Volltext: 63. Heft 1914/16 (63. Heft 1914/16)

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Punkt nach dem anderen in die Hände der Verbündeten 
gefallen war, die Russen zum Rückzug genötigt. Prinz 
Leopold blieb in energischer Verfolgung den Russen auf 
den Fersen, so daß es diesen unmöglich gemacht wurde, 
in dem nächsten Abschnitt an der Szczara längeren Wider- 
stand zu leisten. Am 17. suchten sie bereits eine geeignete 
Stellung hinter Szczara zu halten und zwei Tage später 
waren sie bereits so weit zurückgedrängt, daß Teile unserer 
Heeresgruppe den Moltschadabschnitt erreichten. Der 
rechte Flügel näherte sich der Myschanka, einem von 
Norden nach Süden fließenden Nebenflüßchen der Szczara. 
Hier kam es am 21. September wieder zu einem schweren 
Gefecht, der Kampf fand zu beiden Seiten der Bahn 
Brest-Litowsk—Minsk statt; er endete mit der Erstür- 
mung der russischen Stellungen, der Erbeutung von 
reichlichem Kriegsmaterial unter Gefangennahme von 
1000 Russen. Gleichzeitig wurde weiter südlich der Ort 
Ostrow an der Myschanka genommen. Nachdem am Tage, 
darauf eine neue feindliche Stellung erstürmt worden 
war, schien am 23. der Widerstand der Russen auf diesem 
Teil der Front zunächst gebrochen; die Heeresgruppe 
konnte den weiteren Vormarsch antreten und in den 
nächsten Tagen die Gegend bis zum oberen Njemen, 
zum Serwetsch und zur Szczara vom Feinde säubern. 
Der letzte Versuch des Feindes, hinter Baranowitschi 
sich noch länger zu halten, wurde vereitelt durch die Weg- 
nähme der letzten Befestigungen, die die Russen noch 
im Besitz gehabt hatten. So hatte die Heeresgruppe im 
Anschluß an die des Feldmarschalls Hindenbnrg aus- 
reichenden und geeigneten Raum gewonnen, um die 
Offensive vorläufig unterbrechen und den Gegenangriffen 
der Russen, die Ende September und Anfang Oktober 
von Zeit zu Zeit unternommen wurden, auch unter Ein- 
satz geringerer Kräfte genügend Stand halten zu können. 
Die Kämpfe der Heeresgruppe Mackensen, die süd- 
lich von der Heeresgruppe des Prinzen Leopold von 
Bayern ostwärts vorging, lassen sich kürzer zusammen- 
fassen. Ihre Aufgabe war, genügend Raum zu gewinnen, 
um die Verbindung mit den weiter südlich operierenden 
deutschen und österreichisch-ungarischen Heeresteilen her- 
zustellen, dagegen konnte es nicht das Ziel dieser Bewe- 
gungen sein, in das ungeheure Sumpfgebiet des Pripet 
tiefer einzudringen, als unbedingt nötig war. Die Heeres- 
gruppe hatte auf dem Wege von Galizien bis östlich von 
Brest-Litowsk so Ungeheures geleistet, daß es ihr Wohl 
zu gönnen war, wenn sie jetzt weniger entscheidende und 
bedeutungsvolle Kämpfe zu bestehen hatte. Auch so 
stellten die mit heftigen Kämpfen verbundenen Bewe- 
gungen in dem überaus schwierigen Gelände eine Leistung 
dar, die den beteiligten. Truppen zum größten Ruhm 
gereicht. Denn das sogenannte Poljessje (b. h. wörtlich: 
„Waldland"), das von dem Pripet und seinen Neben- 
flüssen durchflossene Gebiet, ist ein Komplex von Wäldern 
und Sümpfen in ungeheurer Ausdehnung, der fast bis 
zum Dnjepr reicht und den südlichen Teil des Gouverne- 
ments Minsk ausfüllt (s. Teil II, Seite 399 f.). Es umfaßt 
ungefähr nahezu 9 Millionen Hektar Flächenraum. Es 
versteht sich von selbst, daß ein Lünd von dieser Art nur 
spärlich bevölkert sein kann, und die weitere Folge davon 
sind mangelnde Verkehrswege. Wenn auch allerdings in 
den letzten Jahrzehnten viel getan worden ist, um durch 
Kulturarbeiten das Poljessje seines unfruchtbaren, gesund- 
heitsschädlichen und unzugänglichen Charakters zu ent- 
kleiden, so sind doch noch immer Bewegungen großer 
Heeresmassen auf diesem Boden außerordentlich erschwert, 
und größere Entscheidungen, können hier nicht satten. 
