Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
(Fortsetzung.) 
Auf der gesamten deutschen und österreichisch-ungarischen 
Ostfront kam es gegen Ausgang November und zu Anfang 
Dezember wieder zu lebhafteren Kämpfen. Beide Gegner 
hatten Truppen von verschiedenen Punkten der langen 
Kampflinie weggezogen, um sie zur Unterstützung der auf 
den rumänischen Kriegschauplätzen tätigen Verbände zu 
verwenden. Durch kleinere und größere Unternehmungen 
suchte man sich gegenseitig über diese Verschiebungen zu 
täuschen und trachtete dabei gleichzeitig, schwache Stellen 
herauszufinden, an denen ein kräftigerer Vorstoß zur Schädi 
gung des Feindes und Erzielung bestimmter Vorteile Aus 
sicht auf Erfolg versprechen würde. Daneben wurde die 
Absicht verfolgt, durch dieses Verfahren möglichst viele 
Kräfte des Gegners zu binden und ihn zu hindern, so 
zahlreiche Verstärkungen an die wichtigen Teile der er 
wähnten Front zu bringen, daß sie dort ausschlaggebende 
Bedeutung gewinnen könnten. Diese kleineren Kämpfe 
waren somit auch bestimmt, entlastend zu wirken. 
Je näher der bevorstehende Zusammenbruch des rumä 
nischen Heeres heranrückte und je vorteilhafter sich die 
in mühevoller Arbeit geschaffene Lage der verbündeten 
Truppen der Mittelmächte in Rumänien gestaltete, desto 
lebhafter und unruhiger wurden die Russen, die auf der 
ganzen Front die Artillerietätigkeit steigerten. Südlich und 
westlich von Riga kam es in der Zeit vom 29. November bis 
zum 10. Dezember häufig zu Feuerüberfällen, denen nicht 
selten Angriffe russischer Jagdkommandos folgten. Die 
Unternehmungen waren sehr oft recht kühn angelegt und 
wurden mutig und geschickt durchgeführt; einen Erfolg 
konnten sie aber nicht'bringen. Die Deutschen waren auf 
der Hut und be 
nützt, n jede Ge 
legenheit zu Ge 
genstößen. So ge 
lang es südlich von 
Riga preußischen 
Landsturmtrup 
pen, eine russische 
Feldwache aufzu 
heben. Ohne ei 
gene Verluste kehr 
ten die wackeren 
Kämpfer mit 33 
Gefangenen und 
zwei erbeuteten 
Maschinengeweh 
ren zurück. In der 
Gegend von Jllurt 
bliesen die Russen 
gegendie deutschen 
Gräben Gas ab; 
es verpuffte jedoch 
wirkungslos im 
Winde. Ein am 
1. Dezember gegen 
die deutschen Stel 
lungen im Ab 
schnitt von Smor- 
gon gerichteter ' 
Sturm kam an 
fänglich ganz gut 
vorwärts, dann aber zerschellte er im Eeschoßhagel des 
Maschinengewehr- und Geschützfeuers vollkommen. Einen 
so schönen Erfolg, wie ihn brandenburgische Regimenter 
Anfang November mit ihrem Sturm auf befestigte rus 
sische Feldstellungen nördlich des Skrobowabaches auf 
zuweisen hatten (siehe den Sonderbericht: Der Tag von 
Skrobowa, Seite 40 und das Bild Seite 36/37), konnten 
die Russen an keiner Stelle dieser Front erzielen, obwohl 
sie auch hier in der Überzahl waren. 
