Volltext: Der Untergang der Protestanten in Ober-Oesterreich. Erster Theil. (Erster Theil / 1861)

doch eine bedeutende Stockung im Weiterkommen stattfand, 
welcher Umstand schnell gehoben worden wäre, wenn der 
Kaiser es genehmigt hätte, die auf den Knieen liegenden 
Vorderreihen der Volksmenge gewaltsam zurückzudrängen. 
Ferdinand II. würde es sich jedoch zur schweren Sünde 
angerechnet haben, den geringsten seiner katholischen Unter* 
thauen in der Andacht zu stören, und Alle, die sich hier 
auf die Kniee niedergeworfen, waren gute Katholiken. 
Die entstandene Verzögerung iu der Fortbewegung 
des langen Zuges vergönnte den entfernter Stehenden 
die Persönlichkeiten der kaiserlichen Familie mit mehr 
Muse, als dies bei andern Gelegenheiten hätte geschehen 
können, in Augenschein zu nehmen. 
Der Kaiser erwies sich als ein Herr kaum von Mittel 
größe und mit der im Habsburger Erzhause so selten 
ausbleibenden Familien-Eigenthümlichkeit, den Oberkörper 
vorgebeugt zu tragen, behaftet; in seinem Gesicht gab sich 
die vollkommenste Gesundheit kund. Kein widerwärtiger Zug 
war darin zu entdecken, vielmehr der Ausdruck einer um 
gemeinen Leutseligkeit, welche beim ersten Anblick gleich 
für ihn einnahm. Ein mit Physiognomie-Kenntniß aus 
gestatteter Beobachter mußte aber doch trotz dem unverstellten 
Sonnenschein von Gutmüthigkeit in seinem Antlitz die 
Bemerkung machen, daß dessen feste Züge auch auf eine 
feste und zähe Gemüthsart deuteten, die mit Ausdauer 
Das unbeirrt verfolgte, was er einmal beschlossen. 
Sonach war sein Gesicht ein wahrhaftes Merkmal 
seiner Lebenspraxis, wie die Geschichte sie der Nachwelt 
als ein seltsames Beispiel von ausdauernd festgehaltenem 
Hasse und einer eben so ausdauernden Freundlichkeit schildert.
	        
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