
Oberleutnant Dr. Ludwig Langoth traf vom Urlaub
ein und ging am 28. November nach 39 Monaten Front-
dienst mit Oberleutnant Karl Klein, unserem 1. Regi-
mentsadjutanten, auf Befehl zum Ersatzbataillon nach
Brünn ab. Alle Zweier, ohne Unterschied des Ranges,
sahen die beiden nur ungern scheiden. Sie hatten sich
beide, an hervorragenden Plätzen im Regiments stehend,
die Achtung und Liebe aller Zweier erworben. Ober-
leutnant Dr. Ludwig Langoth war von allen Offizieren
des Regiments wohl die längste Zeit an der Front ge-
wesen. Auch der Regimentschefarzt Dr. Unterberger und
Oberleutnant Oschtzadal nahmen Abschied vom Feld-
regiment.
Vom Ersatzbataillon rückten 13 Offiziere zum Regi-
mente ein. Unter ihnen auch Hauptmann Gustav Wund-
drak, der zum Nachfolger in der Regimentsadjutantur
bestimmt war.
Verluste im Monat November: 31 Tote (Oberleut-
nant Laufberger, Leutnant Adler, Leutnant Trefny),
103 Verwundete (Leutnant Franz Kieweg, Sanitäts-
leutnant Anton Tröster, Fähnrich Roland Reimer,
Fähnrich Basil Horbay, Fähnrich Krauskopf, Leutnant
Rubini.
Am 6. Dezember iibernahm Oberst Rudolf Haslehner
vom erkrankten bisherigen Regimentskommandanten
Oberstleutnant Alfred Hölzl das Kommando der Zweier-
schützen.
Im Brückenkopf Zenson
15. bis 22. Dezember 1917
(Skizze 3)
Nach vier Wochen Ruhe und Erholung sollte die 87.
Schützenbrigade, das sind die Schützenregimenter Nr. 2
und Nr. 21, die 12. Gebirgsbrigade im Brückenkopf
Zenson ablösen. Man schien also immer noch mit einer
Fortsetzung des Vormarsches zu rechnen, denn sonst hätte
es ja keinen Sinn, die exponierte Stellung am rechten
Piaveufer noch zu halten. Am 1b. Dezember marschierte
zunächst das II. Bataillon unter Hauptmann Robert
Aspöck mit der Jnfanteriegeschützabteilung und dem
Granatwerferzug sowie einem Zug der Technischen Jn-
fanteriekompagnie und der Maschinengewehrkompagnie I
in die Brückenkopfstellung bei Zenson und übernahm
dort vom Infanterieregiment Nr. 100 den rechten Flü-
gel der Dammstellung.
Am 16. folgten auch die übrigen Teile des Regiments
in die Stellung und lösten dort die linke Gruppe der
Brückenkopfbesatzung, das Feldjägerbataillon Nr. 21, ab.
Die Stellungen verliefen am ersten Piavedamm und
waren durch tiefe, teilweise minierte Stollen mit den
zwei Stegen, welche über die Piave führten, verbunden.
Eine dritte, dem Materialtransport dienende Ver-
bindung über den Fluß bildete ein Seilzug.
Daß diese Stege das hauptsächlichste Ziel der Beschie-
ßung mit Artillerie und Minenwerfern bildete, ist leicht
verständlich und die Pioniere und Sappeure hatten
große Mühe und ebensolche Verluste, um der Aufgabe
gerecht zu werden, die Stege intakt zu erhalten. Der
Piavedamm war total zerarbeitet und weitgehend an-
gegrabeu. Auf der einen Seite seinerzeit durch die Ita-
liener, auf der Stromseite durch unsere Truppen. Wehe,
wenn einmal hohes Wasser eintreten sollte!
38*
293
Die Stellungen der Italiener reichten an einigen
Stellen bis auf wenige Meter an die unseren heran.
Scharfschützen machten uns das Leben sauer. Wer nur
seinen Kopf ein wenig über den Grabenrand brachte,
war verloren. Sie trafen sogar durch die Sehschlitze der
Maschinengewehr-Schutzschilde. Auch die feindliche Ar-
tillerie und Minenwerfer machten uns zu schaffen. Be-
sonders aus einigen Häusern vor unserer Front kam das
Verderben in einer uns bisher noch wenig bekannten
Form, den Sprengröhren. Distanzmesser Korporal Gu-
stav Binder und Offiziersdiener Rudolf Bröckler und
noch andere wollten diese rauchenden Röhren etwas
genauer betrachten und mußten ihren Forscherdrang mit
Verwundung bezahlen. Die Artillerie wurde gebeten,
die so knapp vor uns liegenden Häuser unter Beschuß zu
nehmen. Für die anbefohlene Zeit des Beschusses mußten
wir aus Sicherheitsgründen in dem Schußftreifen den
Damm räumen. Dann rauschten unsere Granaten we-
nige Meter an unserer Nase vorbei irr die Feindziele.
Wunderbar die Treffsicherheit. Leider krepierten gar
manche 15-om-Geschosse nicht, sonst wäre die an und
für sich schon gute Wirkung noch verheerender für die
Italiener gewesen.
Unsere Stellungen, soweit man Erdlöcher als solche
bezeichnen kann, waren durch das schlechte Wetter (Re-
gen und Schneequatsch) noch trostloser geworden und so
war es nur zu gut verständlich, daß wöchentlich abgelöst
wurde. Der Feind und auch wir arbeiteten ständig am
Ausbau und der Verbesserung der Deckungen und Ver-
bindungsgräben. Das Besatzungsregiment machte kei-
nerlei Trägerdienste, sondern erhielt alles in der Nacht
zugeschoben. Die Menage war gut und reichlich und kam
allnächtlich an.
Der Verkehr über die Stege war streng geregelt und
geschah so, daß der Transport von Ost nach West aus-
schließlich über den nördlichen (I) und der vom West-
auf das Ostufer nur auf dem südlichen, das ist Steg II,
erfolgte. Man glaubt nicht, was ein Regiment alles
braucht. Außer Menage und Munition wurden Schanz-
körbe, Grabenroste, Spanische Reiter, Hürden aus
Draht, Balken und Bretter für Deckungsbau, Sandsäcke,
Wellblech und Werkzeug Nacht für Nacht zugetragen.
Der Gegner wurde trotz der vielfachen Arbeiten in den
Gräben genauestens beobachtet und eigene Erkundungs-
offiziere bei jedem Bataillon mußten täglich Bericht über
ihre Wahrnehmungen erstatten. Unter anderem wurde
einmal gemeldet, daß man Grabgeräusche ganz nahe
höre, was auf Stollenbau schließen lasse. Es wurden im
Damm Abhorchgeräte angesetzt, aber weiter keine An-
zeichen festgestellt, daß unsere Stellung unterminiert
werde.
Die Stellungsperiode ging ihrem Ende zu. Schützen-
regiment Nr. 21 sollte unser Nachfolger werden.
Unsere Verluste in dieser Woche betrugen: 15 Tote,
24 Verwundete und 51 Erkrankte. Unter den Verwun-
deten waren auch Leutnaut Stephan Neumair, Fähnrich
Edelmann und Fähnrich Proksch (Schreibweise nicht
sicher).
Bei sehr schlechtem Wetter erfolgte am 22. Dezember
unsere Ablösung durch Schützenregiment Nr. 21. Die
Telephonleitungen blieben und wurden ebenso wie die
Werkzeuge, Munition, Handgranaten und Leuchtmittel
dem Übernehmer zurückgelassen. Nur die Gruuddotie-
rung an Leuchtmittelu und Jnfanteriemunition, das
waren pro Gewehr 140 Patronen, und bei den Maschi-
nengewehrkompagnieu alle mitgebrachten Gurtenver-
schläge, samt einer Handgranate pro Mann waren mit-
zunehmen.
Es gelangten: der Regimentsstab, die Technische Jn-
fanteriekompagnie und alle Maschinengewehrkompag-
nien, das I. Bataillon, die 7. Kompagnie und der
Sturmzug des II. Bataillon in den Raum in und um
Fosfalta Maggiore, wo auch der Gefechtstrain war, das
III. Bataillon, die 5. und 6. Kompagnie nach Cavalier.
Vier Tage später wurde der Brückenkopf am West-
ufer der Piave überhaupt aufgegeben und in aller Stille,
vom Feinde unbemerkt, geräumt. Der Italiener beschoß
zu unserem größten Vergnügen vier Tage weiter noch
die Stellungen, bis er merkte, daß niemand mehr drin-
nen war. Cadorna machte daraus einen tapferen Angriff
seiner Soldaten. Unser Heeresbericht vom 2. Jänner
meldete:
Mitteilungen des K. u. k. Generalstabes, Wien,
2. Jänner 1918:
„Am 26. Dezember 1917 früh wurde unsere Besatzung
aus der Dammstellung bei Zenson ohne Verluste auf
das östliche Piaveufer zurückgenommen. Der Gegner,
der diese Räumung erst am 31. Dezember bemerkte, hielt
bis zu diesem Tage die verlassene Dammstellung fort-
gesetzt unter Artillerie- und Minenwerferfeuer.
Der Chef des Generalstabes."
Mit der Zurücknahme der Brückenkopfbesetzung war
der Vormarsch also beendet und die 12. Jsonzoschlacht
abgeschlossen. Auch an anderen Frontteilen flauten die
Kämpfe merklich ab. Was war erreicht worden?
Aus der Jsonzoverteidigung war eine Piaveforcie-
rung geworden. Italien hatte 10.000 Tote, 30.000 Ver-
wundete, 294.000 Gefangene, 3150 Geschütze, 1700 Mi-
nenwerfer und 3000 Maschinengewehre verloren. Die
siegreichen Truppen lebten wochenlang von den Vor-
räten der italienischen Etappe. Bei reichlicherem Einsatz
von schnellen Berfolgungstruppen und Artillerie hätte
294
der Erfolg wahrscheinlich zur vollständigen Niederlage
und damit zum Ausscheiden Italiens aus dem Kriege
geführt! Nun, schon das Erreichte grenzte an das Wun-
derbare und brachte viele große Vorteile für uns.
Zum Gelingen hatte auch unser Regiment entschei-
dend beigetragen. Einen Oberst, einen Major, 15 Offi-
ziere und über 1200 Mann hatten die Zweier in den
Kämpfen am Vormarsch gefangen genommen und dazu
noch 25 italienische Maschinengewehre erbeutet. Leider
kostete der Kampf auch uns Verluste und gar viele
Zweier ruhen in welscher Erde. 32 Tote, 134 Verwun-
dete. Dazu kommen die schon früher angeführten Ver-
luste im Brückenkopf Zenson (15 Tote, 24 Verwundete,
51 Erkrankte).
Kaiser Karl ließ verlautbaren:
„In harten Kämpfen haben meine braven Truppen,
vereint mit den tapferen Verbündeten, in wenigen Ta-
gen glänzende Erfolge errungen. Freudigst bewegt sage
ich allen für ihr zielbewußtes und heldenmäßiges Ver-
halten in den schweren Kämpfen meinen wärmsten Dank
und spreche allen Führern, allen Kommandanten und
allen Truppen meine vollste Anerkennung aus. Mit
Gottes Hilfe weiter! Karl."
Und doch! Die Wirtschaftslage der Mittelmächte war
schon äußerst bedrohlich geworden. Der Hunger drohte,
der Ersatz für die Truppen an Menschen, Material,
Munition und Pferden war fast nicht mehr aufzutreiben,
für die vorhandenen Pferde zu wenig Futter da. Das
Eisenbahnmaterial und die Lokomotiven ausgeleiert,
das Personal übermüdet. Das Brot wurde selten, die
Verpflegung der Truppen schlecht. Trotzdem war mau
an der Front noch immer zuversichtlich und auch unser
Regiment tat seinen schweren Frontdienst wie eh und je
und wird ihn auch weiter tun bis zum Ende.
Aus dem Bewegungskrieg war wieder Stellungs-
kampf geworden. '
23, bis 30. Dezember 1917: Nachdem die Kompagnien
die Kantonierungsräume bezogen und sich, soweit es die
zu wenigen vorhandenen Unterkünfte zuließen, ein-
gerichtet hatten, mußten sie für die Versorgung der
Brückenkopfbesatzung arbeiten, und zwar eine Kompagnie
täglich Material tragen und die anderen Grabenroste
und Hürden flechten. Am Heiligen Abend spielte die
Musik der Zweier vom Kirchturm zu Fossalta das alte,
vertraute: „Stille Nacht, heilige Nacht." Schon die vier-
ten Weihnachten im Felde! Hoffentlich sind es die letz-
ten, die wir fort von der Heimat und unseren Lieben
verbringen müssen! Es war kalt geworden, der Boden
gefroren, Schnee war aber fast keiner.
Wieder in Stellung: Vom 30. Dezember 1917 bis
15. Jänner 1918 war das Regiment wieder am Piave-
damm in Stellung. Eine ruhige und wenig aufregende
Stellungsperiode.
Die Jnfanterietätigkeit war beiderseits gering, auch
die Artillerie machte keine besonderen Anstrengungen und
schoß zumeist mit kleinen und mittleren Kalibern. Nur
die Fliegertätigkeit war rege und die feindlichen Fessel-
ballone wurden täglich mehr. Von unserer Stellung aus
konnten wir 13 solche große, dicke Würste in der Luft
hängen sehen. Auch wir hatten solche, aber viel weniger.
An der Front draußen gingen täglich unsere Fessel-
ballone mit den Artilleriebeobachtern hoch. Bisher sahen
wir schon drei Ballone, wie sie von feindlichen Fliegern
abgeschossen wurden. Bei Anflug von Feindfliegern
konnten die Ballone gar nicht so schnell niedergezogen
werden, daß sie nicht mehr gefährdet waren. Der Ab-
schuß spielte sich immer folgendermaßen ab: Feindflieger
erschien hoch am Himmel, bog plötzlich auf den Ballon
zu, im Gleitflug knapp am Ballon vorbei, kurze Ma-
schinengewehrgarbe und der Ballon brannte schon. Der
Beobachter sprang ab, der Fallschirm öffnete sich und der
Offizier schien gerettet. Es schien aber nur so! Meist flo-
gen brennende Fetzen des Ballons auf den Fallschirm
und auch der brannte weg. Wir sahen auch einmal, wie
ein italienischer Flieger auf den am Fallschirm langsam
zur Erde sinkenden Offizier Maschinengewehrfeuer ab-
gab und ihn so tötete. Eine unmilitärische Tat, die ein
österreichischer Soldat niemals begehen würde! Wir
mußten tatenlos zusehen.
Wir bekamen für unsere Maschinengewehre eine
eigene Visiervorrichtung für Flugzeugabwehr, aber be-
sondere Erfolge wurden damit nicht erzielt. Später kam
ein Befehl, nach welchem Fesselballone nicht höher als
600 Meter aufsteigen durften.
Ein Versuch, den Ballonen durch unsere Maschinen-
gewehre Schutz zu geben, sei angeführt: Unsere Fessel-
ballone, die an der Front vom Montello bis ans Meer
in größeren Abständen hochgelassen waren und den
Artilleriebeobachteru Einblick in die Feindsront geben
sollten, waren dem Feind ungemein lästig und er setzte
alles darein, sie abzuknallen. Die Feindflieger schossen
auch fast täglich hochgelassene Ballone ab. Besonders ein
Flieger, der „Rote", war der Schreck aller Ballone.
Es sollte der Versuch gemacht werden, ihn herunter-
zuholen. Die Maschinengewehrkompagnie I wurde zum
nächsten Ballon befohlen und stellte in einem großen
Kreis um den Ballon, in den Maisfeldern gut gedeckt,
die acht Gewehre auf Pfählen, nach allen Seiten dreh-
bar, auf. Zeitlich in der Früh wurde der Ballon auf
600 Meter hochgelassen. Im Korb wurde eine, wie wir
meinten, gut gemachte Attrappe eines Beobachters fest-
gemacht. Der Ballon ging hoch und lag ruhig in der
Luft. Die Gewehre waren fest eingerichtet und sollten
auf einen Pfiff alle losknallen, so daß über dem Ballon
eine Gefchoßgarbe in Form eines Trichters entstand.
Der Flieger mußte also getroffen werden. Stundenlang
warteten wir, es war umsonst. Kein Flieger wollte unse-
ren Ballon anfliegen. Mehrere Tage folgten nun so.
Endlich schien es doch zu gelingen. Ein Flieger kam
direkt ans den Ballon angeflogen. Der Kommandant
wollte schon pfeifen, da geschah das Verblüffende: Der
Feindflieger drehte plötzlich ab und suchte in aller Eile
davonzukommen. Was war geschehen? Hatte er die Falle
gemerkt? Wahrscheinlich ja. Von da ab stellten wir die
Versuche, die Flieger abzuschießen, ein. Unsere Ballon-
abteilungen hatten keine schnellwirkenden Vorrichtungen
zum Niederholen der Ballone.
Am 11. Jänner siel Leutnant Völhelm bei einem Jn-
spektionsgang.
In der Stellung wurde fleißig am Ausbau von Lauf-
gräben zu den Feldwachen und Verbindungsgräben
untereinander gearbeitet. Der physische und moralische
Zustand des Regiments war gut, Verluste äußerst ge-
ring und auch der Abgang an Erkrankten sehr mäßig.
Die Menage traf regelmäßig in der Stellung ein und
war zufriedenstellend.
Gesamtverluste des Jahres 1917 beim Regiment:
Gefallen 216, verwundet 1842, vermißt sechs, also mehr
als ein ganzes Regiment in einem einzigen Jahr ver-
loren! (Die Erkrankten noch gar nicht mitgezählt!)
1918
15. Jänner 1918: Die Ablösung der Zweierschützen er-
folgte befehlsgemäß und ohne Verluste. Der Regiments-
stab und das I. Bataillori gelangten nach Fossalta Mag-
giore, das II. und III. Bataillon nach Cavalier. Die Be-
schäftigung der Unterabteilungen war die gewöhn-
liche der Retablierungstage.
Zugsführer Wipplinger der Maschinengewehrkom-
pagnie I, Kommandant des Feuerstaffels, schoß im Jän-
ner 1918 zwei Brieftauben ab, die gleichlautende Mel-
dungen folgenden Inhalts trugen:
„In der Nähe der Badeanstalt Fossalta Maggiore
Trainierung von fünf Kilometern."
Diese, sichtlich verschlüsselte Nachricht znm Feinde
machte es offenkundig, daß geheime Kanäle zwischen der
italienischen Zivilbevölkerung des besetzten Gebietes und
der Feindfront bestanden. Es konnte dein Feinde nichts
verborgen bleiben. Sollte man also die Zivilbevölkerung
abschieben? Wohin damit? Die Ernährungslage der
Heimat war ohnehin schon katastrophal genug und durfte
nicht noch durch Hunderttausende Evakuierte verschlech-
tert werden. Die feindliche Artillerie schonte offensicht-
lich die bewohnten Orte und Städte, was auch für un-
sere Truppenreserven, Stäbe und Trains große Vorteile
hatte.
Offensiven mußten aber unter solchen Zuständen aus-
sichtslos werden, denn das entscheidende Überraschungs-
moment entfällt dann ja, da dem Gegner rechtzeitig alles
bekannt wird. Den Beweis erbrachte die verunglückte
Piaveoffensive im Juni 1918, wo durch unser stunden-
langes Trommelfeuer auf vorher vom Feinde geräumte
Stellungen nicht ein Italiener getötet wurde. Leider
dann umsomehr bei uns!
Größere Veränderungen im Offizierskorps ergaben
sich durch Kommandierungen zu Ausbildungskursen und
Abgang als überzählige Säbelcharg-en.
Oberst Haslehner, Hauptmann Wundrak, Oberleut-
nant Polt und Fähnrich Casensky wurden auf die Zeit
der Retablierung zur Artillerie, Oberleutnant Hans
Brunner zum Divisionskommando kommandiert und
18 Offiziere gingen als überzählig zurück. Dafür trafen
Oberstleutnant Hölzl, Oberleutnant Ainberger, Haupt-
mann Balar und noch 24 Offiziere beim Regiment ein.
Unsere Musik spielte abwechselnd in Fossalta und Cava-
lier. Das Wetter war meist schön.
Gerüchte von einer Rückverlegung kamen auf und
wurden mit dem 4. Februar Tatsache. Die 44. Schützen-
division wurde als Armeereserve in den Raum östlich
des Tagliamento verlegt und von der 24. Infanterie-
division abgelöst.
' In Bianzzo und S. Vidotto
6. Februar bis 12. Juni 1918
Für das Regiment begann eine schöne Zeit. Die
44. Schützendivision wurde zur Lehrdivision für den
Jnformationskurs für Trnppenführung unter Leitung
des Generalmajor Schönauer bestimmt. Das Schlag-
wort der jetzigen Ausbildungsperiode war: „Elastische
Kampfweise der Infanterie." In diese Kurse wurden
Bataillons-, Regiments- und Brigadekommandanten
einberufen. Unter anderen waren z. B. auch Oberst Erz-
herzog Karl Albrecht Kursteilnehmer. Höhere und aller-
höchste Kommandanten und sogar der Kaiser kamen zu
Besichtigungen und Inspektionen.
Am 4. Februar 1918 war unser Regiment um 7 Uhr
vormittags am Ortsausgang von Cavalier in der Rei-
henfolge: Technische Jnfanteriekompagnie, II., III., I.
Bataillon und Train zum Abmarsch bereitgestellt. Der
zweitägige Reisemarsch ging über Motta—Annone—
Pramaggiore—Settino—Marignano—S. Vito—neu-
erbaute Tagliamentobrücke bei Codroipo in den Kan-
toniernngsraum S. Vidotto—Biauzzo—C. Zulina—C.
Traccanelle, wo das Regiment am 5. Februar 1918 um
5 Uhr nachmittags eintraf.
296
Die Marschdisziplin war ausgezeichnet gewesen und
der Marsch hatte viel Interessantes geboten. Die Unter-
künfte waren ausreichend und gut. Ab 6. Februar wur-
den die ersten Tage zum Einrichten der Quartiere und
zum Jnstandsetzen der Ausrüstung usw. verwendet.
Telephonverbindungen wurden untereinander und zun:
Brigadekommando in Camino hergestellt, die Umgebung
der Unterkünfte und die Straßen gereinigt. Kleine
Appellübungen und geschlossenes Exerzieren erinnerten
an die Tage der Ausbildung in der Heimat und wurden
ganz gern gemacht. Der Krieg war weit von uns weg-
gerückt.
Die Kommandanten und Offiziere benützten diese
Tage, um sich im Terrain der kommenden Übungen zu
orientieren.
Am 8. Februar rückte das XXXIII. Marschbataillon
unter dem Kommando des Oberleutnant Erhard Heckel
mit 445 Mann und 13 Offizieren zum Regiment ein.
Mit diesem Ersatz konnte die 8. Kompagnie wieder auf-
gestellt und die anderen Kompagnien zu vier Zügen for-
nnert werden. Oberst Christophori übernahm am 9. Fe-
bruar wieder das Regimentskommando vom Oberst Has-
lehner, welcher zum Brigadekommando abging. Ober-
arzt Dr. Heinz Zillig rückte zum Regiment ein und
wurde Regimentschefarzt der Zweier. Auch unser Feld-
kurat Wilhelm Wester soll nach langer Frontdienstzeit
durch Feldkurat Gottfried Tengl abgelöst werden.
Gar bald begann die eigentliche Arbeit, deretwegen
wir hierherkamen, die Vorführung neuer Kampfweisen,
wir nannten sie Nesterkrieg, zu üben und dann den Kurs-
teilnehmern wieder vorzuführen. Die Übungen waren
taktisch genau ausgearbeitet und waren numeriert. Jede
der vier Hauptübungen hatte eine Vorübung. Es
brauchte beispielsweise also nur angeordnet werden:
„Morgen findet um . . . Uhr die Vorführung zur
Hauptübung 3 statt", so wußte jedes Regiment oder
Bataillon genau seine Ausgangsstellung und taktische
Aufgabe und es bedurfte keiner weiteren Befehlsangabe.
Auch überschiffungsübungen über den Tagliamento und
italienische und französische Angriffsverfahren wurden
vorgeführt.
Der Damm längst des Tagliamento war zu Früh-
lingsanfang nach Feststellung des Dammwärters in
höchster Gefahr und es bedurfte bedeutender Anstren-
gungen der Technischen Jnfanteriekompagnien, Sap-
peure, Baukompagnien, Professionistenkompagnien und
Kriegsgefangener um jede Gefahr des Dammbruchs ab-
zuwenden.
Am 1. März wurde verlautbart, daß unser Regi-
mentskommandant Oberstleutnant Alfred Hölzl für die
Führung des Regiments am Vormarsch den Eisernen
Kronenorden II. Klasse erhalten hat. Oberst Karl Chri-
stophori wurde mit dem Silb. Sign. Laudis aus-
gezeichnet. Er übergab am 21. März das Regiments-
kommando wieder an Oberstleutnant Hölzl. Oberstleut-
nant Swoboda rückte vom TKJ.-Regiment I zu uns ein
und übernahm das Kommando des II. Bataillons.
Am 7. März traf Oberleutnant Karl Klein vom Ersatz-
bataillon Brünn als Einzelreisender beim Feldregiment
wieder ein. Seine Bitte um ein Kompagniekommando
wurde nicht erfüllt und er blieb weiter Regimentsadju-
tant. Vom 23. März bis 1. Juni erfolgte seine Ein-
berufung in die Kriegsschule Belgrad.
Für die Leitung und Vorbereitung der Kaiser-Karl-
Woche wurde Oberleutnant Friedrich Ratzka bestimmt.
Am 12. März inspizierte Kaiser Karl das Regiment
(44. Schützendivision) und fand Worte der höchsten An-
erkennung für unser tapferes Regiment.
Mit 24. April wurde der Oberst des Generalstabes
Alfred Purtscher zum Kommandanten unseres Regi-
ments ernannt und übernahm von dem zum Komman-
danten eines Ersatzbataillons in Zombor bestimmten
Oberstleutnant Hölzl die Führung des Regiments. Am
gleichen Tag rückten auch die Oberleutnants Karl Neu-
mann und Josef Polt ein. Eingetroffene Marschforma-
tionen (XXXV bis XXXVIII) machten es möglich, die
seinerzeit aufgelöste 4. und 12. Kompagnie wieder auf-
zustellen, so daß das Regiment nun wieder komplett war.
