Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Siebenter Band. (Siebenter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/1?. 
zojen verloren damit einen Punkt, der ihnen gute Einblicke 
in das Gelände hinter der deutschen Front geboten hatte. 
Am Abend des 6. Mais hatte sich die Schlagkraft der 
Franzosen so ziemlich erschöpft. Infolgedessen kam es am 
nächsten Tage mehr zu Einzelkämpfen, so zwischen der 
Hurtebise-Ferme und Craonne» am Winterberg und im 
Raume von Cerny, sowie von Vauraillon bis Lorbeny. 
Nirgends konnten die Franzosen auch nur den kleinsten 
Vorteil erreichen. 
In den anschließenden Abschnitten bis nach Reims 
wurden die Kämpfe ebenfalls wieder leb 
hafter. Im Norden von Reims, nordwest 
lich von Bermöricourt, gingen die Fran 
zosen nach kurzem, aber heftigem Trom 
melfeuer zweimal zum Angriff vor, um 
sich einen Weg in den Rücken der deut 
schen Brimontstellung zu bahnen. Zunächst 
erzielten sie einige Fortschritte, doch wur 
den sie gegen fünf Uhr nachmittags nach 
heftigen Nahkämpfen, in denen die Hand 
granaten das Hauptkampfmittel bildeten, 
wieder in ihre Ausgangspunkte zurückge 
trieben. 
Ein deutscher Regimentstab wurde dort 
mit in ein Gefecht verwickelt. Er lag mit 
der Reserve von 5 Maschinengewehren, 
etwa 30 Mann stark, unweit einer Feld 
batterie, als plötzlich ein Regiment Turko 
und Zuaven vor ihm auftauchte. Rasch 
gingen die wenigen Leute in Stellung und 
schossen, was aus den Gewehren hinaus 
ging. Die Feinde stutzten, und auf einmal 
machte das ganze farbige Regiment vor 
dem Regimentstab kehrt. Jetzt mutzte rasch 
die Artillerie eingreifen. Die Batterie be 
fand sich in Deckung und schotz nach vorn 
statt nach rechts. Sofort wurden die zwei 
Geschütze aus den Löchern gezogen und 
im freien Felde aufgestellt (siehe Bild 
Seite 9). Die Kanoniere waren verwundet 
oder tot, an ihrer Stelle griffen Melde 
gängerund Ordonnanzen in die Speichen, 
und Telephonisten richteten und luden die 
Geschütze. Dann schossen sie mit Kartät 
schen in den mit Verstärkungen zurück 
kehrenden Feind. Während dieser Zeit war 
ein Bataillon des Regiments herbeigeeilt, 
schwärmte in breiter Front aus und ging 
gegen die farbigen Franzosen vor. Heiß 
entbrannte der Kampf. Geschütze, Ma 
schinengewehre und Infanterie vereinigten 
ihr Feuer und verwehrten den Angreifern 
das Vorwärtskommen. Der Gegner wankte zum zweiten Male 
und floh, als neue deutsche Reserven in den Kampf eingriffen. 
Bei Cerny entrissen die Deutschen ihren Gegnern wieder 
ein Stück des ihnen zuvor verloren gegangenen Bodens, 
verbesserten dadurch ihre Stellung und nahmen 1 Offizier 
und 134 Mann gefangen. Ein glücklicher Vorstotz östlich von 
Chevreur, bei dem ein Franzosennest in unmittelbarer Nähe 
der deutschen Linien gesäubert wurde (siehe die farbige 
Kunstbeilage), brachte den Deutschen ebenfalls Gefangene 
ein. So sahen sich die Franzosen schließlich auf der ganzen 
Angriffsfront allmählich wieder in ihre Ausgangslinien zu 
rückgedrängt. Eine irgendwie wesentliche Veränderung der 
Stellungen war seit dem Beginn des Angriffs nicht erzielt 
worden. Überall handelte es sich nur um unbeträchtliche 
Stellungsverschiebungen. 
Eine der günstigsten Einbruchstellen für den Feind bildete 
die südlich von Malmaison liegende St.-Berthe-Ferme. Dort 
war der einzige Punkt, an dem die Franzosen den Höhen 
rücken des Chemin des Dames überwinden konnten, ihrem 
Kampfziele also am nächsten kamen. Die Ferme liegt 
400 Meter nördlich abwärts vom Chemin des Dames. 
Hier setzten nun hanseatische, oldenburgische und schleswig- 
holsteinische Truppen einen kräftigen Gegenstoß an und 
brachten nach erbitteriem Ringen die Ferme in ihren Besitz. 
Damit waren die wesentlichsten Erfolge der Riesenschlachten 
vom 16. bis zum 19. April und vom 4. bis zum 6. Mai, 
die in der Erwerbung der St.-Berthc-Ferme und des Winter 
berges bestanden hatten, den Franzosen wieder entrissen. 
