Volltext: Deutsche Festtage in Linz zu Pfingsten 1883 aus Anlaß der dritten Hauptversammlung des "deutschen Schulvereines"

Einleitung. 
^^errauscht sind die Tage des Festes, weiche die mühevolle Arbeit 
eines Jahres abgeschlossen, verklungen der Jubel, der das allmälig dem 
Schlummer sich entringende Nationalgefühl unseres Volkes erweckt, zer 
streut in alle Weltrichtungen die Kämpfer für deutsche Sprache und 
Sitte, damit für deutschen Volkes Ehre. 
Wer aber jenes deutsche Nationalfest mit erlebt, in dessen Erinnerung 
stehen unverlöschlich eingezeichnet die weihevollen Gefühle des Stolzes, der 
Begeisterung und der Hoffnung: des Stolzes, hervorgegangen aus dem 
Bewußtsein des bereits Geschaffenen, der Begeisterung, gesogen aus dem 
Zauberkreis der vielköpfigen und doch einmüthigen Gegenwart, der Hoff 
nung, geschöpft aus dem Anblicke einer wundersamen Morgenröthe, der 
Strahlen eines neu aufgehenden Gestirnes, des gemüthstiefen und ver- 
stnndesklaren Nationalbewußtseins! 
Wir haben die Zuversicht gewonnen, daß diese neue Sonne nicht 
jener unklare und doch so sicher auftretende Chauvinismus sein wird, 
der jedes Kulturelement ängstlich aus seine „nationale" Abkunft prüft 
und im Falle des negativen Ausfalles dieser Prüfung zurückweist, jedes 
Erzeugniß aus dem eigenen Bannkreis aber jubelnd auf den Sockel der 
Volksvergötterung setzt, erhaben über alle Angriffe verstandesmäßiger 
Beurtheilung. 
Unser Nationalbewußtsein soll und wird aber auch nicht jenes 
negative Gefühl sein, das nur im Hasse gegen andere Nationen ersteht, 
das nur deutsch im Gegensatze zu anderen Völkern kennt. 
Das Nationalbewußtsein, das in jenen Festtagen hervor 
getreten ist, in dem auch die jüngere Generation aufgewachsen, ist 
das positive Gefühl der geistigen Zusammengehörigkeit aller Deutschen, 
das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, von der H. von 
Kleist sagt: „Es .ist eine Gemeinschaft, deren Wurzel vielästig einer Eiche 
gleich in den Boden der Zeit eingreifen, deren Wipfel Tugend und Sittlichkeit 
überschattend an den silbernen Saum der Wolken rührt, deren Dasein durch 
das Dritttheil eines Erdnlters geheiligt worden ist. Es ist eine Gemein 
schaft, die stets unter den wackersten und rührigsten an dem Obelisk der 
Zeiten thätig gewesen, ja die den Grundstein desselben gelegt und viel 
leicht bestimmt ist, dereinst den Schluß block darauf zu setzen." 
Das Recht auf Hilfe in Noth nur kennt dies Nationalbewußtsein, 
sonst nur Pflichten! Pflichten nach innen und nach außen begreifen wir 
darunter. Vorerst die Pflicht, an sich selbst, dem einzelnen Individuum 
unermüdlich zu arbeiten, sich würdig zu machen seiner Nation, dem 
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