Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

152 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Truppen vertrieben. Bei Ari Burun rückten sie unter hef 
tiger Feuerunterstützung der Kriegschiffe etwas vor, wurden 
aber bald von den Türken zürn Stehen gebracht. Im 
Zusammenhang mit diesen Unternehmungen angesetzte An 
griffe an anderen Stellen der Kampffront brachten den Ver 
bündeten über 2000 Tote, die vor der türkischen Front 
liegen blieben. Die Türken setzten sich beim Nachstoß in neuen 
feindlichen Gräben fest und brachten 140 Gefangene ein. 
Auch diese Angriffe nördlich Ari Burun, die nun tagtäglich 
erfolgten, kosteten den Engländern und Franzosen nur Ver 
luste an Mannschaften und Material. Am 9. Juli nahmen 
dort die Türken 4 Offiziere und 50 Mann gefangen, erbeu 
teten 2 Maschinengewehre, Heliostatische und Telephon 
anlagen sowie eine Menge Waffen. Ein feindlicher Kreuzer, 
der die Umgebung von Bulair indirekt beschoß, wurde von 
versteckten türkischen Batterien am Golf von Saros mit 
Erfolg unter Feuer genommen und verzog sich schleunigst. 
Am 10. August kam es wieder zu Kampfhandlungen 
größten Umfangs, und auch dieser Tag wurde für die 
Engländer und Franzosen wieder ein Tag größter Ver 
luste. 3000 tote Feinde wurden vor der Front der Türken 
gezählt, die den gewohnten erfolgreichen Gegenangriff 
machten, bei dem sie 2 Maschinengewehre behielten. Bei 
Ari Burun eroberten sie in mehreren Gefechten am 11. und 
12. August dann noch. 8 Maschinengewehre, von denen 5 
sofort gegen den Feind ins Feuer gebracht werden konnten. 
In den Tagen vom 6. bis 7. August hatten die Engländer 
und Franzosen nicht weniger als fünf neue Divisionen ge 
landet, die in ununterbrochenen, immer wieder neu auf 
flammenden Kümpfen bis zum 15. August ins Feuer ge 
bracht wurden. Nichts vermochte aber den Heldenmut der 
türkischen Soldaten zu untergraben. Die Waffenbrüder 
schaft zwischen ihnen und ihren deutschen Führern behielt 
gegen alle Anstürme unentreißbar fest den Sieg als Lohn 
für unüberwindliche Ausdauer und Treue. 
Auch zur See blieb den Türken das Glück treu. Die 
großen Schiffsverluste vom Mai wiederholten sich für die 
Engländer und Franzosen von Juni bis August allerdings 
nicht; denn wohlweislich zogen sie schließlich alle größeren 
Einheiten aus den durch deutsche Iü-Boote so sehr gefährdeten 
Küstengewässern der Dardanellen zurück. Dafür gelang schon 
am 31. Mai bei der Insel Strato einem Iü-Bootdie Versenkung 
eines englischen Hilfskreuzers von 12000 Tonnen. Von der 
800 Mann zählenden Besatzung rettete der englische Dampfer 
„Spy" 120 und brachte sie nach der Bucht von Mudros. 
Am 2. Juni wurde noch einmal ein englischer Linien 
schiffskreuzer torpediert. Es erfolgte wohl eine Bestätigung 
dieser Nachricht, über alle Einzelheiten schwieg sich aber der 
amtliche Bericht aus. In der Nacht vom 3. auf 4. Juni war 
nach dem genannten Bericht auch ein französischer Minensucher 
infolge einer Explosion zwischen den Inseln Keusten und 
Hekim vor Smyrna untergegangen. Am 13. Juni berichteten 
die Türken, daß ein türkischer Flieger in der Kefalobucht auf 
Jmbros ein Panzerschiff vom Agamemnontyp gesichtet habe, 
dessen Verdeck fast unter der Meeresoberfläche lag und dessen 
hinterer Mast und Schornstein vollständig weggesunken waren. 
Im Zusammenhang damit wurde aus griechischen Quellen be 
kannt, daß am 9. zwischen Kalymnos und dem asiatischen Fest 
lande ein großes Kriegschiff infolge Explosion gesunken sei. 
