Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [3]. Die Ereignisse im Westen und auf dem Balkan vom Sommer bis zum Jahresschluß (9. 1933)

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Die Ereignisse im Westen im Sommer 1915. 
Damit war gegen den Stand von Anfang August die Stärke des 
W e st h e e r e s allerdings wieder vermehrt worden; trotzdem fanden die 
verbündeten Westgegner günstige Vorbedingungen für die Durchführung 
ihrer Offensive. Dazu hatte mitgewirkt, daß im unmittelbaren Anschluß an 
den russischen Feldzug sich der Schlag gegen Serbien als notwendig erwies, 
und daß für ihn infolge der unglücklich verlaufenen Operationen des öfter- 
reichisch-ungarischen Heeres in Wolhynien erheblich stärkere deutsche Kräfte 
verwendet werden mußten, als ursprünglich vorgesehen. Zudem war die 
Angriffsbewegung auf dem russischen Kriegsschauplatz in der Gegend von 
Wilna noch nicht abgeschlossen. Die Kraft des deutschen Heeres mußte aufs 
äußerste angespannt werden, um sowohl im Nord- und Südosten angreifen 
zu können, wie auf dem West-Kriegsschauplatze sich gegen gefährliche Rück- 
schlüge zu sichern. Nur der Kühnheit des Generals von Falkenhayn war es 
zu verdanken, wenn diese gespannte Lage gemeistert werden konnte. Dabei 
hatte er allerdings das Westheer in gefahrdrohendem Maße schwächen 
müssen; die Verteilung der geringen der Obersten Heeresleitung verblie- 
benen Verfügungskräfte entsprach indes nicht der deutlich sich abzeichnenden 
Bedrohung im Artois und in der Champagne^). Spätestens mit der Ab- 
reise des Generals von Falkenhayn aus Pleß am 21. September abends^) 
wäre es an der Zeit gewesen, die Reserven hinter der 6. und der 3. Armee 
zu versammeln. 
Der wesentlichste Grund dieser Unterlassung ist in der irrtümlichen 
Einschätzung der Westgegner durch die Ober st e 
Heeresleitung zu suchen. Die Nachrichten über drohende Angriffe 
im Artois und in der Champagne, vor allem die Meldung des Armee-Ober- 
kommandos 3 vom 5. September^), waren so eindeutig, daß kein Zweifel 
darüber sein konnte, daß an diesen Stellen umfangreiche Vorbereitungen 
seitens der Gegner getroffen wurden. Doch bewertete General von Falken- 
Hayn die moralische Kraft, in erster Linie der Franzosen, so gering, daß er 
sie zu einem mit voller Wucht unternommenen Angriff nicht mehr für fähig 
hielt. Für sein Arteil über die militärische Leistungsfähigkeit des französischen 
Staatswesens werden auch jetzt noch die Schlußsätze der großen Denkschrift 
vom 1. Juni 1915, „Frankreichs innere Lage im Mai 1915", maßgebend 
gewesen sein, die lauteten: „Frankreichs Opfer sind in diesem Kriege so 
riesenhaft, daß die Regierung weder vor dem Volke noch einst vor der 
Geschichte die Verantwortung dafür wird tragen können und in Bälde vor 
') Cine Mitteilung des Generalleutnants a. D. Tappen an das Reichsarchiv 
vom 20.Oktober 1932 weist darauf hin, daß General von Falkenhayn möglicherweise 
bestimmte Absichten mit dieser Verteilung verfolgt hat, doch läßt sich etwas Sicheres 
darüber nicht mehr feststellen. — 2) S. 50. — 3) S. 32.
	        
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