Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

nialwarenhandlung, die sich gleich eines 
lebhaften Zuspruches von seiten der Kindel— 
finger erfreute. Die soliden Waren und 
die billigen Preise zogen einen der alten 
Kunden nach dem anderen in das Nach— 
barhaus hinüber und bald erkannte dieser, 
daß er sich mit seinem vermeintlich guten 
Geschäfte einen Nagel in das eigene Fleisch 
getrieben hatte. Schon nach wenigen Mo— 
naten zählte sein Nachbar zu den belieb— 
testen und angesehensten Einwohnern des 
Städtchens. Ein reger Unternehmungsgeist 
ließ ihn sich keineswegs auf sein eigent— 
liches Geschaͤft beschränken. Als geborener 
Kaufmann versuchte er sich ganz wie Herr 
Lampl in allen möglichen Gründungen und 
Spekulationen, nur mit dem Unterschiede, 
daß er bei allem, was er anfing, vom 
Glücke begünstigt wurde. Ein Spaziergang 
in der Umgebung des Ortes, der ihn eines 
Tages auch zu der verwahrlosten Spargel— 
pflanzug seines Nachbars führte, brachte ihn 
sogleich auf den Gedanken, auch dieses Un— 
kernehmen gewinnbringend zu gestalten. 
Mit der Kenntnis, die er in landwirtschaft⸗ 
lichen Dingen besaß, sah er, daß das an— 
stoßende Eschenlohrsche Grundstück mit sei— 
nem schweren Boden in freier sonniger Lage 
für den Anbau des grünen Ulmer Spar— 
gels überaus günstig war, während der 
weiße des Herrn Lampl, der mehr für 
einen Garten paßte, nur kümmerlich gedieh. 
Da überdies die Erben des bisherigen Be— 
sitzers das zurzeit mit Braunkohl bestandene 
Feld demnächst unter den Hammer bringen 
wollten, so baute er darauf seinen Plan. 
Aber er ahnte nicht, daß sein Nachbar, srei⸗ 
lich aus einem ganz anderen Grunde, seit 
einiger Zeit ebenfalls sein Augenmerk auf 
den Acker gerichtet hatte. 
Seit es mit seinem Geschäfte zurück— 
ging und der böse Konkurrent ihm so man— 
chen Vorteil vor der Nase wegschnappte, 
fand Franz Seraph Lampl auch nachts keine 
Ruhe mehr. Aufregende Träume, die sich 
immer mehr um Geld und Gut drehten, 
quälten ihn. In einem solchen sah er sich 
— 
und Silbergerät, mit köstlichen Edelsteinen 
und Münzen aus der Erde grub. Der Platz 
aber, an dem er den überreichen Fund 
gemacht, war der Eschenlohrsche Krautacker. 
Das wollte ihm nicht mehr aus dem Kopfe. 
Ganz im stillen und niemanden seinen 
Traum verratend, begann er Nachsorschun— 
gen anzustellen, ob wirklich dort ein Schatz 
vergraben sein könne. Er' vertiefte sich in 
alte Bücher. mit denen er ebenso gut wie 
mit alle anderen handelte. Darunter waren 
auch Werke über Kindelfingens Vergan— 
genheit und in einer Geschichte des Städt— 
chens fand er die Notiz, daß auf dem frag— 
lichen Grundstück einst das Schloß eines 
später verschollenen Junkers von Stieglitz 
gestanden, das aber im Schwedenkriege vom 
Feinde zerstört und verbrannt war. Zetzt 
zweiselte Lampl nicht mehr an der Wahr— 
heit seines Traumes. Daß jener Schloßbe— 
sfitzer bei Annäherung des Feindes seine 
Kestbarkeiten vergraben, dann selbst aus der 
Gegend geflohen und in der Fremde zu— 
grunde gegangen war, erschien nur allzu 
natürlich, Es galt also um jeden Preis 
den verheißungsvollen Acker in seinen Be— 
sitz zu bringen. Gleich am nächsten Tage 
begab er sich hinaus, um das Feld ein 
wenig näher zu besichtigen. Zu seinem Aer— 
ger und seiner Ueberraschung traf er auf 
einem demselben entlang führenden Wege 
seinen Nachbar Wagner, der ebenfalls das 
Stück Land mit großer Aufmerksamkeit zu 
betrachten schien. Sollte der Unglücksmensch 
auf irgend eine Weise hinter sein Geheim— 
nis gekommen sein? Um ihn auszuforschen, 
knüpste er eine scheinbar harmlose Unter— 
haltung an, brachte aber bald das Gespräch 
auf das vor ihnen liegende Feld. I 
„Wird ja demnächst zur Versteigerung 
kommen, — der Acker,“ meinte er in gleich— 
gültigem Tone. 
IIch habe auch davon gehört,“ ent— 
gegnete Herr Wagner, — „ich denke, wer 
ihn bekommt, macht einen guten Kauf.“ 
„Wie meinen Sie das?“ fragte Lampl 
stockend. F 
„Nun, es hat eben noch niemand er— 
raten, was dieses Feld wert ist.“ — 
Gampl starrte den Konkurrenten in töd— 
lichem Schrecken an. „Sie glauben doch 
nicht“ — stieß er hervor, — „daß —“ 
„Daß in dem Feld ein großer Schatz 
steckt,“ laͤchelte Wagner eigenartig, so daß 
es Herrn Lampl durch Wark und Bein 
ging. „Man muß ihn nur zu heben ver— 
stehen. Wenn das Stück Land mir gehörte, 
würde ich es Ihnen bald genug beweisen.“ 
Lampl brachte vor Entsetzen kein Wort mehr 
heraus und entfernte sich mit kurzem Gruße. 
Diesmal galt es einen Kampf, auf Tod 
und Leben, und er wollte kein Opfer scheuen, 
seinen Feind zu besiegen. Geradenwegs 
begab er sich auf das Rathaus und erkun— 
digte sich nach dem Versteigerungstermin. 
Der Bürgermeister, der aus mancherlei ge— 
schäftlichen Gründen mit Herrn Lampl auf 
gütem Fuße stand, gab ihm bereitwillig
	        
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