Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (6, Die Neuzeit ; Erste Periode / 1927)

Deutschland im Zeitalter der Reformation 
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Herrschaftsbereiche des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz. Indes 
sen sollte der Triumph der Sieger auch in Worms nicht von langer 
Dauer sein. Der Kurfürst stellte dem Wormser Magistrat Hilfstrup 
pen zur Verfügung, mit deren Beistand die aufständischen Zünfte 
bezwungen und Chemnitz sowie seine Helfershelfer aus der Stadt ver 
trieben wurden. So konnten die Wormser Juden neun Monate nach 
der Ausweisung in der alten Heimstätte erneut Fuß fassen (Januar 
1616). 
Ein Teil der Wormser und Frankfurter Exulanten hatte zeitweilig 
in Mainz Zuflucht gefunden. Diese alte jüdische Gemeinde, die im 
Jahre aufgelöst worden war und deren Mitglieder sich über die 
benachbarten Ortschaften zerstreut hatten (Band V, § 48), sollte 
iio Jahre später mit Genehmigung des Mainzer erzbischöflichen 
Kurfürsten ihre Wiederherstellung erleben (i583). Die unter dem 
schützenden Arm des Kirchenfürsten zu neuem Leben erstandene 
kleine Gemeinde vermochte jedoch ihre ehemalige Bedeutung nicht 
wiederzuerlangen und stellte gleichsam nur ein lebendiges Denkmal 
der mittelalterlichen Zerstörungssucht dar. — Einen noch trost 
loseren Anblick bot das jüdische Leben in Straßburg, dessen Ge 
meinde schon im XIV. Jahrhundert völlig zertrümmert worden war 
(Band V, § 45). Die elsässische Hauptstadt, die von einem Kranz jü 
discher Siedlungen umgeben war, duldete die Juden lediglich als in 
geschäftlichen Angelegenheiten dort weilende Gäste, nicht aber als 
ständige Einwohner, und der Straßburger Magistrat wurde nicht müde, 
die „verbrecherischen“ Pläne der Juden, die ihren zeitweiligen Auf 
enthalt in einen ständigen zu verwandeln trachteten, immer wieder 
zunichte zu machen. So konnte denn in Straßburg von einer Ge 
meinde im eigentlichen Sinne des Wortes überhaupt keine Rede sein; 
vielmehr bildeten hier die Juden eine lose Gruppe, deren Mitglied 
schaft fortwährend wechselte. Im Jahre 1570 bestätigte Kaiser Maxi 
milian die Verordnung des Straßburger Magistrats, durch die die ge 
setzlich zulässigen Handelsbeziehungen zwischen Christen und Juden, 
mit denen für die letzteren ein befristetes Aufenthaltsrecht verbunden 
war, auf ein Mindestmaß reduziert wurden. Einige Jahrzehnte spä 
ter mußte jedoch der Stadtrat zu seinem Schrecken feststellen, daß 
die Bürger, ungeachtet des Verbotes, mit den Juden nach wie vor 
Handelsbeziehungen unterhielten und ihre Kredithilfe in Anspruch 
nahmen, wobei sie sie nicht nur in der Umgegend aufsuchten, son
	        
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