Hauptmann Balar hatte leichte Wurfstege konstruiert,
die bei den Übungen dem Kurs vorgeführt wurden.
Am 4. Mai war eine große Gefechtsübung angesetzt.
Außer den Kursteilnehmern sah auch Kaiser Karl
dem Verlauf der Übung zu und wollte anschließend die
Truppen besichtigen. Während der Übung fielen aber
einige scharfe Schüsse aus dem Übungsraum eines an-
deren Regiments. Die Übung wurde sofort abgeblasen
und eine strenge Untersuchung angeordnet. Ohne Ergeb-
nis. Es dürfte sich nicht um einen Anschlag auf das Le-
ben des Kaisers gehandelt haben, denn sowohl bei den
vorangegangenen als auch bei den nachfolgenden Übun-
gen fielen scharfe Schüsse.
Unter dem Kommando Oberleutnant Adalbert Schnei-
der wurde eine Gendarmeriekompagnie aufgestellt und
hatte im Bereich der Division nach dem Rechten zu sehen.
10. Mai: Das II. Bataillon übersiedelte von S. Vi-
dotto nach Jntizzo und es wurde dadurch in Vidotto
Raum für die Seidenraupenzucht. Unsere Musik spielte
in den Kantonierungsorten und auch in Passeriano bei
Kurseröffnungen. Die Explosion einer italienischen Pe-
tarde bei der Technischen Jnfanteriekompagnie forderte
leider auch hier in dieser sonst so friedvollen Periode ein
Todesopfer (Schütze Kiemeswenger).
Zu Ostern kamen die ersten 450 Silbernen Tapferkeits-
medaillen für besondere Leistungen am Vormarsch und
wurden die auszuzeichnenden Offiziere, Unteroffiziere
und Mannschaften nach einem feierlichen Gottesdienst
dekoriert.
Am 22. Mai fuhren alle Offiziere des Regiments nach
Pte. della Delicia, wo auf dem Artillerieschießplatz ge-
zeigt wurde, wie die Infanterie hinter der Feuerwalze
vorgehen soll. Unser Oberstleutnant Swoboda führte das
Kommando und Oberleutnant Reith war ebenfalls be-
teiligt. Diese Übungen wurden selbstverständlich mit
scharfer Munition durchgeführt und es gab leider meh-
rere Tote und noch mehr Verwundete bei dieser allzu
realistischen Aktion.
Aus verschiedenen Vorbereitungen, Truppenbewegun-
gen usw. wurde uns deutlich, daß eine Offensive nahe
bevorstand. Auch die Zweier wenden wieder dabei sein.
über die Piave
(Skizze 3)
11. bis 22. Juni 1918
Die innere Lage der Mittelmächte war immer schwie-
riger geworden. Eine nicht abzuleugnende Hungersnor
wirkte demoralisierend und die verschiedenen Völker
Österreichs stellten politische Forderungen auf, die den
Bestand der Monarchie bedrohten. Nur die Armee war
noch intakt und auf diese baute man, als man sich schon im
März entschloß, noch einmal offensiv zu werden. Der
Angriff war zuerst für den Mai geplant, wurde aber erst
am 15. Juni durchgeführt. Es wurde an fünf Stellen
zugleich angegriffen: Am Tonale, auf der Hochfläche
von Asiago, im Grappagebiet, gegen den Montello und
an der unteren Piave. Im letztgenannten Raume griff
die 5. Armee, in deren Reihen die 44. Schützendivision
stand, an. Die erste Aufgabe der Armee war die Piave
zu forcieren und die Übergänge auch für den Nachschub
zu sichern. Die Piave führte schon am 15. Hochwasser,
welches in den nächsten Tagen den Fluß zum reißen-
den Strom werden ließ. Die Heeresgruppe Boroevic
hatte au mehreren Stellen den Übergang erzwungen
und unser Regiment sich bei Salgaredo und La Fossa
hervorragend geschlagen, aber auf das Endresultat konn-
ten diese Heldentaten nicht mehr von Einfluß sein. Über-
legene Flugwaffe, starke und gut schießende Artillerie,
der reißende Strom im Rücken ohne fixe Übergänge und
vor allem auch Verrat, sowie eine nicht bis in die letzte
Kleinigkeit ausgedachte Vorbereitung, rechtzeitige Be-
reitstellung der richtigen Munition und anderes ließen
die Offensive scheitern. Vielleicht hätte, alle Macht über
die Österreich-Ungarn noch verfügte, an einer Stelle zum
Stoß angesetzt, den Erfolg gebracht? Es ist müßig, heute
darüber zu debattieren, sicher ist, daß mit dem Versagen
dieser Offensive jede Hoffnung, den Sieg an Österreichs
Fahnen zu heften, schwand. Unnütz mußte noch so viel
Blut, auch der Zweier, fließen! Den Opfergang, den
unser Regiment nun antrat, schildert der folgende Ge-
fechtsbericht am besten.
Gefechtsbericht
des Regiments für die Zeit vom 11. bis 29. Juni 1918
Das Regiment war im Raume bei Codroipo Reserve
des Armeeoberkommandos.
Die Märsche an die Piave begannen am 11. Juni
1918.
Um die Verschiebungen, Gruppierungen geheimzuhal-
ten, wurden alle Märsche bei Nacht durchgeführt; Auf-
bruch täglich 10 Uhr nachmittags. Rauchen und Singen
war verboten, damit auch Nachtfliegern, Scheinwerfern
usw. keine Anhaltspunkte gegeben wurden.
Der Anmarsch des Schützenregiments Nr. 2 erfolgte
in vier Nächten bei meist schlechtem Wetter über die
Brücke bei Pte. d. Delizzia über den Tagliamento nach
Savergnano (Quartier), dann Viletta—Bareo—Pra-
vis-dom. (Quartier), weiter nach Motta—Revedin—Si-
nistra (Quartier), das ist der Raum, wo im November
1917 Leutnant Langfellner die Goldene erwarb, in den
Raum bei Cavalier (auch altbekannt!).
Am 15. Juni, 3 Uhr früh, begann die Artillerievor-
bereitung. Der Donner hielt ununterbrochen den gan-
zen Tag an. Nachrichten von der Front besagten, daß
der Übergang über die Piave erzwungen wurde. Keine
Toten und Verwundeten lagen im Beschußraum. Die
Italiener hatten genau den Beginn des Feuers gewußt
und die Stellungen geräumt gehabt. Also verraten!
Der llberraschungseffekt war verblüfft und damit der
Erfolg schon halb zunichte gemacht.
Um 9 Uhr nachmittags des 15. Juni wurde an das
Regiment der Befehl zum Abmarsch aus Piavon a Si-
nistra gegeben. Reihenfolge: II., I., III. Bataillon mit
ihren Kampftrains; restliche Trains blieben vereint in
Piavon.
Das Regiment marschierte über Piavon—Busco—S.
Nicolo; dort Rast beim 24. Jnfanterdivisionskommandv
und Orientierung, Befehlsausgabe des Divisionskom-
mandos an den Regimentskommandanten. Sodann Wei-
termarsch über Candole (daselbst verblieb der Kampf-
train), ferner Rebecca zur schweren Kriegsbrücke bei
Salgareda.
Bei Morgengrauen wurde die Brücke einzeln passiert,
zwischen den Kompagnien 150 Meter Abstand. Schweres
feindliches Artilleriefeuer suchte die Brücke zu zerstören.
Das Regiment gelangte zirka 6 Uhr vormittags des
16. Juni an den ersten Damm bei C. Mora. Dortselbst
war auch der Standpunkt des 87. Schützenbrigadekom-
mandos.
298
Da der Divisionskommandant der 24. Infanterie-
division den Regimentskommandanten dahin orientierte,
daß am westlichen Ufer wohl der zweite Damm und
C. Nini, anderseits auch S. Andrea in eigener Hand sei,
dazwischen jedoch La Fossa noch in Feindeshand sein
dürfte, so wurde das Schützenregiment Nr. 2 längs des
Dammes, welcher von S. Jsola d. spe nach Nordwest
zieht, zum Angriff auf La Fossa gruppiert. Hier muß fest-
gestellt werden, daß das Regiment noch nicht im klaren
Bilde war, ob auch die Biegung des Dammes bei C. Nini
und diese Fraktion selber in eigener Hand sei oder nicht.
Der Regimentskommandant betrieb daher die Auf-
klärung nach vorwärts, bis sich endlich ein klares Bild
ergab, und zwar: La Fossa in eigener Hand, hingegen
C. Nini in Feindeshand.
Um 11.30 Uhr vormittags des 16. Juni ordnete daher
der Regimentskonunandant (Oberst Purtscher) an, daß
die Bataillone I und III gemeinsam gegen C. Nini vor-
gehen und dieses in Besitz nehmen sollen. Das I. Ba-
taillon sollte diesen Angriff aus der Richtung von La
Fossa aus durchführen, das III. Bataillon hingegen aus
der Richtung Kapelle La Salute. II. Bataillon Reserve
hinter dem zweiten Damm (jener, welcher von La Fossa
nach Südost zieht).
Das III. Bataillon ging 12 Uhr mittags zum Angriff
vor. Wie überall, wurde es auch in dieser Situation
von feindlichen Fliegern überflogen, dem kurz nach be-
gonnener Vorrückung schweres Artilleriefeuer und ein
feindlicher Angriff auf den vom Infanterieregiment
Nr. 109 besetzten dritten Damm folgte. Das feindliche
schwere Artilleriefeuer wurde immer stärker, das Batail-
lon stand gedeckt bei Kote 9 am dritten Damm, als aber-
mals vom Westen feindliche Jnfanterieangriffe ansetzten,
die das Bataillon abwehren mußte. Es war allen klar,
daß die feindlichen Jnfanterieangriffe nur so lange -auf-
gehalten werden konnten, so lange das III. Bataillon
den Damm hält. Eine Frontveränderung des Bataillons
um C. Nim anzugreifen wurde um 4 Uhr nachmittags
versucht, jedoch sogleich vom Feind (Flieger) entdeckt.
Sofort setzten abermals feindliches Artillerie-Sperrfeuer
und Jnfanterieangriffe ein.
Im Laufe des Nachmittags hatte das Bataillon etwa
sieben solche feindliche Angriffe abzuwehren. Das III.
Bataillon stand am östlichen Straßendamm, der Feind
am westlichen gleichen Straßenrand; beide demnach so
nahe aneinander, daß der Kampf mit Handgranaten
und Petarden geführt wurde.
Da westlich der Straße, in und hinter der italie-
nischen Stellung Häuser standen, diese in den oberen
Stockwerken mit Maschinengewehren besetzt waren,
welche von oben herab auf das Bataillon wirkten, war
ein Stürmen der feindlichen Linie ohne eigene Artillerie-
unterstützung nicht möglich. Die Stärke des Gegners
wurde auf zwei bis drei Bataillone geschätzt.
Um 4.30 Uhr nachmittags ordnete das Regiments-
kommando einen Angriff der Sturmpatrouillen des I.
und II. Bataillons vom zweiten Damm, südöstlich La
Fossa aus, an. Der Gegner hatte in C. Nini über-
höhende Maschinengewehre eingebaut und im Vorfelde
davor befanden sich gleichfalls versteckte Maschinen-
gewehrnester. Trotz tapferstem Verhalten von Offizier
und Mann war es nicht möglich, durchzudringen. Die
Sturmpatrouillen mußten in die Ausgangssituation am
Damm zurückgehen.
Nach Ausspruch aller Kommandanten fehlte die eigene
Artilleriewirkung, um den Angriff anssichtsvoll zu ge-
stalten.
Um 6.30 Uhr nachmittags des gleichen Tages ordnete
der Regimentskommandant abermals einen Angriff
gegen C. Nini mit dem I. Bataillon an. Das I. Batail-
lon führte diesen Angriff mit zwei Kompagnien, sechs
Sturmpatrouillen, einem schweren Maschinengewehrzug
und zwei Jnfanterie-Begleitgeschützen durch. Eine Kom-
pagnie blieb als Rückhalt am Damm. Dieser Angriff
blieb ebenfalls, obwohl die Rückhaltskompagnie und
schließlich noch die letzte Kompagnie des I. Bataillons
eingesetzt wurden, infolge des feindlichen Frontal- und
Kreuzfeuers ergebnislos. Die Stürmenden kamen bis an
die Drahtverhaue des Feindes, der dort sehr starke, ohne
gründliche Artillerievorbereitung, nicht zu nehmende
Stützpunkte ausgebaut hatte. Auf Befehl des Regiments-
kommandos kehrte daher alles in die Ausgangssituation
hinter den zweiten Damm zurück und verblieb in Stel-
lung bis 17. Juni, 2 Uhr nachmittags.
Das III. Bataillon war noch immer in der früheren
Situation am dritten Straßendamm, örtliche feindliche
Angriffe abweisend. In der Nacht fanden wiederholt
heftige Feuerüberfälle des Feindes statt, welche die
Alarmierung des I. und II. Bataillons zur Folge hatten.
Da in der Dunkelheit das Infanterieregiment Nr. 109
am dritten Straßendamm (wo sich das III. Bataillon
befand) verstärkt wurde, entschloß sich der Kommandant
des III. Bataillons, Oberstleutnant Swoboda, zum Re-
giment einzurücken. Um 2 Uhr früh des 17. Juni er-
reichte das III. Bataillon das Regiment.
Während das Regiment die Piave überschritten hatte,
war der Train am östlichen Ufer zurückgeblieben, und
zwar: Kampftrain in Candole, Provianttrain in Cava-
lier. '
Schon an diesem Tage hatte die einzige Brücke bei
Salgaredo (außer ihr war nur noch ein Steg vorhan-
den) Defekte. Die Regentage brachten Hochwasser, dieses
zerstörte an diesem Tage wie in der Folge wiederholt
die Brücke. Außerdem erhielt die Brücke Volltreffer
39
299
durch Artillerie und Fliegerbomben. Durch viele Stun-
den des Tages war daher das Regiment vom Ostufer
gänzlich abgetrennt und es konnte am 16. Juni weder
Munition noch Verpflegung herangebracht werden. Bei
dem am Westufer errichteten Regimentshilfsplatz stauten
sich die Verwundeten. Unter diesen Schwierigkeiten ver-
brachte das Regiment den zweiten Tag der Offensiv-
kämpfe.
Verluste am 16. Juni: Offiziere: 1 tot, 6 verwundet,
2 krank; Mannschaft: 25 tot, 161 verwundet.
Gefangene eingebracht: 2 Offiziere, 100 Mann.
Bericht über den 17. Juni 1918:
Um 12 Uhr mittags wurden zwei Jnfanterie-Begleit-
geschütze am Damm bei Castaldia in Feuerstellung ge-
bracht; sie hatten die Aufgabe, mit direktem Beschuß die
vor C. Nini befindlichen Maschinengewehrnester nieder-
zulegen und so einen eigenen Angriff vorzubereiten.
Dieser Angriff erfolgte um 5 Uhr nachmittags, und
zwar sollte zunächst das Infanterieregiment Nr. 109
vorgehen, die Bataillone des Schützenregiments Nr. 2
sich dem Angriff anschließen.
Als um 5.15 Uhr nachmittags der Angriff des Infan-
terieregiments Nr. 109 gute Fortschritte machte, wurde
vom eigenen Regimentskommando befohlen: Das I. Ba-
taillon greift in den Kampf des Jnfanterrieregiments
Nr. 109 mit der Direktion auf C. Nini ein, ebenso links
vom I. Bataillon die 6. und 7. Feldkompagnie mit dem
Handmaschinengewehrzug.
III. Bataillon folgt unmittelbar hinter dem rechten
Flügel des Infanterieregiments Nr. 109. Der Rest des
II. Bataillons, die 5. und 8. Kompagnie, Maschinen-
gewehrkompagnie II, dann die zugeteilte Sturmhalb-
kompagnie des Oberleutnants Boguszak, blieben Bri-
gadereserve am Damm.
Die Kämpfe um C. Nini fielen durchwegs siegreich
aus, obwohl die feindlichen Maschinengewehrnester erst
ausgeräumt werden mußten. Das Regiment machte im
ganzen 1000 Gefangene. Als C. Nini gefallen war, nahm
alles Direktion Al Bosco und im weiteren Verlauf
Monastier. Halbwegs C. Nini—Al Bosco stieß die erste
Feldkompagnie auf zwei feindliche Panzerauto, welche
dem Regiment Verluste beibrachten, doch zur Umkehr
gezwungen wurden. Das I. Bataillon drang bis Al
Bosco, die 1. und 4. Kompagnie sogar bis C. Milioni
vor, woselbst sie durch feindliche Maschinengewehrnester
aufgehalten wurden. Die 3. Kompagnie war über C.
Nini geradeaus bis an den Spinosolabach vorgedrungen.
Das II. Bataillon folgte als Reserve und säuberte die
noch übriggebliebenen Nester vom Feinde, erreichte die
Straße C. Nini—Al Bosco, wurde hier gesammelt und
vom Bataillonskommando zur Abwehr eines aus der
Richtung La Callaltella erfolgten feindlichen Angriffes
beiderseits der Straßengabel Al Bosco eingesetzt.
Das I. Bataillon machte in diesem Angriffstage zirka
600 Gefangene und erbeutete vier Körbe mit Brief-
tauben.
Vom II. Bataillon war die 6. und 7. Kompagnie über
C. Nini, wobei noch drei Offiziere und 120 Mann ge-
fangen eingebracht und vier Maschinengewehre und ein
Minenwerfer erobert wurden, dann C. Barbare bis
über C. Francesco vorgedrungen, wo sie nicht nur auf
starken feindlichen Widerstand stießen, sondern auch
Gefahr liefen, vom eigenen Regiment abgeschnitten zu
werden, weshalb die beiden Kompagnien hinter den
Spinosolabach zurückgenommen wurden.
Das III. Bataillon hatte um 5.15 Uhr nachmittags
den Damm verlassen, rückte mit der 10. Feldkompagnie
an der Tete in Doppelreihen auf der Straße C. Nini—
Al Bosco vor. Oberst Purtscher sollte mit dem Regiment
zunächst den Spinosolabach-Abschnitt erreichen. Oberst
Purtscher nutzte in richtiger Erkenntnis der Lage den
im Regiment vorhandenen Angriffstrieb aus und führte
das Regiment noch weiter vor, bis in die Nähe von
C. Milioni.
Da aber rechts und links keine eigenen Truppen so-
weit gekommen waren, stellte das Regiment die Verfol- -
gung ein und befahl dem Kommandanten des III. Ba-
taillons, mit den bei C. Nini befindlichen Teilen des
I. Bataillons sowie mit dem ganzen III. Bataillon die
vor uns befindlichen äußerst lästigen Maschinengewehr-
nester zu nehmen, dann feindwärts des Polombobaches
(Kote 6 bei C. Milioni) eine brückenkopfartige Sicherung
durchzuführen, während der Rest des Regimentes in
Al Bosco bleibt bzw. dorthin gelangt.
Der Befehl wurde ausgeführt, die Dunkelheit brach
an.
Plötzlich legte der Feind hinter den Rücken des Ba-
taillons, insbesondere auf die Straße, Sperrfeuer. Das
III. Bataillon nahm inzwischen ein feindliches Maschi-
nengewehrnest. Während rechts und links nach Anschluß
zu den eigenen Truppen gesucht wurde, stellte sich
immer mehr heraus, daß das III. Bataillon mit den
ihm unterstellten Truppen seitwärts keinen Anschluß
habe, denn die übrigen vorn befindlichen Teile des Re-
gimentes waren schon bei Al Bosco gesammelt worden.
Die Gruppe Oberstleutnant Swoboda (III. Batail-
lonskommando) hielt in der exponierten Lage befehls-
gemäß aus, als um 11 Uhr nachmittags Oberst Brigadier
v. Schuschnigg selbst in der vorderen Linie erschien und
befahl, die gesicherte Aufstellung statt am Polombobach
am Spinosolabach zu beziehen. Der Befehl wurde durch-
geführt.
300
Gleich nach Durchführung drängte der Feind non Ost
und West gegen die Straße und schloß so seine Linie.
Hätte dies der Feind eine Stunde früher getan, hätte
sich das HI. Bataillon den Wiederanschluß ans Regi-
ment nach rückwärts erzwingen müssen.
Das Vorgehen vom Spinosolabach zum Bataillon
war für jedermann gefahrvoll. Herr Oberst Brigadier
beachtete die Gefahr des Artillerie- und Maschinen-
gewehrfeuers nicht und legte dadurch Zeugnis äußerster
persönlicher Tapferkeit ab.
Die Brigadereserve des II. Bataillons, eine Sturm-
halbkompagnie und die Technische Jnsanteriekompagnie
(das ganze unter Kommando des Hauptmanns Robert
Aspöck) rückte um 8 Uhr nachm, ebenfalls vom Damm
auf Befehl der 87. Schützenbrigade nach Al Bosco vor.
Nördlich von Al Bosco stand das Schützenregiment
Nr. 21, von dem ungünstige Gefechtsnachrichten einlie-
fen, die sich jedoch als übertrieben erwiesen. Da sich
jedoch zwischen Schützenregiment Nr. 21 und Al Bosco,
wo der rechte Flügel des Schützenregiments Nr. 2 stand,
eine Lücke ergab, so erhielt Hauptmann Aspöck den Be-
fehl, diese Lücke auszufüllen (Nacht 17. auf 18. Juni,
Skizze 3).
Verluste: Offiziere: 7 verwundet; Mannschaft: 6 tot,
196 verwundet.
Eingebrachte Gefangene: 3 Offiziere, 1720 Mann;
Anzahl Maschinengewehre, vier Körbe Brieftauben.
Bericht über den 18. Juni 1918:
Noch in der Nacht vom 17. auf den 18. Juni versuchte
der Gegner vorzufühlen, wo unsere Kräfte stehen. Um
2 Uhr früh erschien bei der Spinosolabrücke, südlich Al
Bosco eine feindliche Kavalleriepatrouille, kurze Zeit
darauf ein feindliches Panzerauto. Das III. Bataillon
hatte jedoch knapp südlich der Brücke einen Zug als
Offizierswache aufgestellt, ebenso auf der Straße ein
Maschinengewehr, dann ein Jnfanterie-Begleitgeschütz
derart, daß der Straßenzug nach Monastier vollkommen
beherrscht wurde. So wurde die feindliche Kavallerie-
patrouille auf eine Distanz von 20 Metern mittels
Maschinengewehrfeuer zusammengeschossen, gleichfalls
das Panzerauto durch das Jnfanterie-Begleitgeschütz zur
Umkehr gezwungen.
Die bisherigen Verluste ergaben die Notwendigkeit,
beim I. Bataillon die 2. Kompagnie, beim III. Bataillon
die 12. Kompagnie aufzulösen und die Mannschaft auf
die anderen Kompagnien aufzuteilen. Später, am
19. Juni, mußte auch beim II. Bataillon die 7. Kom-
pagnie aufgeteilt werden.
An diesem Tage kam es nur zu Feuerüberfällen und
Patrouillenkämpfen, da der Gegner mit Patrouillen die
eigene Front absuchte. Hingegen verstärkte sich bei Tag
das feindliche Artilleriefeuer, welches sehr geschickt durch
feindliche Flieger geleitet wurde. Man sah auch deutlich
vom feindlichen Flieger dort, wo er über unsere Gefechts-
reserve flog, Raketen abschießen, worauf die nun orien-
tierte feindliche Artillerie das Feuer eröffnete. Ein sol-
ches tieffliegendes feindliches Flugzeug wurde um 5.20
Uhr nachmittags vor der Front des II. Bataillons vom
Korporal Wipplinger der Maschinengewehrkompagnie II
mit einem Maschinengewehr abgeschossen, ebenso um
6 Uhr vor dem III. Bataillon ein Flugzeug vom Kor-
poral Feuchtner des Handmaschinengewehrzuges der
11. Kompagnie.
Um 7 Uhr nachm. langte von der 87. Schützenbrigade
die Disposition für den 19. Juni ein. Darnach hatte
das 7. Korpskommando (K.K.) die Absicht, am 19. Juni
mit der 29. Infanteriedivision und der 9. Kav.-Division
den Angriff zunächst bis an den Meolobach vorzutragen.
Hiezu sollte sich die 29. Infanteriedivision um 11 Uhr
vormittags bei der Spinosolabachbrücke südlich Al Bosco
gruppiert haben, um sodann den Angriff vorzutragen.
Die 87. Schützenbrigade sollte den Angriff nicht mit-
machen, sondern sich nach Passieren der eigenen Linien
durch die 29. Infanteriedivision im Raume östlich Al
Bosco als Gruppenreserve der Gruppe Feldmarschall-
leutnant Urbar sammeln.
Das Brigadekommando stellte auch den Munitions-
nachschub mittels Fuhrwerken, die bei der Leerfahrt
Verwundete abschieben sollten, in Aussicht. Infolge
Brückendefektes konnten jedoch die Fuhrwerke nicht auf
das Westufer gebracht werden. In dieser Nacht brachten
zum erstenmal Tragtiere die Menage für die Mann-
schaft. Der Regiments-Hilssplatz blieb wie bisher am
ersten Damm.
Verluste: Offiziere: 2 tot, 6 verwundet, 1 vermißt,
3 krank; Mannschaft: 5 tot, 61 verwundet.
Bericht über den 19. Juni 1918:
Starkes feindliches Artilleriefeuer überfallsartig wäh-
rend des ganzen Tages, ebenso feindliche Infanterie- und
Maschinengewehrfeuerüberfälle, insbesondere auf die An-
marschwege. Das feindliche Artilleriefeuer wurde von
eigener Artillerie nicht wirksam bekämpft. In der eigenen
vorderen Linie befanden sich keine Artillerieverbindungs-
offiziere.
Regimentskommandant verständigt die Bataillons-
kommandanten über die Disposition des Regimentskom-
mandos (siehe 18. Juni).
