Volltext: Nr. 9 1925 (Nr. 9 1925)

Nr. 9 
Nachrichten 
Seite 5 
Der Hing auf hie WWW 
Die Überreichung des Regierungsentwurfes zur Er- 
gänzung der beiden Bundesgesetze vom 27. Jänner 1921. 
Nr. 99, und 15. Juli 1921, Nr. 425, an den Fünfund¬ 
zwanzigerausschuß hatte zur Folge, daß dieser sofort einen 
Unterausschuß bildete, in welchem von allen Großorgani¬ 
sationen, wie Bund der öffentlichen Angestellten, Reichs- 
verband, deutscher Beamtenverband, Gewerkschaft der 
christlichen Angestellten im öffentlichen Dienste usw., Bei- 
treter der kriegsbeschädigten Sektionen Sitz und Stimme 
haben sollten. Er betonte gleichzeitig, daß er sich für die 
allein berechtigte und maßgebende Stelle zu Verhand¬ 
lungen mit der Regierung erklärte. Als Obmann dieses 
Unterausschusses wurde Kamerad Direktor Putsch in 
der Gewerkschaft der christlichen Angestellten und als 
Referent Kamerad P o l l a k vom Bunde der öffentlichen 
Angestellten gewählt. 
Der Fünfundzwanzigerausschuß erklärte übrigens so- 
fort der Regierung, daß dieser Entwurf undiskutabel fei 
und beauftragte den neuen Unterausschuß, ein Memoran- 
dum auszuarbeiten, der in einigen aufeinanderfolgenden 
Sitzungen auch dieses verfertigte und dem Fünfundzwan- 
zigerausschuß mit dem Ersuchen zur Vertretung und 
Weiterleitung überreichte. Dieses Memorandum wurde 
von uns bereits veröffentlicht. 
Auch unser Unterausschuß der öffentlichen Kriegsbe- 
fchädigten-Angeftellten im Landesverband der Kriegs- 
invaliden und Kriegerhinterbliebenen Oberösterreichs 
hatte sich sofort nach der Bekanntmachung des ersten 
Entwurfes, als auch nach der Veröffentlichung des 
zweiten Entwurfes zu dieser sogenannten Ergänzung zu 
den beiden Gesetzen in einer Reihe von Sitzungen be¬ 
schäftigt und hiezu entsprechende Stellung genommen und 
für den 24.Juli 1925 eine P r o t e st v e r s a in m l u n g 
in Linz im Kaufmännischen Vereinshause einberufen. 
Diese Versammlung, welche gemeinsam mit dem 
Landesverband der Kriegsinvaliden und Kriegerhinter- 
bliebenen Oberösterreichs, dem Landesverband der Bun- 
desangestellten-Vereinigung, der Landesgruppe Linz der 
freien Gendarmeriegewerkschaft, dem Bunde der ösfent- 
liehen Angestellten Oesterreichs, Landesgruppe Oberöster- 
reich, dem Verbände der Steueraufsichts- und Zollwache- 
beamten, Landesgruppe Oberösterreich, und der Tech- 
nifchen Union einberufen worden war, hatte bei einem 
verhältnismäßig guten Besuche einen äußerst regsamen 
Verlauf genommen. 
Von den geladenen Parteien waren erschienen: Für 
die sozialdemokratische Partei: Frau Beutlmayr; für die 
christlichsoziale Partei: Herr Sekretär Kriz; für die 
nationalsozialistische Partei: Herr Ingenieur Breiten- 
thaler. Die Presse war bis auf das „Linzer Volksblatt" 
vollkommen vertreten. 
Zu bemerken ist noch, daß von den Gewerkschaften und 
Verbänden die Technische Union durch Kollegen A d l e s- 
grübe r, der Bund der öffentlichen Angestellten durch 
dessen Sekretär Kollegen K ö n i g. der Landesverband der 
Bundesangestellten Oesterreichs, Landesgruppe Oberöster- 
reich, durch Kollegen K a u f m a n n und die Landesgruppe 
Linz der freien Gendarmeriegewerkfchaft durch Kollegen 
R. I u >>. g w i r t h vertreten waren. 
Unter dem Vorsitz des Obmannes des Landesver- 
bandes der Kriegsbeschädigten Kameraden Mitterbauer 
konnte als Referent Kamerad Müller-Milborn ein ein- 
gehendes Referat über die beiden Regierungsentwürfe 
halten und dabei auf die andauernden Kämpfe, welche 
die Kriegsbeschädigtenangestellten wegen ihrer Begünsti¬ 
gungen bisher führen mußten, verweisen. 
