Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Sechster Band. (Sechster Band)

224 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/17. 
Phot. Berl. Jllustrat.-Ges. nt. d. H. 
Der Chef des Stabes der Suezexpedition, Oberst Freiherr Kreß v. Kressenstein (X), mit seinem Stabe im Hauptquartier in Jerusalem. 
Die durch den Kanal bedingte Verkürzung 
des Seewegs: 
Von Londoi 
nach 
Entfernung in 
Kilometern 
Unter 
schied zu 
gunsten 
des Suez 
kanals in 
Prozenten 
t 
durch den 
Kanal 
um das 
Kap der 
Guten 
Hoffnung 
Bombay . 
. 11360 
20 140 
43,5 
Colombo . 
12 160 
19 640 
38 
Rangun . 
. 14 360 
21 680 
33,5 
Singapore 
14 930 
21 860 
31,5 
Yokohama 
. 20 240 
26 000 
24 
Port Said > 
Der Kanal beginnt am Mittelländischen 
Meer bei der Stadt Port Said und zieht 
als gerade nach Süden gerichtete Linie am 
Mensalehsee entlang durch ein Gebiet 
trockengelegten Meerbodens an EI Kantara, 
dem Ort des unglücklich verlaufenen tür 
kischen Angriffs, vorbei, etwa 60 Kilometer 
lang bis dahin, wo früher die Ballahseen 
sich befanden, die jetzt eingetrocknet sind. 
Von da beginnt das hügelige Gebiet, 
das sich etwa 40 Kilometer nach Süden 
ausdehnt, und in dessen Mitte der Tim 
sachsee (Krokodilsee) liegt. Am Nordufer 
des Timsachsees liegt die Stadt Jsmailia 
mit einem Schloß des Khediven. Hier er 
reicht der Kanal die Wasserscheide zwischen 
Mittelländischem und Rotem Meer. Bei 
Jsmailia mündet der Wadi Tumilat in den 
Kanal ein, ihn direkt mit dem Nil ver 
bindend. 
Südlich dieses Hügelgebietes, dessen 
eigene Höhe nicht über 25 Meter beträgt, 
tritt der Kanal in den Großen Bittersee 
ein, dessen südliche Verlängerung der Kleine Bittersee 
bildet. Die beiden Bitterseen sind etwa 25 Kilometer lang, 
die Kanalstrecke in diesem Gebiet etwa 36 Kilometer. Die 
letzte Strecke von 26 Kilometern Länge bildet der hügelige 
Zwischenraum zwischen dem Kleinen Bittersee und Suez, 
der Stadt, bei der der Kanal in das Rote Meer mündet. 
Auf ägyptischer Seite ist der Kanal leicht zu erreichen. 
Seiner ganzen Länge nach wird er von einer Eisenbahn 
begleitet; von Jsmailia geht eine Zweigbahn nach Kairo 
Maßstab: 
ao tyn. 
Suez | 
—- . Jfana/. 
'=.Eisenbahn. 
iM.-i.Mi u i <5 üfswass erfanjl. 
Kartenskizze vom Suezkanal. 
ab. Ein mit dem Kanal gleichlaufender 
Süßwasserkanal versorgt die Orte, die mit 
Ausnahme von El Kantara alle auf ägyp 
tischer Seite liegen, mit Trinkwasser. Die 
Engländer haben im Laufe des Weltkrieges 
eine gewaltige befestigte Linie viele Kilo 
meter östlich vom Kanal erbaut und mit 
schwerster Artillerie ausgerüstet. Panzer 
züge mit schweren Kanonen laufen auf der 
Bahn und auf besonders angelegten Ge 
leisen hinter der Stellung, so daß überall 
da, wo ein Angriff droht, rasch eine Über 
legenheit an Artillerie geschaffen werden 
kann. Der Anmarsch gegen den Kanal 
von der türkischen Seite aus führt etwa 
10 Tagemärsche durch vollständige Wüste. 
Eine neue Bahn ist während des Welt 
krieges von Palästina aus in das Wüsten 
gebiet gebaut worden, aber auch sie kann 
die Schwierigkeiten des Angriffes nicht be 
seitigen, der, nachdem die ersten türkischen 
Versuche gegen den Kanal gescheitert sind, 
heute keinen Erfolg mehr verspricht, wenn 
er nicht von deutschen Truppen und deut 
scher Organisation durchgeführt wird. 
Die strategische Frage der Operation 
gegen den Suezkanal hat seinerzeit die 
Köpfe in Deutschland Tag und Nacht beschäf 
tigt undLeute, die von der ganzen Sache gar 
nichts verstanden, haben die wildesten Pro 
phezeiungen ausgesprochen. Ein Geograph 
schrieb, daß sich hier am Kanal der Kampf 
um Englands Weltstellung abspielen und die 
letzte Entscheidung des gewaltigen Krieges 
fallen werde. Ein anderer behauptete, daß 
die von den Engländern angelegten Werke 
und Batterien nicht lange Widerstand leisten 
könnten. Man sprach von den „katastro 
phalen Wirkungen" einer längeren Sperrung des Suezkanals. 
Alle diese Behauptungen beweisen, daß wir Deutschen 
noch lernen müssen, irgend eine politische oder militärische 
Sachlage nüchtern zu betrachten. Wir verfallen viel zu 
leicht in den Fehler zu schwärmen und unseren Wunsch mit 
der Wirklichkeit zu verwechseln. Wir sollten da von unserem 
militärischen Altmeister Moltke lernen, der einmal ge 
schrieben hat: „Man darf nicht mit Wünschen und Hoff 
nungen, sondern muß mit gegebenen Größen rechnen."
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.