Westfront: Frage der Einsparung von Kräften.
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Es muß da in klarer Erkenntnis der Gesamtlage ganze
Arbeit gemacht werden. Hierzu ist von oben zu befehlen, um,
soweit nötig, den unteren Stellen die Verantwortung abzunehmen. Wenn
es gelingt, hierdurch Kräfte für Arbeit sowie zur Ausbildung und Erholung
freizumachen, so wird dem Ganzen ein wesentlicher D i e n st ge-
leitet. — Ich bitte gegebenenfalls um sofortige Veranlassung.
Die jetzige Zeit der Ruhe ermöglicht solche Veränderungen."
Das waren Gedanken, die die Oberste Heeresleitung bereits nach der
Amtsübernahme beschäftigt hatten, die aber mit der Räumung des Forts
Vaux Anfang Rovember bisher zum ersten und einzigen Male, also nur
auf eng begrenztem Raum, verwirklicht worden waren. Auch jetzt zögerte
man, ihnen alsbald weitere Folge zu geben. An demselben Tage, an dem
die vorstehende Anweisung zu äußerster Sparsamkeit erging, wurde bei der
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz nach dem Angriffsentwurf der 5. Armee
gefragt, der zur Verbesserung der Stellungen Wiedernahme des vor Verdun
verlorenen Geländes zum Ziele hatte. Als aber der Entwurf einging und
die Heeresgruppe nunmehr gleichzeitig für einen späteren Zeitpunkt Zurück-
nehmen der Front vorschlugt), trat Oberstleutnant Bauer in längeren
Ausführungen^) dafür ein, daß der Entschluß zum Zurückgehen in die
Ausgangsstellungen vom Februar 1916 gefaßt werde. General Ludendorff
forderte dafür zunächst Erkundungen.
Inzwischen war am 9. Januar die Entscheidung für den Beginn
des uneingeschränkten Anterfeekrieges am I.Februar
gefallen. Die Oberkommandos der Küste, der 4. Armee und der Heeres-
gmppe Kronprinz Rupprecht erhielten Kenntnis von dem Entschluß mit
dem Zusatz: „Mit englischem Angriff zu Wasier und zu Lande auf Zee-
brügge muß gerechnet werden." Zwei Tage danach erhielt das Ober-
kommando der Küste eine Weisung für die Führung der Operationen im
Falle einer Kriegserklärung Hollands; zwei Armeegruppen-Kom-
mandos und neuneinhalb Infanterie-Divifionen hielt die Oberste Heeres-
leitung für den in solchem Falle konzentrisch zu führenden Angriff ver-
wendungsbereit; die Stäbe der Armeegruppen-Kommändos trafen alsbald
in ihren Bestimmungsorten ein, um sich mit ihren Aufgaben vertraut zu
machen und die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen. Bei etwaigem
Eingreifen Dänemarks wollte man in der Abwehr bleiben; ein wei-
0 S. 181 f.
2) Niederschrift des damaligen Hauptmanns Geyer.