Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/IS. 
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Zerschossenes [ Infanteriewerk 
so trat oft auch der Fall ein, daß eine Albergangstelle nur be- 
helfsmäßigmitMittelnder Feldbefestigungstunst zunr Brücken 
kopf ausgebaut wurde. Ein Beispiel dafür sind die Kämpfe 
an der Düna, wobei hart um die „brückenkopfartig aus 
gebauten" Stellungen Friedrichstadts gerungen wurde. 
Derartig völlig neu erstandene Brückenköpfe werden 
„provisorische" genannt zum Unterschied von den „per 
manenten". Abbildung 3 veranschaulicht einen permanenten 
Brückenkopf. Die Brücken über den Fluß, die die daran 
gelegene Stadt erstehen ließ, werden dadurch geschützt. 
Man sieht den Fortgürtel in einer Entfernung von 8 Kilo 
meter sich im Halbkreis um die Brückenstellen ziehen. Die 
Bestückung des einzelnen Forts legt eine Feuerzone von 
10 Kilometer rings um den Fortgürtel. Damit ist also 
der Gegner rund 17 Kilometer von den Brücken entfernt. 
Auf dieser Entfernung mutz er sich entfalten, entwickeln. 
Das kostet Zeit. Dazu muh er außerdem viel mehr Truppen 
ansehen, da der Verteidiger die „innere Linie" hält, also 
den Raum der Halbkreislinie von ungefähr 25 Kilometern 
besetzt, während der Angreifer seine Stellungen in bedeu 
tend größerem Bogen umspannend anlegen mutz. Zumeist 
sind jedoch die modernen, permanenten Brückenköpfe nicht 
nur einfach, sondern sogar doppelt angelegt. Dann zieht 
AIs Beispiele für permanente Brückenköpfe seien 
Warschau, Nowo-Georgiewsk, Jwangorod genannt. Riesige 
Summen Geldes wurden von Jahr zu Jahr in die Be 
festigungen Polens, Litauens und Kurlands gesteckt, je 
mehr die Kriegspartei in Rußland an das Staatsruder 
gelangte. Richt allein die Weichselfront, die noch zu Anfang 
des Krieges als ein Hindernis galt, das niemand erzwingen 
könne, sondern auch der Rjemen mit den Brückenkopf 
festungen Grodno und Olita, sowie der Narew mit Ossowez 
und Lomsha streckten sich unter dem Geldstrom, der auf sie 
niederprasselte, nach allen Seiten, ftrieben immer neue 
unterirdische Kasematten, Gänge, Panzertürme vor und 
bauten große, weittragende Geschütze mit gut versteckten 
Aufstellungsorten oder leicht zu wechselnden Batterie 
stellungen. Es hat alles nichts genützt gegen die deutsche 
Sturmflut. 
Die Entwicklung der modernen Spreng 
technik. 
Von Hans Bihn. 
Die Zeiten des alten schwarzen Schießpulvers, der an 
geblichen Erfindung des Franziskanermönches Schwarz, 
3166. 4. Durchstoß durch den Forkgllrtel gm Hintergrund) eines permanenten, doppelten Brückenkopfes. 
sich nämlich der Fortgürtel nicht nur auf der voraussicht 
lichen Anmarschrichtung des Feindes um die Brücken, 
sondern auch auf der abgewendeten Seite. Der Kreis ist 
demnach geschlossen, was bei Alberflügelungen von großem 
Wert sein kann. Auch können diese rückwärtigen Werke — 
obwohl sie natürlich falsche Front haben — als Ausnahme 
stellungen nach Eroberung der vorderen Forts gute Dienste 
leisten. Abbildung 4 zeigt in schematischer Darstellung einen 
Kampf um einen permanenten, doppelten Brückenkopf. 
Der erste Fortgürtel wehrt sich noch gegen den Feind, 
ist jedoch schon teilweise eingedrückt. Die Verteidiger dieses 
Abschnittes flüchten rückwärts über die Rettung bietende 
Brücke im Hintergrund, die bereits unter feindlichem Gra 
nat- und Schrapnellfeuer liegt. Obwohl die Batterien 
am anderen Alfer den Gegner niederzuhalten versuchen, 
der auf die Brücken feuert, dürfte die Brückenkopfstellung 
unhaltbar geworden sein und mit Zerstörung der Brücken 
den Verteidigern keine Rückzugsmöglichkeit mehr offen 
stehen. Dann spielt sich die ergreifende Schlußszene des 
Kampfes um den Brückenkopf ab: entweder Gefangennahme 
oder das große Kesseltreiben gegen den Fluß zu, über den 
nur wenige Reiter und einige gute Schwimmer unter dem 
feindlichen Eeschoßhagel mit heiler Haut kommen werden. 
verschwinden mehr und mehr. Es besteht bekanntlich aus 
Kalisalpeter, Schwefel und Kohle. In der modernen 
Spreng- und Schießtechnik haben unsere Chemiker ganz 
Hervorragendes geleistet. Schon vor dem gegenwärtigen 
Kriege haben wir bei Explosionen nur zu oft von der furcht 
baren Wirkung dieser Chemikalien lesen können. 
Vor etwa siebzig Jahren entdeckte der Württemberger 
Professor Chr. Friedrich Schönbein in Basel und fast zu 
gleicher Zeit auch Nötiger in Frankfurt a. M., daß reine 
Baumwolle, wenn sie mehrere Minuten in einer Mischung 
von konzentrierter Schwefel- und Salpetersäure eingeweicht 
und hierauf einigemal in reinem, fließendem Wasser gut 
ausgewaschen und getrocknet wird, explosive Eigenschaften 
annimmt. Man nennt dann diese chemische Verbindung 
Nitrozellulose, Pyroxylin oder einfach Schießbaumwolle. 
Die Begeisterung über diese Erfindung war groß, denn was 
konnte man sich Besseres wünschen als ein Sprengmittel 
von furchtbarer Wirkung, das restlos vergaste und bei dem 
der entstehende Dampf farblos war! Doch sie hatte auch 
ihre Schattenseite, nämlich das gefährliche Aufbewahren 
und Versenden. Ferner wirkte ungünstig die schnelle Zer 
setzung, die die Schießbaumwolle als Treibmittel, das heißt 
zum Fortschleudern von Geschossen, unbrauchbar machte.
	        
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