Am 4. September bewegte sich die Heeresgruppe 
Mackensen östlich von Kobrin in der Richtung auf Pinsk. 
Letztgenannte Stadt ist der Hauptort des Sumpfgebietes 
und Station der einzigen Bahnlinie, die das Poljessje 
direkt in der Längsrichtung durchschneidet, nämlich der 
Bahn Brest-Litowsk—Gomel. An dem erwähnten Tage 
wurde Drohiczyn erreicht, während der linke Flügel sich 
bei Bereza Kartuska befand. Zwei Tage darauf wurden 
die Russen angegriffen und aus Drohiczyn und Ehomsk 
zurückgeworfen. In den nächsten Tagen kämpfte der 
nördliche Flügel der Heeresgruppe schon an der Jasiolda. 
Die Russen wurden zur Räumung ihrer Stellungen bei 
Bereza Kartuska gezwungen und auch auf der Linie 
zwischen dem See von Sporow und dem Dnjepr-Bug- 
Kanal geschlagen. Sogleich wurde nun die Verfolgung 
aufgenommen, die zu beiden Seiten der Bahnlinie fort- 
gesetzt wurde uud die Stadt Pinsk zum Ziel hatte. Am 
15. September versuchten die Russen noch einmal, auf 
dem halben Wege zwischen Janow und Pinsk Halt zu 
machen. Ihre Stellung wurde jedoch durchbrochen, und 
während sie zahlreiche Gefangene in den Händen der 
Deutschen zurückließen, mußten sie das ganze Gelände 
in dem Winkel zwischen Jasiolda und Pripet räumen. 
Poch an demselben Tage zogen die deutschen Truppen 
in Pinsk ein. Wenn in den folgenden Tagen die Bewe- 
gungen noch fortgesetzt und das ganze Gelände nördlich 
und südlich von Pinsk noch weiter ostwärts vom Feinde 
gesäubert wurde, so war es wohl von vornherein nicht 
die Absicht, die Offensive weiter fortzusetzen. Vielmehr 
galt es, dem zurückgedrängten Fmnde noch so viel wie 
möglich Abbruch zu tun und die Einnahme der geplanten 
festen Stellungen nach Möglichkeit zu sichern. So wurde 
vom 20. ab, östlich von Logischin noch mehrere Tage 
gegen die sich aufs neue zum Widerstand sammelnden 
Russen gekämpft, aber mit schwächeren Kräften, und 
ohne eine Entscheidung zu suchen. Am 23. wurden die 
nach Osten vorgeschobenen Stellungen geräumt und 
hinter dem Oginski-Kanal und der Jasiolda die Stellung 
eingenommen, die als feste Froutlinie künftig gegen die 
Russen gehalten werden sollte. 
Hier wurde also die Offensive noch früher zum Ab- 
schluß gebracht als bei den nördlicheren Heeresgruppen. 
Der Grund ist jetzt kein Geheimnis mehr. Die Ver- 
kürzung der deutschen Front gestattete, zahlreicheTruppen- 
verbände aus der Frontlinie herauszunehmen, die zu 
anderer Verwendung bestimmt waren. Dies war schon 
längst vorbereitet und nach und nach ausgeführt worden. 
Daher war eine Neueinteilung der Heeresgruppen auf 
unsrer Ostfront notwendig geworden. Überdies war 
Generalfeldmarschall von Mackensen zum Oberbefehls- 
haber der für Serbien bestimmten Truppen ernannt 
worden. So existierte Ende September die Heeres- 
gruppe Mackensen als solche an unsrer russischen Front 
nicht mehr, obwohl unser Generalstabsbericht, der diese 
Änderung wohlweislich verborgen hielt, bis es Zeit war, 
der Welt diese Tatsachen zu enthüllen, gewissenhaft 
täglich weiter meldete, daß die Lage bei der Heeres- 
gruppe Mackensen unverändert oder von dort nichts 
Wesentliches zu melden sei. Übrigens befehligte auch 
General von Gallwitz nicht mehr die Armee, die er bis 
dahin im Verband der Heeresgruppe Hindenburg ge- 
führt hatte. Auch er hatte eine für Serbien bestimmte 
Heeresgruppe übernommen. 
Die Russen entschuldigten bekanntlich ihre Zurück- 
drängung in Polen, Litauen und Kurland damit, daß 
es gar nicht ihre Absicht gewesen sei, dort Widerstand zu
	        
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