Bei Pinsk scheiterten an jenem Tage ebenfalls Stürme 
der Russen. Nördlich des Dryswjatysees drangen sie am 
3. Dezember mit starken Kräften vor; doch trotz ausgiebiger 
Feuervorbereitung vermochten sie die deutschen Linien nicht 
ernstlich zu gefährden. Ebensowenig Glück hatten die Russen 
mit Vorstößen im Raume von Luck; ein daselbst errichtetes 
Feldlazarett zeigt uns das Bild Seite 35 unten. — An der 
Front des Generalobersten v. Linsingen machten sich zahl 
reiche feindliche Flieger bemerkbar, die die emsige Aufklärungs 
tätigkeit der Patrouillen unterstützten. Es war anscheinend 
auf eine Bedrohung Kowels abgesehen. Jagdkommandos 
der verbündeten Streitkräfte verstanden es jedoch vortreff 
lich, die Aufklärer empfindlich zu stören und auf diese Weise 
die Pläne des Gegners zu durchkreuzen. Der wichtige Ort 
blieb sicher in der Hand der Verteidiger, die an der Bahn 
strecke Kowel—Sarny sogar nicht zu unterschätzende Vorteile 
erkämpften. Dort wurde nordöstlich von Zajaczowka eine 
russische Feldwache aufgehoben. Nach einer kurzen Feuer 
vorbereitung drangen deutsche und österreichisch-ungarische 
Truppen in die erschütterte feindliche Stellung, überwältigten 
im Nahkampf die Besatzung und kehrten nach gründlicher 
Zerstörung der Anlage mit einem Rest der am Leben ge 
bliebenen Feinde zurück. Westlich von Luck fiel eine andere 
russische Feldwache der Wegnahme anheim, wobei 40 Ge 
fangene gemacht wurden. Die Sieger blieben in der er 
oberten Stellung und fügten dem Feinde bei seinen fünf 
maligen Rückeroberungsversuchen schwere Verluste zu. 
In der Nähe von Wielicka schädigten Honvedabteilungen 
(siehe Bild Seite 34 oben) bei einem ähnlichen Überfall den 
Feind beträchtlich; es gelang ihnen dabei, bis in den zweiten 
russischen Graben vorzustoßen. Nördlich des Naroczsees, in 
der Skoryenge, entwickelten die Russen am 8. Dezember 
hartnäckige Angriffe, die jedoch trotz schwerer Feuervorbe 
reitung nicht mit Erfolg gekrönt waren. 
Im Narajowkagebiet hofften feindliche Kräfte wieder 
holt gegen otto- 
manische Truppen 
Vorteile erringen 
zu können, doch 
war ihr Streben 
auch hier vergeb 
lich. Am 30. No 
vember wehrten 
die Türken den 
Feind nicht nur ab, 
ondern sie führten 
ofort einen kräf 
tigen Gegenstoß 
aus. den sie bis in 
jbie gegnerischen 
Stellungen vor 
trugen, in denen 
schwere Zerstörun 
gen angerichtet, 
zahlreiche Feinde 
getötet und viele 
Gefangene ge 
macht wurden. 
Südlich der Bahn 
Tarnopol-Krasne 
schickten die Russen 
bei Augustowka 
stärkere Abteilun 
gen vor; sie wur 
den aber bald aus 
gehalten und mit 
großen Verlusten zurückgetrieben. An der Narajowka selbst 
begnügten sie sich mit der Abgabe von heftigem Artillerie 
feuer, dem keine Infanterie angriffe folgten. Westlich von 
Zalocze überfielen ain 6. Dezember Deutsche russische Stel 
lungen, in denen sie 90 Gefangene machten; auch bei Tar- 
nopol wurden an diesem Tage 20 Mann eingebracht. — 
Während auf dem Lande lebhafte Kanrpftätigkeit 
herrschte, spielten sich auch an den russischen Küsten be 
merkenswerte Vorfälle ab» unter denen die Russen beträcht 
lich zu leiden hatten. Deutsche Marineluftschiffe und Flug 
zeuge erschienen wieder an der Küste des Rigaischen Meer-! 
busens und ließen dort Voniben fallen (siehe Bild Seite 39) 
Der russische Flottenstützpunkt Reval am Finnischen Meer 
busen erhielt ebenfalls ihren Besuch. Was für gute Ergeb- 
Gesetzlich vorgeschriebener Wortlaut für dev Schutz gegen Nachdruck in Amerika' 
I Rand 
Copr 
1917 by Union Deutsche Verlagsgesellschast in Stuttgart. 
5 
Russische Soldaten, links das Idealbild eines Russen, wie ihn die französische Zeitung «Le Temps" 
ihren Lesern in ihrer Nr. 28 vorführt mit der Bemerkung, daß mehrere Millionen Leute wie 
dieser dem Verbündeten im Osten zur Verfügung ständen. Wie der russische Durchschnittsoldat 
in Wirklichkeit aussieht, zeigt das Bild auf der rechten Seite.
	        
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