Volltext: Das Weltkriegsende

Der Reichstag 
fettigen Standpunkt militärischer Gesichtspunkte" ihn darin unter¬ 
stützt hätten, „maßvolle Kriegsziele für den Fall zu umgrenzen", daß 
wir bald, etwa im Herbst oder Frühwinter, zu Friedensverhandlungen 
gelangen könnten. Michaelis bat die Männer der O.H.L., in besänf¬ 
tigendem Sinne auf die Vertreter einer einseitigen annexionistischen 
Richtung, so auf den Grafen Westarp, einzuwirken, wenn sie gele¬ 
gentlich ins Große Hauptquartier kämen. Aus seinem Schreiben 
sprach der ernste Wille nach möglichster Abkürzung des Krieges, wenn 
es zum Schluß hieß: „Unsere Stürmer und Dränger sollen sich be¬ 
ruhigen! Wenn wir auf obiger Grundlage unserem armen, gequäl¬ 
ten Volke und der Welt den Frieden verschaffen können, dann sollen 
wir es tun, und nicht einen Monat länger eines noch so wertvollen 
Stützpunktes wegen Krieg führen. Helfen Sie also bitte für Auf¬ 
klärung sorgen!" 
Eine wesentliche Rolle spielte bei diesen Erörterungen die Zu¬ 
kunft Belgiens. Es lag tatsächlich so, daß man damals besonders in 
der Marine und in weiten patriotischen Kreisen einen Verzicht auf 
die flandrische Küste als einen schweren Schlag empfand. Sollte es 
dazu kommen, so dachte man an einen gewissen Ausgleich durch die 
Erlangung von Vorzugsplätzen im Hafen von Antwerpen, durch die 
Ausschaltung des englischen Einflusses an den Küsten Flanderns und 
Nordfrankreichs und durch die Rückgabe der Kolonien an Deutsch¬ 
land. Eine wirtschaftliche Angliederung Belgiens hielten die Heer¬ 
führer, wie aus dem Antwortschreiben Hindenburgs an Michaelis 
vom 15. September 1917 hervorging, ohne eine mehrjährige Okku¬ 
pation nicht für möglich. Über diese Okkupation hinaus sollte die 
deutsche Stellung in Lüttich wirken, die als unmittelbarer militäri¬ 
scher Schutz des niederrheinisch-westfälischen Industriegebietes gedacht 
war. Rur wenn wir in Lüttich „als Besitzer" unbeschränkte Herren 
der Lage blieben, könnten wir die erforderlichen militärischen und 
verwaltungstechnischen Maßregeln treffen. Rach Ansicht der Heer¬ 
führer war daher an die Räumung von Lüttich „in irgend einer ab¬ 
sehbaren und vertragsmäßig festgesetzten Zeit" nicht zu denken. 
Hindenburg fügte seinem Antwortschreiben an Michaelis vom 
15. September 1917 eine Denkschrift Ludendorffs vom 14. Septem¬ 
ber über die Kriegsziele bei. Danach beurteilte er Deutschlands Lage 
im Inneren in bezug auf Futter und Kohle als schwierig, — die 
Finanzwirtschaft sei außerordentlich angespannt, — durch die Reichs¬ 
tagsmehrheit sei unsere Lage im Inneren zu einer wenig erfreulichen 
geworden, — die Arbeiter- und damit auch die Ersatzfrage habe sich 
verschärft. Ludendorff glaubte aber an die Möglichkeit, diese inneren 
Schwierigkeiten durch die feste Leitung der jetzigen Regierung zu 
überwinden. Alles in allem hielt er unsere damalige militärische 
Lage für günstiger als die der Entente, unser Bündnis für fester und
	        
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