Volltext: Kulturgeschichtliche Bilder vom Abersee

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des Landrichters waren, so mußte das zn bösen Irrungen führen, die 
dadurch nur schlimmer wurden, daß sich das Domkapitel mit der 
ganzen Wucht seines Einflusses für seinen Amtmann einsetzte, dessen 
Widersacher, der Pfleger Reherzhaimer, gerade der richtige Mann war, 
die landesfürstlichen Rechte gegen kapitlische Anmaßung zu vertreten. 
In den Jahren 1614 und 1615, da dieser Streit zum Austrag kam, 
hatten die kapitlischen Untertanen böse Zeiten. Da bekamen sie es zn 
fiihlen, was es heißt, zweien Herren dienen oder, genauer gesagt, sich 
von zwei Obrigkeiten, die ini Kampf miteinander lagen, knranzen zn 
lassen. Da hatte der gallige Reherzhaimer Gelegenheit, an den Bauern 
sein Mütchen zu kühlen/) und es klingt wie ein Notschrei dieser zur 
Verzweiflung getriebenen Menschen, wenn sie in einem Schreiben an 
ihre domkapitlische Herrschaft die ungeschliffenen Worte gebrauchen, es 
sei unerhört, „daß sich beyde obrigkhaiten mit unns zue schaffen wider 
stehen wollen". Was war der Anlaß dieses Aufruhrs? Eine Kleinig 
keit. Ein kapitlischer Untertan hatte es gewagt, ohne beim Pfleger 
um Erlaubnis anzufragen, eine neue Salzzille nach Ischl zu verkaufen. 
Da in den oben erwähnten Verträgen die Jurisdiktion in Fragen des 
Verkehrs mit Ausländern ausdrücklich für alle Gerichtsuntertanen dem 
Pfleger zugesprochen war, so war Reherzhaimer im Recht, wenn er 
den Verkäufer des Schiffes dafür, daß er beim kapitlischen Amtmann 
Strobl anstatt beim Pfleggericht sich die Bewilligung geholt, zur Ver 
antwortung zog. Denken wir uns in die Lage dieses Schiffbauers: 
Vom Pfleger hätte er nie und nimmer die Erlaubnis zum Verkaufe 
bekommen, schon darum nicht, weil — mit Reherzhaimers eigenen 
Worten2) — ein Verkauf „an dergleichen Khezerischen Ortten (nämlich 
Ischl) ein schlechts Exempl wäre". Überdies hatte ihm der Amtmann 
Strobl gradheraus verboten, beim Pfleger anzufragen, wie er ihm 
auch nachher verbot, auf die an ihn ergangene Vorladung vor Gericht 
zu erscheinen. Zu seinem Unglück folgte der Schiffbauer seinem Amt 
mann; er wußte nicht, daß der andere der Stärkere war. Am Weih 
nachtstage ereilte ihn das Verhängnis. Als die Aberseer mit ihren 
Schiffen von der Kirche über den See heiniwärts fuhren, da lauerte 
der Pfleger in eigener Person — solche Arbeit überließ Reherzhaimer 
ungern seinen Schergen — rat Pflegschiff auf sein Opfer, sprang, 
r ) Er tat, was er konnte, „damit er sein Herz an den Capitlischen nnr 
genueg erkhiellen mnge", heißt es in der Kapitulation des Domkapitels (1615). 
Reherzhaimer an das Domkapitel cldo. 11, August 1614.
	        
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