Volltext: Der Inn-Salzachgau 41/42. Heft 1937 (41/42. Heft / 1937)

Zur Geschichte üer pfarrmatrikeln. 
von Sr. Josef Klemens Staülcr. 
Noch vor wenigen Jahren glaubte man vielerorts, daß 
Familienforschung ein Reservat gewisser bevorrechteter Kreise 
sei. Da und dort stand der begeisterte Familienforscher sogar 
im Rufe, ein schrullenhafter Zeitvergeuder zu sein. Heute ist 
Deutschland ein Land der Familienforscher; wohl für die al 
lermeisten Volksgenossen ist der Nachweis der arischen Ab 
stammung durch Gesetz und Verordnung zur Pflicht geworden, für 
sehr viele aber wurde inzwischen das Familienforschen mehr 
als Pflicht: Lebhafte Freude an der Vergangenheit der eige 
nen Sippe, liebgewordene Beschäftigung in freien Stunden, 
manchmal sogar Sport und Leidenschaft. Die gewaltige Aus 
dehnung der Familienforschung im neuen Reich hat die her 
vorragende Bedeutung der Pfarrmatrikeln (Pfarrbllcher, 
Kirchenbücher) als wichtigste sippenkundliche Quelle erst ins 
rechte Licht gerückt. Vor dem t. Januar 1876 bildeten ja die 
Matrikeln der christlichen Bekenntnisse in Deutschland allein 
den öffentlich-rechtlichen Urkundenbeweis für alle Personen 
standsveränderungen. Erst von diesem Tage ab nahmen auf 
Grund Gesetzes' neugeschaffene Behörden, die sog. Standes 
ämter, den kirchlichen Stellen die Beurkundungspflicht end 
gültig ab. 
Uber Entstehung und Frühgeschichte der Pfarrbllcher ist 
schon viel geschrieben worden. Abzulehnen ist die Meinung, 
daß schon in den ersten christlichen Jahrhunderten pfarrbuch- 
ähnliche Aufzeichnungen bestanden hätten^. Auch dem Früh- und 
Hochmittelalter waren Pfarrmatrikeln in unserem heutigen 
Sinn völlig unbekannt; sie hätten auch dem aller Statistik 
ungewohnten Denken des mittelalterlichen Menschen geradezu 
widersprochen. Entfernt ähnliche Standesverzeichnisse treten zu 
nächst im 14. Jahrhundert auf, vor allem in Südfrankreich 
und Spanien. Sie verdankten ihr Dasein dem Wunsch und 
auch der Notwendigkeit, angesichts der Bevölkerungszunahme 
') Personenstandsgesetz von 6. Februar 1875. 
2 ) Levison, Die Beurkundung des Personenstandes im Altertum 
(1898), S. 28.
	        
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