Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

12 fi., Samuel Kodl 30 fi., Moses Herzl 20 fi., Isak 
Roder (Roth) 10 fi., Philipp Schack 20 fi. 
Sonst war Steno vice die Wiege der hiesigen 
K. G., dort wurden noch viel später die Leichen be¬ 
erdigt. Wie überall in Böhmen, befinden sich neben 
oder in der Nähe der königl. und Bergstädte Reste 
oder Trümmer früherer jüd. Gemeinwesen. 
Das J. 1821 bringt eine sehr wichtige Entscheidung 
über die Beschwerde der städtischen Gewerbetreiben¬ 
den bezüglich der Duldung der Juden in P. Diese Ent¬ 
scheidung des Stadtrates wollen wir hier in vollem 
Wortlaut anführen; sie erschien in deutscher Sprache: 
Ratschlag über das von Pilsner Gewerbetreibenden 
bei Sr. Maj. am 28. Juni 1820 eingebrachte, mit hoher 
Gubernialverordnung vom 21. Dez. 1820, Z. 64.710, 
in Folge höchsten Hofkanzlei-Dekretes vom 31. Nov. 
1820 zur kgl. kreisämtlichen Amtshandlung herab¬ 
gelangte Gesuch, eigentlich Beschwerde gegen den Be¬ 
scheid des Magistrates vom 15. Mai 1818 gegen Dul¬ 
dung der sich in P. aufhaltenden Juden hat das k. k. 
Kreisamt nach den hierüber gepflogenen Erhebungen 
und den vom Magistrate erstatteten Berichten vom 
27. Dez. 1821, Z. 6182, nachstehend zu entscheiden 
befunden: Die Beschwerdeführer geben in ihrer Be¬ 
schwerde und in ihrem späteren Gesuche vom 28. Juni 
1. J. mittelst eines beigebrachten Verzeichnisses < n, 
daß sich in der Stadt P. 32 Juden unbefugt aufhalten 
und berufen sich auf das Privilegium vom November 
1504, nach welchem die Stadt das Vorrecht besitzt, 
in ihrem Bezirke keine Juden zu dulden. Da sich 
jedoch dieses Privilegium bloß dahin bezieht, keine 
Juden zu halten, das ist, ihnen keine Schutzjuden zu 
gestatten und als Famiiianten aufzunehmen, alle Pri 
vilegien von dem jeweiligen Monarchen mit der Ver- 
wahrungsklausel „soweit dieselben den bestehenden 
und zu erlassenden Gesetzen nicht zuwider sind" be¬ 
stätigt werden, und nach dem § 36 des Judenpatentes 
vom 3. August 1797 und hohen Verordnung vom 
1. April 1719 (soll wohl heißen 1819) den Juden, die 
einen Tabakverlag oder Verschleiß oder ein Flußhaus 
oder eine Brandweinbrennerei gepachtet haben, ge¬ 
stattet ist, sich in diesen durch die Zeit der Pachtung 
aufzuhalten, ohne jedoch dadurch einen Schutz oder 
Famiiianten zu erlangen, so kann auch nach Angabe 
des Magistrats nach Abschaffung der übrigen den nur 
noch sechs hier sich aufhaltenden Juden und zwar: 
1. dem Stënowitzer Schutzjuden Abraham L e v i t, als 
Johann Eisenkohlschen Brandweinhauspächters auf 
der Prager Vorstadt, 2. dem Stënowitzer Schutzjuden 
David L ö b oder Daniel Leopold L ö v i t als Johann 
Tuschnerscher Brandweinhauspächter, 3. dem Joachim 
L e d e r e r, als Wenzel Salatischen Brandweinhaus¬ 
pächter auf der Reichsvorstadt, 4. dem Heinrich 
H o c h h a u s e r als jüd. Bezirkssteuereinnehmer, 5. 