Tatsächlich passierten um 12 Uhr mittags Truppen der
29. Infanteriedivision (I. und II. Bataillon vom Infan-
terieregiment Nr. 92, III. Bataillon vom Jnfanterie-
39*
301
regiment Nr. 121) die eigenen Linien. Man hört im
Verlaufe des Nachmittags deutlich, daß der Angriff der
29. Infanteriedivision vorgetragen wird. Um 5 Uhr
nachmittags flaut der Gefechtslärm ab. Um 6.30 Uhr
nachmittags kamen Nachrichten, daß der Angriff in süd-
westlicher Richtung wohl Monastier erreichte (dort feind-
liche Gegenstöße), nördlich davon der Kampf aber zum
Stehen kam und bei S. Francesco sich eine Lücke in der
eigenen Front ergeben solle. Um 8.30 Uhr nachm, befahl
daher das 87. Schützenbrigadekommando, daß auf Grund
der Gefechtslage, wonach zwischen C. Barbare und dem
Spinosolabache die eigene Front eine Lücke aufweist, das
Schützenregiment Nr. 2 sich in den Raum S. Francesco
zu verschieben habe. Dort sollte sich das Schützenregiment
Nr. 2 derart bereitstellen, daß es den offenen Flügel der
47. Jnsanteriebrigade zu stützen vermag, anderseits bei
der Abwehr von feindlichen Gegenangriffen auf den lin-
ken Flügel der 29. Infanteriedivision eingreifen kann.
Da gerade das Regiment abmenagierte, wurde der
Abmarsch des Regiments auf 11 Uhr nachmittags ver-
schoben. Das Regiment marschierte in Doppelreihen auf
der Straße Al Bosco—C. Milioni ab. Reihenfolge: III.,
I., II. Bataillon. Bei C. Milione nach Westen abbiegend,
sollte das III. Bataillon links, das I. Bataillon rechts der
nach S. Francesco führenden Straße vorrücken, II. Ba-
taillon hinter dem rechten Flügel.
Das I. und III. Bataillon hatte je einen Offizier mit
einer Aufklärungspatrouille vorausgesandt, um die
Lage zu rekognoszieren. Als die Kommandanten des
I. und III. Bataillons sich bei den hinter der Gefechts-
linie befindlichen Bataillonskommandanten des Infan-
terieregimentes Nr. 45 orientierten, nahmen sie wahr,
daß keine Lücke in der eigenen Front vorhanden fei. Auch
die zurückkehrenden Offiziere bestätigten dies.
Der Regimentskommandant Oberst Purtscher wurde
davon verständigt. Er begab sich selbst an Ort und Stelle
und da auch dichte Reserven, ja sogar eine Brigade-
reserve hinter dem rechten Flügel der 47. Infanterie-
brigade angetroffen wurden, ordnete der Regiments-
kommandant den Rückmarsch (3 Uhr vormittags des
20. Juni) in die frühere Situation bei Al Bosco an,
meldete dies dem 87. Schützenbrigadekommando, wel-
ches den Entschluß gut hieß.
Verluste: Offiziere: 3 verwundet, 2 krank; Mann-
schaft: 12 tot, 61 verwundet.
Bericht über den 20. Juni 1918:
Um 7.30 Uhr vormittags erhielt das Regiment die
Disposition vom 87. Schützenbrigadekommando. Dar-
nach hatte das Regiment in der bisherigen Aufstellung
zu verbleiben und als Rückhalt für die 24. und 29. In-
fanteriedivision zu dienen. Um 10 Uhr vormittags langte
vom Brigadekommando der Befehl ein, daß die Front
zwischen dem rechten Flügel der 9. Kavalleriedivision
und dem linken Flügel der 24. Infanteriedivision von
der 87. Schützenbrigade, und zwar vom Schützenregi-
ment Nr. 2, zu besetzen ist. Um 11 Uhr vormittags rück-
ten die Bataillone ab. Das I. Bataillon fand am Po-
lombobach den Feind eingenistet, besetzte daher die Fahr-
straße, wodurch die abgebogene Frontlinie entstand. Das
III. Bataillon stand in Reserve am und hinter dem Spi-
nosolabach, dort lag auch die Technische Jnfanteriekom-
pagnie des Regiments, welch letztere zwölf Stege über
den Spinofolabach herstellte.
Das II. Bataillon hatte zunächst die 6. Kompagnie als
Bataillonsreserve befohlen. Als es sich aber herausstellte,
daß das I. Bataillon nicht am Polombobach, sondern auf
der Straße sich entwickelte, wurde die 6. Kompagnie
dazu bestimmt, den dadurch entstandenen Verbindungs-
winkel auszufüllen und zu besetzen (Skizze 3).
Zwei Maschinengewehre postierte das II. Bataillon
auf C. Giudici, wo sie sehr vorteilhaft wirkten. Das
II. Bataillonskommando, ohne Reserve, bat das Regi-
mentskommando um eine Halbkompagnie der Regi-
mentsreserve. Darauf gab das III. Bataillon um 2 Uhr
nachmittags die halbe 9. Kompagnie und den Hand-
mafchinengewehrzug der 11. Kompagnie an das II. Ba-
taillon ab. Diese Halbkompagnie bestritt bei der 6. Kom-
pagnie bei Nacht zwei Feldwachen und verstärkte die
5. Kompagnie, der Rest blieb an der Straße hinter dem
rechten Flügel, die Handmaschinengewehre wurden auf-
geteilt. Auch das I. Bataillon bat um Verstärkung, da-
mit der Anschluß an das Schützenregiment Nr. 21 ge-
währleistet wurde. Es rückte die 11. Kompagnie der
Regimentsreserve um 2 Uhr nachmittags an den linken
Flügel des I.. Bataillons vor.
Der Feind griff zwar nicht an, bewirkte aber aus ver-
steckt in Bäumen und Häusern angelegten Mafchinen-
gewehrnestern bei Tag und Nacht wiederholte Feuer-
überfälle. Die Regimentsreserve, zwei Drittel des
III. Bataillons und die Technische Jnfanteriekompagnie
lagen am Bachrand (Spinofolabach) und hatten ganz be-
sonders schweres feindliches Artilleriefeuer zu ertragen.
Am Abend trafen beim II. Bataillon in C. Giudici ein
Artilleriebeobachter, ferner der Kommandant mit zwei
Jnfanteriebegleitgeschützen ein. Ein Geschütz wurde bei
C. Salus, das zweite an der Straße bei der Brücke über
den Spinofolabach aufgestellt. (Diese Geschütze rückten
am 21. Juni um zirka 9 Uhr nachmittags ab, ohne einen
Schuß abgegeben zu haben.) In der Nacht vom 20. auf
den 21. Juni starker Regen.
Verluste: Offiziere: 4 verwundet; Mannschaft: 2 tot,
59 verwundet.
302
Bericht über den 21. Juni 1918:
Der Morgen sehr schön und sonnig. Der Gegner be-
obachtete aus zahlreichen Fesselballons jede unserer Be-
wegungen.
Situation zunächst unverändert. Kleine feindliche vor-
gehende Abteilungen wurden abgewiesen. Auch eigener-
seits wurden Patrouillenunternehmungen durchgeführt,
drei Gefangene und ein französisches Maschinengewehr
eingebracht.
Feindliche Flieger klärten auf, Feuerüberfälle von
feindlicher Artillerie wiederholten sich.
An diesem Tage begab sich um 8 Uhr vormittags der
Regimentsstab, welcher bisher in einigen Granattrich-
tern beim III. Bataillon etabliert war, an die Straße
Al Bosco nördlich des III. Bataillons.
Dieser neue Standpunkt wurde zwar als Deckung
(Sandsäcke) ausgebaut, doch als gelegentlich eines feind-
lichen Artillerieüberfalls der Regimentskommandant
Oberst Purtscher aus der Deckung heraustrat, traf ihn
um 10.50 Uhr nachmittags ein Granatblindgänger am
Kopf und zerschmetterte diesen. Durch das gleiche Geschoß
wurde noch der 1. Regimentsadjutant Hauptmann
Wundrak verwundet. Knapp vorher war der Telephon-
offizier Leutnant Hans Schraik durch Kopfschuß gefallen.
Oberst Purtscher war wohl erst verhältnismäßig kurz
mit der Führung der Linzer-Schützen betraut, aber er
hatte sich rasch bei jedem einzelnen Angehörigen des
Regimentes jene Verehrung und Liebe errungen, die
sich andere erst langsam erkämpfen mußten.
Die Nachricht vom Tode des Regimentskommandan-
ten löste tiefe Trauer aus und verbreitete sich- rasch von
Mann zu Mann. Nur eine Stimme gab es im Regi-
mente: diesen Helden, mit seinem kristallklaren Charak-
ter, noch einmal rächen zu dürfen.
Oberstleutnant Swoboda übernahm das Regiments-
kommando, Hauptmann Lehecka das III. Bataillonskom-
mando. Das Regimentskommando änderte seinen
Standpunkt und wählte den vor zwei Tagen bezogenen
Standort.
Verluste: Offiziere: 2 tot, 1 verwundet; Mannschaft:
4 tot, 40 verwundet.
Bericht über den 22. Juni 1918:
Situation im allgemeinen unverändert. Zirka 4 Uhr
nachmittags langte vom 87. Schützenbrigadekommando
der Befehl ein, daß im Laufe der kommenden Nacht die
dem 7. Korpskommando unterstellten, westlich der Piave
befindlichen Truppen auf das Ostufer zurückzunehmen
sind, worauf die Übergänge abgebrochen werden.
Das Regimentskommando befahl:
„Infolge geänderter Disposition wird die 87. Schüt-
zenbrigade heute nachts auf das östliche Piaveufer ver-
legt. Alle Maßnahmen hiezu müssen gut überlegt und
insbesondere still durchgeführt werden, und zwar:
1. Um 10 Uhr nachmittags bleiben vom I. und II. Ba-
taillon per Kompagnie eine Offizierspatrouille in der
Stärke von einem Offizier und 15 Mann und die Hand-
maschinengewehrzüge des I. und II. Bataillons als Ver-
schleierung zurück. Ihre Tätigkeit besteht in der Abgabe
Ttonvtsller Einzelschüsse, hie und da weißer Leuchtraketen,
jedoch andererseits in der kräftigsten Abweisung feind-
licher Patrouillen und Abteilungen. Diese Patrouillen
sind auf die ganze Front zu verteilen.
2. Um 12 Uhr nachts geht unauffällig diese Verschleie-
rung, von den Kommandanten gesammelt und geführt,
über C. Mora zur Kriegsbrücke Salgareda auf das Ost-
ufer zurück. Die Verschleierung passiert am Weg nach
C. Mora den dritten und zweiten Damm; dort stehen
Rückhaltstruppen — Erkennungsruf: ,Linz 2'. Um 10
Uhr nachmittags beginnt der Regimentsstab, Technische
Jnfanteriekompagnie und III. Bataillon den Abmarsch.
Um 10.15 Uhr nachmittags marschiert das I. und II.
Bataillon mit der allgemeinen Direktion C. Mora
(Ausgangsdamm nach unserer Piaveübersetzung a>n
16. Juni). Regimentsstab, Technische Jnfanteriekom-
pagnie und III. Bataillon marschieren über die Straßen-
gabel C. Rim—C. Casoni, dann senkrecht auf den zwei-
ten Damm (C. Gastaldia) nach C. Mora. II. Bataillon
mit der halben 9. Kompagnie an der Tete, den gleichen
Weg. I. Bataillon über C. Nini, sodann C. Mora.
3. Heute Reserveverpflegung.
4. Umliegendes Telephonmaterial muß unbedingt ge-
sammelt werden.
5. Nicht herumlaufen, Rucksäcke packen, Feind sieht
alles. Kein Licht! Mannschaft eventuell nur sagen: Ver-
schiebung'.
6. Keine Papiere zurücklassen, alles mitnehmen.
7. Sollte um 10 Uhr nachmittags feindliches Sperr-
feuer gegeben werden, oder greift der Feind an, so.
haben die Bataillone I und II im gegenseitigen Einver-
nehmen den Abmarsch zu regeln."
Der Befehl wurde von den Verschleierungspatrouillen
zur vollsten Zufriedenheit und für den Feind vollkom-
men ahnungslos durchgeführt. Den feindlichen Artil-
lerieschüssen nach zu urteilen, hatte der Gegner bis zum
Morgen des 23. Juni keine Kenntnis von der veränder-
ten Lage. Um 11.30 Uhr nachmittags hatten alle der
zum Übergang bei Salgareda bestimmten Truppen der
29. Infanteriedivision die Piave passiert und es begann
der Übergang des Regiments in der Reihenfolge: Tech-
nische Jnfanteriekompagnie, I., II., III. Bataillon. Auch
die Verschleierungstruppen, die bis 12 Uhr nachts am
303
Feind blieben, rückten um 3 Uhr vormittags des
23. Juni zu ihren Bataillonen ein.
Das Regiment bezog um 1 Uhr vormittags des
23. Juni Ortschaftslager in Candole.
Verluste: Offiziere: 2 verwundet, 2 krank. Mannschaft:
2 Tote, 29 verwundet.
Noch am 23. Juni erhielt das Regiment den Befehl,
bei eintretender Dunkelheit in den Raum von Fossalta
Maggiore—Cavalier zu marschieren. Dort blieb das
Regiment als Abschnittsreserve am 24. und 25. Juni
1918. Am 25. Juni um 10 Uhr nachmittags erfolgte der
Abmarsch in den Raum Codroipo.
Summe der Verluste: Offiziere: 6 tot, 29 verwundet,
9 krank, 1 vermißt. Mannschaft: 56 tot, 607 verwundet,
l34 krank, 162 vermißt.
Ofsizicrsverluste in der Piaveoffensive
15. bis 22. Juni 1918:
Tot:
Oberst des Generalstabs Purtscher Alfred.
Leutnants: Barabasch Karl, Lustig Matthias, Schvaik Johann.
Fähnriche: Chwosta, Schaufler.
Leutnant Mitterndorfer Franz zunächst vermißt, dann Mel-
dung ans Rom, daß in italienischer Gefangenschaft gestorben.
Verwundet:
Hau-ptleute: Hainschwang Heinrich, WuNdrak Gustav.
Oberleutnants: Freund Alois, Heckeil Erhard, Mejovsek, Polt
Joses, Schmidt Karl.
Leutnants: Bacher Theodor, Bammer Anton, Balcarczik Jo-
hann, Berger Karl, Fuchs Otnmr, Fuchsjäger Emil, Kis-
liniger Karl, Kukatfchka Adalbert, Lerch Friedrich, Linne-
mayr Josef, Metz Alois, Perlitschka Edmund, Schmoller
Anton, Stadler Franz, Svab Franz, Untersmayr Johajun.
Fähnriche: Hladik Wilhelm, Mayr Karl, Zchngut Isidor.
Stabsfeldwebel: Czehovsky, Penninger, Prunner Franz.
Krank:
Hauptmann Hermann (Gasvergiftung).
Oberleutnant Mühlbach.
Leutnants: Albrecht Walter, Goliarsch, Musil (Murik?), Stein-
kellner.
Summe an Gefangenen und Beute: 5 italienische
Offiziere, zirka 1800 Mann, eine Anzahl Maschinen-
gewehre, 6 Minenwerfer, 2 abgeschossene Flugzeuge,
4 Körbe mit Brieftauben. Die Maschinengewehre, 29 an
der Zahl, wurden teilweise geborgen, die anderen voll-
ständig unbrauchbar gemacht.
Uneingeschränktes Lob für ihre musterhafte Haltung
verdienten unsere Offiziere, Uffz. und Mannschaft. In
den schweren Kampftagen haben sie Strapazen und Ent-
behrungen, welche an der Grenze menschlicher Leistungs-
fähigkeit lagen, standhaft und heldenmütig ertragen.
Auch im schwersten feindlichen Feuer behielten sie ihre
Ruhe und den klaren Kopf und nur dadurch konnte dieser
Opfergang ohne Debakel abgeschlossen werden. Trotz
allem war der soldatische Geist vorzüglich. Wenn auch
der große Erfolg versagt blieb, so darf unser Regiment
doch mit Stolz von diesen Tagen sprechen, die den so
oft bewiesenen Heldengeist des Regiments aufs neue
bekräftigten."
Feldpost-Nr. 646, am 5. Juli 1918.
Klein, Oblt., m. p., 1. Regt.-Adj.
Rückzug über die Piave.
Eine italienische Darstellung.
Zürich, 26. Juni 1918.
Über das Aufgeben des rechten Piaveufers durch die
österreichisch-ungarischen Truppen berichtet Luigi Bar-
zini von der Front:
„Der Rückzug erfolgte aus militärischen Gründen. Die
österreichisch-ungarischen Truppen hatten bei Candole
und Capo-Sile einen nur verhältnismäßig dünnen
Streifen Gelände besetzt. Die Deckung dieser Brücken-
köpfe erforderte die Aufstellung umfangreicher Kräfte,
denen es lau Raum für die Bewegung fehlte. Um das
besetzte Gelände zu halten, hätten die österreichisch-
ungarischen Truppen ihren Vormarsch wenigstens so
weit fortsetzen müssen, bis der Fluß und seine Brücken
vor der italienischen Artillerie gesichert gewesen wären.
Ohne die dadurch sichergestellte Regelmäßigkeit der Ver-
pflegung und des Nachschubdienstes ist nicht nur eine
Offensive, sondern auch der Widerstand unmöglich ge-
wesen, daher konnte die italienische Artillerie die italie-
nischen Städte und Brücken immer unter Feuer halten,
während der Hochwasser führende Fluß alles wegriß.
Die Verpflegung des Feindes war unregelmäßig und
ungenügend, seine Truppen litten oft Hunger und ernst-
licher Munitionsmangel trat ein. Zuletzt blieb ihnen
kein anderer Ausweg, als die noch vorhandenen Brük-
kenköpfe ebenfalls aufzugeben und sich zurückzuziehen."
Barzini meint weiter, daß die Österreicher nach dem
Einfall an der Piave vielleicht die überflüssigen Angriffs-
kräfte von dieser Front wegnehmen, um sie für einen
äußersten Kräfteaufwand im Gebirge einzusetzen. Die
Artillerie größeren und mittleren Kalibers sei bereits
aus den Stellungen entfernt und in östlicher Richtung
abtransportiert worden.
So sprach ein Italiener!
Wir können nur sagen, daß er recht hat. Auch sein
letzter Hinweis ist äußerst interessant. Warum nicht alles
auf einen Angriff mit äußerstem Kräfteeinsatz konzen-
trieren? Es ging doch damals schon um Sein oder Nicht-
sein der Monarchie! Warum an fünf Stellen zugleich
angreifen? Wer hatte die Schuld am Mißlingen? Die
Truppen auf keinen Fall, sie waren damals noch ohne
Ausnahme tapfer und hoffnungsfreudig und glaubten
an einen ähnlich großen Erfolg, wie er knapp ein halbes
Jahr vorher errungen worden war.
Wieder in Biauzzo—S. Vidotto:
Am 25. Juni kam der Befehl, daß unser Regiment
wieder in seine alten Quartiere im Raume Biauzzo—
S. Vidotto zurückzugehen habe. Am 26. um 10 Uhr
abends verließ das Regiment Fossalta und gelangte in
den frühen Morgenstunden nach Motta> und mit Teilen
nach Annone, wo Quartiere bezogen wurden. In der
nächsten Nacht ging es nach Vilotta und in der dritten
bis Biauzzo—S. Vidotto, wo das Zweier-Schützeuregi-
ment am 29. gegen 4 Uhr früh eintraf. I. und II. Ba-
taillon quartierte sich in S. Vidotto, das III. in Biauzzo,
die Technische Jnfanteriekompagnie in Borgo nuovo und
der Regimentsstab in C. Zuliana ein.
Nun waren wir also wieder hier! Und doch war alles
so ganz anders als vor zwei Wochen! Tausend Kame-
raden, die froh und siegesgewiß mit uns nach Westen
marschiert waren, fehlten und aus dem erhofften Sieg
war eine empfindliche Niederlage geworden. Dazu diese
grauenhaften Verluste und alles umsonst! Wer kaun da
freudige Stimmung verlangen? Doch mutlos und ver-
zweifelt waren die Zweier nicht. Jeder Offizier und
Mann war willens, seine Pflicht, dem Eide gemäß, auch
weiterhin zu erfüllen; komme was da wolle!
Am 3. Juli wurde auf einer großen Wiese bei le Cat-
tocchie die Seelenmesse für unsere 61 gefallenen Kame-
raden gelesen. Der Divisionär Exzellenz Schönauer
ehrte in warmen, zu Herzen gehenden Worten das
Andenken der toten Helden und würdigte auf das höchste
die Leistungen der tapferen Zweier in der letzten Piave-
schlacht. Anschließend dekorierte er eine Anzahl Mann-
schaftspersonen mit den verliehenen Auszeichnungen.
(Es gibt keine Aufzeichnungen über die Auszeichnungen
vom Vormarsch und der Piaveschlacht. Alle diesbezüg-
lichen Akte, die beim Landes-Evidenzreferat in Linz
vorhanden waren, sind bei der Uberschwemmungs-
katastrophe 1954 vernichtet worden.)
Oberst Franz Karl v. Unger rückte am 6. Juli zum
Feldregiment ein und übernahm mit diesem Tage wie-
der, nun schon zum sechsten Male, das Regimentskom-
mando und führte die Zweier bis zum bitteren Ende des
Krieges. Oberstleutnant Swoboda erhielt wieder das
Kommando über das III. Bataillon.
In den nächsten Tagen und Wochen wurden die aus
der Landwirtschaft stammenden Zweier zu Erntearbeiten
eingesetzt. Die Korn-, Weizen- und Heuernte wurde gut
eingebracht und ging flott vonstatten. Wohin kamen die
Früchte? Bei uns wuchsen die Verpflegsschwierigkeiteu
ständig weiter!
Angriffe der Italiener bei Zenson und S. Dona di
Piave wurden schon in den ersten Julitagen von den
Fronttruppen blutig zurückgewiesen und erneuerten sich
bis Oktober nicht mehr.
Die Urlaube waren wieder offen und durften bis zu
18 Prozent des Verpflegsstandes ausgenützt werden.
Die nicht mit Erutearbeiten beschäftigten oder auf
Urlaub und Kursen befindlichen Zweier begannen nach
zweiwöchiger Atempause, die der Erholung und den
üblichen Retablieruugsarbeiten gewidmet waren, wieder
mit kleineren Übungen und der Einzelausbildung. Der
schlechte Ernährungszustand und die fürchterliche Hitze
vertrugen keine großen Anstrengungen und so ist es ver-
ständlich, daß nur in der Morgendämmerung ausgerückt
wurde und schon um 9 Uhr vormittags vor der gefähr-
lichen Sonne Schutz in den Ubikationen gesucht wurde.
Die Nachmittage waren meist dem Baden im Taglia-
mento vorbehalten. Erst am späten Nachmittag wurde
es in den Ortschaften wieder lebendig. Das Durch-
schnittsgewicht des Mannes sank infolge der zu kargen
Kost auf 55 Kilogramm und der Körper hatte nicht
mehr genügend Abwehrkräfte, um dem gehäuften Auf-
treten von Malaria und Darmerkrankungen entspre-
chenden Widerstand bieten zu können. Täglich gab es
großen Abgang an Erkrankten, so daß die ausrückenden
Stände der einzelnen Bataillone meist kaum 150 Mann
erreichten. Sogar die Marschformationen, die nur mehr
sporadisch und mit geringen Ständen vom Ersatzbatail-
lon abgingen, brachten ihre an sich schon kleinen Stände
durch Abgänge Erkrankter noch stark geschwächt zum
Feldregiment.
Am 11. Juli rückten Teile des XXXIX. Marschbatail-
lons und am 13. Leutnant Peruaner mit Maschinen-
gewehr-Ersatz aus Brünn beim Feldregiment ein und
wurden auf die Bataillone aufgeteilt. Aus Brünn kam
auch ein Gast mit und wirkte fortan beim Regimentsstab
als Kriegsmaler, der Landsturmleutnant Grutschnigg.
Typhus- und später auch noch Cholera-Impfung ver-
hinderten wirksam das Ausbreiten dieser gefährlichen
Seuchen.
Am 16. Juli ging Hauptmann Franz Fischer zur
Ausbildungsgruppe des Regiments nach Vergnacco und
übernahm das Kommando derselben. Unsere anerkannt
gute Musikkapelle gab abwechselnd in den Kantonie-
rungsorten an den Abenden Platzkonzerte und wirkte
auch sonst bei vielen Veranstaltungen und feierlicher!
Anlässen im Regimeute, beim Kurs in Passariano, der
Division, beim Fronttheater etc. ete. unter der bewähr-
ten Stabführung des Oberleutnants Gollwitzer mit und
heimste viel Lob und reiche Anerkennungen ein. Die vor-
zügliche Ausbildung unserer Musikkapelle war nicht zu-
letzt dem tüchtigen Musikmeister Nesselböck zu danken.
305
Am 21. Juli fand im Anschluß an eine Feldmesse, die
um 6.30 Uhr früh angesetzt war, wieder eine grö-
ßere Anzahl von Dekorierungen der Mannschaft mit
Tapferkeitsauszeichnungen für die Piavekämpfe statt.
Gerüchte sprachen von einer bevorstehenden Rückver-
legung des Ersatzbataillons aus Brünn nach Linz. Ver-
gaß man ganz, warum unser Ersatzbataillon in Brünn
ist? War die innere Lage so gut geworden, um eine
solche Maßnahme tragbar erscheinen zu lassen? O, nein,
im Gegenteil! Es konnte sich hier nur um ein „echtes
Latrinengerücht" handeln. (Vergleiche Teil „L".)
Die Hitze wurde immer unerträglicher. Die großen
Regimentsübungen für den Passarianer-Kurs gab es nur
selten, Gewitter aber oft, meist abends oder nachts, aber
die Abkühlung, die sie momentan brachten, hielt nicht
lange an. So kam der August heran.
Der Hunger und die Not wurden noch ärger. Es gab
Wochen, wo nur einmal frisches Fleisch ausgegeben
wurde und Fett und Brot bekamen Seltenheitswert.
Brot konnten wir oft in der Kappe empfangen, weil es
mehr aus Maisschrot, ohne innere Zusammenhangskraft,
bestand. Einen wirklichen „Bims" hatten wir schon
lange nicht mehr gesehen. Auch die Leibwäsche und das
Schuhwerk verlangten dringend nach Ersatz, der aber
nicht mehr bereitgestellt werden konnte.
Doch das Fronttheater in Codroipo spielte und gar
nicht einmal so schlecht. (Wer denkt da nicht an das alte
Rom?)
Am 6. August kam ein Teil des XL. Marschbataillons
mit drei Offizieren und 356 Mann an und erhöhte da-
mit den Stand der Kompagnien um zirka 30 Mann. Der
Rest dieser Formation kam erst im September zum Feld-
regiment.
