Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 2. Heft (2. Heft / 1931)

Wenn einstmals strahlend der Tag des Sieges ange 
brochen ist, dann wind Zeit sein von dem Opfermut 
unserer Truppen, von den Gefahren, in denen sie 
lebten, von der markzerstörenden Kälte, die ihnen die 
Kleider zu schweren Rüstungen gefrieren ließ, von dem 
unermüdlichen Fleiß unserer Arbeiterabteilungen und 
dem verständnisvollen Zuisammenwirken Aller zu spre 
chen, deren Ergebnis der Sieg und der Friede für 
unser Vaterland war. 
Am 21. Dezember wurde der aus dem Skikurse eingerückte Leutnant 
Karl Gantner, dessen jugendliche Begeisterung 1914 die Aufnahme in die 
Franz Josef-Militärakademie und nach seiner Ausmusterung am 18. August 
1915 nunmehr die erstrebte Verwendung an der Front erreicht hatte, mit 
dem Aufträge, die Skiverwendbarkeit im Negimentsabschnitte festzustellen, 
zum Skireferenten des Regimentskommandos bestellt. Eifrig machte er sich 
sofort auf den Weg zum linken Flügel und schon in der ersten Nacht, be 
günstigt von fast taghellem Mondschein, mit dem größten Teil dieses Front- 
stückes bekannt. 
Seine Tagebuchaufzeichnunge» zeigen einen prächtigen frühreifen Men 
schen, der uns nur zu bald entrissen werden sollte. 
Am 24. Dezember war er wieder beim Regimentskommando zur Be 
richterstattung und Teilnahme an der Weihnachtsfeier. 
Von allen Seiten waren Liebesgaben eingetroffen. 24 Wagen mit 
Liebesgaben wurden allein für unser Regiment über die Etappenstraße ge 
leitet. Der Kriegsfürsorgeausschuß der k. k. Post- und Telegraphendirektion 
Linz hatte 25 Uhren geschickt; die Vermittlungsstelle des Kriegsfürsorgeamtes 
in Linz sandte 94 Kisten mit Liebesgaben; eine Kärntner Aktion, der Gräfin 
Marie zu Lodron vorstand, schickte 219 Kisten für die Verteidiger der 
Kärntner Front, von denen ein Teil auch unserem Regiment zufiel. Aus 
München waren 11 Kisten Liebesgaben eingetroffen. 20 Pakete waren vom 
Offfzierstöchterinstitute in Hernals gekommen. Die Generalstabsabteilung 
unserer Division machte den Soldaten Weihnachtskarten zum Geschenke. 
Auch die Kameraden der 3. Ersatzkompagnie in Brünn hatten unserer ge 
dacht und 6 Pakete mit Liebesgaben gesandt. 
So brachte der 24. Dezember durch die überreich aus der Heimat 
eingelangten Liebesgaben eine unbeschreiblich freudige Festesstimmung für 
jeden vom Regiment, die sich von den zeitweiligen feindlichen Gewehr 
schüssen nicht stören ließ und als Vorspiel zu dem heutigen Radio mit 
rednerischen und musikalischen Improvisationen aller Art durch das Tele 
phon bald von den äußersten Posten und von verschiedenen Stationen zu 
den andern Hörstellen, bald vom Regimentskommando an alle kundgab. 
Die Klänge der Grammophone, deren zwei unter den Liebesgaben waren, fanden den größten Beifall. 
Der Vermittlungsstelle des Kriegsfürsorgeanites wurde mit herzlichem Danke des Regiments folgender 
Stimmungsbericht gesendet: 
Leutnant Karl Gantner. 
Am dunklen Berghang strahlt im Kerzenschimmer 
Der Weihnachtsbaum — und rings um ihn ge 
schart 
Soldaten, braune, bärtige Gesichter, 
Gewohnt, in nächster Näh dem Schlachtentod 
Ins Aug zu sehen. Heute aber leuchtet 
In ihren Augen helle Weihnachtsfreude 
Und ausgelöscht, wenn auch für Stunden nur, 
Ist Haß und Krieg vom heiligen Weihnachts 
frieden. 
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