Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Die Juden im christlichen Spanien (XIII. Jahrhundert) 
Niederlage beigebracht worden war, beschlossen sie, ihre Propaganda 
in die jüdischen Volksmassen zu tragen; das Volk weigerte sich aber, 
die „predigenden Brüder“ anzuhören und mußte mit Gewalt zu ihren 
Predigten zusammengetrieben werden. Einen Monat nach der Dis 
putation, am 26. August 1263, erließ der König ein Dekret, in dem 
den Behörden vorgeschrieben wurde, den Missionaren allerorten Bei 
stand zu leisten, die Sarazenen uiid Juden jeglichen Alters und beider 
lei Geschlechts zu zwingen, den Versammlungen der Ordensbrüder 
beizuwohnen und ihre Predigten ohne Widerrede anzuhören sowie 
die zur Taufe Geneigten vor Beschimpfung mit dem Schmähnamen 
„renegado“ oder „tornadis“ (Renegat, Bekehrter) und vor sonstigen 
Anschlägen in Schutz zu nehmen. Zum Leiter der Missionsaktion 
unter den Juden wurde wiederum Paulus Christiani ernannt. Durch 
einen besonderen königlichen Befehl (vom 29. August) wurde den 
jüdischen Gemeinden kundgetan, daß der „zu ihrer Anleitung auf 
dem Wege des Heiles“ entsandte Bruder Paulus bevollmächtigt sei, 
in Synagogen und Privathäusern zu predigen, wobei von den Juden 
verlangt wurde, daß sie diesen Predigten beiwohnen und „voll Ach 
tung und Demut, ohne Ausflüchte“ seine Fragen beantworten sollten; 
auch waren sie angehalten, Paulus ihre Bücher zur Prüfung vorzu 
legen und auf seine Forderung hin die das Christentum herabwürdi 
genden Stellen auszumerzen. Am nächsten Tage traf indessen ein 
neuer königlicher Befehl ein, der die am Vortage ergangene Ver 
fügung einschränkte, indem er die Juden von dem obligatorischen 
Anhören der Missionspredigten und namentlich von der Beteiligung an 
den religiösen Disputationen außerhalb des jüdischen Viertels befreite. 
Bald erging auch eine authentische Interpretation des königlichen 
Dekrets über die Rezensierung der jüdischen Bücher (1264) • eine 
aus Kirchenwürdenträgern (Pennaforte, Raimund Martin, dem Ver 
fasser eines judenfeindlichen Buches u. a.) zusammengesetzte Zensur 
kommission sollte die von „Gotteslästerung“ zeugenden Stellen in den 
jüdischen Büchern anstreichen und die Besitzer der Abschriften unter 
Haftbarmachung der angesehensten Gemeindemitglieder zur Ausmer 
zung dieser Stellen auf fordern. Schon im Jahre 12 65 entband indessen 
der König die Gemeinde von Barcelona auch von dieser Verpflichtung 
und ließ überdies nochmals kundtun, daß die Juden den Predigten 
der Dominikaner, Minoriten und anderer Mönche außerhalb des jü 
dischen Viertels nicht beizuwohnen brauchten. Diese letztere Maß 
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