Der Kaiser bei unserer Division
Am 9. August kam der Kaiser, um die auf der Straße
Codroipo—Udine bei Zompichia aufgestellte 44. Schüt-
zendivision zu besuchen. An der Tete der schnurgeraden
langen Reihe standen die vier Regimentskommandanten,
jeder vom bestdekorierten Offizier und Unteroffizier be-
gleitet, zum Empfange bereit. Oberst Franz v. Unger,
Oberleutnant Hans Brunner und Offizierstellvertreter
Franz Holzinger unseres Regiments hatten die Ehre,
vom Kaiser persönlich angesprochen und mit Handgruß
beehrt zu werden. Kaiser Karl fragte jeden der Offiziere
um seine Meinung, warum die Piaveoffensive mißlang
und bekam dabei von manchem der Herren sehr offen-
herzige Worte über die mangelhafte Vorbereitung der-
selben zu hören. Solch freie Meinungsäußerung wäre
wohl vor wenigen Monaten noch nicht gewagt worden.
In der allernächsten Begleitung des Kaisers war auch
ein bärtiger, ganz eigenartig uniformierter Herr, der
Neugierde und Kopfzerbrechen verursachte. Er entpuppte
sich aber bald als ein alter Bekannter von Oberleutnant
Brunner. Es war nämlich der Feldwebel Josef Reisen-
bichler, der in der 2. Kompagnie unseres Regiments auf
1776 Dienstführender war und nach seiner Erkrankung
zum Leibjüger des Kaisers abkommandiert wurde. Als
solcher war er ständiger Begleiter des Kaisers und rettete
ihn seinerzeit bei Ruda aus den Wogen des T.Torre und
trug seit diesem Tage die Goldene Tavferkeitsmedaille.
Leider forderte der Tod sogar hier in der Retablierung
sein Opfer. Gefreiter Kreindl aus Molln ertrank beim
Baden im Tagliamento und wurde in Codroipo begra-
ben. Aus schweren Kämpfen heil davongekommen, sollte
er doch seine geliebten Berge nicht wieder sehen.
Der Geburtstag des Kaisers, der 17. August, war der
Anlaß zu einem Fest mit Gottesdienst und Volksfest-
trubel auf einer Wiese in der Nähe der Ubikationen.
Auch unser Brigadier Oberst v. Schuschnigg fand sich ein
und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Zweier
nicht nur tapfer zu kämpfen, sondern auch Feste zu feiern
verstünden.
Das Wetter war meist schön, aber unerträglich heiß.
Draußen an der Front war Ruhe.
29. August: Regimentsseiertag. Jahrestag der Feuer-
taufe des Schützenregiments Nr. 2 bei Zurawniki, öst-
lich Lemberg im Jahre 1914.
Nach einer Feldmesse, die unser Feldkurat Gottfried
Tengl zelebrierte, sprachen der Brigadier Oberst von
Schuschnigg und unser Oberst Franz v. Unger über die
Beideutung des Tages für die Zweier. Anschließend de-
korierte der Regimentskommandant wieder eine große
Anzahl Zweier mit den verliehenen Auszeichnungen und
führte dann, an der Spitze des Regiments reitend, das-
selbe im Vorbeimarsch dem Brigadier vor. Dieser lobte
nachher die stramme soldatische Haltung der Mannschaft
und Offiziere bei der Defilierung. Um 11 Uhr vormit-
tags rückten die Kompagnien mit klingendem Spiel in
ihre Ubikationen ein. Unsere Musik konzertierte dann am
Abend vor dem Quartiere des Regimentskommandos.
Als Gast war bei dieser Zurawnikifeier auch der der-
zeitige Kommandant des Ersatzbataillons in Brünn,
Oberst L. Rigger anwesend und bekundete damit die Ver-
bundenheit der Heimat mit dem Feldregiment auf das
beste. Oberst Rigger war derzeit Kursteilnehmer in Pas-
sariano.
Der August war zu Ende gegangen, ohne daß sich an
der Front etwas geändert hätte. Es bedurfte eigentlich
gar keiner Kämpfe mehr, die Zeit allein schon arbeitete
für unsere Gegner. Die Lage im Innern wurde täglich
gespannter und auch bei den Fronttruppen mehrten sich
die Zeichen der Zersetzung. Bei unserem Regimente war
306
von allen diesen gefährlichen Zuständen nichts zu spüren.
Wir wollten unsere Pflicht erfüllen und vertrauten un-
serer Führung, daß sie zur richtigen Zeit auch das Rich-
tige tun werde.
Das Ausbilden und die Übungen wurden auf das
minimalste Maß beschränkt. Einige Male gab es in die-
sen Tagen auch Übungen in Zusammenarbeit mit den
Fliegern, welche gute Resultate zeitigten. Brigadier
Oberst v. Schuschnigg flog meist selbst als Beobachter mit.
Auch Uberschiffungen über den Tagliamento wurden
dem Truppenführerkurs vorgeführt. Die Hitze ließ spür-
bar nach. Wunderbare Hersttage lösten einander ab.
Hauptmann Zappe, der Kommandant des I. Batail-
lons wurde zum Landsturmregiment Nr. 15 abkomman-
diert; Oberleutnant Vanek rückte zum Regiment ein.
Auch „Heimkehrer" konnten wir mit großer Freude wie-
der bei uns im Felde begrüßen. Hauptmann Egon Kut-
terer, seit 1915, und Oberleutnant Ferdinand Arnreiter,
seit 1916 in russischer Gefangenschaft gewesen, waren
heimgekehrt. Oberst Möstl, auch aus russischer Gefangen-
schaft kommend, geht zum Gebirgsschützenregiment Nr. 1
ab.
Am 16. September trafen die Reste des XL. Marsch-
bataillons bei uns ein.
Am 20. September fuhr unsere Musik unter Führung
ihres musikalischen Leiters Oberleutnant Hermann Goll-
witzer nach Linz. Sie folgte damit einer Einladung des
Linzer Kriegsfürsorgeamtes, bei einer Veranstaltung die-
ses Amtes in Linz zu spielen und damit die Verbunden-
heit der Front mit der Heimat zu bekunden, sehr gerne,
wie man sich denken kann und jeder von uns wäre Wohl
am liebsten selber mitgefahren. Das Divisionskom-
mando hatte nach der Vorsprache unseres Regiments-
kommandos bereitwilligst seine Zustimmung zu der Fahrt
gegeben.
Oberleutnant Dr. Ludwig Langoth, als langjähriger
Regimentsadjutant den meisten Zweiern wohlbekannt,
folgte einer Einladung Oberst v. Unger und traf am
24. September beim Feldregiment ein, wo er als Gast
des Regimentsstabes einige Zeit verblieb.
Für den 28. September, dem hl. Wenzeltag, fürch-
tete man Hähern Orts einen Putschversuch oder eine Re-
volution der Slawen und traf Anstalten, um den Aus-
bruch von solchen abzufangen. Strenger Wach- und Be-
reitschaftsdienst und schärfste Briefzensur war angeord-
net worden. Beim Regiment der Zweier hätte es solcher
Befehle nicht bedurft. Niemand dachte an Revolution.
Der Wenzeltag brachte auch sonst in Österreich noch keine
Störung der staatlichen Ordnung! Oder war es doch
schon eine Unordnung?
29. September. Vorführung des Sturmlehrkurses der
Jsonzoarmee in Pocenia. Eine Offiziersabordnung fuhr
zu dieser lehrreichen Schauübung.
Das bulgarische Friedensangebot wurde im Regiment
verlautbart. (Die Ratten verlassen das sinkende Schiff!)
Die Stimmung im Regiment ist ernst, aber noch nicht
hoffnungslos. Werden doch an der russischen Front
deutsche und österreichische Truppen frei, die mit uns
wohl den feindlichen Ansturm zum Stehen bringen
werden.
Oktober 1918:
An der Front vermehrt sich die Tätigkeit der feind-
lichen Artillerie und läßt auf eine baldige, größere Ak-
tion des Feindes schließen. Wir waren zuversichtlich und
hofften bestimmt, im Abwehrkampf bestehen zu können.
Wir an der Front ahnten ja von den wirklichen Zustän-
den und Vorgängen im Hinterland nichts. Es war aber
schon höchste Zeit, etwas zur Beendigung des Krieges
zu unternehmen.
Es überraschte uns daher nicht übermäßig, als am
5. Oktober abends das nachfolgende Phonogramm durch-
gegeben und vom damaligen Telephonisten Ferdinand
König aufgenommen wurde:
Von 44. Schützendivision Nr. 837.
5. Oktober 1918, 7.35 nachmittags.
Schützenregiment Nr. 2
Im Bestreben, der Welt den Frieden zurückzugeben,
hat Seine Majestät im Vereine mit den Herrschern
Deutschlands und der Türkei den Feinden den Vorschlag
machen lassen, auf Grund der vom amerikanischen Prä-
sidenten aufgestellten Formeln in Verhandlungen zu
treteil und gleichzeitig einen Waffenstillstand zu schließen.
Dies ist allen Truppen mit dem nachdrücklichsten Hin-
weis sofort bekanntzugeben, daß unser Angebot keines-
wegs einem Waffenstillstand gleichkoinmt, demnach im
Gegenteile gerade jetzt erhöhte Wachsamkeit und Kampf-
bereitschaft zur dringenden Pflicht wird. Wir müssen
um so mehr größte Aufmerksamkeit und energische Ab-
wehrbereitschaft halten, da es nicht ausgeschlossen ist,
daß der Gegner schon in nächster Zeit angreift. Dann
muß er uns bereit finden, ihn mit voller Wucht zurück-
zuwerfen.
Die Bereitschaft, den Gegner mit voller Wucht zurück-
zuwerfen, wie es so großartig im Phonogramm verlangt
wurde, bestand leider liicht mehr bei allen Fronttruppen.
Die österreichischen Regimenter deutscher Zunge waren
gewillt, auch zum letzte:: Waffengang anzutreten, aber
andere Nationen hatten die Monarchie bereits ab-
geschrieben und meuterten zum Teil schon ganz offen.
40
307
9. Oktober. Die heutigen Zeitungen meldeten von der
ablehnenden Antwort der Ententemächte auf unser
Friedensangebot.
Das Wetter hatte sich in den letzten Tagen rapid ver-
schlechtert. Es regnete viel und die Temperatur sank
stark, so daß die Leute froren. Die Grippe griff auch bei
uns um sich. Kälteschutz und zweite Decke wurden vom
Regiment angefordert.
1V. Oktober. Die Antwort Wilsons, des amerikanischen
Präsidenten, forderte die Räumung der besetzten Ge-
biete vor dem Abschluß eines Waffenstillstandes. Allzu
deutlich spürte jeder die Verzögerungstaktik. Der Kampf
war aussichtslos, also dann Abschluß auch unter schwe-
ren Bedingungen, bevor es auch dazu zu spät ist, so dach-
ten wir.
12. Oktober. Wir rechneten zuversichtlich mit der Räu-
mung des besetzten Gebietes und die Befehle, die das
Requirieren von 10 Kilo Mais pro Mann anordneten,
deuteten auch darauf hin.
14. Oktober. Das feindliche Artilleriefeuer an der
Front nahm zu. Eine Versammlung der Bataillons-
kommandanten besprach die Vorbereitungen für alle
Eventualitäten der nächsten Tage.
15. Oktober. Die Requirierungen wurden wieder ein-
gestellt. Also wahrscheinlich nicht zurück gehen! Der
Tagliamento war durch die vielen Rogenfälle hoch an-
geschwollen. Starkes Artilleriefeuer an der Front.
16. Oktober. Oberleutnant Neumann, der 2. Regi-
mentsadjutant, erkrankte. Starker Regen den ganzen
Tag. Meldung kam, daß die Türkei einen Sonderfrieden
geschlossen habe. Mit Spannung wird Wilsons Ant-
wort an Deutschland erwartet. Österreich erhält eine
besondere Antwort.
17. Oktober. Das kaiserliche Manifest zur Neugestal-
tung Österreichs wurde bekannt. Der Armee- und Flot-
tenbefehl aus diesem Anlasse an die Truppen gegeben,
forderte zu Treue und Eintracht auf. Man hatte das
Gefühl, daß alles dies hätte viel früher geschehen sol-
len. Von der Front wiederholt starkes Feuer zu hören.
Elendes Wetter.
18. Oktober. Ungarn erklärte sich zur Personalunion.
Gerüchte besagten, daß sich Böhmen und Mähren be-
reits unabhängig gemacht haben. Wer wußte schon bei
uns, was wahr ist und was nicht? Am besten man ver-
suchte nicht daran zu denken und wartete Befehle ab.
Was sollte der Soldat sonst tun? Das Regiment war
bereit, den Befehlen, wie immer sie sein mögen, zu fol-
gen und die Treue zu halten.
19. Oktober. Das naßkalte, regnerische Wetter hielt
unvermindert an. Die Slawen lehnten das kaiserliche
Manifest zur Neugestaltung Österreichs ab und wollten
ihr Schicksal international geregelt haben. Also Zer-
reißung Österreichs.
20. Oktober. Wetterbesserung. Urlaubs- und Verkehrs-
einschränkungen. Fliegertätigkeit nahm zu. (Amerika-
ner?)
22. Oktober. Schönes Wetter. Der Gesundheitszustand
im Regiment war nicht der beste.
23. Oktober. An Erkrankten gingen heute 119 Manu
nach rückwärts ab. Abends kam ganz unerwartet der Be-
fehl, Quartiermacher bereitzustellen. Es geht also vor-
wärts. Endlich wenigstens die Unsicherheit zu Ende. Wir
wollten zu unserm, wie wir fest glaubten, letzten Kampf
antreten. Hätten alle Regimenter und Truppen diesen
Willen gehabt, so wäre der Angriff der Italiener sicher
abgewehrt worden.
Oberstleutnant Swoboda rückte vom Gaskurs aus
Wien ein und übernahm das 11. Bataillon. Major Gott-
fried Burgstaller wurde dem I. Bataillon zugeteilt.
Landsturmleutnant Grutschnigg geht zum Ersatzbatail-
lon nach Brünn ab.
Das Ende
Mit 24. Oktober 1918 begann die von den Italienern
schon lange geplante Offensive. Am Piave nahmen eng-
lische Divisionen die Piaveinsel Papadapoli oberhalb
Ponte d. Piave. Erst zwei Tage später konnten die Eng-
länder den Damm am Ostufer (etwas oberhalb unserer
seinerzeitigen Stellungen bei Salgaredo) nehmen, dessen
Verteidiger die Stellungen teilweise verlassen hatten. So
drangen die Engländer in einer Breite von 12 Kilo-
meter ein und stießen vier Kilometer tief vor. Es konnte
nicht ausbleiben, daß unter diesen Umständen auch un-
sere Division wieder nach vorne befohlen wurde. Aber
auch hier, bei dieser allzeit tapferen Elitedivision, wei-
gerte sich das nicht deutsche Regiment die Befehle zum
Marsch an die Front auszuführen. Die dadurch not-
wendigen Umgruppierungen beanspruchten die ganze
Nacht und kosteten leider einen Toten (Schütze Keller der
9. Kompagnie und zwei Verwundete, darunter Fähnrich
Franz Wagner).
Der Abmarsch an die Front hatte sich durch diese Ak-
tion um 24 Stunden verschoben. Um 8 Uhr früh waren
das I. Bataillon unter Oberstleutnant Swoboda und das
II. Bataillon unter Major Burgstaller nach Erfüllung
ihrer Aufgabe wieder in ihre Ubikationen eingerückt. Das
III. Bataillon unter Oberstleutnant Müller wurde erst
um 1 Uhr nachmittags vom Gebirgsschützenregiment
Nr. 1 abgelöst.
Mit der Abendpost kam der Abmarschbefehl für mor-
gen, zugleich wurde unser Oberst vorübergehend mit der
308
Stellvertretung in der Führung »der Brigade betraut.
Hauptmann Engler führte für Oberstleutnant Swoboda,
welcher das Regimentskommando für diese Zeit über-
nahm, das I. Bataillon.
26. Oktober. Der Abmarsch des Regiments erfolgte
um 5 Uhr nachmittags in der Reihenfolge: Technische
Jnfanteriekompagnie, III., II. und I. Bataillon. Der
Gefechtstrain marschierte bei den Bataillonen, während
der Provianttrain an der Queue des Regiments ein-
gereiht war.
Der Gefechtsmarsch ging über Casarsa—Pordenone
in den Raum Talponedo—Porcia. Die große Straße
war durch verschiedene Kolonnen und Fuhrwerke ver-
stopft und wir kamen nur langsam vorwärts. Ganz arg
war es auf der Tagliamentobrücke. Der beginnende
Zerfall war schon deutlich zu spüren. Wir begegneten
rückmarschierenden Truppen, welche ohne Offiziere wa-
ren und auf Fragen oder Zurufe keine Antworten ga-
ben. Sie zogen der Heimat zu und wir mußten nach
vorne!
27. Oktober. Knapp vor Erreichen der vorgesehenen
Quartiere brach ein Gewitter los, welches von einem
Platzregen begleitet war und alle Leute bis auf die
Haut durchnäßte. Um 2 Uhr früh bezogen wir bei S. An-
tonio Quartiere. Am Morgen schien die Sonne, alle
konnten ihre nassen Monturen und Wäsche gut trocknen
und alles schien gleich wieder freundlicher. Um 10 Uhr
abends ging der Nachtmarsch weiter nach Westen, der
Front zu.
28. Oktober. Uber Palse—Tamai waren wir gegen
3 Uhr früh nach Brugnera gekommen. In diesem Quar-
tier verblieben wir aber nicht lange. Schon um 9 Uhr
vormittags war Widder Alarm und der Marsch an die
Front wurde in der Reihenfolge: II., III. Bataillon,
Technische Jnfanteriekompagnie, I. Bataillon und 2./Ge-
birgsartillerie Nr. 44 fortgesetzt. Heute war schon star-
ker Gefechtslärm von der Front zu hören. Unser Ge-
fechtsmarsch führte über Gajarine—Codogne—Capo di
Merzo—Campocervaro. In der Nähe des letztgenann-
ten Ortes bezogen wir in den Maisfeldern bei il Maglio
gegen 4 Uhr nachmittags eine Bereitschaftsstellung, um
gegen den Monticanobach vorzustoßen. I. und III. Ba-
taillon in erster Linie und II. Bataillon als Reserve
dahinter. Die Sturmkompagnie wurde aufgeteilt und
je ein Zug verblieb bei den Bataillonen und der
vierte beim Regimentskommando. Verbindung mit der
43. Schützendivision und dem Schützenregiment Nr. 21
wurde sofort hergestellt und ständig ausgesandte Offi-
zierspatrouillen hatten unausgesetzt die Lage am Monti-
eanobach zu erkunden und mit den dort stehenden Trup-
pen Verbindung zu halten. Hiebei trafen wir auch auf
das Linzer Landsturmregiment Nr. 2.
Der Feind hatte die Piave auch in diesem Abschnitt
bereits überschritten und war von ihm jenseits des Mon-
ticanobaches der größere Ort Vazzola besetzt worden.
Von Feindwirkung war derzeit bei uns noch wenig zu
spüren.
Feldmarschalleutnant Wenzel Schönauer übernahm
das Divisionskommando wieder und sämtliche Stell-
vertretungen wurden aufgehoben, so daß auch unser
Oberst wieder das Regimentskommando übernahm.
29. Oktober. Der Monticanobach war in unserem
Besitz; um 8 Uhr früh wurde das Regiment dem
24. Korpskommando unterstellt und es hatte sofort in
den Raum Vendemiano—Conegliano zu marschieren.
Italienische Flieger warfen einige Male Flugzettel ab,
worin die Truppen aufgefordert wurden, die Front zu
verlassen und den Kampf einzustellen. Nichtdeutsche
Regimenter taten dies auch vielfach.
Unser Regiment erreichte Zoppe um 10 Uhr vormit-
tags und gruppierte sich zu einem eventuell notwendigen
Gegenstoß in die Richtung nach Süden und Südwesten.
Wir unterstanden nun dem 102. Honved-Jnfanterie-
brigadekommando. Artilleriegeschosse schlugen ganz nahe
ein, zum Glück ohne Schaden zu machen. Flieger waren
ständig über uns. Hauptmann Engler erhielt den Befehl,
sich persönlich auf den Kirchturm von S. Vendemiano
zu begeben und die Vorgänge bei Campolongo genau
zu beobachten. Der Feind war bis dorthin schon vor-
gedrungen und unser Oberst gab den Befehl, daß das
I. und II. Bataillon zum Gegenstoß in dieser Richtung
vorzugehen habe. Wir drangen, ohne auf den Feind zu
stoßen, bis Fossa merlo vor.
Abends 8 Uhr wurde an das Regiment der Befehl
zum Zurückgehen hinter die Livenza gegeben. Schützen-
regiment Nr. 2 sammelte sich in der Reihenfolge III., II.,
I. Bataillon und marschierte über S. Fior—Bauer—
Borgo—Orsago—Baoarvi—Francenigo. Amerikanische,
französische, englische und italienische Flieger warfen
wiederholt aus geringer Höhe Bomben und Fliegerpfeile
auf uns und besonders auf die Trainabteilungen. Unser
Train hatte dabei drei Tote und zehn Verwundete, auch
mehrere Pferde wurden getötet.
30. Oktober 1918. Um 6.30 Uhr vormittags passierte
das Regiment die Pontonbrücke bei Francenigo. Das
Regiment marschierte am linken Livenza-Ufer nach Nor-
den bis Cipriani und traf mit dem III. Bataillon um
7.45 Uhr dort ein. Das Bataillon bezog Sicherung am
Livenzadamm. Das I. und II. Bataillon des Schützen-
regiments Nr. 2 trafen erst im Laufe des Vormittags
ein, da sie durch den Vormarsch der 19. Infanterie-
brigade aufgehalten worden waren. Das Regiments-
kommando befand sich in Cipriani.
40*
309
Um 10 Uhr vormittags marschierte von Sacile her
die 86. Schützenbrigade, die links (südlich) von uns die
Stellung zu beziehen hatte und ebenso wie wir die Pon-
tonbrücke bei Francenigo oder die Brücken bei Cavolano
passieren sollte. Trains mit derselben Marschrichtung
fuhren vor. Von Südeir her kam zur selben Zeit unser
I. und II. Bataillon. Auf einmal war die Straße ver-
stopft. Die Bemühungen des Oberst v. Unger, die Stok-
kungen zu beheben, erschienen momentan aussichtslos.
Alle Kolonneu stauten sich und standen. Gerade in die-
sem Momente erschien ein feindliches Fliegergeschwader,
sah das Gedränge und belegte diese dankbaren, unfehl-
baren Ziele aus niederster Höhe mit Bomben und Pfei-
len. Furchtbar war die Wirkung und unbeschreiblich die
Panik. Die Pferde schlugen aus, bäumten sich und rann-
ten unter die Mannschaft, die Leute liefen entsetzt umher,
um Deckung zu suchen. Links und rechts tiefe Gräben!
Rufe nach Sanität überall zu hören. Viele schwerver-
wundete Soldaten wurden zum Regimentshilfsplatz
gebracht. Glücklicherweise waren die wenigsten der Ver-
letzten und getöteten Leute von unserem Regiment
(Leutnant Hofmann, Handmaschinengewehrzug, verw.).
Um 11 Uhr traf vom 102. Honved-Jnfanteriebrigade-
kommando (Standpunkt Fontana-Fredda) der Befehl
ein, daß das Schützenregiment Nr. 2 einen südlichen
Abschnitt des Livenzadammes besetzen soll. Nachdem die
Mannschaft vor Müdigkeit sich kaum mehr vorwärts-
bewegen konnte, eine solche Verschiebung auch im Hin-
blick auf die fortwährend über uns kreisenden Flieger
sinnlos gewesen wäre, meldete das Regimentskommando
dem 102. Houved-Jnfanteriebrigadekommando, daß diese
Verschiebung momentan nicht möglich sei und das Regi-
ment den Befehl bei Einbruch der Dunkelheit durch-
führen werde. Das Regiment bat um Beistellung von
20 Wagen zum Abtransport der Schwerverwundeten.
Um 2.45 Uhr nachmittags kam vom 102. Honved-
Jnfanteriebrigadekommando der Befehl, daß mit Rück-
sichtnahme darauf, daß das Regiment momentan im
Raume einer fremden Brigade stehe und in allernächster
Zeit in einen anderen Verband kommen werde, mit
Einbruch der Dunkelheit die anbefohlenen Gruppierun-
gen doch anzunehmen hat. Mittlerweile wurde die Situa-
tion im südlichen Abschnitt bei Brücke Cavolano vom
Oberleutnant Hans Brunner der Maschinengewehrkom-
pagnie I festgestellt und dieser dort vom Generalstabschef
der 43. Schützendivision dahingehend informiert, daß
dieser Raum der 43. Division zugewiesen sei und daher
Schützenregiment Nr. 2 nicht hieher gehöre. Unser Regi-
mentskommando meldete die Information dem 102.
Honved-Jnfanteriebrigadekommando und bat gleichzeitig
um Ablösung aus derzeitiger Lage. Nachdem zwischen
Honved-Jnfanteriebrigade 101 und 102 eine Einigung
über unsere Zugehörigkeit erzielt worden war, übernahm
Honved-Jnfanterieregiment Nr. 301 von uns den Front-
abschnitt und wir wurden aus der Stellung gezogen,
was ungefähr bis zum Morgen des 31. durchgeführt war.
Die Wagen zum Abtransport der Verwundeten waren
noch immer nicht eingetroffen.
31. Oktober. Um 3.20 Uhr kam der Befehl vom 101.
Honved-Jnfanteriebrigadekommando, daß das Schützen-
regiment Nr. 2 sogleich aus der Front zu ziehen sei und
noch in der Dunkelheit bis Tamai zu marschieren habe,
wo es die Gruppenreserve der Gruppe Exzellenz Feld-
marschalleutnant Röhring bilden werde.
Um 3.30 Uhr geht der telephonische Befehl an die
Bataillone, daß sie selbständig nach Tamai zu marschie-
ren haben. Das Regimentskommando bittet das 101.
Honved-Jnfanteriebrigadekommando, das Honved-Jn-
fanterieregiment Nr. 301 vom Abmarsch der Zweier zu
verständigen und daß dieses Regiment die Verwundeten
in Cipriani übernehme und für deren Abtransport Sorge
trage.