Dem Referate folgten eine Reihe ausgezeichneter 
Reden und wurde von allen Beteiligten die Zustimmung 
und Unterstützung geäußert und resultierte aus der 
Debatte die einstimmige Überzeugung, daß dieser Eni- 
wurf niemals Gesetz werden dürfe. Wenn auch National- 
rat Dr. Odehnal bei einer Versammlung in Wien bc- 
haupten konnte, daß der Zeitpunkt zu diesem Gesetze jetzt 
nicht passend sei, so hätte er auch den Mut aufbringen 
müssen, zu behaupten, daß für diese Sache niemals der 
geeignete Zeitpunkt sein wird. 
Es wurde auch von verschiedenen Rednern die An- 
regung gegeben, falls dieser Entwurf, der bereits am 
20. Juli 1925 von der Regierung zur Behandlung dem 
Nationalrat eingebracht worden ist, Gesetz werden sollte, 
eine Liste jener Nationalräte auszustellen, welche für die 
Annahme stimmen würden. 
Und wenn hiebei ein Redner behauptete, daß wir als 
Staatsbeamte genau so berechtigt sind Politik zu treiben 
wie andere Bürger und in der Erklärung „unpolitisch zu 
sein" findet, daß dies viel gefährlicher fei, als wenn wir 
offen zugeben, da wir doch nicht mehr politische Eunuchen 
sind, so können wir ruhig sagen, wir treiben Politik, da¬ 
mit nicht die Politiker mit uns zu viel Politik treiben, 
denn wenn es zu viel wird, können wir auch einmal den 
Spieß umdrehen und mit ihnen Politik treiben. 
Die Resolution, welche nunmehr von der Bersamm- 
lung einstimmig angenommen wurde, hat nachstehenden 
Wortlaut: 
Resolution! 
Die heute, den 24. Juli 1925 in Linz tagende Ver¬ 
sammlung der kriegsbeschädigten Bundesangestellten hat 
zu der von der Regierung geplanten Abänderung der 
Bundesgesetze vom 27. Jänner 1921, Nr. 90, und vom 
15. Juli 1921, Nr. 425, Stellung genommen und ist zu 
der einhelligen Auffassung gekommen, diesen Negierungs- 
entwurf auf das energischeste zurückzuweisen. 
Bei der heute herrschenden Auffassung, daß die 
Kriegsbeschädigten, insbesondere die kriegsbeschädigten 
öffentlichen Angestellten anläßlich der Begutachtung nach 
dem Invaliden-Entschädigungsgesetze im Sinne des § 10 
desselben bei der Festsetzung der Erwerbseinbuße so ein¬ 
zuschätzen sind, als ob sie keine besondere wirtschaftliche 
Beeinträchtigung infolge ihrer Kriegsgebrechen zu ver¬ 
zeichnen hätten, würde die Abänderung der beiden erst- 
zitierten Gesetze eine doppelte Schädigung dieser Kate- 
gorie der Kriegsbeschädigten bedeuten. 
Die nach den beiden Gesetzen gewährten Begün¬ 
stigungen sind ohnehin nur ein sehr geringfügiger Ersatz 
an Stelle der nach dem Invaliden - Entschädigungs¬ 
gesetze gebührenden Renten, die aber infolge der 
vorgenannten Auslegung des § 10 dieses Gesetzes zur 
vollkommenen Bedeutungslosigkeit herabgesunken sind, be> 
ziehungsweise überhaupt nicht mehr zur Auszahlung ge- 
langen. 
Schließlich erblicken die kriegsbeschädigten Bundes- 
angestellten darin einen Anschlag der Regierung auf das 
Gehaltsgesetz überhaupt, und zwar zu einem Zeitpunkte, 
in welchem es den öffentlichen Angestellten schon fast un¬ 
möglich geworden ist, mit den kärglichen Bezügen ein 
halbwegs anständiges Leben zu führen. Der Versuch, das 
Gehaltsgesetz zu Ungunsten eines Teiles der öffentlichen 
Angestellten abzuändern, in einer Zeit, wo diese ge- 
zwungen sind, eine Abänderung desselben zu i h r e n 
G u n st e n zu fordern, muß als ein ganz widersinniger 
Vorgang bezeichnet und auf das schärfste zurückgewiesen 
werden. 
Die Versammlung gibt der Ansicht Ausdruck, daß die 
Regierung die Ungerechtigkeit dieser geplanten Maß- 
nähme beareift und den Regierungsentwurf in feiner 
Gänze zurückzieht. 
Linz, am 24. Juli 1925. 
Sie war von allen einladenden Verbänden unter¬ 
zeichnet worden. Dem Beschlüsse gemäß, wird dieselbe 
allen Parteien im Nationalrat, dem Bundeskanzleramt, 
dem Ministerium für soziale Verwaltung, dem Fünfund- 
zwanzigerausschuß und allen Gewerkschaften und Ver¬ 
bänden zugesendet werden.
	        
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