Volltext: Das Gräberfeld von Hallstatt, seine Zusammensetzung und Entwicklung

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t M. HOERNES, DAS GRÄBERFELD VON HALLSTATT 
EINLEITUNG. 
Die namhaftesten deutschen Prähistoriker — genannt seien nur Otto Tischler und Karl 
Schumacher1) — haben die Veröffentlichung genauer Fundberichte über die in den Jahren 1846 
bis 1864 auf dem Salzberg bei Hallstatt durchgeführten Ausgrabungen schon längst als ein dringendes 
Erfordernis unserer Wissenschaft erklärt und wiederholt beklagt, daß man in der Behandlung der 
Hallstattperiode nicht vorwärts kommen könne, solange jenes Gräberfeld, seine Zusammensetzung 
und seine Wandlungen im Laufe der Zeiten nicht besser bekannt seien. Allein noch heute stützt 
sich die Kenntnis des genannten Fundortes bei den Fachgenossen bloß auf das Werk Eduard 
v. Sackens2) und daneben auf die in einigen Sammlungen, vor allem im Naturhistorischen Staats¬ 
museum zu Wien, aufgestellten Fundserien. Allein auch am letzteren Orte ist aus räumlichen und 
anderen Gründen nur ein kleiner Teil der Funde gräberweise ausgestellt. Sackens Arbeit aber, 
für ihre Zeit — vor bald 50 Jahren — zweifellos eine sehr bedeutende Leistung, entspricht weder im 
Text noch in den Abbildungen den Anforderungen, die man heute an die Darstellung einer so 
hervorragend wertvollen Fundmasse stellen muß. Der gelehrte Verfasser glaubte sicherlich, alles, 
was über die Nekropole zu sagen war, erschöpfend mitgeteilt zu haben. Und doch bedürfen seine 
Betrachtungen und Folgerungen auf Schritt und Tritt der Richtigstellung und die zahlreich bei¬ 
gegebenen Abbildungen haben oft nur den Wert guter Skizzen, nicht korrekter Aufnahmen. Sie 
bringen zahlreiche, auch häufig wiederkehrende und für Hallstatt charakteristische Typen — nicht 
bloße Varianten3) — gar nicht zur Anschauung. Sie geben von der Technik der getriebenen Arbeiten 
eine falsche Vorstellung, indem alle Ornamente nur als Gravierungen erscheinen. Und sie beschränken 
sich endlich in der Wiedergabe größerer, reich verzierter Gegenstände, z. B. der langen Gürtelbleche, 
auf Teile derselben, obwohl die Ornamente der abgebildeten und der nicht abgebildeten Teile ganz 
verschieden sind. All das entspricht dem eklektischen Vorgehen, wie es vor einem halben Jahr¬ 
hundert prähistorischen Funden gegenüber beliebt war und der damals gehegten Art von Interesse 
an diesen Funden entsprach. 
Es fehlt also eine vollständige Ausgabe der Hallstätter Gräberfunde. Das Material dazu war 
immer vorhanden: einerseits die Funde selbst, anderseits das in mehreren Abschriften vorliegende 
Fundprotokoll des Bergmeisters Georg Ramsauer, eines ungelehrten, aber sehr aufmerksamen 
Beobachters, unter dessen Aufsicht die Ausgrabungen vor sich gegangen waren. Wenn auf diesem 
Wege eine sichere Grundlage für die Bearbeitung dieses Stoffes, des reichsten aus der ersten Eisenzeit 
nördlich der Alpen, gewonnen werden konnte, so war die Arbeit allerdings auch keine ganz leichte. 
Vor allem ist vieles, was Ramsauer vom Inhalt der einzelnen Gräber verzeichnet, nicht erhalten, 
namentlich Tongefäße, Eisensachen, Menschen- und Tierknochen. Ein guter Teil der gesamten 
Fundmasse ist aus Geringschätzung der übel aussehenden Fundstücke — verrostetes Eisen, zer¬ 
brochenes Tongeschirr — abhanden gekommen, wahrscheinlich nicht gleich bei der Grabung, 
sondern später bei der Übernahme der Funde für das Antikenkabinett in der Hofburg. Ferner sind 
im Laufe der Zeit und des Weges, den die Sammlung vom Fundort an das genannte Kabinett und 
von diesem nach Jahrzehnten an das Naturhistorische Staatsmuseum zurückgelegt hat, viele der 
sorgfältig aufgeklebten Etiketten verloren gegangen, so daß die Zugehörigkeit zahlreicher Gegen¬ 
stände zu bestimmten Gräbern nicht mehr festgestellt werden kann. Endlich bietet auch das 
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*) Der erstere in seinem gehaltvollen Vortrag über: Die Abbildungen etwa ein Dutzend Formen, darunter häufig 
Gliederung der vorrömischen Metallzeit in Süddeutschland. auftretende, wie die Zweiknopffibel mit langem Fuß ohne 
Regensburg 1881. KblAG XII 124; der letztere in den Fund- Schlußknopf (eine ostalpine Lokalform), anderseits Selten¬ 
berichten aus Schwaben VI 21. heiten, wie die Armbrustfibel mit zurückgewendetem Vogel- 
2) Das Grabfeld von Hallstatt in Oberösterreich und köpf aus Grab 999. Ferner fshlsn die gewöhnlichsten bron- 
dessen Altertümer. Mit 26 Tafeln. Wien 1868. (Aus den zenen Gürtelhäkchen, mindestens drei Typen (vgl. XI 8, 9), 
Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der das Tonnenarmband aus Grab 715, Bronzemesser einfachster 
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.) Form u. dgl. m. 
3) Besonders unter den Fibeln. Hier fehlen in den
	        
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