Die Bataillone marschierten nach Tamai und trafen
zwischen 6 und 7 Uhr vormittags dort ein und lagerten
in den Maisfeldern, gegen Fliegersicht gedeckt, den ganzen
Tag im Freien. Um 7 Uhr wurde der telephonische An-
schluß an die Gruppe Röhring hergestellt und das Ein-
treffen des Regiments gemeldet. Gleichzeitig wurde auch
eine schriftliche Meldung an das 44. Schützendivisions-
kommando, das sich in Prata d. Pordenone befand, ab-
gesandt.
über Befehl der 44. Schützendivision wurde die Tech-
nische Jnfanteriekompagnie zu Brückenarbeiten mittags
nach Prata d. Pordenone dirigiert. Die 5. Kompagnie
wurde gleichzeitig zur Bewachung der Fassungsftelle nach
Pordenone abkommandiert. Die Technische Jnfanterie-
kompagnie rückte nachmittags schon wieder zum Regi-
ment ein. Nachmittags wurde das Gerücht bekannt, daß
das Armeeoberkommando einen Erlaß herausgegeben
habe, nach welchem die Mannschaften der Fronttruppen
zu befragen seien, ob sie sich für eine Republik oder eine
Monarchie als zukünftige Staatsform in Österreich ent-
scheiden würden. Nach Erkundigungen beim Divisions-
kommando wurde die Richtigkeit des Gerüchtes bestätigt,
doch bekanntgegeben, daß Seine Exzellenz Feldmarschall-
leutnant Schönauer über seine Verantwortung in der
44. Schützendivision den Erlaß nicht verlautbaren ließ,
weil er die ohnehin kritische militärische Lage nicht auch
noch durch politische Fragen komplizieren wollte.
Um 4 Uhr nachmittags wurde die Maschinengewehr-
kompagnie II zur Fliegerabwehr an die Medunabrücke
kommandiert. Gleich nachher kam auch der Marschbefehl
für den Abmarsch der Division in der Nacht zum 1. No-
vember. Die drei Bataillone, die Technische Jnfanterie-
310
kompagnie sowie die 2./Gebirgsartillerie 44 wurden von
der Marschbereitschaft sofort in Kenntnis gesetzt. Der
Train unter Kommando des Oberleutnants Pilz wurde
verständigt, daß der Rückmarsch über Povdenone fort-
gesetzt werde.
Der Tag verlief sonst ruhig. Nur der Train wurde
abermals, obwohl er gut maskiert untergebracht war,
von italienischen Fliegern bombardiert. Zwei Mann
wurden verwundet, drei Pferde getötet und sechs ver-
wundet. Schuld hatte ein ungarischer Train, der unvor-
sichtig in der Nähe aufgefahren war.
Um 40 Uhr nachts begann das Regiment den Rück-
marsch über Palse — Porcia — Storni pik — C. Tinti —
Bahnhof Pordenone und traf gegen den Morgen des
1. November 1918 in der Nähe der Medunabrücke bei
Guarneri ein. Das Regiment der Zweier hatte nördlich
der Brücke am Westufer Stellung zu beziehen. Der Train
wurde über die Medunabrücke nach Rivarotta an das
Ostufer der Meduna befohlen. Laut Befehl der Division
sollte die Technische Jnfanteriekompagnie bei den Non-
cellobrücken zurückbleiben, um diese, wenn alle Truppen
die Brücke passiert hätten, zu sprengen. Da aber eine
Sappeurabteilung denselben Befehl schon früher bekom-
men hatte, wurde unsere Technische Jnfanteriekompagnie
wieder zurückbeordert.
Beim Eintreffen der Tete des Regiments vor der
Medunabrücke, traf das Regimentskommando den Kom-
mandanten des Sturmbataillons 44, den Hauptmann
Zobernig, und den Sappeurmajor Schad.
Das Sturmbataillon hatte den Auftrag, am Westufer
nachdrängenden Feind aufzuhalten und Major Schad
sollte die Brücke sprengen. Unser Oberst v. Unger befahl,
auf eigene Verantwortung, eine Verzögerung der Zer-
störung der Übergangsmöglichkeit, weil noch nachkom-
mende Truppen mit ihren Trains die Brücke benützen
müßten. Die Division befahl aber trotzdem für 11.50
Uhr die Sprengung. An der Brücke traf unser Regiment
auch auf einen alten Bekannten der Linzer Zweier, den
Oberleutnant Dr. Ernst Koref, der dort als transport-
regulierender Offizier im Auftrag der 45. Infanterie-
division den Rückzugsverkehr über die Medunabrücke
regelte. Dr. Koref war seit Tlumac, wo er in russische
Gefangenschaft geraten war, nicht mehr beim Regiment
der Zweierschützen. 1918 aus Gefangenschaft heim-
gekehrt, wurde er auf Grund seiner umfassenden Sprach-
kenntnisse als Dolmetschoffizier zur 45. Infanterie-
division kommandiert. Von Villach aus fuhr er dann
mit uns in die Heimat zurück.
Auf Befehl des Regimentskommandos wurden zwei
Furten erkundet, die nördliche für das I. Bataillon und
die südlichere für die andern Teile des Regiments.
Hauptmann Kälterer wurde als Verbindungsoffizier
zum Divisionskommando befohlen.
Nachdem die Brücke über die Meduna gesprengt wor-
den war, blieb dem Regiment als Rückzugslinie nur
mehr das Durchsurten der im Rücken fließenden Meduna
übrig. Es waren bei Tag zwei Furten ausgekundschaftet
und als brauchbar befunden worden, obwohl die Wasser-
höhe auch dort noch 70 bis 80 Zentimeter betrug.
Eigene Nachrichtenpatrouillen kamen erst am Nach-
mittag mit dem Feinde in Fühlung und es entstanden
an mehreren Stellen unserer Front kleinere Plänkeleien.
Um 3 Uhr nachmittags wurden die Bataillone verstän-
digt, daß im Falle eines Rückzuges das I. Bataillon die
nördliche Furt und das II. und III. Bataillon die südliche
zu benützen hätten. Das Regiment sammle sich dann in
Zoppola, wo auch abmenagiert werde.
Um 4 Uhr nachmittags kam von der 87. Schützen-
brigade der Befehl, daß Marschbereitschaft anzunehmen
sei. Um 5.20 Uhr nachmittags meldete eine Verbindungs-
Patrouille, daß die 86. Schützenbrigade, welche sich nörd-
lich von uns befaüd und telephonisch mit dem Regi-
mentskommando verbunden war, nicht mehr da fei und
abmarschiert wäre. Der Abmarsch war ohne Verständi-
gung an uns erfolgt.
Unser Regiment befand sich ohne Anschluß nach Nor-
den (rechts) nun in äußerst kritischer Situation. Es
wurde sofort Meldung an unser zuständiges Brigade-
kommando (das 87. Schützenbrigadekowmando) gemacht
und von dort traf um 6.15 Uhr nachmittags der Befehl
ein, daß das Schützenregiment Nr. 2 durch die Furten
an das Ostufer der Meduna zu gehen habe und dann auf
weitere Befehle warten müsse.
Um 6.3Ü Uhr nachmittags begann der Rückmarsch.
Das Wasser war kalt und reißend. Drüben angekommen,
hieß es gleich in den nassen Monturen weitermarschieren
nach Zoppola, wo sich das Regiment sammelte und ab-
menagierte. In Zoppola wurden über höhere Weisung
des Divisionskommandos die früheren Marschdispositio-
nen dahin abgeändert, daß die ganze Division auf das
Ostufer des Tagliamento übersetze, weil bei Spilimbergo
feindliche Kavallerie durchgebrochen und die Gefahr des
Abschneidens für uns groß sei.
In Zoppola wurde dem Regimentskommando vom
Divisionär mitgeteilt, daß auf Befehl des Armeeober-
kommandos das Schützenregiment Nr. 2 aus der Front
zu ziehen sei, weil es eine Spezialaufgabe zu erfüllen
habe und voraussichtlich zur Einwaggonierung gelange.
Um Mitternacht wurde der Weitermarsch angetreten.
2. November. Das Regiment war müde. Seit Tagen
in keinem Quartier, alle Nächte durchmarschiert, ständig
unter Bedrohung durch feindliche Flieger, jetzt auch noch
naß und frierend. Nach zwei Stunden Marsch wurde
311
immer wieder eine halbe Stunde Rast eingeschaltet und
so gelang es, alle Leute ohne Nachzügler über Castions
—S. Lorenzo—Aroene—Aurava—Pozzo—Cosa—Gra-
diska über den Tagliamento nach Dignano zn bringen.
Um 6 Uhr früh sollte der Übergang für uns erfolgen.
Wir waren auch zur Zeit dort, aber hinüber konnten wir
nicht, da mehrere Divisionen an dieser Stelle übersetzen
sollten und sich daher in Gradisca am Westufer des
Tagliamento alles staute. In drei Kolonnen standen die
Truppen und Trains auf den Straßen und auf der lan-
gen Tagliamentobrücke. Das Regimentskommando, an
der Tete des Regiments, passierte die Brücke um
7.30 Uhr. Für die Feindflieger waren die Ansammlun-
gen wieder lohnende Ziele. Schauerliche Szenen spielten
sich ab.
Alle in der Nähe greifbaren Maschinengewehre schos-
sen auf die tieffliegenden Feinde und verhinderten da-
durch ein größeres Debakel. Die Tragtiere der Maschi-
nengewehrkompagnie I waren eben am Übergang, ein-
gekeilt zwischen zwei Kolonnen auf der Brücke, als eine
Bombe knapp neben der Brücke explodierte. Die Ruhe,
der Mut und die Umsicht der Tragtierführer war bei-
spielgebend. Unter umsichschlagenden Pferden mit unse-
ren Tragtieren doch das andere Ufer zu erreichen, war
eine ungeheure Leistung. Drüben sahen wir erst den
Grund der Stockung. Ein schwerer Mörser stak am
Brückenausgang in der steilen Ausfahrtsrampe fest und
hielt stundenlang den ganzen Rückmarsch der Kolonnen
auf. Statt ihn einfach auf die Seite zu räumen, wollten
sie ihn unbedingt den Berg hinaufbringen. Mittags um
12 Uhr kamen wir in Cisterna an und quartierten uns
ein.
Wie sonderbar ist doch das Leben: Vor rund einem
Jahr marschierten wir auch bei einem Gradisca über
den Jsonzo und waren freudig und siegesgewiß, weil der
Feind vor uns floh und dem Zusammenbruch nahe war.
Heute, nach einem Jahr, gehen wir wieder bei Gradisca
über einen Fluß, aber diesmal ist es der Tagliamento
und wir sind am Rückzug und unser Reich am Zerfall.
Wie konnte das kommen? War die Führung diesem
Kriege nicht gewachsen? Der Soldat, ob Offizier oder
Mann, hat vier Jahre an der Front Beispielloses gelei-
stet und die Heimat Not gelitten. Nun sollte alles um-
sonst gewesen sein?!
Es verbreitete sich das Gerücht, daß Österreich mit
Italien einen Waffenstillstand abgeschlossen hätte. Eine
Bestätigung blieb aus. Um 12.30 Uhr kam vom Grup-
penkommando Exzellenz Röhring der Befehl, daß die
Zweier auf Befehl des Armeeoberkommandos aus der
Front gezogen und mittels Bahn abtransportiert wer-
den. (Also schon wieder!) Für den Abmarsch sei alles
vorzubereiten.
Um 9 Uhr abends kam von der 44. Schützendivision
der Befehl, daß das Regiment nach Majano, nordöstlich
S. Daniele, und am 3. November, nach Einbruch der
Dunkelheit, nach Gemona zu marschieren habe, wo es
vom 2. Korpskommando weitere Befehle erhalte.
Oberstleutnant Swoboda rückte wieder zum Regiment
ein, erhielt aber kein Kommando, sondern sollte an der
Queue des Regiments für die Ordnung Sorge tragen.
Um 1v Uhr abends wurde von Cisterna abmarschiert
und wieder die Nacht auf der Straße verbracht. Es ging
über S. Daniele nach Majano, wo das Regiment am
3. November 1918 um 4 Uhr früh eintraf. Auch der
Provianttrain kam in den Morgenstunden in Majano
an. Während der letzten Tage war befehlsgemäß vom
Lande gelebt worden. Auch in Majano wurde Vieh
requiriert. Der Bürgermeister des Ortes bat, mit Rück-
sicht auf die arme Bevölkerung, von Requisitionen Ab-
stand zu nehmen. Unser Oberst berücksichtigte die Bitte
und ließ den größten Teil des gesammelten Schlacht-
viehs wieder zurückgeben.
In Majano traf um 2 Uhr nachmittags vom Haupt-
mann Kutterer, der als Befehlsempfänger zum 2. Korps-
kommando nach Gemona vorausgesandt worden war,
die Meldung ein, daß der Waffenstillstand abgeschlossen
fei und das Regiment sogleich nach Gemona abmar-
schieren müsse, wo es dem 2. Korpskommando unterstellt
werde.
Um 4 Uhr nachmittag wurde von Majano abmar-
schiert und über Osoppo gegen 8 Uhr abends Gemona
erreicht. Das Regiment bezog Quartiere.
Weil ein Abtransport des Regiments wegen Waggon-
mangel ausgeschlossen war und auch die politischen Ver-
hältnisse im Hinterland es nicht mehr gestatteten, daß
das Regiment nach Wien abgehe, verblieb es weiter im
Verbände des 2. Korps (General der Infanterie Rudolf
Krauß).
Da in Gemona ungeheure Vorräte an Lebensrnitteln
waren und voraussichtlich während des weiteren Rück-
marsches nicht mehr gefaßt werden könne, so wurde vom
Regimentskommando befohlen, daß möglichst viele Fuhr-
werke freizumachen seien, um Lebensrnittel aufladen zu
können. Es wurde befohlen, daß von nun an für zwei
Kompagnien ein Munitionswagen genüge und von jeder
Maschinengewehrkompagnie sollten zwei Fuhrwerke frei-
gemacht werden. Von der Technischen Jnfanteriekom-
pagnie und dem Regimentsstab sollten je drei Wagen
freigestellt werden. Granatwerfer und Minenwerfer samt
Munition wurden vernichtet (im Tagliamento versenkt).
Sämtliche durch obige Befehle freiwerdende Fahrzeuge
wurden dem Proviantoffizier zur Verfügung gestellt.
Was noch gefaßt werden konnte, wurde zum Teil an die
Mannschaft verteilt und der übrige Teil auf die Wagen
312
verladen. Mit der Requisition hatte das Regiment nun
für 14 Tage Lebensmittel und konnte, wenn notwendig,
im Fußmarsch die Heimat erreichen. Das Schlachtvieh-
depot zählte 97 Stück.
Die Zivilbevölkerung begann ungestört zu plündern
und wurde darin von zurückkommenden italienischen
Kriegsgefangenen fleißig unterstützt.
4. November 1918:
3 Uhr früh „Alarm" und Verkündung des Waffen-
stillstandes. Alles atmete befreit auf und doch war die
Freude nicht so groß und überquellend, wie man meinen
sollte. Es war zu überraschend gekommen und irgendwie
hatten wir das Gefühl, es stimme doch etwas nicht ganz.
Das Regiment marschierte in voller Ordnung um 9 Uhr
vormittags ab. Marschordnung (hier gehen die Meinun-
gen der Kameraden etwas auseinander; der Verfasser
führt hier die in den Auszeichnungen des Regiments
angegebene Marschordnung an): Regimentsstab, Tech-
nische Jnfanteriekompagnie, III., I. und II. Bataillon,
der Train bei den Bataillonen angeschlossen.
Der Marsch nach Moggio vollzog sich in guter Ord-
nung und war das Regiment stets aufgeschlossen. Ein
ungarischer Train, der sich zwischen die Bataillone ge-
schoben hatte, konnte wieder rechtzeitig ausgeschieden
werden. Um 2 Uhr nachmittags erreichte die Tete des
Regiments Moggio, das etwas abseits der Straße in
einem Seitental liegt. Durch die vorausgesandten Quar-
tiermacher waren in Baracken Quartiere vorbereitet
worden. Unser Regimentskommandant Oberst v. Unger
ließ das Regiment an sich vorbeimarschieren und konnte
dabei noch nicht ahnen, daß er nun zum letzten Male
das gesamte Regiment unter seinem Kommando gehabt
habe.
Kaum hatten die Kompagnien die ihnen zugewiesenen
Baracken bezogen, hörte man aus der Richtung, aus der
wir eben gekommen waren, italienisches Maschinen-
gewehrfeuer. Was ist denn da los? Es ist doch Waffen-
ruhe? Oberst v. Unger berief sogleich alle Offiziere zu
sich und sagte, daß die Lage anscheinend unklar sei und
das Regiment den Rückmarsch sofort fortsetze. In weni-
gen Minuten war die Maschinengewehrkompagnie I als
erste wieder auf der Straße und setzte den Marsch nach
Norden fort. Das I. und das II. Bataillon waren als-
bald angeschlossen. Oberst v. Unger, der mit dem Regi-
mentsstab an die Spitze des Regiments vorgekommen
war, befahl dem Oberleutnant Brunner, mit seiner
Maschinengewehrkompagnie I stehenzubleiben, das Regi-
ment an sich vorbeimarschieren zu lassen und dann auf
der Straße Stellung zu beziehen, um eventuell nach-
kommenden Feind aufzuhalten.
Oberleutnant Haus Brunner berichtet über das wei-
tere Geschehen: „War nun Waffenstillstand oder nicht?
Niemand von uns wußte damals von den wirklichen
Abmachungen über den abgeschlossenen Waffenfrieden.
Auf der Straße raunten in wilder Flucht Soldaten und
rasten Trains vorbei, dann wurde es plötzlich still, un-
heimlich still. Nur mehr der. himmellange Fähnrich
Theodor Reisner kam auf der nun leeren Straße daher
und erzählte, daß die Italiener hinter ihm alles gefan-
gen genommen hätten. Ich stand nun mit meinen Zugs-
kommandanten Leutnant Leopold Grünkranz, Leutnant
Markus Wilnauer, Leutnant Ernst Mendl und Leutnant
Günter Orliczek an der Queue der Kompagnie und war-
tete der Dinge, die da kommen sollten. Wir brauchten
nicht mehr lange zu warten. Von den Zweiern waren
das III. Bataillon, die halbe achte Kompagnie und die
Maschinengewehrkompagnie II noch nicht vorbeigekom-
men. (Auch über die Maschinengewehrkompagnie II
gehen die Meinungen der Kameraden auseinander und
es war trotz vieler Bemühungen nicht einwandfrei fest-
zustellen, ob diese Kompagnie gefangen wurde.)
Einer größeren Anzahl Zweier war die Flucht vor
Gefangennahme durch Sprung in das Bachbett der Fella
und Aufwärtslaufen in demselben gelungen.
Zurückschauend sahen wir das Regiment, das Fellatal
aufwärts marschierend, gut vorankommen.
Plötzlich wurde vor uns Motorengeräusch hörbar.
Gleich darauf bog auch schon ein stählernes Ungetüm,
ein italienisches Panzerauto, um die vor uns liegende
Straßenkrümmung. Drohend sahen uns die Mündung
eines Geschützes und die schwarzen Löcher von Maschi-
nengewehrläufen aus ihren Schießscharten, nur ein paar
Schritte noch entfernt, in die Augen.
Auf unser Winken hielten die Panzerautos (auch ein
zweites war noch nachgekommen) und eine Menge Mo-
torräder hinter den beiden Kolossen blieben stehen. Dem
aus dem ersten Panzer steigenden italienischen Ober-
leutnant versuchte mein Zugskommandant Leutnant
Mendl, welcher Französisch sprach, beizubringen, daß er
widerrechtlich unsere zurückziehenden Truppen gefangen
nehme, da uns doch heute Waffenstillstand verkündet
worden wäre. Die Verständigung stieß aber auf Schwie-
rigkeiten, so daß ich dem italienischen Offizier vorschlug,
das Regimentskommando, bei dem ja ein Dolmetsch
(Leutnant Schmidt) war, aufzusuchen. Der Kommandant
des italienischen Verfolgungsdetachements befahl eine
Beiwagenmaschine zu sich, stieg ein und ich, mit einem
als weiße Fahne hergerichteten Bergstock, kam auf den
Mitfahrersitz und los ging's, dem Regiment nach. Soviel
hatten wir schon herausbekommen, daß um 4 Uhr nach-
mittags die Demarkationslinie, von der wir hier das
erstemal etwas zu hören bekamen, bei Chiusaforte über
313
die dortige Eisenbahnbrücke (Ponte) verlaufe. Wer bis
4 Uhr nachmittags über die Brücke gekommen war, war
vor Gefangenschaft für diesen Tag gerettet. Es galt also,
das italienische Verfolgungsdetachement möglichst auf-
zuhalten, um dem Regiment, welches mit der Tete schon
die Brücke erreicht hatte, die Möglichkeit der Rettung zu
geben. Schnell hatten wir mit unserem Motorrad das
Ende des marschierenden Regiments eingeholt und
unsere Zweier machten große Augen über meine vor-
nehme Begleitung. Beim ersten Stabsoffizier, auf den
wir stießen, ich glaube es war Oberstleutnant Müller,
bedeutete ich zu halten. Die einige Minuten dauernde
Aussprache, eigentlich Nichtaussprache, denn auch Oberst-
leutnant Müller konnte nicht Italienisch sprechen, ge-
nügte, um das uin die Freiheit marschierende Regiment
wieder voranzubringen. Den nächsten Stabsoffizier,
Oberstleutnant Swoboda, erreichten wir gerade jenseits
der Brücke. Auch hier wieder Halt. Nun klappte die Ver-
ständigung, denn Oberstleutnant Swoboda sprach Ita-
lienisch. Es war aber auch höchste Zeit. Während unse-
res Gespräches waren die überholten Kompagnien wie-
der an uns vorbeimarschiert und somit frei. Nur meine
Kompagnie, die rückwärts auf der Straße stand und die
schon bei Moggio gefangen genommenen Teile des Re-
giments blieben gefangen.
Mittlerweile waren die Panzerautos, die Motorräder,
aber auch meine Kompagnie bis zur Brücke nachgekom-
men. Man kümmerte sich im übrigen um uns werter nicht
mehr und wir hatten im stillen schon den Vorsatz gefaßt,
bei Einbruch der Nacht zu fliehen. Einzelne hatten es
schon zuwege gebracht, durchzubrennen. Da kam, es war
schon stockfinster, aus Richtung Heimat ein Auto mit
einem unserer Generalstabsoffiziere mit weißer Binde
um die Kappe, um bei den Italienern in ähnlichem
Sinne, wie ich es schon getan hatte, gegen die Gefan-
gennahme unserer Truppen Verwahrung einzulegen.
Der Kommandant des Verfolgungsdetachements klärte
aber die Rechtlichkeit seiner Maßnahmen auf und ließ
aus Gefälligkeit, eigentlich wohl aber deshalb, weil wir
ihm im Wege waren, meine Maschinengewehrkom-
pagnie I frei und wir erreichten wohlbehalten und mit
sämtlichen Waffen noch in der Nacht zum 5. November
Pontebba, wo in zerschossenen Häusern das Regiment
Quartiere bezogen hatte. Nach Meldung beim Regi-
mentskommando und Mitteilung der bei den Italienern
erfahrenen Auskünfte über die nächsten Demarkations-
linien, ließ Oberst v. Unger um 5 Uhr früh alarmieren
und befahl, alles sofort nach Pontafel hinüber zu ver-
legen, denn um 6 Uhr früh verlaufe die Freiheitsgrenze
über die Brücke zwischen diesen beiden Orten. Nur schwer
waren die todmüden Zweier aus dem Schlaf zu rütteln
und schimpfend und murrend, wie es nun schon einmal
der Brauch der Oberösterreicher ist, befolgten sie aber
doch brav den Befehl.
Pünktlich um 6 Uhr früh zog das Verfolgungsdeta-
chement der Italiener in Pontebba ein und richtete dro-
hend seine Geschützrohre auf uns herüber. Warm stieg
es da zum Herzen auf und alle freuten sich, wieder ein-
mal so knapp der Gefahr entkommen zu sein!
Wir hatten auch allen Grund uns zu freuen. Durch
den Befehl des Armeeoberkommandos, das Schützen-
regiment Nr. 2 aus der Front zu ziehen und in Eil-
märschen nach Udine zur Bahn zu dirigieren, waren wir
den anderen Regimentern unserer Division voraus-
gekommen und so der Gefangennahme am Tagliamento
entkommen. Wir hätten zur Bewachung der kaiserlichen
Burg nach Wien abinstradiert werden sollen. Leider
waren bei der Verkündung des Waffenstillstandes keine
näheren Bedingungen an das Regiment bekanntgegeben
worden, sonst wäre es unserem tatkräftigen Regiments-
kommandanten sicher gelungen, auch den letzten Mann
gut nach Hause zu bringen.
Sein Verdienst war es, daß wir trotz der ungeheuren
Schwierigkeiten am Rückmarsch und der gewaltigen
Marschleistungen, die von den Zweiern gefordert wur-
den, doch immer in musterhafter Ordnung ohne Zeit-
verlust und unter geringsten Verlusten die befohlenen
Stellungen erreichten.
Wie stand die rechtliche Lage bei der Gefangennahme
der Truppen?
In Gemona war uns zwar Waffenruhe verkündet
worden, aber die genauen Bestimmungen des Waffen-
ftillstandsabkommens nicht bekanntgegeben worden.
Wahrscheinlich wußte man sie gar nicht. So wußten
auch wir nichts von Demarkationslinien. An der ganzen
italienischen Front gerieten in ähnlicher Weise, wie ein
Teil unseres Regiments, 300.000 Mann in Gefangen-
schaft und erlangten erst nach elf Monaten, gebrochen an
Leib und Seele, wieder die Freiheit. 30.000 erblickten
die Heimat überhaupt nicht wieder, da die anfangs un-
zureichenden Unterkunfts-, Verpflegungs- und sanitären
Verhältnisse den Ausbruch von Seuchen und Krank-
heiten zur Folge hatten.
Alsbald munkelte man, daß die Gefangennahme dieser
Hunderttausenden nicht der Tapferkeit der italienischen
Soldaten zuzuschreiben sei, sondern, daß da andere
Kräfte am Werk gewesen wären, die Interesse gehabt
hätten, unsere Fronttruppen nicht in die Heimat zurück-
kommen zu lassen. Unfähigkeit und Verrat wurden der
Waffenstillstandskommission und dem Armeeoberkom-
mando vorgeworfen. Daher sah sich die Österreichische
314
Nationalversammlung veranlaßt, diese Fragen zu klären
und beauftragte mit einem damals eigens beschlossenen
Gesetz eine fünfgliedrige Konimission, die Schuldigen
an der Gefangennahme der Hunderttausenden festzu-
stellen uird sie der gerichtlichen Bestrafung zuzuführen.