Das führte zu einer neuen Erregung der öffentlichen 
Meinung in Frankreich, so daß die französische Regierung 
ziemlich rasch ihre Folgerungen zog. Sie hütete sich zwar, 
das Mißgeschick in vollem Umfange einzugestehen, aber 
sie entsetzte den General Nivelle, der mit so großen Hoff 
nungen begrüßt worden war, des Oberkommandos und 
übertrug es dem General Potain. — 
Im Verlauf der letzten Zusammenstöße hatten die Feinde 
stärker als einige Zeit vorher von ihren Luftstreit- 
kräften Gebrauch gemacht. Was den Fliegern an Güte 
fehlte, sollte ihre Masse ersetzen. Besonders 
an der englischen Front stiegen zahlreiche 
Flugzeuge auf, die durch die deutschen 
Abwehrgeschütze und Jagdflieger bekämpft 
wurden. Am 6. Mai wurden 14 feindliche 
Flugzeuge außer Gefecht gesetzt, und in 
den nächsten Tagen bewegten sich die Ver 
luste der Feinde in ähnlicher Höhe. Einzelne 
deutsche Flieger traten wieder besonders 
hervor, wie Leutnant Wolff, der am 
13. Mai seinen 30. Gegner besiegte, und 
Leutnant Lothar Freiherr v. Richthofen, 
der am gleichen Tage seinen 24. Erfolg er 
rang, kurz darauf aber leider verwundet 
wurde. Die Deutschen entwickelten in der 
Fliegerbekämpfung überhaupt eine große 
Geschicklichkeit. Während ihr eigener Ver 
lust im April nur 74 Flugzeuge und 10 
Fesselballone betrug, verloren die Gegner 
im gleichen Zeitraum 362 Flugzeuge und 
29 Fesselballone, wovon allein im Luft 
kampf 299 Flugzeuge überwunden wurden. 
-i- * 
* 
Wie in der Luft, so wurde den Fein 
den auch zur See der deutsche Wagemut 
immer lästiger. Unter dem Druck des 
lt - Boot - Krieges ließen Engländer und 
Franzosen die Riesenschlachten in Frank 
reich in kurzen Pausen einander folgen, 
um die Deutschen auf dem Lande endlich 
niederzuwerfen, weil ihnen das auf dem 
Meere nicht gelingen wollte. Die Gefahr 
wurde für sie immer größer, denn die 
Transporte von Munition und Lebens 
mitteln wurden von den lü-Booten und 
Minen in steigendem Maße bedroht. Kapi 
tänleutnant Launburg griff am 30. April 
den mit Truppen und Kriegsmaterial nach 
Saloniki bestimmten französischen Trans 
portdampfer „Colberg" an und versenkte 
ihn vor dem Kanal von La Ealise im 
Mittelmeer. Das Schiff ging innerhalb fünf Minuten unter. 
Ein englischer Truppentransportdampfer von über 10 000 
Tonnen wurde im östlichen Teile des südlichen Mittel 
meeres ebenfalls versenkt. Auch das englische Flottenbe 
gleitschiff „Lavender" fiel am 5. Mai einem Torpedo zum 
Opfer. Fast täglich erschienen neue Listen über die Ver 
nichtung von Schiffen. Die Tätigkeit der deutschen kt-Boote 
blieb aber nicht nur auf Kampfhandlungen gegen Fahrzeuge 
beschränkt, sie umfaßte vielmehr gelegentlich auch Angriffe 
auf Orte an den Küsten, wie zum Beispiel am 29. April, 
wo ein 41-Boot den englischen Hafen Scarborough be 
schoß. 
Deutsche Torpedoboote, die in den Hoofden kreuzten, 
stießen in der Nacht zum 18. Mai auf einen englischen 
Handelsdampfer, der durch Zerstörer geleitet wurde. Der 
Dampfer wurde versenkt, ein feindliches Torpedoboot im 
Nachtangriff durch Geschütztreffer mehrfach beschädigt. Die 
Deutschen kehrten wohlbehalten an ihren Ausgangspunkt 
zurück. Am 20. Mai entspann sich ein neues Gefecht vor 
der flandrischen Küste (siehe die Bilder Seite 12), bei dem 
Franzosen und Deutsche zusammentrafen. Die französischen 
Schiffe erhielten zahlreiche Artillerietreffer, während die 
deutschen ohne Beschädigungen in ihren Hafen wieder ein 
laufen konnten. 
Die Rührigkeit der Deutschen zur See rief im Mai auch 
'stärkere englische Abwehrkräfte auf den Plan. Gelegentlich 
unternahmen die Engländer mit Luft- und Seestreitkräften 
Angriffe auf Zeebrügge. Allerdings wagten sich die eng- 
Pbot. Berl. JNnstrcit.-Ges. m. b. H. 
Oberstleutnant Schwerck, Komman 
deur des 4. Niederschlesischen Infan 
terieregiments Nr. 51, hat das Eichen 
laub zum Orden Pour le Merite 
erhalten. 
Oberstleutnant Schwerck, der in den 
Kämpfen im Weiten schwer verwundet 
wurde, ist der erste nicht der Generalität 
ungehörige Offizier, dem diese Auszeich 
nung zuteil wurde. Den Orden selbst 
erhielt er im Herbst 1916 bei den Kämp 
fen an der Somme, in denen er sich 
mit seinem Regiment wiederholt beson 
ders hervortat.
	        
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