Volltext: Der Weltbrand Band 1 (1; 1915)

auf die weiße Rasse gehetzt hatte, einen schlimmen und 
höchst gefährlichen Verrat an der europäischen Mensch- 
heit begangen habe. Ironisch fragte dasselbe skandina- 
vische Blatt, ob England auf diese Waffenbrüderschaft 
stolz sein könne. Nun, es schämte sich ihrer nicht, 
denn die Zeit sollte bald kommen, wo englische und 
japanische Truppen gemeinsam das Hinterland von 
Kiautschau besetzten und wo also England der Welt 
bewies, daß es wirklich mit den Mongolen Hand in 
Hand gegen die Deutschen ging. 
Einigermaßen verständlich wird übrigens der Rasse- 
oerrat Englands dadurch, daß man in der Downing- 
Street die löbliche Absicht hatte, auch den ostasiatischen 
Verbündeten zu begaunern. Er sollte durch seinen 
Feldzug gegen Kiautschau nicht etwa gestärkt werden, 
sondern seine Macht zum Heile Englands schwächen. 
Asquith, Erey und Co. kalkulierten so: Greift Japan 
Kiautschau an, so wird es zwar am Ende siegen, 
aber es verliert voraussichtlich dabei mehrere seiner 
besten Schiffe. Dadurch wird seine Seemacht ge- 
mindert, was England nur willkommen sein kann, 
und als Siegespreis gewinnt es einen rauchenden 
Trümmerhaufen. Die Rechnung war klug aus- 
gesonnen, hatte aber die Schlauheit der Gelben nicht 
in Ansatz gebracht. Den Japanern fiel es gar nicht 
ein, ihre Schiffe zu riskieren, sie griffen die deutsche 
Besitzung von der Landseite an. 
Genau so skrupellos wie in Ostasien zeigte sich die 
englische Politik in Afrika. Die berühmte Haager 
Friedenskonferenz hatte einst die Forderung aufge- 
stellt, kriegerische Verwicklungen zwischen europäischen 
Staaten sollten nicht auf den schwarzen Erdteil über- 
tragen werden. Es sollte dadurch verhütet werden, 
daß Neger, Buschmänner und Hottentotten von den 
Zwistigkeiten der Weißen erführen und sie zu ihren 
Zwecken ausbeuteten. Damals hatte England wider- 
sprachen, und nun zeigte sichs, warum das geschehen 
war. Die Engländer hätten sich sagen müssen, daß 
die Überwältigung der deutschen Kolonien nichts, aber 
auch garnichts zum glücklichen oder unglücklichen Aus- 
gang des Krieges beitragen konnte. Der große Kampf 
wurde auf den europäischen Schlachtfeldern, in der 
Nordsee und im Ärmelkanal entschieden. England 
hätte also ohne Gefahr und Schaden auf die billigen 
und nutzlosen Lorbeeren verzichten können, die ihm 
die Besetzung der deutschen Kolonien einbrachte, es 
war durch kein Interesse des Krieges gezwungen, 
auch in Afrika und in der Südsee den Vorwurf des 
Rasseverrates auf sich zu laden. Aber sein Haß gegen 
Deutschland war so groß, daß derartige Erwägungen 
den englischen Staatsmännern wohl überhaupt nicht 
in den Sinn gekommen sind. Ihnen schien alles er- 
laubt, wodurch man dem äamnecl German eine, wenn 
auch nur kleine Wunde beibringen konnte. So kam 
denn am 9. August die Nachricht, daß eine starke 
englische Truppenmacht Togo besetzt habe und am 
12. August lief die Kunde ein, englische Kriegsschiffe 
seien vor Daressalam, der Hauptstadt von Deutsch- 
Ostafrika, erschienen, hätten die Stadt bombardiert 
und den Funkenturm zerstört. Ein deutsches Schiff 
auf dem Njassa-See wurde gekapert und die deutsche 
Niederlassung zerstört. Dem geplanten englischen 
Einfall in Südwest-Afrika kam die deutsche Schutztruppe 
zuvor, indem sie, schneller als die englischen Kolonial- 
truppen, zum Angriff überging und in die Kap- 
Kolonie einfiel. Dafür rächte sich England dadurch, 
daß es Hereros und Bondelzwarts, zwei der grau- 
samsten Negerstämme, in sein „Heer" einstellte. Und 
wie es unbekümmert um alle Moral die Wilden 
Afrikas gegen seine weißen Rassegenossen und „Brüder 
in Christo" aufhetzte, wie es das Mongolen-Volk des 
Ostens gegen die Deutschen vorschickte, so beschwor es 
über die christliche Welt noch eine dritte Gefahr her- 
auf, die Gefahr einer allgemeinen Erhebung des 
Islam. Das tat es dadurch, daß es die islami- 
tischen Völker n unbegreiflicher Verblendung reizte 
und bedrohte. Es zwang Ägypten, dem deutschen 
Reiche den Krieg zu erklären, es schloß dieses Land 
systematisch von der Welt ab, damit niemand dort 
erfahre, wie es in der Welt zuging. Es verbot zur 
unbeschreiblichen Erbitterung der gläubigen Musel- 
manen den gerade fälligen Abgang der jährlich nach 
Mekka pilgernden heiligen Karawane, damit die 
heimkehrenden Pilger keine Nachrichten ins Land 
brächten, durch die der Seelenfrieden der unterjochten 
Ägypter gestört werden könnte. Die Engländer führten 
Hindu-Truppen aus Indien ein, um die Ruhe und 
Ordnung aufrecht zu erhalten, sie verhafteten eine 
Menge angesehener Einwohner, die ihnen verdächtig 
erschienen. Sie hätten am liebsten den Khedive selbst 
gefangen gesetzt, aber der weilte gerade in Konstanti- 
nopel und leistete der wiederholten Aufforderung, 
heimzukehren, keine Folge. 
Zu gleicher Zeit erlaubten sie sich gegen die Türkei 
einen unglaublichen Übergriff. Das Osmanenreich 
ließ zwei Großkampfschiffe auf englischen Werften 
bauen und hatte zwei für Chile im Bau begriffene 
Torpedobootszerstörer angekauft. Alle vier Schiffe 
wurden kurzerhand in die englische Flotte einge- 
stellt, worüber der Pforte eine lakonische Meldung 
aus London zuging. Dabei zog die Türkei schon 
Truppen zusammen, um gegen Rußland gerüstet zu 
sein, und in den Kaukasusländern gährte es gewaltig 
unter den muselmanischen, von den Moskowitern 
unterworfenen Stämmen. Erhob jetzt, wo die Groß- 
mächte Europas einander zerfleischten, der Kalif die 
grüne Fahne des Propheten und rief zum heiligen 
Kriege auf gegen die Ungläubigen, so konnte es zu 
der Erhebung des ganzen Islam kommen, die von 
Kennern der Verhältnisse schon lange befürchtet wird 
und die keiner Macht so gefährlich werden muß, wie 
England selbst. 
Mit Erstaunen sah die Welt, wie das sonst so 
kluge Albion sich in kritischer Zeit gefährliche Feinde 
schuf, und mit schmerzlicher Betroffenheit erkannten 
alle, die noch auf Erden den Namen von Christen zu 
tragen verdienten, daß die Politik, die England jetzt 
einschlug, die christlichen Interessen aufs furchtbarste 
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