Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Neunter Band. (Neunter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18. 
bietes und seine Entfernung von militärisch wichtigen 
Punkten den Ausbau widerstandsfähiger Verteidigungs 
anlagen und gesicherter Verbindungen nicht zu rechtfertigen 
schienen. Deshalb konnten hier tapfere Vortruppen den 
Italienern wohl einige Schwierigkeiten bereiten, plan 
mäßigen Angriffen aber nicht widerstehen. 
Die Italiener umgingen von zwei Seiten das Mala- 
kastragebirge, das ihrem beabsichtigten Vormarsch nach 
Norden als Haupthindernis im Wege lag. Im Westen 
wurde ihr Unternehmen von der See her durch englische 
Flottenhilse gefördert, und ihre Flugstreitkräfte griffen 
wirkungsvoll mit ein. Im Osten schoben sie sich längs 
des Sabocalaufes gegen Berat vor. Den überlegenen 
feindlichen Streitkrästen gegenüber vermochten die Öster 
reicher und Ungarn den ausgebauten Stützpunkt Levani 
nicht auf die Dauer zu verteidigen. Im Osten wurden 
die Italiener durch die Franzosen 
unterstützt. Diese marschierten mit 
ziemlich erheblichen Streitkräften über 
das schneebedeckte Tomoricagebirge 
und den Devofluß entlang und ka 
men, ohne sonderlichen Widerstand zu 
finden, vorwärts. Am 9. Juli nah 
men die Österreicher und Ungarn ihre 
Streitkräfte hinter die Linie Berat 
—Fjeri zurück, wobei sie sich von den 
nachfolgenden Feinden lösen konnten. 
Damit waren diese verhältnismäßig 
wichtigen Ziele preisgegeben, wenn sie 
auch die Hauptstellung der k.u.k. Trup 
pen jenseits des Skumbi und im 
Raume von Elbassan noch nicht er 
reicht hatten. Geschütze, Luftschiffe, 
Maschinengewehre und andere Kriegs 
geräte wollten die Italiener und Fran 
zosen reichlich erbeutet haben; auch 
3000 Gefangene sollten zur Beute ge 
hören. 
Diese Fortschritte der Feinde reich 
ten aber nicht aus, nun auch die an 
die Österreicher und Ungarn anschlie 
ßenden Bulgaren in der Flanke zu 
bedrohen. Deren westlicher Flügel 
war durch die k. u. k. Streitkräfte 
noch so gut gesichert, daß sie unbe 
sorgt ihre Aufmerksamkeit auf die Stirn 
angriffe richten konnten, die die Gegner in ununterbrochener 
Folge am Cernabogen wie an der Struma ausführten. 
Besonders erbitterte Stöße richteten sich am 27. Juni 
gegen die vorgeschobenen bulgarischen Gräben auf der Höhe 
1050 und bei Makowo. Ein Erfolg war ihnen nicht be- 
schieden, denn die Bulgaren hielten wacker aus und machten 
die Hoffnungen der Feinde zunichte, die geglaubt hatten, 
der Ministerwechsel in Bulgarien werde zu einer Abkehr 
des Landes vom Vierbund führen. Alexander Malinow, 
der neuernannte Ministerpräsident (siehe Bild Seite 33), 
bildete ein zum größten Teil demokratisches Kabinett; er 
war bereits vor Jahren Ministerpräsident und vertrat 
damals eine russenfreundliche Politik. Während des Krieges 
wandte er seine Neigungen aber Deutschland zu, auch sein 
Programm versprach eine Fortsetzung der bündnistreuen 
Politik seines Vorgängers Radoslawow. 
Franchet d'Espereys Aufgabe bestand vor allem in der 
Bindung von Kräften der Mittelmächte, nachdem sich der 
Verband nun doch zur Aufrechterhaltung der mazedonischen 
Front entschlossen hatte. Die Durchführung dieses Planes 
war verhältnismäßig leicht, da es der Regierung Venizelos 
in Griechenland gelang, nach und nach den Widerstand 
der königstreuen Griechen zu brechen und allmählich die 
Mobilisierung der griechischen Streitkräfte durchzuführen. 