dem Philipp Schack als Johann Tuschnerschen 
Flußhauspächter in der Sachsenvorstadt, und 6. dem 
Karl L e d e r e r als Emanuel Davidschen Flußhaus 
pächter auf der Prager Vorstadt der fernere Auf¬ 
enthalt durch die Zeit ihrer Pachtung umsoweniger 
verweigert werden, als sie diese Pachtung mit Be¬ 
willigung ihrer Schutzobrigkeit des Magistrates und 
mit hierämtlicher Bestätigung angetreten haben, ob¬ 
gleich dabei der Magistrat unter strengster Verant¬ 
wortung angewiesen wird, sich die Überzeugung zu 
verschaffen, ob diese genannten zeitweilig gedulde¬ 
ten Juden sich wirklich mit den gepachteten Gewer¬ 
ben ausschließend beschäftigen, in den Brandwein- und 
Flußhäusern wirklich wohnen, und sich nach Vor¬ 
schrift der h. Gub.-Verordnung vom 10. Februar 
1785, 31. September 1786 und 1. April 1819 unter 
sonstiger Konfiskationsstrafe von allem Warenhandel 
enthalten, sowie darauf genau zu sehen ist, damit 
dieselben bei Ausgang der Pachtzeit in ihre Fami¬ 
lienorte wieder abgeschafft werden, wenn sie nicht 
mit Bewilligung ihrer Schutzobrigkeit, des Magistra¬ 
tes und hierämtlicher Bestätigung einen neuerlichen 
Pacht eingehen sollten. Was den von den Beschwer¬ 
deführern eingewandten Hausierhandel der Juden 
überhaupt betrifft, so kann ihnen selber nach Vor¬ 
schrift des Hausierpatentes vom 5. Mai 1811 nicht 
verwehrt werden, wenn sie sonst hiezu geeignet sind, 
und sie sich hierauf genau hiernach benehmen, wo¬ 
bei es sich jedoch von selbst versteht, und durch 
die hohe Weisung vom 9. Juni 1. J. neuerdings an¬ 
geordnet wurde, daß ihnen die Errichtung förmli¬ 
cher Niederlagen nicht gestattet ist, indem derlei Ge¬ 
wölben zu mieten bloß lizenzierten ordentlichen Han¬ 
delsleuten zum Besuch der hier bestehenden vier 
Märkte von den Bürgern in ihren Hausiergewölben 
vermietet werden, ohne daß jedoch außer dieser Zeit 
die berechtigten jüd. Handelsleute in selben wohnen 
oder gar einen Handel treiben dürfen, von welcher 
Entscheidung sowohl die Beschwerdeführer als auch 
die gesamte Bürgerschaft überhaupt zur Wissenschaft 
und Nachrichtung mit dem Anhange verständigt wird, 
daß man von Seite des Magistrats die Vollziehung die¬ 
ser Verordnung das Erforderliche verfüge, daß man 
aber auch andererseits von der Bürgerschaft erwarte, 
daß sie zur Vollstreckung, insoweit es an ihr selbst 
liegt, beitragen werden. 
Aus dem Rat Pilsen. 
21. Juli 1837. Bisher durfte kein Jude weder in 
der Stadt noch in der Vorstadt ein Haus besitzen, 
bloß zur Errichtung von Fabriken wurde ihnen dies 
bewilligt und nur für die Zeit des Bestandes der 
Fabrik, Grund oder ein Gebäude zu kaufen. Der Jude 
David Leopold L e v i t erhielt eine solche Bewilligung 
zum Ankaufe eines Hauses zur Errichtung einer Ger¬ 
berei. Diese lautet: Seine k. k. Maj. hat mit a. h. 
Entschließung vom 22. April 1837 dem Israeliten 
David Leopold Lewit den Ankauf und eigentümlichen 
Besitz der Häuser NC 23 in der Stadt und NC 15 in 
der Vorstadt Pilsen zum Behuf e seiner landesbefugten 
Lederfabrikation aus Gnaden mit dem Beisatze zu 
bewilligen geruht, er habe, wenn seine Lederfabrika 
tion etwa abnehmen sollte, nach Beschaffenheit der 
Abnahme und der übrigen Verhältnisse eine oder die 
andere Realität oder auch beide wieder an besitz¬ 
fähige zu überlassen. Zugleich hat S. M. zu befehlen 
geruht, daß auf die genaue Zuhaltung dieser Bedin¬ 
gung die dazu berufene Behörde zu sehen und das 
deshalb Nötige zu veranlassen haben werde. Hievon 
wird D. L. L e v i t, die Bürgerschaft, die Anwalt¬ 
schaft und die Lohgärber zufolge höchsten Hofkanzlei¬ 
dekretes, ersterer unter Rückschluß seiner Gesuchs¬ 
beilagen, verständigt. Vom Magistrat Pilsen, 21. Juli 
1837. 
* 
Aus dem Werke des bereits erwähnten Josef Str- 
nad: Místopis do válek husitskych, Topographie bis 
zu den Hussitenkriegen, haben wir einige sehr inter¬ 
essante Daten über die Vermögensverhältnisse und 
den Hausbesitz der Juden Pilsens im 15. Jht. Die Ju¬ 
dengasse gehörte zum fünften Bezirke der Stadt und 
dort sind mehrere Häuschen in jüdischen Händen. So 
kaufte der Jude J u d a das Haus Nr. 283, von ihm er¬ 
warb es im J. 1432 der bereits genannte Jude und 
Arzt Israel käuflich. (Wir wissen auch aus der Ge¬ 
schichte Prags, daß der Arzt Angelus auf der Klein¬ 
seite als erster Jude ein Haus besaß.) 
Das Nachbarhaus 254 gehörte dem Juden G o y, spä¬ 
ter einem Juden Abraham, 255 und 256 waren in 
christl. Besitze, diese berührten schon die Stadt¬ 
PlzeA 3 31 
481 
Pilsen 3
	        
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