Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

„Du bist ein böser Schelm,“ lächelte 
Hedwig, — ihm schalkhaft mit dem Finger 
drohend, — „willst du ihn vielleicht ein 
zweitesmal überlisten?“ 
„Warum nicht? Für seinen häßlichen 
Geiz verdient er es schon. Wenn ein gü— 
tiges Geschick mir nur einen Fingerzeig 
gibt, soll es schon gelingen.“ 
Sein Selbstvertrauen flößte auch dem 
betrübten Mädchen Mut und Hoffnung 
ein und sie beschloß, ihre Liebe vorerst als 
süßes Geheimnis bewahrend, einstweilen ge— 
duldig zu warten. — Inzwischen kam der 
von Herrn Lampl so 
heißersehnte Verstei— 
gerungstag heran. In 
fieberhafter Aufre⸗ 
gung wollte er sich 
eben aufs Rathaus 
begeben, als noch ein 
säumiger Gläubiger 
eintrat, um seine alte 
Schuld zu bezahlen. 
Dem konnte der Geiz— 
hals natürlich nicht 
die Tür weisen, und 
obwohl er eine Vier— 
telstunde darüber ver— 
lor, betrachtete er es 
sogar als gute Vor— 
bedeutung. Atemlos 
und in Schweiß geba— 
det kam er bald nach 
10 Uhr auf dem Rat— 
hause an. Gott sei 
Dank, — es war noch 
nicht zu spät, — und 
nur wenige Käufer 
hatten sich eingefun— 
den. In seiner Auf— 
regung hörte er kaum 
auf den Auktionator. Nur das verstand 
er, daß es sich um das Feld am Haidenrain 
handelte. 
„Wenn Sie noch mitbieten wollen, 
Herr Lampl,“ flüsterte ihm ein Bekannter 
zu. — „eben sind 500 Goldkronen geboten.“ 
„SHimmel, so viel schon,“ seufzte der 
Geizhaͤls. „Das wird ein teurer Spaß!“ 
Aber schnell entschlossen erhöhte er das An— 
gebot um 50 Goldkronen. Die Stimme, wel— 
che jetzt eben so rasch noch weitere 50 
bot ließ ihn vor Wut erbeben. Sie ge— 
hörte seinem Nachbar. So war kein Zwei— 
fel mehr, daß auch Herr Wagner um den 
Schatz wußte und das Feld zu kaufen 
trachtete. Aber nie und nimmer sollte es 
sein werden, und wenn es sein ganzes 
Vermögen kostete! Das vergrabene Geld 
mußte ihm ja alles zehnfach ersetzen. Ein 
erbitterter Kampf begann, Wagner und 
Lampl' waren die einzigen Bieter. Die an— 
deren Kauslustigen schuͤttelten erstaunt die 
Zöpfe, als die beiden sich das ziemlich 
minderwertige Stück Land immer höher 
hinaufschraubten. Das spöttische Lächeln 
Wagners ließ Lampl jede vernünstige 
Ueberlegung vergessen, sein Herz klopfte 
zum Zerspringen, vor seinen Augen wurde 
es dunkel. „Moch hundert Goldkronen,“ 
schrie er mit heiserner Stimme. 
„850 Goldkronen 
zum ersten — zwei— 
ten — und, — bie— 
tet noch jemand 
mehr?“ 
Diesmal schwieg 
der hartnäckige Geg— 
ner — und trat ver— 
zichtend in den Hin— 
tergrund. Franz Se— 
raph Lampl schöpfte 
tief Atem. Da sah 
man's, der Nachbar 
war doch nur ein 
armseliger Schlucker, 
der es nicht mit ihm 
aufnehmen konnte; — 
der Feind war be— 
siegt“ So stolz und 
glücklich hatte er sich 
in seinem Leben noch 
nicht gefühlt. Die 
weitere Versteigerung 
interessierte ihn nicht 
mehr. Ehe der Auk— 
tionator mit einem 
anderen Grundstüchk 
begann, stürmte er 
jubelnden Herzens davon. J 
„Aber, Herr Lampl,“ meinte auf der 
Treppe einer der Käufer, der ebenfalls den 
Heimweg“ antrat, — „das Feld ist ja nicht 
halb so viel wert, als Sie dafür zahlten.“ 
Der Krämer lächelte nur verächtlich. 
„Es hat seinen Wert in sich. Ich weiß. 
was ich habe.“ — 
Zum Mittagessen gönnte er sich, was 
sonst kaum einmal im Jahre vorkam, eine 
ganze Flasche guten Rheinweines. Das Es— 
sen schmeckte ihm wie nie. In fröhlichster 
Stimmung griff er zu Hut und Stock und 
eilte nach seinem neuen Besitztum hinaus. 
Sein Plan war schon gesaßt. Unter dem 
Vorwand, weitere Spargelbeete anzulegen, 
die tiese Gruben mit Holzerde, Laub und 
— 
— — 
Atemlos und in Schweiß gebadet 
tkam er aus dem Rathause an. 
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