Es fanden sich immer mehr griechische Offiziere, die den 
einst von ihnen als militärischen Führer hochgeschätzten 
König Konstantin vergaßen und dem Vielverband alle ge 
wünschten Dienste leisteten; am 11. Juli wurden aber auch 
wieder einmal sieben griechische Offiziere und Unteroffiziere 
in Cozzani erschossen. Sie waren angeklagt, in Cervia eine 
inilitärische Meuterei angezettelt zu haben. So ganz sicher 
saß also Venizelos nicht im Sattel; es gab immer noch 
genug Unzufriedene in Griechenland. — 
Die schweren Niederlagen der Verbandstruppen an der 
Westfront führten zu einer merklichen Verzögerung der 
Angriffe gegen die Türken. Namentlich Allenby, der in 
der ersten Hälfte des Jahres 1918 schon so häufig nach 
Damaskus hatte durchbrechen wollen, zeigte wenig Angriffs 
lust mehr, weil ihm die regelmäßige und ausreichende 
Mannschafts- und Geräteergänzung 
aus dem Mutterlande zu fehlen be 
gann. Nach der Rückeroberung von Es 
Salt durch die Türken zu Anfang Mai 
hatten die Engländer nur gelegent 
lich Teilangriffe unternommen, denen 
die Türken energisch entgegengetreten 
waren. Trotz ihrer äußerst schwierigen 
Lage auf allen ihren Kriegschau 
plätzen, die auf die ungemein langen 
rückwärtigen Verbindungen zurückzu 
führen war, ließen die türkischen 
Streitkräfte den Mut nicht sinken und 
bewiesen stets große Tapferkeit. — 
Begeistert wurde in der Türkei am 
30. Juni das Ergebnis der ersten in 
neren türkischen Anleihe begrüßt, die 
mit 13 808 340 türkischen Pfund glän 
zend abgeschlossen hatte. Auch sie 
zeugte von dem unbegrenzten Wider 
stands- und Siegeswillen der Türken. 
An der Hauptkampffront in Pa 
lästina entwickelten sich nur selten Jn- 
santeriegefechte; häufiger ereigneten 
sich Artilleriekämpfe. Zu Gefechten in 
der Luft kam es gelegentlich ebenfalls. 
Am 29. Juni schossen die Türken hinter 
ihren Linien ein englisches Flugzeug ab 
und zwangen ein anderes zur Landung. 
Anfang Juli steigerten die Engländer 
ihre Artillerietätigkeit zu beiden Seiten der Straße Jeru 
salem—Nablus, doch auch die türkische Artillerie blieb nicht 
müßig. Sie faßte am 3. Juli westlich vom Jordan mit ihrem 
Feuer eine englische Batterie, schoß sie zusammen und vertrieb 
dann drei Schwadronen englischer Reiterei, die erhebliche 
Verluste erlitten. Eine stärkere englische Abteilung führte 
am 7. Juli im Küstenabschnitt einen Werfall aus, wobei 
heftige Bajonett- und Handgranatengefechte entbrannten, in 
denen die Türken die Oberhand behielten. — Fünf feindliche 
Flugzeuge, die am Vormittag desselben Tages nach Kon 
stantinopel durchzubrechen versuchten, wurden zurückge 
trieben, bevor sie Schaden anrichten konnten. — 
» * 
* 
Der Kampf in Deutsch-Ostafrika war trotz aller Be 
mühungen der Engländer noch nicht zum Abschluß ge 
kommen. Im Juni mißglückte ein neuer Versuch englisch 
portugiesischer Truppen, die deutschen Streitkräfte ein 
zukreisen. Lettow-Borbeck brachte seine kleine Schar glück 
lich in das gebirgige und waldreiche Gebiet des Innern 
von Mozambique. Dort konnte er während der langen 
Regenzeit neue Kräfte sammeln und sich mit seinen Tapferen 
auf spätere Kämpfe vorbereiten. — «Fortsetzung folgt.. 
Der französische General Franchel d'Esperey, 
wurde Kommandant der Verbandstruppen auf 
dem Balkankriegschauplaß. 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Gegen Compiegne. 
Von Kriegsberichterstatter Eugen Kalkschmidt. 
Zwischen Marne und Oise» am Ourcq und an der 
Aisne hatte General Fach von seiner ganzen Front die 
verfügbaren Reserven zusammengezogen, um den be 
fürchteten deutschen Vorstoß auf Paris aufzufangen. Die 
alten keltischen Erenzwälder im Valois: der Wald bei 
Villers-Cotterets, bei Compiegne boten guten Unter 
schlupf. In täglichen Scharmützeln und örtlichen Teilangrif 
fen suchte die französische Heeresleitung den Anschein einer 
rüstigen Gegenwehr zu erwecken, durch die der deutsche
	        
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