Volltext: Deutschland und Ostasien [14]

Man wird immerhin berücksichtigen mögen, daß Japans 
Politiker durch das Vorschieben Englands ihre eigenen Absichten 
verdecken wollten und daß sie sich eine gewisse Rückendeckung ver¬ 
schaffen möchten. Man wird einiges aus ihren Reden sür asia¬ 
tische Heuchelei erklären können. Aber als grundlegend wird doch 
die Tatsache bleiben: England hat den Brand in Ostasien 
entfacht. 
II. Die Lage Chinas in Handel und Politik 
Am China dreht sich die ganze Politik in Ostasien. Da 
liegt dieser ungeheure Koloß, gebildet aus unendlich verschieden¬ 
artigen Völkerschaften, seit Jahrhunderten in der gleichen Er¬ 
starrung und Antätigkeit. Beileibe nicht etwa in Ankultur. Man 
lasse sich vom Schmutz chinesischer Städte, vom Elend chinesischer 
Armut, überhaupt vom Äußerlichen, das Arteil nicht trüben. Es 
steckt im guten alten China etwas vom Aszetentum guter, an¬ 
ständiger, tiefer Gelehrsamkeit. Das Fehlen jeglicher moderner 
Technik, der Mangel an Zivilisation ist äußerlich. Im Innern 
lebt beim gebildeten Chinesen, und der ist zahlreich vertreten, eine 
stark konservative Richtung, ein bewußtes Abschließen von den 
westlichen Errungenschaften, etwa im Sinne eines Ku-Hung-Ming, 
der von einem glücklichen und zufriedenen China ohne auswärtigen 
Handel, ohne Kriegsschiffe und ohne elektrische Straßenbahnen 
träumt und seinen Landsleuten predigt, daß man dann glücklicher 
sein könnte als zuvor. Viel vom alten kriegerischen Geist und 
der staatenbildenden und zusammenhängenden Kraft des alten 
Chinesentums ist verloren gegangen, herausgebildet hat sich die 
Käuflichkeit der Ämter, ein bestechliches und erpresserisches Be¬ 
amtentum, ein geprügeltes und geängstigtes Volk, dessen Glieder 
im kleinen nachmachen, was ihr Beamtentum im großen treibt: 
China ist das Land, in dem der Squeeze schon fast zu einer 
demokratischen Einrichtung geworden ist, weil er sich nach un¬ 
geschriebenen Gewohnheitsgesetzen vom General bis zum kleinsten 
Pferdeburschen herunter verteilt. 
China war in seiner langen Geschichte ebensoviele Jahr¬ 
zehnte in einzelne Teile gespalten, wie es ein Einheitsstaat 
war. Ein Reichsbewußtsein in zentralistischem Sinne, das zu 
Patriotismus und Chauvinismus führen konnte, fehlte der 
Masse. Die Liebe zur Heimat erschöpfte sich im Provinzialis-
	        
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