Stelle der Toten ital. Handgranaten. Die Einsegnung unterblieb. Zum Schlüsse
ging Feldkurat Steiner, wie täglich, zu seinen toten Kameraden in der
Friedhofsanlage nächst Gallio, bei denen er in langem Gebet verweilte.
15. Die letzten Tage auf Mte. Sisemol.
Am 20. Juni begannen die Italiener schon um 2 Uhr mit heftigen Art.-
Feuerübersällen einzusetzen. Ab 5 Uhr steigerten sie sich zum schwersten
Trommelfeuer gegen den Abschnitt des II. Baons Strohschneider und
sprangen auch zeitweise gegen das Res.-Baon Herrmann, gegen Gallio, die
Mühlen am Eck und auf die Zufahrtswege über. Mit unerhörter Munitions¬
Verschwendung hielt dieses Feuer bis Mittag an, um endlich in ein ruhiges
Streufeuer überzugehen. Am 21. und 22. Juni wiederholte der Gegner tagsüber
seine schwere Art.-Beschießung gegen das II. Baon. Am 22. Juni währte diese
maßlose Beschießung auch während der Nachtstunden und zerpflügte insbesondere
den rechten Flügel des Abschnittes Strohschneider mit Sprengtrichtern
aller Kaliber. An diesem Tage wurde auch der schöne, schlanke Turm in Gallio
ein Opfer des Krieges. Mit dumpfem Dröhnen stürzte er ein, die ganze
Umgebung in Staub hüllend. Nach einer am 20. Juni vorgenommenen
Rekognoszierung der zugewiesenen Dauerstellung durch den Brigadier, den
Rgtskmdten., Hptm. Siegel und Pionoffz. marschierte am 22. Juni Hptm.
Siegel mit der 3. und 4. Komp, zum Ausbau in den Raum nördl. Bosco ab.
Die 1., 2. und M.G. unter Kmdo. des Oblt. Schwab verblieb bis 23 Uhr des
23. Juni im Raume Villa Rosst—C. Rotz, um dort eine flüchtige Zwischenstellung
für das Rgt. herzustellen.
Rgtskmdt. Obstl. Tenn er besuchte am 23. Juni die beiden Abschnitts-
kmdten Herrmann und Strohschneider und hielt mit diesen längere
Besprechungen über die Art des befohlenen Rückzuges ab. Ruhigen Schrittes,
mit soldatischem Ernste, ging er mit Oblt. Löschnig, trotzdem die fdl. Art.
wieder ununterbrochen die Abschnitte abstreute, die ganze Stellung ab. Seine
kurze, Knappe Art, mit dem Manne im Schützengraben zu sprechen, mochte wohl
oft als kalte, harte Strenge erscheinen. Doch wer in seinen gütigen Augen, in
seinem Mienenspiel zu lesen verstand, der erkannte, daß sich hinter dieser Kürze
ein tiefes, weiches, mitfühlendes Empfinden verbarg, der wußte, daß Kamerad
Tenner oft nur aus strengstem Pflichtgefühl den Soldaten Senner heraus¬
kehrte, immer bestrebt, als erster in eiserner Ruhe beispielgebend seine Pflicht
zu erfüllen, alle Weichheiten verbergend, die als Schwäche gedeutet werden
konnten. Als er so durch die Gräben schritt und seine lieben Dreier, unbekümmert
um allen Feuerwirbel, mit zuversichtlichsten Gesichtern in rastloser Arbeit sah,
hatte er nur die Worte: „Schade, schade!" — Zwei Worte nur, hinter denen sich
sein ganzer Schmerz um die nun zum Teil Zwecklosen Opfer, seine ganze Sorge
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