Volltext: Die Leistungen der Remigranten nach 1945 für die Republik Österreich

politischen und wissenschaftlichen Freiheiten. Dennoch hatten die vorangegangenen Jahrzehnte noch lange gravierende Nachwirkungen. Abertausende Wissenschafter und Künstler hatten Österreich verlassen. Viele weitere hatten den Krieg nicht überlebt und andere die 1938 ihre wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeit einstellen mussten, konnten nach einer langen erzwungenen Pause nicht gleich an frühere Leistungen anknüpfen. Aber auch, diejenigen, die außerhalb Österreichs auf eine gezielte Politik der Rückführung von Emigranten nach Kriegsende in die Heimat gehofft hatten, wurden enttäuscht. Inzwischen liegt ja eine Vielzahl von aufschlussreichen Biographien, aber auch von wissenschaftlichen Studien und Arbeiten zum Thema Remigration vor. Wir wissen, dass einzelne Persönlichkeiten, die in der Politik der Zweiten Republik noch eine große Rolle spielen sollten, rückkehren konnten oder sogar zurückgeholt wurden wie z.B. Bruno Kreisky, Karl Czernetz, Oscar Pollak, Wilhelm Rosenzweig, Walter Wodak, etc. Wir wissen auch, dass nach langem Zögern auch die Universitäten zaghaft begannen ihre Pforten zu öffnen, sodass emigrierte Ökonomen, Historiker, Juristen, Philosophen mühsam aber doch in Österreich wieder fußfassen konnten. Dasselbe gilt für Persönlichkeiten, die im Wirtschaftsleben der Zweiten Republik noch Erfreuliches leisten sollten. Und dennoch war die Remigrationspolitik nach 1945 – soferne es eine solche gab – von Motiven beeinflusst, die aus heutiger Sicht sehr skeptisch betrachtet werden müssen. Ein vordergründiges, aber vielleicht noch am ehesten verständliches Motiv war die Tatsache, dass sich Österreich nach Kriegsende in einem erbärmlichen Zustand befand. Es gab nicht genug zu essen, es gab nicht genug benutzbare Wohnungen, es gab keine ausreichende Infrastruktur und es gab auch die Unsicherheit der damaligen Weltlage. Das scheint eines der Motive gewesen zu sein, warum es – wenn überhaupt – nur zögerliche Bemühungen gab zur Emigration gezwungene Österreicher zurückzuholen. Es gab aber – so schmerzlich es ist dies auszusprechen – auch Reste von Antisemitismus, die hier „bremsend“ wirkten. Und es gab schließlich – was die Sozialdemokratie betrifft – die Tatsache, dass die jüdischen Emigranten aus den Reihen der sozialdemokratischen Arbeiterpartei zu einem beträchtlichen Teil dem austromarxistischen Flügel der SDAP angehört hatten und Persönlichkeiten wie Oskar Helmer und andere genau wussten, dass sie die Zahl ihrer innerparteilichen Kritiker ­ vielleicht sogar Gegner ­ erhöhen, wenn sie eine größere Zahl "linker" sozialdemokratischer 13
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