Es wurden der Kommission zwei Fragen zur Aufklä-
rung überantwortet:
1. Wann begann der Waffenstillstand?
2. Liegt ein sträfliches Verschulden des Armeeober-
kommandos bzw. der Waffenstillstandskommission vor?
Nach gründlicher Untersuchung kam die parlamen-
tarische Kommission zu dem Urteil, daß kein Verschulden
des Armeeoberkommandos und der Wasfenstillstands-
kommission festgestellt werden konnte. Es wurde erhoben,
daß nach Herstellung einer Verbindung mit dem ita-
lienischen Oberkommando die österreichische Waffenstill-
standskommission unter Führung des Generals der In-
fanterie Weber durch den General Badoglio am 1. No-
vember, 10 Uhr, den Entwurf der italienischen Waffen-
stillstandsbedingungen überreicht bekam. Dieser be-
inhaltete:
Sofortige Einstellung der Feindseligkeiten zu Land,
Wasser und in der Luft, gänzliche Demobilisierung, Her-
absetzung der Heeresmacht, Räumung jedes von Öster-
reich-Ungarn mit Waffengewalt besetzten Gebietes, Ma-
terialablieferung, Demarkationslinie am Kamme der
Zentralalpen u. a.
Dieser Entwurf gelangte am 2. November um 0.30
Uhr mitternachts zum Armeeoberkommando in Baden.
Das Armeeoberkommando empfahl dem Kaiser die An-
nahme. Der Kaiser konnte sich nicht zur Annahme der
Bedingungen entschließen und berief für 14 Uhr den
Staatsrat ein. Vor diesem erläuterte er die Lage an der
Front. Dort waren die ungarischen Truppen zum
Schutze des engeren Vaterlandes abberufen worden und
daher Lücken in der Verteidigung entstanden. Auch an-
dere Nationen verlangten für sich dasselbe Recht, Meu-
tereien und Desertionen mehrten sich, der Mangel an
Lebensmitteln, Munition, Bekleidung und anderem
Kriegsmaterial war beträchtlich. Dazu dauerte die
Offensive der Italiener mit unveränderter Gewalt an,
das Hinterland war kriegsmüde und verlangte Schluß
des Krieges. Wohl harrten noch viele tapfere Truppen
an der Front aus (auch die Linzer Zweier), doch der
Großteil der Front bröckelte ab und der Kaiser sah kei-
nen anderen Ausweg, als die Abschließung des sofor-
tigen Waffenstillstandes. Der Staatsrat lehnte mit der
Begründung ab, die Krone habe den Krieg begonnen und
müsse für alles die Verantwortung tragen. Noch am
Abend des 2. November berief der Kaiser den Kronrat
zusammen, welcher die Annahme der Bedingungen und
den sofortigen Abschluß des Waffenstillstandes beschloß.
Noch in der Nacht ergingen entsprechende Befehle an
die Waffenstillstandskommission und auch an die Heeres-
gruppenkommandos Bozen und Velden. Bis 10 Uhr früh
des 3. November 1918 war der Befehl zur Feuereinstel-
lung den Truppen vom Ortler bis zur Adria zugegan-
gen und befolgt worden. Unser Regiment erhielt den
Befehl zur Feuereinstellung am 4. November um 3 Uhr
früh in Gemona. Der Kaiser legte am 3. November den
Oberbefehl über die Armee nieder. Nun ergab sich aber,
daß die endgültige Fassung der italienischen Bedingun-
gen eine 24stündige Frist zur Einstellung der Feind-
seligkeiten beinhaltete und General Badoglio bestimmte
als Stunde des Abbruches der Kriegshandlungen den
4. November, 15 Uhr. Es ergab sich also zwischen dem
Befehl des Armeeoberkommandos an die österreichischen
Truppen zur Feuereinstellung und dem Befehl des Ge-
nerals Badoglio an seine italienischen Truppen ein Zeit-
unterschied von 36 Stunden. Derart konnten die ita-
lienischen Truppen die zurückeilenden österreichischen
Verbände leicht abschneiden und als Gefangene erklären.
Das Armeeoberkommando erhob mehrmals, leider ver-
geblich, beim italienischen Oberkommando Einspruch.
Der Sieger hat ja immer Recht! Das alte „Wehe dem
Besiegten!" galt noch immer.
5. November 1918:
Froh und mit neuem Elan in den müden Knochen
(waren wir doch in den letzten vier Tagen über 150 Kilo-
meter marschiert) wurde am 5. der Rückmarsch über
Tarvis nach Arnoldstein fortgesetzt. Das letzte Stück
sogar per Bahn. In dem breiten Gailitztal weideten
tausende Pferde, wie sie von den Truppen auf ihrer
Flucht zurückgelassen worden waren. Herrenlos lagen
Material, Train und Geschütze aus und neben der
Straße, genau wie im Vorjahre in Italien. Unsägliche
Traurigkeit überkam uns. Alles Leid, die Strapazen
und vielen Blutopfer waren umsonst gewesen.
Im Regiment der Linzer Zweier herrschte noch volle
Disziplin. Niemand dachte auch nur einen Augenblick
daran, die Offiziere zu entwaffnen und vielleicht gar zu
mißhandeln, wie es anderswo geschehen war. Nach lan-
ger Zeit die erste Nacht ohne Störung und Alarm in
Arnoldstein.
Am 6. November um 11 Uhr Abmarsch und noch bei
Tageslicht marschierten wir am späten Nachmittag in
voller Ordnung und in prächtiger Haltung in Villach
ein. An der Spitze, hoch zu Pferd, Oberst v. Unger.
Villach staunte. So etwas hatten die Einwohner und
die vielen Tausende herrenloser Soldaten, die sich hier
am Schnittpunkt der großen Rückzugslinien stauten, in
den letzten Tagen nicht mehr gesehen. Eine Truppe, die
41
noch Disziplin und Ordnung hatte, die noch Befehle
befolgte! Ja, gibt es denn noch so etwas? Man schrie
unseren Leuten zu, sie sollten die Offiziere zum Teufel
jagen und fragte sie, ob sie denn auf dem Mond gelebt
hätten. Diese Minuten waren vielleicht die härteste Be-
währungsprobe der Zweier. Es wäre ja so leicht gewesen,
Gewehr und Ausrüstung wegzuwerfen und, ohne fürch-
ten zu müssen, jemals zur Verantwortung gezogen zu
werden, sich in die spottenden Massen einzureihen und
so den Vorwurf der Feigheit nicht mehr auf sich sitzen
lassen zu müssen. Die Zweier waren ja niemals feig
gewesen, warum taten sie es nicht? Geschlossen und
stramm marschierten sie in das vorgesehene Quartier,
eine Schule. Auch die Menschenspaliere waren stumm
geworden vor der Größe dessen, was da an ihnen vorbei-
marschierte. Die Treue und echte Kameradschaft war es,
was die Zweier demonstrierten und auch zu halten ent-
schlossen waren, komme was immer. Der Bürgermeister
und auch der Stadtkommandant von Villach sprachen
zu uns und baten, wir sollten wenigstens einige Tage
helfen, die Bevölkerung vor Plünderung und Raub zu
schützen. Dafür sollten wir gute Menage, hohe Löhnung
und Umwechslung der Kriegslire in österreichische Kro-
nen und dann Zugsgarnituren zur Heimfahrt bekommen.
Alle versprachen zu bleiben. Die Zweier hatten es,
verglichen mit den vorausgegangenen Monaten, para-
diesisch: Gutes Quartier, gute und reichliche Menage,
Geld und Tabak, auch der Dienst drückte nicht besonders
(wir stellten Wachen am Bahnhof und Patrouillen in
der Stadt), die Offiziere alle im Parkhotel bestens unter-
gebracht und die Gewißheit, in wenigen Tagen heim-
fahren zu können. Und doch wurden wir täglich weniger.
Die Gerüchte aus dem Hinterland und aus der Heimat,
die besonders durch die Eisenbahner vermittelt wurden,
wußten von neuen Einrückungen zur Volkswehr, von
Plünderungen zu Hause, von Aufruhr und Revolution
zu berichten; dazu im Herzen die zehrende Sehnsucht
nach der Familie und die Ungewißheit hier. Es war
wohl begreiflich und gut zu verstehen, daß gar mancher
sich still empfahl.
Am 9. November 1918 wurden zum Abtransport der
Zweier zwei Zugsgarnituren zur Verfügung gestellt.
Oberleutnant Gustav Ainberger als Transportregulie-
render und Leutnant Sepp Urban als Verladeoffizier
brachten es fertig, daß um 12 Uhr mittags bereits der
erste Staffel einwaggoniert war und um 4 Uhr nach-
mittags von Villach abfahren konnte. Einige Stunden
später folgte der zweite Zug. Jeder Mann konnte mit-
nehmen was er hatte und die Bauern unter unseren
Leuten erhielten die Bewilligung, von dem Pferde-
material bis zu zwei Stück pro Mann mit nach Hause
nehmen zu dürfen. Frohgemut wurde also die Heimfahrt
über St. Veit a. d. Glan—St. Michael—Selzthal—Spi-
tal a. P. angetreten und der erste Transport langte am
19. November 1918 um 11 Uhr nachts und der zweite
am 11. November gegen Mittag in Linz ein. Auf der
Fahrt wurden wir immer weniger, denn die Leute stie-
gen an den ihrem Heimatsort am nächsten gelegenen
Haltestationen aus und strebten auf kürzesten Wegen der
Heimat zu.
Die Reste des Regiments, welche bis Linz gekommen
waren, zogen in voller Ordnung, unter Führung ihrer
Offiziere, durch die Straßen der Garnisonsstadt in die
Kaserne und wurden, mit Entlassungspapieren versehen,
vom Militärdienst entlassen. Jeder dachte wohl, daß dies
für sein Leben sein werde. Weit gefehlt! Zwanzig Jahre
später stehen viele Zweier auch im Zweiten Weltkrieg
ihren Mann.
Das Regiment der Schützen Nr. 2 war also daheim.
Der Kreis geschlossen. Wie anders hatten wir uns doch
so oft an der Front einmal unseren Einmarsch in Linz
gedacht. Niemand kümmerte sich um uns, ja nur feind-
selige Blicke streiften uns, die wir am 11. November
noch immer Disziplin hielten und die Offiziere und die
Unteroffiziere noch immer die Sterne am Kragen tru-
gen, weil sie es noch immer nicht als Schande, sondern
als Ehre empfanden, Soldat gewesen zu sein! Am
Bahnhof hatte sich zum offiziellen Empfang der Stell-
vertreter des Landeshauptmannes, Franz Langoth, ein
Bruder unserer Kameraden Oberleutnant Dr. Ludwig
und Leutnant Sepp Langoth, eingefunden.
Die Linzer „Tages-Post" vom 14. November 1918
schrieb:
„Eintreffen der Zweier-Schützen:
Am 6. dieses Monats trafen zwei Bataillone unseres
heimischen Schützen-Regimentes, welche nach schweren
Tagen knapp der Gefangenschaft entronnen waren, in
Villach ein. Ein Bataillon kam am 4. November leider
in Gefangenschaft, dürfte aber nach sicherem Vernehmen
auch bald in Linz eintreffen. In Villach leistete das
Regiment, über Bitte des Nationalausschusses, durch
zwei Tage Sicherheitsdienst für die Stadt Villach. Wäh-
rend dieser Zeit gelang es dem Regimentskommandanten
Oberst Unger v. Zuravniki, zwei Zugsgarnituren zum
Abtransport für das Regiment sicherzustellen, so daß es
möglich war, das Schützen-Regiment Nr. 2 mit zirka
80 Offizieren und 1200 Mann und dem größten Teil
des Trains nach Linz zu bringen, wo das Regiment am
10. d. M. eintraf. In den letzten Tagen wurden 244
Pferde des Schützenregimentes in Privatbenützung über-
geben. Das besonders gute Pferdematerial stellt eine
bedeutende Summe Nationalvermögens dar, das da-
durch in unser Land zurückkam."
316
Es war im übrigen gar nicht so leicht, das zurück-
gebrachte Material und die Tragtiere anzubringen.
Niemand wollte für eine Übernahme zuständig sein.
Nachdem die Maschinengewehrkompagnie I, welche ihre
komplette Ausrüstung mit nach Linz gerettet hatte, von
der Artilleriekaserne zur Landwehrkaserne zweimal hin-
und hergezogen war, weil die Volkswehrwache weder
die Tragtiere, noch das andere Material annahm, legte
Oberleutnant Brunner das Material und die acht Ma-
schinengewehre am Kasernenhof der Landwehrkaserne ab,
machte ein Verzeichnis darüber, welches die anwesenden
Offiziere fertigten und brachte mit den Offizieren und
einigen Maschinengewehrleuten die 20 Tragtiere zur
Artilleriekaserne. Dort wurden die Tiere an die dort
befindlichen Barrieren angehängt. Wir hatten unsere
Pflicht mehr als erfüllt und alle Zweier hatten die Treue
gehalten bis zur letzten Minute. Ein Händedruck und
ein letzter Gruß besiegelten das Gelöbnis lebenslanger
Kameradschaft.
Die Mannschaft erhielt Entlassungsscheine und an die
Offiziere hatte Oberst v. Unger in einer Offiziersver-
sammlung am 12. November 1918 ergreifende Worte
des Abschieds und der Dankbarkeit gerichtet.
Die Offiziere tschechischer Nation unter Führung des
Hauptmanns Engler, Leutnants Horak und Fähnrichs
Jelinek nahmen gerührt von uns Abschied. Oberst v.
Unger übernahm auf Wunsch des Oberst v. Pöschmann
und der provisorischen Landesregierung das Kommando
des Ersatzkaders. — Die aktiven Offiziere wurden über
ihren Wunsch beurlaubt und die Reserveoffiziere ent-
lassen.
Das Schützenregiment Nr. 2 hatte zu bestehen auf-
gehört.
Das Regiment, das einst so stolz gegen den Feind zog,
das in vier Jahren des Ersten Weltkrieges stets den festen
Kern jenes Frontabschnittes bildete, in dem es zur Ver-
wendung gelangte, das immer an schwierigsten Stellen
eingesetzt wurde und in den verzweifeltesten Situationen
in die Waagschale geworfen, den Ruhm unserer Waffen
immer hochhielt, war nun heimgekehrt. Oberst v. Unger,
welcher 1914 den ersten Transport ins Feld führte,
brachte nun den Rest des tapferen Regiments nach Hause.
Der 1. Transport:
Regimentsstab: Oberst Franz Karl Unger v. Znrawniki,
Regimentskommandant; Oberstleutnant Müller, Bataillons-
kommandant; Hauptmann Egon Kulterer, Verbindungsoffi-
zier; Oberleutnant Karl Klein, 1., Leutnant Sepp Langoth,
2. Adjutant; Regimentsarzt Dr. Richard Jenny; Oberarzt
Dr. Heinz Zillig; Oberleutnant Hermann Gollwitzer, Proviant-
train; Oberleutnant Hugo Pilz^ Gefechtstrain; Oberleutnant
Gustav Ainberger, Transportregulierellder; Veterinäroberleut-
nant Josef Kirchweger; Oberleutnant Karl John; Oberleut-
nant Martin Berger; Leutnant Sepp Urban, Verladeoffizier;
Leutnant Schmiedt, Dolmetsch; Leutnant Knorr.
Gäste: Exzellenz Röhring, Stabsarzt Dr. Tschapka, Ober-
leutnant Dr. Ernst Koref.
I. Bataillonsstab: Hauptmann Engler, Oberleutnant Wach-
tel, Leutnant Fritz Haselmayr.
1. Kompagnie: Oberleutnant Bogusak, Leutnant Albert
Ebner und Sponar, Fähnrich Denk.
2. Kompagnie: Oberleutnant Thomann, Leutnant Easensky
un!d Cersawp, Fähnrich Jellinek.
3. Kompagnie: Oberleutnant Anton Waidosch, Leutnant
Heinz Fenzl, Augustin und Zoglmaier.
4. Kompagnie: Leutnant Josef Leitner und Kukatschka,
Fähnrich Hamr uNd Vosta.
Und 343 Mann, 3 Reitpferde und 3 Fahrküchen.
Der 2. Transport:
H. Bataillonsstab: Major Gottfried Burgstaller, Leutnant
Jäger v. Waldau, Bauer, Aug. Riebler und Schramm, Sani-
tätsleutnant Makovsky.
Gäste: Hauptmann des Generalstabes Adalbert Schmidt,
Hauptmann Lederbauer.
5. Kompagnie: Oberleutnant Fred Arnreiter, Leutnant
Horat und Franz Kiesenhofer.
6. Kompagnie: Oberleutnant Adolf Sehr, Leutnant Franz
Harasko und Kutschera.
7. Kompagnie: Leutnant Ferdinand Hoflehner und Jesch,
Fähnrich Felkl.
8. Kompagnie: Oberleutnant Leopold Keck, Leutnant Baby,
Becker, Libensky und Zabinger.
Technische Jnfanteriekompagnie: Leutnant Frana, v. Klin-
genberg, Karren, Müder und Reidl.
I. Maschinengewehrkompagnie: Oberleutnant Hans Brun-
ner, Leutnant Leopold Grünkranz, Ernst Mendl, Mozierer,
Günter Orliczek und Markus Wilnauer.
11. Maschinengewehrkompagnie: Leutnant Karl Jauk und
Günter Schott, Fähnrich Theo Reisner.
140 Pferde und 20 Tragtiere der Maschinengewehrkom-
pagnie I und 2 Fahrküchen.
Ein erhaltener Transportschein weist auf 102 Achsen (51 Wa-
gen) als verladen aus: 71 Offiziere, 523 Mann, 140 Pferde,
20 Fuhrwerke, 5 Fahrküchen, 16 Stück Vieh, 1 Waggon Mehl
und Futter.
Regimentskommandanten des k. k. Schützenregiments Nr. 2:
Oberst Konstantin Ritter Wasserthal v. Zucoari
18. August 1914 bis 16. September 1914
Oberstleutnant Franz Karl Unger
16. September 1914 bis 24. September 1914
Oberst Konstantin Ritter Wasserthal v. Zucoari
25. September 1914 bis 11. Oktober 1914
Oberstleutnant Franz Karl Unger
12. Oktober 1914 bis 26. Oktober 1914
Oberst Konstantin Ritter Wasserthal v. Zucoari
27. Oktober 1914 bis 29. Oktober 1914
Oberstleutnant Franz Karl Unger
30. Oktober 1914 bis 18. November 1914
Oberstleutnant Hermann Hoernes
19. November 1914 bis 27. November 1914
Oberstleutnant Josef Maretich v. Klokoc
28. November 1914 bis 29. März 1915
Hauptmann Ja ro sla us Docekal
30. März 1915 bis 4. Mai 1915
Major Rudolf Florio
5. Mai 1915 bis 8. Juni 1915
Oberst Emil Rosmus
9. Juni 1915 bis 21. Juni 1915
Oberst Konstantin Ritter Wasserthal v. Zucoari
22. Juni 1915 bis 16. September 1915
Oberstleutnant Eduard Alps
17. September 1915 hte 22. September 1915
Oberstleutnant Franz Kart Ungler
22. September 1915 bis 13. Oktober 1915
Oberst Konstantin Ritter Wasserthal v. Zuecairi
13. Oktober 1915 bis 27. Oktober 1915
Oberst Franz Karl Unger v. Zurawniki
27. Oktober 1915 bis 18. Oktober 1916
Generalmajor Richard Jellenchich (87. Brigadelommando, die
Bataillone sind .direkt der Brigade unterstellt)
19. Oktober 1916 bis 22. Oktober 1916
Major Josef Kikal
22. Oktober 1916 bis 1. November 1916
Major Dr. Viktor Winter
2. November 1916 bis 3. November 1916
Oberstleutnant Leopold Hirsch
3. November 1916 bis 15. Dezember 1916
Oberst Franz Schmidt
15. Dezember 1916 bis 18. Jänner 1917
Oberstleutnant Leopold Hirsch
18. Jänner 1917 bis 24. Juni 1917
Major Vinzenz Murek (Urlaubsvertretung)
5. Mai 1917 bis 15. Mai 1917
Major Franz Thalhofer
25. Juni 1917 bis 11. Juli 1917
Oberst Karl Christophori
11. Juli 1917 bis 28. Oktober 1917
Oberstleutnant Alfred Hölzl
29. Oktober 1917 bis 5. Dezember 1917
Oberst Rudolf Haslehner
5. Dezember 1917 bis 9. Februar 1918
Oberst Karl Christophori
9. Februar 1918 bis 21. März 1918
Oberstleutnant Alfred Hölzl
21. März 1918 bis 24. April 1918
Oberst des Generalstabs Alfred Purtscher (ge'sallen am
21. Juni 1918 an dem westlichen Ufer der Piave)
24. April 1918 bis 22. Juni 1918
Oberstleutnant Lothar Swoboda
22. Juni 1918 bis 6. Juli 1918
Oberst Franz Karl Unger v. Zurawniki
6. Juli 1918 bis 12. November 1918
Verliehene Auszeichnungen bis Ende 1917:
An Offiziere:
Orden der Eisernen Krone II. Klasse mit Kriegsdeko-
ration und Schwertern: Ob>erst Karl Christophori,
Oberstleutnant Alfred Hölzl .........................
Ritterkreuz des Leopoldordens mit Krieigsdekoration
und Schwertern: Oberst Karl Christophori, Oberst
Franz Karl Unger v. Zurawniki, Hauptmann Artur
Kawinek .............................................
Orden der Eisernen Krone in. Klasse mit Kriegsdeko-
ration und Schwertern: Oberleutnant Gustav Ain-
berger, Hauptmann Robert Aspöck, Hauptmann Gott-
lieb Balar, Oberst Karl Christophori, Hauptmanu
Jaroslaus Docekal, Hauptmann Pa,ul Feige, Haupt-
mann Franz Fischer, Oberstleutnant Leopold Hirsche,
Hauptmann Artur Kawinek, Oberleutnant Keck, Ober-
leutnant Karl Klein, Oberleutnant Josef Laufberger f,
Hauptmann Ludwig Lehner, Hauptmann Hubert
Mach, Oberst v. Maretich, Oberleutnant Guido von
Oschtzadal, Leutnant Dr. Bruno Studenh, Oberleut-
nant Anton Waidosch, Hauptmann Gustav Wundrak
Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere: Leutnant
Josef Langfellner ...................................
Militärverdienstkreuz III. Klasse mit Krieigsidekoration
und Schwertern ......................................
Silberne Militärverdienstmedaille am Bande des Mili-
tärverdienstkrenzes (Silbernes Signum Laudis) zum
zweitenmal .............................................
2
3
19
1
60
4
Silberne Militärverdienstmedaille am Bande des Mili-
tärverdienstkreuzes ..................................... 42
Bronzene Militärverdienstmedaille am Bande des Mili-
tärverdienstkrenzes (Bronzenes Signum Laudis) .... 150
Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone ....................... 5
Goldenes Verdienstkreuz .................................... 14
Geistliches Verdienstkreuz .................................. 2
An Mannschaft:
Goldene Tapferkeitsmedaille: Zugsführer Alois Bau-
chinger, Offizierstellvertreter Baum, Feldwebel Fa-
sching, Feldwebel Fröschl, Feldwebel Anton Haber-
hauer, Fähnrich! Karl Jäger, v. Waldau, Korporal
Johastn Kloss, Offizierstellvertreter Ludwig Lorenz,
Feldwebel Josef Reisenbichler, Fähnrich Ferdinand
Stefanik ................................................ l0
Silberne Tapferkeitsmedaille I. Klasse zum drittenmal 1
zum zweitenmal 12
zum erstenmal 705
Silberne Tapferkeitsmedaille n. Klasse zum zweitenmal 128
zum erstenmal 2235
Bronzene Tapferkeitsmedaille zum vievtenmal ....... 1
zum drittenmal ........... 15
zum zweitenmal......... 282
zum erstenmal .......... 3654
Silbernes Verdienstkreuz mit der Krone .................. 41
Silbernes Verdienstkreuz ............................... 26
Eisernes Verdienstkreuz mit der Krone...................... 36
Eisernes Verdienstkreuz................................... 308
Karl Truppenkreuz: verliehen an alle Frontkämpfer; für Offi-
zier und Mann gleiche Ausführung.
Verwundetenmedaille: je nach Anzahl der Verwundungen, mit
einem ober mehreren Querstreifen am Bande; für Offizier
und Mann gleich.
Dazu kommen minbestens 1000 Auszeichnungen, welche noch
im Jahre 1918 verliehen wurden.
Einteilungsliste der Offiziere und Fähnriche
für die Zeit vom 1. Mai 1917 bis Ende des Krieges (10. No-
vember 1918), soweit auf Grund von Aufzeichnungen und An-
gaben von Kameraden eine Zugehörigkeit zu Bataillonen und
Kompagnien zu ermitteln war. Die Regiments- und Biatail-
lonskommandanten sind ja aus dem laufenden Texte ersicht-
lich, während die Kompagnie- und Zugskommandanten, man-
gels an Unterlagen, nicht in der Reihenfolge der Kompagnien
eins bis zwölf geordnet werden konnten, sondern in alpha-
betischer Folge (sofern Namen überhaupt bekannt wurden) an-
geführt sind. Die zahlreichen Veränderungen bei dchr Kom-
pagnien durch Abgänge bei Tod, Verwundung, Erkrankung!,
Beurlaubung, Versetzung, Abkommandierung in Kurse etc. und
deren Ersatz durch Neueingänge machten es bei den spärlichen
Behelfen unmöglich, Offizierseintoilungslisten, wie sie in den
Heften 1—4 aufscheinen, auszuarbeiten. Bei mehrfacher Ver-
wendung erscheint der Name nur.einmal auf.
Negimentskommandanten: Oberstleutnant Leopold Hirsch,
Major Vinzenz Murek, Major Franz Thalhofer, Oberst Karl
Christophori, Oberstleutnant Alfred Hölzl, Oberst Rudolf Has-
lehner, Oberst des Generalstabs Alfred Purtscher ch, Oberst-
leutnant Lothar Swoboda, Oberst Franz Karl Unger v.
Zurawniki.
