Volltext: Die Operationen des Jahres 1915 ; [1]. Die Ereignisse im Winter und Frühjahr (7. 1931)

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Die Durchbruchsschlacht bei Gorlice. 
Hier trat General v. Falkenhayn aus der bisher gewiß nur ungern geübten 
Zurückhaltung als handelnde und entscheidende Persönlichkeit hervor. Das 
zeigte sich schon in den Überlegungen, die in der zweiten Hälfte des März 
dem Entschluß zum Einsah starker deutscher Kräfte an der Ostfront vor¬ 
ausgingen. Cs war durchaus begreiflich, daß der deutsche Generalstabs¬ 
chef sich auch diesmal mit diesem Gedanken nur schweren Herzens befreun¬ 
dete, weil mit seiner Ausführung alle Hoffnungen und Wünsche für baldige 
Wiederaufnahme einer entscheidungsuchenden Offensive auf dem westlichen 
Kriegsschauplätze auf unbestimmte Zeit vertagt werden mußten. Dennoch 
faßte er schon damals mit kühl rechnendem Wirklichkeitssinn ganz scharf 
den an sich unerwünschten und unbequemen Fall ins Auge, daß die ständig 
wachsende Notlage des Verbündeten an der Karpaten-Front ihn zu solcher 
Maßnahme zwingen könnte. So fiel die dann Anfang April durch General 
v. Cramon übermittelte Anregung des österreichisch-ungarischen General- 
stabschefs zur Entsendung von vier Divisionen nach West-Galizien, „um 
das weitere Vordringen der Russen aufzuhalten", auf bereits vorbereiteten 
Boden. Noch wahrte sich General v. Falkenhayn im Hinblick auf die Ge¬ 
samtlage volle Entschlußfreiheit, nur darüber war er sich von vornherein 
völlig klar, daß er, falls die Notlage ihn zur Tat drängen sollte, weit 
stärkere Kräfte einsehen müsse. Während durch den Vorschlag des Generals 
v. Conrad nur ein örtliches Angriffsunternehmen zum Aufhalten des 
weiteren Vordringens der Russen in den Karpaten erstrebt wurde, faßte 
General v. Falkenhayn von vornherein das größere, wenn auch zunächst in 
seiner operativen Auswirkung beschränkte Ziel ins Auge, „die Russen zur 
Räumung ihrer Front in Westgalizien bis in die Höhe des Lupkower 
Passes zu zwingen". An diesem Ziel hielt er, als dann die Notlage ein¬ 
trat, unentwegt fest und lehnte neue, nach Lage der Dinge unerfüllbare 
Vorschläge des verbündeten Generalstabschefs ab, die nun plötzlich auf 
nichts weniger als eine doppeltumfassende Offensivoperation größten Stils 
auf dem östlichen Kriegsschauplätze hinausliefen. General v. Falkenhayn 
gebührt das Verdienst, die Grenzen des Möglichen und Erreichbaren klar 
erkannt zu haben. 
Viel leichter als dieser grundlegende Entschluß des Einsatzes neuer 
starker Kräfte im Osten war die Beantwortung der Frage, an welcher Stelle 
und auf welchem Wege das gesteckte Ziel erstrebt werden sollte. Hierüber 
wurde sich der deutsche Generalstabschef in eingehendem Meinungsaus¬ 
tausche mit seinen verantwortlichen Ratgebern und unter voller Würdigung 
der von General v. Cramon gemachten Vorschläge, die an die erste An¬ 
regung des Generals v. Conrad anknüpften, schnell schlüssig. Mit Recht
	        
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