Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Erster Band. (Erster Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Moltke, . mit verblüffender strategischer Sicherheit vor 
zubringen und überzeugend zu begründen weist. — 
General der Infanterie v. Morgen ist, wie Odysseus, 
ein viel umhergekommener Mann, der vieles gesehen und 
erfahren hat. Seine genaue Kenntnis des Orients und 
seine Erfolge daselbst haben erwiesen, daß er auch als 
Diplomat wohl zu verwenden ist. Unsere jetzigen nahen 
Beziehungen zur osmanischen Welt stellen ihm vielleicht 
dort noch große Aufgaben. Auf militärischem Gebiet haben 
ihm im jetzigen Kriege erst die Führung einer Division, 
sodann eines Armeekorps, Gelegenheit geboten, sich als 
Führer in den Kämpfen um die Grenzen von Ost- und 
Westpreußen glänzend zu bewähren. Er hat es ver 
standen, einmal in zäher Verteidigung bei Lyck und Soldau 
die numerische Unterlegenheit durch geniale Führung aus 
zugleichen, sodann aber auch in stürmischem Angriff solche 
Erfolge zu erringen, dast sein oberster Kriegsherr ihn durch 
Verleihung des Ordens Lour io mortto und ein überaus an 
erkennendes Handschreiben auszeichnete. General v. Morgen 
hat seine Erfolge nicht zum wenigsten zu danken einer stark 
ausgeprägten Selbstsicherheit und einem unerschütterlichen 
Vertrauen zum eigenen Können, das durch die erzielten 
Resultate noch eine Steigerung erfahren haben wird. 
Reiter gegangen sind. Wenn Sie noch etwas Besseres 
finden, melden Sie es mir vor dem Abreiten." 
Kurz nach fünf Uhr sehen wir die kleine Reitergruppe 
in kurzem Trabe sich Z. nähern. Leutnant A. glühte vor 
Erwartung, und das Pochen seines Herzens entsprach gar 
nicht dem gemäßigten Tempo, das er seine Pferde gehen liest, 
damit diese ihre Ertraration Hafer gut verdauen sollten, die 
ihnen für die in Aussicht stehende große Leistung zugemessen 
worden war. Am liebsten wäre er in gestrecktem Galopp 
losgeritten. General B. hielt etwas auf ihn; das wußte er. 
Wenn er morgen den Vogel abschoß, war ihm das Kreuz 
sicher. Jetzt aber nützte er die Zeit, dem an seiner Seite 
reitenden Sechzehnjährigen einen abgekürzten Kriegschul 
kursus über das Reiten nach der Karte und das Abstatten 
von Meldungen zu halten. 
„Kommen Sie," redete ihn eine halbe Stunde später der 
General in der Schulstube von Z. an, „ich habe Ihnen hier 
auf der Tafel die nach den heutigen Meldungen der Ka 
vallerie und des Fliegers wahrscheinlichen Artilleriestellungen 
des Feindes skizziert. Das Korps tritt morgen sieben Uhr 
vormittags den Vormarsch auf W. an, Regiment .. . vorn, 
von seinem Sammelplatz am Südeingang von V. aus. 
Richten Sie sich so ein, daß Sie mit Tageslicht auf den 
Unsere Artillerie in Charpentry bei Varennes. 
Phot. H. Beusemanil, Hofphotograph, Metz. 
Artilleriepatrouille. 
Von Major a. D. Schmahl. 
(Hierzu das Bild Seite 481.) 
„Brigadebefehl. Leutnant A. meldet sich heute, 
5. Dezember 1914, fünf Uhr dreißig abends, mit vier Melde 
reitern bei mir in Z., Schulhaus. Generalmajor B." 
Diesen eiligen Befehl hatte der Befehlsempsänger der 
ersten Abteilung Feldartillerieregiments . . . soeben vom 
Regiment mitgebracht und sofort der dritten Batterie 
weitergegeben. Dort war man gerade dabei, nach an 
strengendem Gebirgsmarsch die Pferde, so gut es ging, in 
Scheunen und Ställen un-d in den anschließenden Gärten, 
wo sie wenigstens einigen Schutz vor dem Winde hatten, 
für die Nacht unterzubringen. „Leutnant A.!" — „Herr 
Hauptmann!" — „Sie sollen sich heute, fünf Uhr dreißig, 
bei dem Herrn Brigadekommandeur mit vier Melde 
reitern melden. Das scheint ja morgen wieder eine große 
Sache zu werden, da Sie namentlich kommandiert sind. 
Wir haben noch eine Stunde, bis Sie abreiten müssen, 
um in ruhiger Gangart Z. zu erreichen. Sie können die 
Unteroffiziere C. und D. und den Gefreiten E. mitnehmen, 
und der Fahnenjunker kann sich nun auch einmal die Sporen 
verdienen. Der Däne und die Freya werden ja wohl die 
frischesten sein; dann die Frigga und Eva, die heute ohne 
Höhen diesseits des Uflusses sind und gegen W. und Q. 
beobachten. Ihre Meldungen treffen mich bei der Vor 
hut der .. ten Division, die um sieben Uhr von T. 
abmarschiert. Ich habe befohlen, daß Ihre Leute und 
Pferde beim Brigadestab untergebracht werden/ Sie selbst 
hier im Schulhause, damit ich etwa heute nacht noch ein 
treffende Nachrichten mit Ihnen besprechen kann. Nachher, 
sechs Uhr dreißig, sind Sie zum Festmahl drüben im Cheval 
blanc, Gemüsekonservensuppe und kalte Ochsenzunge aus 
der Büchse, freundlichst eingeladen. Der Rotspon ist übrigens 
gar nicht übel." Ein freundliches Nicken und der „Privat 
diskurs" war zu Ende. 
Am anderen Morgen finden wir Leutnant A. zwischen 
zehn und elf Uhr wieder auf der Höhe 397, wo er sich 
bereits vor Tagesanbruch, seitwärts aller Wege, um von 
feindlichen Streifen möglichst unbelästigt zu bleiben, in der 
Krone einer uralten Steineiche eingenistet hat (Bild 
Seite 481). Drei Meldungen hat er von seinem Be 
obachtungsposten schon abgeschickt über Anmarsch, Bereit- 
tellung, Feuerstellung der feindlichen Artillerie. Jetzt 
ind auch unsere Geschütze, hinter einer Eeländewelle ver- 
teckt, aufmarschiert und schießen sich ein. Die linke Flügel 
batterie, bei der der Brigadestab steht, hat ihre Fern 
sprechleitung zu Leutnant A. gestreckt, und diesen hören 
wir, indem er den ersten Schuß nach der feindlichen Batterie
	        
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