Regimentsadjutanten: Hauptmann Gustav Wundrak, Ober-
leutnant Karl Klein, Oberleutnant Dr. Ludwig Langoth, Ober-
leutnant Karl Neumann.
Telephonoffiziere: Leutnant Hans Schraik f, Leutnant Sepp
Langoth.
Ärzte: Dr. Richard Jenny, Dr. Nagel, Dr. Friedrich Stein-
metz, Dr. Rudolf Unterberger, Dr. Heinz Zillig.
Trainkommandanten (Proviant- u. Gefechts-'): Oberleutnant
Hermann Gollwitzer, Oberleutnant Hugo Pilz, Oberleutnant
Gustav Pamer, Oberleutnant Friedrich Ratzka, Leutnant Au-
gust Riebler.
318
Tierarzt: Veterinär Oberleutnant Josef Kirchweger.
Rechnungsführer: Oberleutnant Franz Kober, Oberleutnailt
Josef Berndl.
Feldkuraten: Gottfried Tengl, Wilhelm Wester.
Sturmkompagnie: Oberleutnant Boguszak, Leutnant Hans
Spatt, Leutnant Josef Langfellner, Oberleutnant Josef Lauf-
berger st, Leutnant Anton Angermayr st, Leutnant Fazeny
(Fafzeny).
Technische Kompagnie oder Züge (Technische Infanterie, In-
fanteriegeschütze, Pioniere): Leutnante Franta, Wilhelm v.
Klingenberg, Ko-rven, Lorenz, Mader, Reidl, Oswald Wagner.
Vorübergehend beim Regimentsstab eingeteilt: Oberst Hynek,
Oberstleutnant Kirsch, Oberstleutnant Kurt v. Obermayr,
Hauptmann Bauer, Hauptmann Egon Kulterer, Hauptmann
v. Neupauer, Landsturmleutnant Grutschnigg (Maler), Leut-
nant Huber, Leutnant Knorr.
Bataillonskommandanten: Oberst Oertl, Oberstleutnant
Müller, Maior Gottfried Burgstaller, Hauptleute: Robert
Aspöck, Gottlieb Baiar, Wenzel Engler, Heinz Hainschwang,
Joses Genfer, Franz Fischer, Udalrich Lehecka, Ludwig Deh-
ner, Zappe.
Bataillonsadjutanten: Leutnants: Fritz Haselmayr, Rudolf
Tresnh +, Martin Wehinger, Sepp Urban.
Bataillonshilfsplatz: Sanitätsleutnants: Georg Feder, Josef
Hain, Makovsky, Porstendorfer, Anton Tröster, Alois Wilf-
lingseder, Adolf Zober,er 's, Sanitätsfähnrich Slaritsch.
Maschinengewehrkompagniekommandanten: Oberleutnants:
Martin Berger, Haus Brunner, Ernst Hofmann, Leopold
Laura, Karl Rechvile, Hugo Rosmanit, Heinrich Schmer-
hoffky, Leutnants Franz Ertl, Karl Jaük, Karl Montl.
Handmaschinengewehrzüge: Fähnrich Karl Barabasch st,
Leutnant Sepp Linnemayr, Leutnant Stephan Neumair.
Kompagniekommandanten: Hauptleute: Stanislaus Her-
mann, Karl Sonviko, Oberleutnants: Augustin, Fred Arn-
reiter, Gustav Ainberger, Karl Diermayr, Alois Freund,
Zyrill Hasil, Erhard Heckel, Konrad Heckel, Franz Hütten-
mahr, Karl John, August Klengel, Thomas Komma, Leopold
Köck (Keck), Leicker, Karl Lichteneckert, Meiovsek, Mühlbach,
Georg Mairinger, Rudolf Oberleitner, Guido v. Oschtzadal,
Josef Polt, Stephan Penzendorfer, Rhiha, Karl Schmidt,
Adalbert Schneider, Schatzal, Schwarzenecker, Ad. Sehr, Spitz,
Stockhammer, Thomann, Karl Vacek, W>achtel, August Walch,
Anton Waidosch, Weigel, Dr. Werner.
Zugskommandanten (teilweise interim, auch Kompagnie-
tommandanten gewesen). Leutnants: Karl Adler st, Walter
Albrecht, Rudolf Auberger, Baby, Theodor Bacher, Johann
Balcarczik, Anton Bammer, Bauer, Karl Berger, Bischof,
Edmund Brauer, Brmidlmayr st, Karl Brunner, Josef Buch-
berger, Burda, Casensky, Calaun, Cech, Cevsavy Deinhardt,
Denk, Dirnhofer, Alb. Ebner, Johann Edelmann, Ehminger,
Gustav Ehrlich, Ettl, Heinrich Fenzl, Fischwann, Franta,
Otmar Fuchs, Emil Fuchsjäger, Gollant, Golliasch, Leopold
Grünkranz, Gregor Hahn, Hansl, Franz Harasko, Hüttl, Hütt-
ner, Ferdinand Hoflehner, Horby, Horak, Hradil, Karl Jäger
v. Waldau, Janetschek, Jersavy, Jesch, Kästner, Franz Kiesen-
hofer, Franz Kieweg st, Karl Kislingex, Klima, Klinser, Kohl,
Alexander Köhler, Kohlbacher, Köstler, Josef Kvanzl, August
Kranzl, Kramer, Franz Kratochwil, Krenn, Krenner, Kristen,
Kunrad, Kutschera, Kukatschka, Josef Lettner, Qetmaier, Fried-
rich Oerch, Libensky, Lustig, Lueger, Meßner, Alois Metz, Ernst
Mendl, Franz Mittendorfer st, Mik, Dr. Mifka, Mozieren,
Mück, Musil (Murik), Reimer, Roditschka, Nowotny, Panek,
Panholzer, Penzenleitner, Ed. Perlicka, Pernauer, Piskaty,
Ploberger, Polatschek, Pückl, Alois Rachinger, Rauscher, Josef
Razima, Karl Reiß f, Reknagel, Scheer, Schennacher, Scheer-
mann, Schilhahn, Otto Schmied, Anton Schmoller, Günter
Schott, Schramm, Samal, Seitler, Sixtl, Smeral, Sponar,
Franz Stadler, Steinkellner, Svab, Ed. Tiechtl, Tomann,
Johann Untersmayr, Bölhelm st, Bosta, Markus Wilnauer,
Woditschka, Wolny, Wolf,Zabinger, Zoglmair, Grüner, Stroh-
mair. — Fäh n r i ch e : Karl Barabasch st, Rudolf Bartel-
mus st, Bailmgartner, Fritz Becker, Chwosta, Edmund Essler,
Faffelberger, Felkl, Hackl, Hamr, Hlauschek, Wilh. Hladik,
Jellinek, Kerrle, Kosen, Karl Mayr, Franz Reumann, Probst,
Quitta, Theo Reisner, Romatschka, Schaufler st, Sambs,
Sommavilla, Leo Suda st, Vicanek, Franz Wagner, Jfldor
Zehngut.
Vom Unteroffizierskorps unseres Regiments.
Die Regimentsgeschichte der Zweier könnte nicht als abge-
schlossen gelten, wenn nicht auch einer bedeutenden Gruppe
Regimentsangehöriger, die zu den tragenden Säulen dieses
Eliteregiments gehörte, die gebührende Ehre erwiesen würde.
Es sind dies unsere Unteroffiziere. Sie waren ja das eigent-
liche Bindeglied zwischen Offizier und Mann, zwischen Befehl
und Ausführung. Ihre Strammheit, Tapferkeit, Opferfreudig-
keit und stete Dienstbereitschaft war mit entscheidend über die
gute Ausführung der Befehle und Erfolge in den Kampfhand-
lungen. Es kam.gar nicht selten vor, daß mutige und entschlos-
sene Unteroffiziere in Gefechten beim Ausfall ihrer Offiziere
in rascher Selbstentscheidung an deren Stelle das Kommando
über den Zug oder die Kompagnie übernahmen airtlb die Mann-
schaft zum Siege führten.
Leider fehlen auch bei den Unteroffizieren (wie bei den Offi-
zieren) Unterlagen, um Einteilungen in Dienstzweige vorneh-
men zu können und hunderte, ebenso verdienstvolle Unteroffi-
ziere, müssen ungenannt bleiben, weil auch hier die seiner-
zeitigen Aufzeichnungen nicht erhalten geblieben sind.
Offiziersslellvertreter: Josef Baum, Arnold Brauner, Hra-
bowsky, Ignaz Mandl, Ludwig Schenkhuber.
Stabsfeldwebel: Josef Czehofsky, Karl Dichtl, Moritz Dum-
hart, Josef Ertl, Franz Holzinger, Matthias Kaltenböck, Felix
Korber, Franz Prunner, Raindl, Johann Stöglehner, Ludwig
Unterberger, Hans Weberstorfer, Ludwig Wurm.
Feldwebel: Fritz Baumbach, Michael Bernhard, Franz Bo-
dingbauer, Emil Buchinger, Franz Derflinger, Ignaz Ehren-
gruber, Michael Feichtner, Theodor Fuchs, Michael Gaßner,
Josef Hamet, Karl Hauser, Alois Heitzinger, Hans Kaitinger,
Franz Katauschek, Hans Kirchmair, Hans Kirschl, Konrad
Landgraf, Josef Laska, Hans Lauber, Rudolf Leibetseder,
Ludwig Mattischek, Alfred Michl, Rupert Rößlböck, Josef
Obermayr, Franz Oiser, Franz Pepöck, Karl Pichlmayr, Josef
Pollack, Max Pönninger, Josef Pötzlberiger, Franz Scheibl-
mair, August Schubert, Moritz Schittengruber, Schober, Paul
Synek, Phil. Skapik, Rudolf Steiner, Richard Tautermann,
Alois Wenger, Franz Weser, Franz Wiesmayr, Hans Wind-
sche'k, Anton Wolfsberger.
Rechnunasnnteroffiziere: Franz Altmann, Karl Eonradi,
Artur Erasim, Franz Grau, Heinrich Haslinger, Hans Hau-
schild, Franz Karner, Franz Klicpera, Franz Koperte, Alois
Ledermüller, Franz Oberascher, Heinrich Rudolf, Max Schacht,
Ludwig Starzengruber, Josef Wiesbauer, Anton Wolfsberger.
Alles in allem konnten nur die Paar hundert Namen von
dien über zehntausend Zweiern, welche in den letzten^ zwei
Jahren des Kriegles, wienn auch oft nur für kurze Zeit, im
Feldregimente dienten, kämpften unld ihrer 300 auchl fielen,
aus den spärlichen Unterla>gen herausgefunden werden. Leider
viel zu wlenige. Ein Viellfaches dieser Z>ahl hätte ebenso ver-
dient, ehrend genannt zu werden. Besonlders zu bedauern ist
das Fehlen von Namen ails dem Heer der Mannschaftsper-
sonen ohne Chargen grade. Was hätte schon die höchste Tapfer-
keit der Kommandanten, Offiziere und Unteroffiziere genützt,
w>enn nicht hinter ihnen tausende braver, treuer Schützen mit
ebenso großem Mut zu folgen bereit gewesen wären! Und
unsere ,8^^ waren immer bereit. Gegenseitiges Vertrauen
verband in unserem herrlichen Regiment Offizier, Unteroffizier
und Mann in echter Kameraidschaft, die auch bis zum letzten
Tage des Krieges ungebrochen vorbildlich anhielt. Dieselbe
Kameradschaft schließt auch heute noch ihr unsichtbares, aber
doch wirksames Band um ilns noch lebende Zweier.
319
Leutnant Franz Langfellner erzählt, wie er sich die Goldene Tapferkeitsmedaille für Offiziere erwarb.
(Die einzige des Regiments.)
Das Gefecht am Monticanobach am 8. November 1917.
In der Nacht vom 7. auf den 8. November erstürmte
das II. Bataillon (Hauptmann Franz Fischer), nachdem
es auf Pontons die Livenza überschifft hatte, um 10 Uhr
nachts die feindliche Dammstellnng, etwa 500 Schritte
nördlich Motta di Livenza, und die Verfolgung des
flüchtenden Feindes ging weiter. Von Motta ging der
Marsch während der Nacht in südlicher Richtung nur bis
zum Monticanobach. Dieser Bach ist etwa 7 bis 8 Meter
breit und mehr als 2 Meter tief. Die Brücken waren
gesprengt, wir hatten also ein ganz nettes Hindernis zu
nehmen. Das II. Bataillon marschierte rechts und links
von S. di Motta auf. Das I. Bataillon wurde geteilt:
Die 1. und 2. Kompagnie und das III. Bataillon mar-
schierten zur Brücke von Muneretto, um dort den Über-
gang zu erzwingen. Die 3. und 4. Kompagnie, unter
Führung des Hauptmanns Balar und ich mit 3 Sturm-
patrouillen marschierten in der Richtung gegen Sala.
Am halben Weg mußte Leutnant Hahn mit zwei Jnfan-
teriezügen und zwei Maschinengewehren einen llber-
gangsversuch der Italiener abwehren. Zum Forcieren
des Monticanobaches blieben also noch die 3. Kompagnie
(Oberleutnant von Oschtzadal), ca. 80 Mann, die halbe
Kompagnie Oberleutnants Klengel, etwa 40 Mann, und
meine drei Sturmpatrouillen in der Stärke von 30
Mann, also zusammen gegen 150 Mann. Hauptmann
Balar wählte selbst den Übergangsort bei einer Schleuse.
Dort führte auch ein Karrenweg auf den Damm hinauf.
In der Umgebung wurden alle Leiterwagen und der-
gleichen requiriert, den Damm hinausgeschoben und ins
Wasser gerollt, um den Bach auszufüllen, so daß man
dann über die Wagen darüberstürmen konnte. Die Wa-
gen aber versanken oder schwammen davon; so ging es
also nicht. Zwei Maschinengewehre, unter Kommando
des Oberleutnants Hans Brunner, die bei der Schleuse
eingebaut waren, deckten den Übergang. Nach dem Miß-
glücken des ersten Versuches wurde mir befohlen, mit
den Sturmpatrouillen einen Steg zu bauen. Ich ließ
also Telegraphenstangen umschneiden und lief dann mit
ein paar Mann über den Damm. Dann ließ ich mittels
Seilen die Telegraphenstangen über den Damm ziehen
und nun versuchten wir die Stangen quer über den Fluß
zu bringen. Wir machten das so, daß wir die Stangen
ins Wasser legten, am unteren Teile festhielten und den
oberen Teil ins Wasser hinausschoben. Leider waren die
Stangen zu kurz. Nun ließ ich die höchsten Bäume am
User umlegen und endlich war ein Baum lang genug,
um die ersehnte Verbindung zu schaffen. Den zweiten
langen Baum brachten wir schon leichter an. Die Haupt-
sache war getan. Leider hatten wir bei dieser Arbeit
schon acht Leute durch Verwundung verloren, darunter
Fähnrich Krauskopf. Gott sei Dank wurde endlich das
italienische Feuer zum Schweigen gebracht, so daß die
Arbeit jetzt sehr rasch ging. Ich ließ von den noch vor-
handenen Wagen die Leitern abbrechen und schob sie
selbst auf den zwei Bäumen immer weiter gegen das
andere Ufer. Über die Leitern wurden Bretter gelegt
und der Steg war fertig. Sofort lief ich über den Steg,
kroch am andern Ufer den Damm empor und warf dort
eine Handgranate in das Gelände davor. Meine Sturm-
patrouillen waren inzwischen auch über den Steg ge-
kommen. Da die Italiener nicht angriffen, beschloß ich,
sie anzugreifen. Ich ging mit fünf Mann zunächst in
entgegengesetzter Richtung des uns beschießenden italie-
nischen Maschinengewehres (mit dem wollte ich später
abrechnen) und überraschte eine italienische Patrouille,
welche floh und fing eine andere ab. Mit den Gefan-
genen kehrte ich zurück. Inzwischen war bereits ein Zug
der 3. Kompagnie (Leutnant Stockhammer) über den
Bach gegangen und meine Sturmpatrouillen waren
komplett. Ich nahm mir nun vier Freiwillige und noch
sechs Mann, die ich bestimmte, und ging mit ihnen in
den Weingärten vor. (Die Leute hießen: Korporal Hei-
zinger, Gefreiter Mich! Pichler und die Schützen Josef
Meixner, Karl Hain, Franz Leitner, Berthold Vogel-
fang, Franz Steinmaier, Jakob Hluschko, Raimund
Wagner, Josef Dobretsberger. Die ersteren acht erhielten
später die Große silberne, die zwei Letztgenannten die
Kleine silberne Tapferkeitsmedaille.) Bald war ich auf
etwa 70 bis 80 Schritte an das Haus, in dem die italie-
nischen Maschinengewehre standen, herangekommen. Die
Italiener, etwa 25 Mann, waren eben im Begriffe sich
zu sammeln und die Maschinengewehre aufzupacken.
Meine Leute wollten schießen, ich aber wollte mehr
haben. Ich verbot das Schießen und ließ die Italiener
marschieren, weil ich dachte, sie würden sich noch mit
einer Abteilung vereinen und mit 50 bis 60 Italienern
320
wollte ich es schon aufnehmen. Ich schlich mich also nach.
Die Italiener marschierten ahnungslos 150 Schritte vor
mir im Haufen. Auf einmal tauchten auf der Straßen-
kreuzung italienische Doppelreihen auf. Im nächsten
Augenblick krachten auch schon unsere Stutzen, die Bajo-
nette waren bereits aufgepflanzt und dann ging es vor-
wärts auf die in Verwirrung davonlaufenden Italiener.
Im nächsten Augenblick waren auch die Doppelreihen in
Unordnung. Zum Teil flohen die Italiener, der andere
Teil war stehen geblieben. Ich warf eine Handgranate
den Fliehenden nach und schrie den anderen zu: „Giu le
arme!" Die Detonation und die Rauchwolke der deut-
schen Stielhandgranate übten eine deprimierende Wir-
kung auf die Italiener aus, außerdem kam ihnen alles
so schnell, daß sie erst dann begriffen, als es zu spät war.
Ich lief die italienischen Doppelreihen zurück, jedem, der
das Gewehr noch nicht weggeworfen hatte, den Revolver
vorhaltend, was die Entwaffnung außerordentlich be-
schleunigte. Gleichzeitig rief ich noch dem Korporal Hei-
zinger zu, mit der Spitze den Abmarsch zu beginnen,
während ich die Italiener noch mit einem „avanti" zur
Eile antrieb. Endlich war die Kolonne von den Waffen
weg, bevor sie noch entdeckt hatte wie schwach wir waren.
Wir standen im Verhältnis von 10 : 240.
Ein schwerverwundeter Italiener wurde mitgenom-
men.
Um zu verhindern, daß unsere Leute die Italiener
etwa beschießen würden (von meinen Leuten war ja in
der Masse der Italiener nichts zu sehen), lief ich vor.
Die 4. Kompagnie hatte tatsächlich schon gegen uns vor-
gehen wollen. Auf mein Winken und Schreien erkannten
sie die Situation. Ziemlich atemlos kam ich bei Haupt-
mann Balar an und meldete ihm kurz: „Herr Haupt-
mann, melde gehorsamst, mit 10 Mann ein italienisches
Bataillon gefangen." Der Hauptmann hatte natürlich
eine große Freude darüber. Die 4. Kompagnie übernahm
die gefangenen Italiener.
Die 3. Kompagnie (Oberleutnant v. Oschtzadal) hatte
inzwischen den Befehl erhalten, die starken, feindlichen
Kräfte am Damm nach rechts aufzurollen, um dem Hon-
vedinfanterieregiment Nr. 6, das rechts von uns an-
schloß, den Übergang zu erleichtern. Da wir schon um
11.30 Uhr vormittags über den Fluß gekommen waren,
während die Italiener die Linie bis 2 Uhr nachmittags
hätten halten sollen, kam ihnen der unerwartete Angriff
unserer Gruppe so überraschend, daß die 3. Kompagnie,
die mit vollem Marschaeväck stürmte, einen großen Erfolg
errang. Das Schloß Revedin wurde genommen, obwohl
es mit Truppen angefüllt war. 700 Italiener samt ihrem
Regimentskommandanten wurden gefangen.
Wir waren unterdessen auf die Straße Malentrata—
Motta gekommen. Dort sammelte sich das Regiment.
Jetzt erst konnte eine genaue Zählung meiner Gefan-
genen vorgenommen werden. Es waren 5 Offiziere und
241 Mann des 2. Grenadierregiments Sardegna mit
4 Maschinengewehren und 2 Mitrailleusen.
An Auszeichnungen erhielt mein Zug (außer den
schon früher angegebenen) noch 40 Tapferkeitsmedaillen
und ich selber die Goldene Tapferkeitsmedaille für Offi-
ziere. Hauptmann Balar und Oberleutnant v. Oschtzadal
erwarben den Eisernen Kronenorden III. Klasse.
Bildbeilagen:
Tafel I:
1. Reihe von links nach rechts:
Unglücksstelle bei C. Nini, südöstlich La Fossa am westlichen Ufer der Piave, an welcher am 21. Juni 1918 Oberst
des Generalstabs Alfred Purtscher durch Blindgänger fiel und Hauptmann Wund rat verwundet wurde.
Kaiserinspektion am 9. August 1918 auf der Straße Codroipo—Udine. Personen von links nach rechts: Stabsfeld-
webel Franz Holzinger, Oberleutnant Hans Brunner, Oberst Franz Karl v. Unger, dem Kaiser Karl die
Hand reicht, halbvevdeckt Brigadier Oberst v. Schuschnigg, Kaiser 'Karl, Exzellenz Feldmarschall Boroevie.
2. Reihe:
Oberst des Genevalstabs Alfred Purtscher, Regimentskommandant vom 24. April bis 21. Juni 1918.
Major Franz Thalhofer des Gebirgsschützenregiments Nr. 1 war vom 25. Juni bis 11. Juli 1917 Regiments-
kommandant der Zweierschützen.
Oberst Karl Christophori, Regimentskommandant, vom 11. Juli bis 28. Oktober 1917 und vom 9. Februar bis
21. März 1918.
3. Reihe:
Major Vinzenz Murek vom Schützenregiment Nr. 31 war (für die Zeit der Beurlaubung des Oberstleutnants Leo-
pold Hirsch) vom 5. bis 15. Mai 1917 Kommandant unseres Regiments.
Oberleutnant Karl Klein, langjähriger 1. Adjutant des Regimentskommandos, ausgezeichnet mit dem Eisernen
Kronenorden III. Klasse, dem Militärverdienstkreuz und den beiden Signum Laudis.
Oberleutnant Hans Brunner, Kommandant der Maschinengewehrkompagnie I, Verfasser dieses Heftes, Teil A,
Das Feldregiment.
Tafel II:
Bild 1: Letzter Regimentsstab in C. Zuliana im Oktober 1918.
Bild 2: Offizierskorps des II. Bataillons, Oberstleutnant Alfred Hölzl, 24. Oktober 1917 auf Kote 503 (Triesnik).
Bild 3: Offizierskorps des II. Bataillons, Hauptmann Robert Aspöck, vor der Piaveoffensive im Juni 1918.
Bild 4: Offiziere des Regimentsstabs und des III. Bataillons, Major Vinzenz Murek, in Dornberg, 12. Mai 1917.
Bild 5: Ein Teil des Offizierskorps des I. Bataillons, Hauptmann Gottlieb Balar, im November 1917.
Bild 6: Offiziere des III. Bataillons, Hauptmann Ludwig Lehner, im Lager Kote 566 am Beginn der 12. Jsonzo-
schlacht im Oktober 1917.
Tafel III:
Bild 7: Dekorierung von Mannschaft durch Oberstleutnant Alfred Hölzl nach dem Vormarsch im November 1917.
Bild 8: Dekorierte Chargen und Mannschaft 1917.
Bild 9: Offizierskorps des I. Bataillons, Hauptmann Balar, im Lager Sv. Ambros vor der 12. Jsonzoschlacht.
Bild 10: Regimentsstab vor dem Schloß in Carbonere am 24. November 1917.
Bild 11: Hauptmann Jaroslav Docekal, Hauptmann Oddo Suda, Oberarzt Dr. Franz Kröll, Fähnrich Adalbert
Schneider und dekorierte Mannschaft.
Bild 12: Offizierskorps des II. Bataillons, Hauptmann Franz Fischer, Oktober 1917.
Tafel IV:
Ehrentafel für die Gefallenen des Schützenregiments Nr. 2.
Hie Ehrentafel
der ehern. Zweier-Schützen
an der Stadtpfarrkirche in Linz falte Sarnisanskirchej
Unser ehemaliges tapferes k. k. Schützen-
Begirnent Br. 2 empfing im Jahre 1914 bei
Zurawniki, östlich van semberg, feine Feuer-
taufe. 3n den Iahten 1914—1918 stand das
ehemalige 2. Einzer fjaus-
regiment auf allen ßriegs-
fchauplähen und überall,
wo es galt, schier über-
menschliche Bufgaben zu lö-
sen, bewies das bewährte
Regiment seine Tapferheit
und treue Standhaftigkeit.
Diese fjelöentugenöen der
Nachwelt lebendig zu er-
halten, errichtete der Bame-
radschaftsbund ehemaliger
Zweier-Schützen in Einz in
aufrichtiger dankbarer Be-
sinnung rechts neben dem
fjaupteingang der Stadt-
pfarrkirche in Einz eine Se-
benhtafel; selbe wurde am
28. Bugust 1955 enthüllt
und van Bametaö TTlon-
signore Beligions-professor
Josef Bönig feierlich ge-
weiht.
Die Tafel (190X120 cm) ist aus schwar-
zem, nordischem Blauberg-Sgenit angefertigt
und ein wohlgelungenes Werk der fitma
fritz Bastner, Steinmehmeister in Einz. Der
obere Band ist mit dem Dereinsabzeichen aus
weißem Untersberger Warmor geziert, ein
Weisterstück des Bildhauers Josef fjuber von
der Einzer Bunstschule. — Die sinnvollen
Worte stammen von Bame-
rad Wajor a. D. Professor
Dr. Bnton Eang.
Die schöne 5rakturschrist
wurde von Bamerad Eud-
wig Wurm entworfen.
Bcht prächtige Blumen-
kränze mit geziemenden
Widmungsschleifen schmück-
ten die Ehrentafel! sie wur-
den von den Zweierschützen,
vom sjerrn Eandeshaupt-
mann und den einzelnen
Bameradschaftsverbänden
als Erinnerungszeichen ge-
spendet.
