Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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lung mit warmen. sogar mit heißen Umschlägen, wie sie der junge Doktor 
wissenschaftlich für gut fand. Unwillkürlich möchte man bei solchen Wahr 
nehmungen ausrufen: Eine größere Unkenntnis des Krankheitszustandes dieses 
bedauernswerten Opfers medizinischer Heilkünstler hätte wohl der enragirteste 
Kurpfuscher nicht an den Tag legen können! 
Erspart euch daher, ihr Vertreter der vermeintlich wissenschaftlichen Heil 
kunde euer vornehmes, höhnisches Belächeln ausgeführter Kuren, die von nach 
eurer Ansicht nicht Berufenen in so glänzender Weise zum Wohle der Leiden 
den so vielfach schon durchgeführt werden; legt ab euern Hochmut, ihr wissens 
geblähten „gründlich studirten" Medizinmänner und geht bei Laien in die 
Schule, die euch heilen lehren, kommt aber auch zugleich zur Einsicht, daß eure 
Weisheit nicht etwa eine privilegirte Gottesgabe ist, die zu fassen kein Laien- 
gchirn geeignet sei. 
Ein Glück für euch ists nur, daß das Volk noch auf jener geistigen Stufe 
steht, von der aus es euren ganzen Fitzlibutzli (Bezeichnung des Professor Dr, 
Fechner) für unnahbare Weisheit schaut, von der aus auch der Schwindel 
noch teuer bezahlt wird; ein Glück für euch ists, daß der Satz so wenig noch 
verstanden wird: „die Natur heilt!" und daß diese Heilung nie und nimmer 
mehr mit Giften unterstützt werden kann; ein Glück für euch ists, daß ein 
Professor H y r t l in Übereinstimmung mit dem gefeierten Dr. Max S t o l l 
nicht begriffen wird, wenn sie sagen, daß die gesamte ärztliche praktische 
Wissenschaft sehr wohl Platz habe auf dem Raume eines Fingernagels. 
Und wollt ihr wissen, welchen Wert eure dargereichten sogenannten Heil 
mittel, Medikamente betitelt, überhaupt haben, so fragt euern weltberühmten 
Kollegen, den größten englischen Arzt Sydenham, welcher meint, daß für 
das gesundheitliche Wohl einer Stadt ein durchziehender Hanswurst mehr Wert 
habe, als zwanzig Esel mit Medizin beladen! Doch eilen wir dem Schluffe 
zu! Zwei Arten Ärzte sehen wir in diesen beiden Krankengeschichten fungiren; 
in der ersten tritt ein Naturarzt, ein sogenannter Laie, handelnd auf, kämpfend 
mit den verzweifelndsten Verhältnissen, jedoch unter weiser Ausnützung des ge 
ringen Naturfonds, der noch in diesem Organismus vorhanden war, wird die 
Kranke der Genesung, dem L^ben zugeführt; in der zweiten wird von Appro- 
birten die gesamte heilige Wissenschaft angerufen und trotz den so günstigen 
Umständen (diese Frau hatte ja eine Naturheilkraft in sich, die nahezu nicht 
umzubringen war!) wird die Leidende eine Beute des Todes! — Und was 
lehren uns diese beiden Geschichten? Die Schlußfolgerung überlasse ich der ge 
sunden Logik des Lesers. — Speziell meinen lieben Freunden und vegetaria- 
nischen Gesinnungsgenossen sei aber diese auf wahrheitsgetreuen Thatsachen be 
ruhende Krankengeschichte, die sich in meiner Familie abspielte, zur eigenen Be 
ruhigung bei solch traurigen Lebensgeschicken mitgeteilt, aus der gewiß klar ge 
nug hervorgeht, daß die vegetarianische Lebensweise in Verbindung mit natur 
gemäßer Heilweise unter allen selbst den schlimmsten Umständen der Retter und 
Pfadfinder aus der Not ist; aber auch, daß unsere Lebensweise vollkommen 
ausreicht, selbst den erschöpftesten Organismus wieder zu Mut und Lebenskraft 
zurückzuführen und daß ebenso die Aasfraßtheorie, welche noch im Gehirne all 
unsrer Bauchhygieniker spuckt, eine leere Modephrase ist. 
Auf Wiedersehen in einem spätern Artikel: „Was mich zum Ärzte-Feind 
machte?" 
SU?* Nachwort der Redaktion. 
Es wird hiermit auf den Briefwechsel aufmerksam gemacht, wo Herr Pastor Z. den 
gleichen Krankheitsfall bei seiner Gattin mitteilt! , , '< ■ .
	        
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