Volltext: Oö. landwirtschaftlicher Kalender 1892 (1892)

doppelte, Stroh das dreifache, Torfstreu dagegen das zehn- bis fünfzehnfache 
des eigenen Gewichtes an Flüssigkeit auf, so daß letztere mindestens drei- 
bis fünfmal soviel leistet als Stroh und verhältnismäßig um soviel billiger 
zu stehen kommt; außerdem beanspruchen die gepreßten Torfballen einen 
viel geringeren Raum zu ihrer Aufbewahrung; auf zwanzig Quadratmeter 
Bodenfläche bei zwei Meter Höhe werden in einem Eisenbahnwagen zwei 
hundert Centner Torfstreu verpackt; wie viel Raum dagegen beansprucht die 
gleiche Menge Stroh! Dazu kommt noch, daß die Feuergefahr bei gepreßter 
Torfstreu im Gegenhalte zur Strohlagerung eine verschwindende ist. 
Lust. 
„Der Mensch kann nicht von der Luft leben?" Und doch lebt er 
zum größten Theile von ihr, lebt er durch sie allein. Wer es Probiren 
möchte, einige Minuten Mund und Nase zu verpuppen, er würde keiner 
Luft, aber auch keiner anderen Nahrung mehr bedürfen, während er tagelang , 
in Zwangsfällen des Essens sich enthalten kann. Und wie undankbar ist das 
Menschengeschlecht gegen diese erste und wichtigste Wohlthäterin alles dessen, 
was da auf dieser Welt existirt, sei es Pflanze, Thier oder Mensch ge 
nannt! Die Pflanze nimmt aus der Luft an 900 Theile von 1000 Theilen 
ihres Körpers, Mensch und Thier verzehren die Pflanze, das Thier, das 
wir zur menschlichen Nahrung nehmen, wandelt diesen Pflanzenkörper in 
Milch- und Fleischproduete um, und unser Körper besteht wieder ans dem, 
was wir essen; wer könnte daher noch bezweifeln, daß wir der Luft allein 
den lebendigen Leib verdanken? In unseren Lungen vollzieht sich in einer 
Minute wenigstens fünfzehnmal eine Neuschaffung unserer Lebenskraft und 
Lebensfähigkeit, und in jeder Stunde tauscht die Lunge 25 Liter abgestor 
bene Gasmenge gegen 10.000 Cnbikcentimeter eingeathmeten Sauerstoffes 
aus. Was der Mensch ausathmet, saugt die Pflanze ein, was diese ans- 
athmet, führt der Mensch durch Mund und Nase seiner Lunge zu. Der Luft 
verbrauch, der Luftaustausch in der letzteren ist und bleibt daher die wich 
tigste aller Lebensfragen. Sollte man nicht voraussetzen, daß es eine der 
dringendsten Aufgaben des Volksunterrichtes sein müsse, die Menschen über 
ihre allererste Lebensfrage so gründlich als möglich zu unterrichten? Und wo, 
fragen wir weiter, besteht dieser Unterricht? Finden wir ihn in der Volks 
schule, in den Mittelschulen, in den Hochschulen, ja selbst im medicinischen 
Hörsaale? Werft keinen Stein, ihr Städtebewohner, nach dem Landmanne, 
an dessen Stallgebäude ihr auf der Luftpromenade die Nase nicht bloß 
rümpft, sondern hämisch zudrückt, die weit gefährlicheren Ställe sind euere 
mephitisch duftenden Wohn- und Schlafgemache, die eng zusammengepreßten 
Gäßchen und Menschenhaufen, und doch rühmt ihr euch des Vorzuges 
euerer Cultur gegen jene des in der Bildung vernachlässigten Landmannes. 
Bedenken wir nur einen Augenblick, daß wir mit jedem Athemzuge das 
jenige unserer Lunge zuführen, was unsere nächste Umgebung an die Lust 
abgibt, so werden wir uns nicht wundern dürfen, daß Tausende und
	        
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