Volltext: Der Sammler 6. Jahrg. 1910 (1910)

ft», 5. — 6. Iahvg. Beilage x«m ,.SchS»di«ger Wochenblatt". 
Wal 1S10. 
Dsp Rammler. 
Mitteilungen des Vereines zur Erhaltung des Stadtmuseums und zur Erhaltung des bau 
lichen Charakters der Stadt Schärding. 
Inhalt: Schönschreibprobehefte aus der alten Schule. — Die älteste Feuerlöschordnung der Stadt 
Schärding. — Aus den Mitteilungen der k. k. Zentralkonimission. 
Probescbriftbefte aus Schärdings alter Schule. 
(Schulgeschichtliches.t 
An und für sich sind Probeschriften aus der 
Zeit der früheren Schulverfassung keine Seltenheit, 
und die in den letzten Dezennien jener Zeit ge 
schriebenen Schönschriften können noch auf kein 
respektables Alter Anspruch machen, denn die 
älteren Männer und Frauen der Stadt, die hier 
in die Schule gegangen sind, erinnern sich noch 
an diese Trillerei mit der Kielfeder und an den 
„Spanischen" sowie an die Aengsten, die bei dieser 
Schönschreiberei ausgestanden wurde. 
Es läge somit für uns vom schulgeschicht 
lichen Standpunkte aus gerade keine Veranlassung 
vor, über die Probeschreibhefte zu schreiben; hätte 
es damit in Schärding nicht ein eigenes Be 
wandtnis Es sind nämlich alle diese Probe 
schriften, die kistenweise vorhanden waren, ver 
schwunden ; selbe sind wahrscheinlich skartiert wor 
den, und so kommt es, daß es geradezu als ein 
Ereignis bezeichnet werden muß, daß endlich ein 
mal ein solches Heft in den Schoß des Museums 
gefallen ist. 
Da dieses Heft überdies Namen in sich 
schließt, deren Träger noch in guter Erinnerung 
in uns fortleben, so ist es auch vom familien 
geschichtlichen Standpunkte aus anziehend, sich mit 
diesem Hefte zu beschäftigen. Wie es aber oft 
vorkommt, daß eine Freude nicht vollständig sein 
kann, so ist es auch hier, die Probeschriften der 
Mädchen sind bis auf drei aus dem Hefte heraus 
gerissen. 
Das vorliegende Probeschriftenheft trägt fol 
gendes mit Tusch in verschiedenen Alphabeten ge 
schriebene Titelblatt: „Proben aus dem Schön 
schreiben von den Schülern der III. Klasse. 1834." 
Im ganzen zählt das Heft 46 Blätter, ein 
zelne Schüler und Schülerinnen haben zwei und 
auch drei Blätter vorliegend. Natürlich sind dies 
diejenigen, welche am schönsten geschrieben haben. 
Wer zu Mer Zeit Lehrer der dritten Klasse war, 
ist aus dem Heft nicht zu entnehmen. 
Die ersten drei Blätter gehören dem Schüler 
Eulogius Dirmhirn, der seine Aufgabe in vorzüg 
licher Weise gelöst hat. Am ersten Blatte nimmt 
der Schüler Abschied von der „theuren, unvergeß 
lichen Lehranstalt". Am nächstfolgenden Blatte 
lesen wir in staunenswert schöner Ausführung: 
„O Herr, hilf mir aus der Hand der Gottlosen, 
aus der Hand des Ungerechten und der, die wider 
das Gesetz handeln". Zum Schluffe folgt ein 
Zitat aus Cicero, das uns lehrt, daß eine Rede 
nur dann einen Wert hat, wenn selbe einen sach 
lichen Inhalt hat. 
Jeder Schüler bekam eine andere Vorlage, 
respektive eine gegenständlich gänzlich verschiedene 
von den anderen. 
Eulogius Dirmhirn starb als Bürgerschul 
direktor in Cilli in Steiermark. 
Lassen wir nun die Schüler der Reihe nach 
folgen, die uns aus diesem Hefte entgegentreten. 
Der nächste Schüler war Ferdinand Kyrle, 
als Prior des Stiftes Kremsmünster gestorben. 
Selber mußte schreiben über Sitz und Haltung des 
Körpers, Prüfe alles und behalte das Beste und 
in gotischer Schrift über die Verehrung der großen 
Kaiserin Maria Theresia. 
Sodann Anton Sellner. Später Schlosser- 
meister von Schärding. Mit ausnehmend schöner 
Schrift geschrieben über den Satz : „Schamhaftigkeit 
ist die schönste Zierde der Jugend" und auf einem 
zweiten Blatte „Willst du ein wahrhaft gutes 
Kind sein, so mußt du allzeit tun was recht ist". 
Josef Schätz, später Gürtlermeister. In der 
Schriftausführung dem Mitschüler Sellner vollstän 
dig ebenbürtig, schrieb: „Habet frühzeitig Lust und 
Liebe zur Arbeitsamkeit ; auf einem zweiten Blatte 
wird die Zeit belobt, „sie ist edel und alle Men 
schen sind schuldig, sie zu guten Geschäften und 
Arbeiten anzuwenden". 
Dem Schüler Anton Aichinger ließ man 
schreiben: „Habet Ihr nicht vorzügliche, gute Ta 
lente, so rate ich Euch nie zum Studieren"; sowie 
der Schüler am nächsten Blatte die Eigenschaften 
eines guten Schulkindes zu beschreiben hat. 
Schüler Franz Reiß, später Stadkbürger- 
meister, schreibt: „Jeder Mensch hat an seinem 
Gewissen einen unbestechlichen Richter" und in go
	        
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