Auseinandersehungen mit der Obersten Heeresleitung.
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Division verstärkte, aus Landwehr und Landsturm bestehende bisherige
Abteilung Westernhagen, die den Nordflügel gebildet hatte und gegen die
Südfront von Nowogeorgiewsk bestimmt war.
Die Gesamtheit dieser Vorgänge veranlaßten ein Schreiben des ir. August.
Generalfeldmarschalls von Hindenburg an General von Falkenhayn,
in dem er sich am 12. August bitter darüber beklagte, daß „der für seine
Stellung unerläßliche, selbstredend dem Ganzen dienstbare Grad an Selb¬
ständigkeit allmählich und wiederholt in recht verletzender Form bis zu
einem Maße eingeschränkt worden sei, welches nicht nur seine Schaffens¬
freudigkeit beeinträchtige, sondern auch die Leitung der Operationen wesent¬
lich erschwere".
Inzwischen hatte die Njemen-Armee Poniewiez und Mitau erreicht,
die 10. Armee den Angriff gegen die große Njemen-Festung Kowno ein¬
geleitet1). Ungeachtet der äußerst beschränkten Mittel, die nach den bin¬
denden Weisungen der Obersten Heeresleitung hierfür nur zur
Verfügung standen, war der Oberbefehlshaber Ost entschlossen, auch weiter¬
hin alles zu tun, um im Njemen-Gebiet Raum zu gewinnen und dadurch
einer künftigen Operation über Wilna die Bahn zu ebnen. Die nötigen
Kräfte zusammenzubringen, war aber nach Abgabe der 9. Armee schwierig,
zumal da jetzt außer Kowno auch noch die große Festung Nowogeorgiewsk
bewältigt werden mußte, vor der etwa vier Divisionen festlagen. Am
7. August hatte General von Falkenhayn darauf hingewiesen: „Unsere
Munitionslage macht es völlig unmöglich, gleichzeitig die Belagerung von
zwei Festungen in Angriff zu nehmen"; da die Belagerung von Kowno
bereits eingeleitet sei, müsse die von Nowogeorgiewsk zurückgestellt werden.
Aber schon zwei Tage später hatte er den Einsatz vor Iwangorod frei-
werdender österreichisch-ungarischer schwerster Batterien zunächst gegen
Nowogeorgiewsk gefordert, auf dessen beschleunigte Wegnahme er „nach
augenblicklicher Lage und den Nachrichten über Zustand der Besatzung
besonderen Wert legen" müsse2). So liefen in den folgenden Tagen
der Angriff aus Kowno und der auf Nowogeorgiewsk2) doch nebenein¬
ander her.
Nochmals meldete Generalfeldmarschall von Hindenburg am ir. August.
Morgen des 13. August seine Auffassung von der Gesamtlage an die Oberste
Heeresleitung: „Die Operation im Osten hat trotz vortrefflicher Leistungen
des Narew-Stoßes nicht zur Vernichtung des Feindes geführt. Der Russe
9 S. 466 und 476 f.
2) Die Gründe für die Änderung der Auffassung haben sich nicht ermitteln lasten.
->) S. 377 f.