War auch das ursprüng-
lich geplante monumentale
Denkmal einem tief bekla-
genswerten Schicksal zum
Opfer gefallen, so glaubten
die Einzer Zweier-Schützen
dennoch, in schwerer Zeit
und in unentwegter prbeit ihre große Dankes-
schuld ihren gefallenen Bameraöen gegen-
über in einfacherer aber gewiß würdiger form
eingelöst zu haben.
Der kameradschastsbund etiem. Zweier-Schützen
Die Zweierschützen im Weltkrieg
Die JO. Jsonzoschiöcht J9J7.
Situation des Sch. st. hs 2 am 23. Mai. (schematisch).
Sch.st.2-/ pX/sch.z
Skizze 1
\
o\
Vk io.k.
G. Sch. 1
j SS
^ -ö- <fr. 10. k
>Sch.2
Brig. Res.
'k.
* \sich. Bes\
4. K. Sich. Bes.
Skizze 1: Gibt die Stellungen des Regiments am 23. Mai 1917 in schematischer Darstellung. Sie ist aber eben-
sogut für die anderen Einsätze verwendbar, da sich die Standorte der Bataillone und Reserven fast immer auf
dieselben Orte beziehen.
Skizze 2: Sie ist vielseitig verwendbar. Sie zeigt anschaulich den Raumgewinn der Italiener in 11 Jsonzoschlachten,
den Vormarsch in der 12. Jsonzoschlacht bis zur Piave, die Frontlinie nach der 12. Jsonzoschlacht, den Raum
um Codroipo—Biauzzo—S. Vidotto, den letzten Vormarsch an die Piave, Oktober 1918, und den Rückmarsch
bis Moggio, November 1918.
Skizze 3: Die Piaveschlacht vom 15. bis 22. Juni 1918; die erreichten Räume in den einzelnen Tagen der Schlacht,
den Standpunkt des Regiments am 21. Juni (Todesstelle des Regimentskommandanten), die Brückenkopfstel-
lung vom 15. bis 22. Dezember 1917 bei Zenson.
42
323
Lebende
$$$££! l/oti den JtaL in 11 JsQnioscfil.
erobertes hebtet-,
Urner l/ormarsch Ln /£ Icujen.
WB 'Front nach at. 1Z. JsonZoSc/fl. ju i
_______Letzter Marsch -nach b/eden, Okf. 191&. (j f
h+»i i m Rückmarsch 0/tt.-f1oü. 79/8. * ~v
O .
Fltfr«ch
CL TriebV W
-I 'II
'' 1L
Situation des Regte, amiyfiijimi jm#
l 9 i
Brückenkopf z^tnson iS.■
mmm
B: Das Ersatzbaon des ehem. I k. Landwehr-Infanterie-Regiments Linz Nr. 2
(Schützen-Regiment Nr. 2)
Zusammengestellt aus den Erinnerungen von Kameraden des ehem. Schützenregiments Nr. 2
Das Ersatzbataillon des ehem. k. k. Landwehr-Infan-
terieregiments Linz Nr. 2 (später umbenannt k. k. Schüt-
zenregiment Nr. 2) wurde am 3. März 1915 von Linz
nach Brünn verlegt.
Zweck und Aufgaben des Ersatzbataillons waren:
a) Ausbildung der einberufenen Jahrgänge (Ersatz-
reservisten und Rekruten) bei den einzelnen Ersatz-
kompagnien.
b) Aufstellung und Ausrüstung der zur Ergänzung bzw.
Auffüllung an das Feldregiment abgehenden Marsch-
bataillone (Kompagnien und Züge).
o) Sammlung der aus den Lazaretten entlassenen Ver-
wundeten und Kranken (Betreuung der Rekonvales-
zenten — Beurlaubung).
d) Entlassung der waffenunfähigen mindertauglichen
Soldaten im Superarbitrierungswege.
Einteilung und Unterkünfte des Ersatzbataillons in
Brünn:
Kommandant: Oberst Franz Sekker in Linz bis zur Ver-
legung des Ersatzbataillons nach Brünn.
Nachher erfolgte in Brünn ein öfterer Wechsel in
der Kommandoführung, so waren längere Zeit Oberst-
leutnant Wilhelm Mayer-Kofler, Oberst L. Rigger
und vorübergehend Oberst Franz Karl Unger v. Zu-
rawniki u. a. Offiziere als Kommandanten eingeteilt.
Dieser Wechsel in der Kommandoführung erfolgte
auch öfter sowohl beim Adjutanten als auch bei den
Kommandanten der einzelnen Ersatzkompagnien und
sonstigen Dienststellen.
Kommando: Talgasse.
Adjutant: Hauptmann Wenzel Mazurek.
1. Ersatzkompagnie: Winterhollerschule — Winterhol-
lerplatz.
Musikkapelle: Dirigent Franz Schlesinger,
Musikführer: Feldwebel Josef Ullmann.
2. Ersatzkompagnie: Wienerschule — Wienerstraße.
Einjährig-Freiwilligen-Schule.
3. Ersatzkompagnie: Schwarzawa-Schule.
4. Ersatzkompagnie: Alte Realschule — Johannesgasse.
5. Ersatzkompagnie: Salzamtgasse.
6. Ersatzkompagnie: Talgasse — Wachabteilungen.
Maschinengewehr-Ersatzkompagnie: (aufgeteilt) Zucker-
fabrik — Baracken; Tivoli — Malzfabrik.
Superarbitrierungsabteilung: Zuckerfabrik — Schreib-
wald.
Verpflegungsanstalt: Zentralverpflegungsamt der Gar-
nison Brünn.
Augmentationsmagazin: Neue Landwehrkaserne —
Prinz-Eugen-Straße — Hauptmann Paul Wastler,
Oberleutnant der Reserve Josef Reith, Feldwebel F.
Nagl.
Ausrüstungsstelle der Marschbataillone: Zuckerfabrik
Schreibwald (40 Marscheinheiten).
Rechnungsstelle: Hauptmann Rechnungsführer Josef
Narber u. a.
Rekonvaleszentenabteilung: Glockenschule — Komman-
dant: Oberst I. Hummel; Abteilungskommandant:
Hauptmann Josef Bleimer, gestorben 1951.
Übungsplätze: Schreibwald — Königsfeld — Franzens-
berg — Spielberg — Gelber Berg.
Schießstätte: Medlanko.
Sanitäres: Lazarette, Krankenfürsorge: In jedem Unter-
kunftsbereich befand sich ein ärztliches Dienstzimmer
(Marodenzimmer). Spitalsbedürftige Soldaten fan-
den Aufnahme im Garnisonsspital Nr. 5 in Brünn
oder in einem Reservespital. Bereits im Jahre 1917
wurden viele Mindertaugliche einberufen. Die fach-
ärztlichen Untersuchungen zur Feststellung des Taug-
lichkeitsgrades vermehrten sich, so daß eine eigene
Superarbitrierungsabteilung in der Zuckerfabrik im
Schreibwald eingerichtet wurde, wo alle Mindertaug-
lichen von den Ersatzkompagnien zusammengefaßt
wurden. Von der Superarbitrierungsabteilung wur-
den diese den fachärztlichen Abteilungen im Garni-
sonsspital Brünn zugeführt. Die Herzkranken gingen
zur stationären Untersuchung in das Reservespital
Nr. 16 in Wien ab. Die Überwachung des Gesund-
heitszustandes bei den Landwehr-Ersatzformationen
oblag dem jeweiligen Landwehr-Stationschefarzt. Im
Laufe der Jahre waren beim Ersatzbataillon in Brünn
als Chefärzte eingeteilt: Oberarzt Dr. Rudolf Unter-
berger, Stabsarzt Dr. Richard Großmann und Regi-
mentsarzt Dr. Franz Kröll. Gleichlaufend mit der
Ausbildung bei der Truppe waren auch ständig Kurse
326
für Ausbildung zum Blessiertenträger — wie man die
Kranken-Verwundetenträger damals nannte — und
solche auch für Sanitätsunteroffiziere. Als Sanitäts-
feldwebel war damals auch Kamerad Franz Scheibl-
mair dem Nnterrichtsleiter (Militärarzt) für prak-
tischen Unterricht in der ersten Hilfe zugeteilt. (1917
bis 1918.)
Offiziersmesse: Nouuengasse.
Unterossiziersmesse: Th algasse.
Professionisten-Werkstätte: Prinz-Eugen-Straße.
Kriegsmuseum des ehem. k. k. Schützenregiments Nr. 2
in Brünn, Prinz-Eugen-Straße. — Organisator und
Leiter: Oberleutnant der Reserve Josef Reith, gestor-
ben 28. Mai 1954 in Linz.
Stadtkommandant von Brünn: Generalmajor F. Pösch-
mann.
Rückkehr des Ersatzbataillons bzw. Auflösung
Der damalige Bürgermeister der Landeshauptstadt
von Oberösterreich, Herr Dr. Franz Dinghofer, gestor-
ben am 12. Jänner 1956, hat persönlich am 12. Juni
1918, also noch vor Kriegsende, eine Denkschrift an den
damaligen Minister für Landesverteidigung, Ritter von
Czapp, wegen Rückverlegung des Ersatzbataillons von
Brünn nach Linz gerichtet. Diesem Schreiben wurde von
Seite des Landesverteidigungsministeriums eine wohl-
wollende Prüfung der Angelegenheit zugesagt, leider ist
aber die Entscheidung ausgeblieben.
Die Aufnahme der Oberösterreicher seitens der Brün-
ner Bevölkerung war anfangs freundlich; schön gestaltete
sich auch der Abgang der Marschbataillone unter den
Klängen der Musik und der Verabreichung von Blumen.
Gegen Ende des Krieges aber begegnete die Bevölkerung
den deutschsprechenden Angehörigen des Ersatzbataillons
mit Spott, Verachtung, ja sogar mit Haß. Dieser Wan-
del der Gesinnung bedeutete eine unverdiente Erwiede-
rung für alle, die ein solch bitteres Schicksal erleben
mußten. Noch vor Kriegsende erfolgte eine nicht zu be-
schreibende Auflösung des Ersatzbataillons in Brünn.
Die Mannschaften mußten ihre Waffen abführen, die
Zeichen der Dienstgrade wurden ihnen von den Mon-
turen genommen, sang- und klanglos erfolgte die Ent-
lassung in ihre Heimat. Dies war eine Folgeerscheinung
der damaligen politischen völkerentfremdenden Verhält-
nisse.
Werdegang zur Aufstellung der Marschbataillone:
Die zur Ergänzung des Feldregiments bestimmten
Marschbataillone wurden in der Zuckerfabrik zusammen-
gestellt, ausgerüstet und einer kurzen Ausbildung im
Felddienst unterzogen. Im Laufe der vier Kriegsjahre
sind 40 Marscheinheiten zum Feldregiment abgerückt.
Man kann wohl sagen, daß über 30.000 Mann in dieser
Zeit zur Auffüllung bzw. Ergänzung abgegangen sind.
Der Werdegang für die Zusammenstellung einer
Marscheinheit war folgender: Der nach seiner Verwun-
dung (Erkrankung) wieder marschfähige Mann, der ans
dem Lazarett (Spital) entlassen wurde, kam noch zu
einer kurzen Erholung, eventuell Behandlung in die Re-
kouvaleszentenabteilung in Brünn in der Glockenschule
und wurde in einen Zug eingeteilt. Daselbst bestand
außer der ärztlichen Betreuung bereits ein bestimmtes
Tagesprogramm für die einzelnen Rekonvaleszenten.
Nach einigen Wochen erfolgte neuerlich eine ärztliche
Untersuchung. Fiel diese günstig aus, wurde der Mann
nach einem Heimaturlaub (Anbau- oder Ernteurlaub)
an eine Ersatzkompagnie überstellt. Hier begann nun
wieder der eigentliche militärische Dienst und von da
wurde der Mann sodann auf Grund seiner Tauglichkeit
(ärztlicher Untersuchung) für den Frontdienst abermals
zur Marsch formation eingeteilt.
Nicht selten ist es vorgekommen, daß manche zwei-
bis dreimal diesen Weg durchmachten. Mitunter kam es
aber auch vor, daß sich Soldaten gleich nach ihrer Ge-
nesung wieder freiwillig zur Marscheinheit meldeten.
So manche Erinnerung hat sich an den Aufenthalt
in Brünn und die dortige militärische Dienstleistung er-
halten. Die Zweierschützen erfreuten sich zunächst in
Brünn großer Beliebtheit und man sagt, daß auch so
mancher von diesen einst sein junges Soldatenherz da-
selbst verloren hat. So schön der Anfang, doch so bitter
das Ende.
In Brünn erfolgte am 13. Juli 1915 die Gründung
des Jnvalidenfonds des ehem. k. k. Landwehr-Infan-
terieregiments Linz Nr. 2. Die Gründer dieser Institu-
tion waren Hauptmann Paul Waftler und Oberleutnant
der Reserve Josef Reith. Der Präsident war der jewei-
lige Kommandant des Ersatzbataillons. Diesem unter-
stand ein gewähltes Komitee. Im Jahre 1917 wurde der
Jnvalidenfonds umbenannt in Kriegshilfsfonds des
k. k. Schützenregiments Nr. 2. Nach Kriegsende und Auf-
lösung des ehem. Schützenregiments Nr. 2 erfolgte im
Jahre 1919 die Angliederung an bereits bestehende In-
stitutionen in Oberösterreich.
Dies soll ein kleiner Auszug sein aus dem einst so oft
genannten Ersatzbataillon des ehem. k. k. Schützenregi-
ments Nr. 2, mit welchem, fast könnte man sagen, die
gesamten ehem. Regimentsangehörigen, Offiziere, Unter-
offiziere und Mannschaft in den Kriegsjahren 1914 bis
1918 einmal verbunden waren.
Kameradschaftsbnnd ehem.
Zweierschützen in Linz.
327
C: Kameradschaftsbund ehem. Zweier-Schützen in Linz
Das ehem. 1 k. Schützenregiment Nr. 2 hat mit
12. November 1918 zu bestehen aufgehört. Der stolze
Regimentsruf: „Ein Schütz bin ich in des Regenten
Sold ..." war für immer verklungen. Der letzte Re-
gimentskommandant Oberst Franz Karl Unger v. Zu-
rawniki verabschiedete sich von den Offizieren, Unter-
offizieren und Mannschaften mit dem Danke für ihre bis
zum Schlüsse bewahrte Treue. Seine Worte klangen aus
in dem Wunsche, das schöne, tapfere Regiment nicht zu
vergessen, das treue Gedenken an seine gefallenen Kame-
raden immer hoch zu halten, und sich auch jetzt im bür-
gerlichen Berufe als tüchtige, Heimattreue Männer zu
zeigen. Mit dem Gruß an alle Kameraden und deren
Angehörigen, Glück und Gesundheit — auf ein Wieder-
sehen! — hat die Verabschiedung der ehem. Regiments-
angehörigen ihr Ende gefunden.
Aber es dauerte nicht lange; die ehem. Zweierschützen
vereinigten sich bereits im Jahre 1921 in dem gegrün-
deten Mannschaftsbund der Linzer Zweierschützen. Die-
ser Mannschaftsbund hielt monatlich seine Zusammen-
künfte und hatte sich die Unterstützung bedürftiger Ka-
meraden zum Ziel gesetzt. Fast zu gleicher Zeit rief auch
Oberst Franz Karl Unger v. Zurawniki die ehem. Re-
gimentsangehörigen zum Zusammenschluß im „Kame-
radschaftsbund ehem. Zweierschützen" auf. Pflege der
Kameradschaft, Unterstützung bedürftiger Kameraden,
Festlegung der Regimentsgeschichte, Schaffung eines
Ehrenmals für seine verewigten Opfer 1914 bis 1918
u. v. a. waren die Aufgaben, die sich der Kameradschafts-
bund stellte. Treue, selbstlose und ideale Kameraden hat-
ten sich zur Verfügung gestellt und in kameradschaftlicher
Zusammenarbeit mit ihrem unermüdlich arbeitsfreu-
digen Vorstand in gewiß anerkennenswerter Weise
schöne Erfolge erzielt. Diese Taten und Geschehnisse sind
in einer Vereinsgeschichte (Chronik) aus den einzelnen
Jahresberichten zusammengestellt, und kann jeder Kame-
rad daraus die Tätigkeiten aus den Jahren des Bestan-
des (1921 bis 1938) ersehen.
Viele Kameraden, die verdienstvoll während dieser
Zeit im Kameradschaftsbund ehem. Zweierschützen mit
voller Hingabe gearbeitet haben, mit ihrem Obmann
Oberst Franz Karl Unger v. Zurawniki und dessen Stell-
vertreter Kameraden Karl Leistner, der sich auch als da-
maliger Obmann des Denkmalausschusses besondere Ver-
dienste erworben hat, sind bereits eingerückt zur Großen
Armee. — Ehre ihrem Andenken!
Als besondere Begebenheiten seien hier verzeichnet:
1. Die Weihe unserer ehem. Regimentssahne am
8. Juni 1924 durch den damaligen Brigadepsarrer
Matth. Spannlang im alten Dom in Linz.
2. Eröffnung des Zweierschützenmuseums in Wels
(Ledererturm) am 30. Mai 1930. Leider ist auch dieses
schöne, ehrende Werk nicht mehr erhalten geblieben.
3. Errichtung von Ortsgruppen und Kameradschaften
in Wien, Salzburg, Wels, Steyr, Eferding, Freistadt
u. a. im Laufe der Jahre 1925 bis 1935. (Es waren
damals über 500 Mitglieder.)
4. Erscheinen der Regimentsgeschichte (Heft 1—4) in
den Jahren 1928 bis 1937.
5. Bestimmung des ehem. oberösterreichischen Alpen-
jägerregiments Nr. 8 in Wels als Nachsolge-(Tradi-
tions-)regiment ab Juli 1928.
6. Südsrontreise des Kameradschastsbundes ehem.
Zweierschützen, 95 Kameraden unter Leitung des da-
maligen Brigadepfarrers Franz Sandberger am 28. Au-
gust bis 2. September 1933.
7. Schaffung des Ehrenmals für die gefallenen Hel-
den des ehem. Schützenregiments Nr. 2 (1914 bis 1918),
dessen Zusammenstellung und Enthüllung jedoch dem
Zeitgeschehen der Jahre 1939 bis 1946 zum Opfer fiel.
Für diese Ehrensache hatten sich durch Jahre in selbst-
loser Weise ehem. Regimentsangehörige (Offiziere,
Unteroffiziere und Mannschaften) durch Abhaltung von
Lichtbildervorträgen („Die Zweierschützen im Felde")
in vielen Orten Oberösterreichs freiwillig zur Verfügung
gestellt.
8. Ableben des letzten Regimentskommandanten und
Obmannes des Kameradschaftsbundes ehem. Zweier-
schützen Generalmajor Franz Karl Unger v. Zurawniki
am 14. Oktober 1938 in Linz. — Verfasser der Regi-
ments-Geschichte. (Heft 1 bis 4.)
9. Die alljährliche würdevolle Feier des Regiments-
Gedenktages (Podzamce-Pilica am 18. November 1914)
durch die Regimentskommandanten mit allen Angehö-
rigen des Traditions-Regiments OÖ. Alpenjäger-Regi-
ment Nr. 8 und dem Kamevadschaftsbund der ehem.
Zweierschützen.
49. Übergabe der Regimentsfahne mit zwei pracht-
vollen Fahnenbändern des ehem. k. k. Schützenregiments
Nr. 2 an das OÖ. Alpenjäger-Regiment Nr. 8 in feier-
licher Weise in Linz am 2. Oktober 1935. — Nachstehend
die Kommandanten des Traditions-Regiments bis zum
Jahre 1938. 1924: Oberst Ernst Bauer. 1926: Oberst
Hugo Schefeld. 1929: Oberst Franz Fischer. 1931:
328
Oberst Josef Turek. 1932: Oberst Eduard Jungwirth.
1935: Oberst Eugen Walland. 1937: Oberst Ludwig
Lehner.
Aus diesen kurzen Angaben ist zu ersehen, daß der
Kameradschaftsbund ehem. Zweierschtttzen in seinem
ersten Bestehen in jeder Hinsicht wahrhaft Hervorragen-
des geleistet hat, und daß wir als dessen Nachfolger ver-
pflichtet sind, unseren Vorgängern, von denen die mei-
sten bereits das Zeitliche gesegnet, zu danken, mit dem
Gelöbnis, ihr Vermächtnis in Ehren zu halten.
Die folgenden Jahre brachten sodann die gänzliche
behördliche Auflösung des Kameradschaftsbundes ehem.
Zweierschützen und damit die Liquidierung seines Ver-
einsbesitzes im Jahve 1946. — So mancher bereits er-
graute ehem. Zweierschütze wurde im Zweiten Weltkriege
nochmals zu den Waffen gerufen und nicht selten kam
es vor, daß der Kamerad beinahe an gleicher Stelle
eingesetzt wurde, wo er bereits vor 30 Jahren als junger
Krieger gestanden war.
Nun schien es, daß alle Arbeit und Mühe unserer ver-
ewigten Kameraden vergeblich -gewesen war. — Doch ab
und zu trafen sich einige herzhafte Kameraden und es
wurde wieder langsam die Regung wach, das Erbe
unserer Vorgänger doch zur Vollendung zu bringen. —
Schwer lag das arme Vaterland mit seiner ihm auf-
gezwungenen Besatzung darnieder, jeder unternommene
Versuch, das Werk zu vollenden, war in dieser Hinsicht
von vornherein unmöglich gemacht. -— Endlich begann
nach beinahe acht Jahren die Sonne auch für die braven
noch lebenden ehem. Zweierschützen einen Lichtstrahl auf
den düsteren Himmel aufleuchten zu lassen.
Im Jahre 1954 wurden die ehem. Zweierschützen
abermals aufgerufen, sich zum letztenmal zu vereinen.
Klein war die Anzahl, aber es dauerte nicht lange, die
Reihen wurden immer dichter. Große Aufgaben standen
nun dem neugegründeten Verein bevor. Aber mit vollem
Vertrauen und idealer Hingabe für die schöne Sache
wurde das ehrende Vermächtnis mit fester Zuversicht
übernommen. Mit Freude wurde von den Kameraden
der zwar durch zahlreiche Hemmnisse gehinderte aber
endlich doch erfolgreiche Fortschritt in unserem 4-Punkte-
Programm begrüßt, zu welchem jeder Angehörige des
Vereines sein Bestes beigetragen hat.
Endlich konnten wir auch wieder unseren Namen
„Kameradschaftsbund ehem. Zweierschützen" führen.
Unsere schöne ehem. Regimentsfahne durfte mit Ge-
nehmigung höchster Behörden in die Heimat zurück-
gebracht werden. — Unsere finanzielle Lage konnte end-
lich auch durch Rückgabe des seinerzeit liquidierten Be-
sitzes gehoben werden. — Und so ging nun der Verein
daran, auch die Ehrenpflicht und Dankesschuld für unsere
über 4000 gefallenen Opfer (1914—1918) durch Schaf-
fung einer würdigen Ehrentafel einzulösen.
Die schwarze Marmortafel (siehe Bildbeilage 4) an
der alten ehrwürdigen Stadtpsarrkirche in Linz (ehem.
Garnisonskirche) kündet von dem Gelöbnis, das die
ehem. Zweierschützen ihren toten Kameraden schuldeten.
Den noch lebenden Kameraden zum treuen Gedächtnis,
und den Nachkommen zur Mahnung und Besinnlichkeit
über den Heldenmut ihrer Vorfahren.
Nun ist auch das letzte Werk, der Abschluß unserer
schönen Regiments-Geschichte, zur Vollendung gebracht
worden. Das Heft 5 ist ans finanziellen Gründen in
etwas einfacherer Ausstattung erschienen. Kameraden,
wir bitten Euch, nehmt dieses Werk auch als ein Denk-
mal treuer Kameradschaft im Gedenken an unser einst
schönes und tapferes Schützenregiment Nr. 2, als Er-
innerung an vergangene frohe Stunden — aber auch
gemeinsam erlebter Not und Entbehrung, mitunter auch
schwerer Schicksale in treuer Pflichterfüllung — mit
Dank entgegen.
Wir haben Euch, liebe Kameraden, im ersten Jahres-
bericht (1956) eine Übersicht über das Geschaffene gege-
ben, dies soll kein Loblied sein, sondern nur eine Dankes-
schuld, die wir an unsere braven Kameraden, die bereits
von uns gegangen, noch zu erfüllen hatten. Für uns war
es eine Herzenssache; nun können wir uns mit Ruhe
und innerer Befriedigung der treuen Kameradschafts-
pflege widmen.
Möge jedem einzelnen ehem. Zweierschützen das Glück
bester Gesundheit für viele Jahre beschieden sein. Denket
aber auch öfter zurück an Eure alten Kameraden! —
„Tapfer, standhaft und treu" war einstens der Wahl-
spruch unseres schönen Regiments und er soll es auch
bis an unser Lebensende bleiben!
Für den Vorstand des Kameradschaftsbundes ehem.
Zweierschützen in Linz kameradschaftlich grüßend
Kam. Karl Hauser, e. h., Obmann,
Kam. Franz Scheiblmair, e. h., Schriftführer,
Kam. Johann Stöglehner, e. h., Kassier.
329
Schlußwort.
Namen werden vergehen.
Taten bleiben bestehen.
Nun haben wir bas letzte Werk, unsere Regiments-Geschichte, vollendet, zur Ehre unserer verewigten
Kameraden und zur Freude der noch lebenden ehern. Zweierschützen. — Sollte dies gelungen sein, so können
wir mit Genugtuung auf unsere Arbeit zurückblicken.
Zum Schlüsse sei allen, die durch ihre wertvollen Beiträge und Mitarbeit an diesem schönen Ehrenbuch
mitgeholfen und selbes zur Vollendung gebracht haben herzlicher kameradschaftlicher Dank gesagt.
Diese Regiments-Geschichte soll auch unseren Nachkommen Kunde geben von der Heimatliebe ihrer Väter
und von der Treue zu Volk und ihrem Vaterlande Österreich!
Auch der Hofbuchdruckerei Jos. Feichtingers Erben (Inhaber Hans Woisetschläger) sowie der Klischee-
Anstalt Fa. F. Kramer in Linz wird hiemit für die einwandfreie technische Herstellung des Gesamtwerkes unsere
volle Anerkennung ausgesprochen.
Kameradschaftsbund ehem. Zweierschützen in Linz.