Die Reihe der erfolgreichen Torpedierungen wurde am 
5. Juli wieder aufgenommen mit der Versenkung des fran 
zösischen Transportdampfers „Cartague", der 1500 Mann 
an Bord hatte. Er gehörte der Mittelmeerflotte der „Com 
pagnie Transatlantique" und hatte mit Truppen und Ma 
terial für das Expeditionskorps auf den Dardanellen am 
24. Juni Marseille verlassen. Die türkische Wacht am Mar 
marameer, der wiederholt feindliche It-Boote in die Hand ge 
fallen waren, vernichtete am 26. Juli früh acht Uhr in der 
Meerenge das französische Ik-Boot „Mariotte". 31 Mann 
der Besatzung wurden gefangen genommen. Das Schiff 
stammte aus dem Jahre 1911 und lief über Wasser 15, unter 
Wasser 10 Seemeilen bei einer Wasserverdrängung von 530 bis 
630 Tonnen. Das Boot. das mit 6 Torpedolaneierrohren 
bewaffnet war, hatte die Aufgabe, ein englisches l4-Boot ab 
zulösen. Die Türken erfuhren den Ort, an dem es seine Vor 
räte einnahm, und konnten es deshalb unschädlich machen. 
Seitdem die deutschen l4-Boote ihre weite kühne Fahrtnach 
dem Orient zurückgelegt haben (siehe auch S. 54), ist es keines 
wegs mehr ausgemacht, daß die von den verbündeten Feinden 
ausgesandten Truppen- und Materialtransporte ihr Ziel auch 
erreichen. Aus griechischen Quellen wissen wir, daß im Mittel 
meer gegen Ende Juli auch der englische Dampfer „Arneu- 
ron", ein großes Truppentransportschiff, fast mit der ganzen 
Besatzung nach einem l4-Boot-Angriff im Meere versank. 
Aber auch unsere Gegner sollten sich eines Triumphes 
dieser Waffe erfreuen. Das türkische Linienschiff „Barba 
rossa Haireddin" wurde am 8. August das Opfer eines feind 
lichen I4-Bootes. „Barbarossa Haireddin" war ein altes deut 
sches Linienschiff, der „Kurfürst Friedrich Wilhelm", der 1891 
vom Stapel lief und 1910 von der Türkei erworben wurde. 
Er verdrängte 10 060 Tonnen und konnte 17 Seemeilen 
leisten. An den Dardanellenkämpfen hatte das Schiff sehr 
regen Anteil genommen und mit seinen großkalibrigen Ka 
nonen dem Feinde bei Ari Burun schwere Verluste bei 
gebracht, mehrere Transportschiffe sowie einen Torpedo 
bootzerstörer in Grund gebohrt und einen feindlichen Lan 
dungsplatz vernichtet. Es hat nicht weniger als sechs 
Il-Boote, mit denen der Feind zu seiner Bekämpfung in 
das Marmarameer einzudringen versuchte, in den Grund ge 
bohrt und erlag nach so stattlichen Erfolgen nun endlich 
einem feindlichen l4-Boot-Angriff. Der größte Teil seiner 
kriegs- und seeerfahrenen Bemannung konnte gerettet werden. 
Zu diesem Trost gesellte sich an denselben Tage noch ein 
anderer: die Zerstörung eines feindlichen It-Bootes vor Bu 
lair durch ein türkisches Wasserflugzeug. 
Am 14. August war es der englische 10 000-Tonnen- 
dampfer „Royal Edward", der den Türken zum Opfer 
fiel. Ein Ik-Voot-Torpedo traf ihn in der Nähe der Insel 
Kos so sicher, daß er in vier Minuten sank. Annähernd 
1000 Mann des Transportes, den dieser große Dampfer 
führte und der hauptsächlich aus Verstärkungen der 29. Di 
vision und Teilen des Sanitätsdienstes bestand, sind er 
trunken. 600 sollen gerettet sein. 
Wie aussichtslos alle Unternehmungen der Angreifer an 
der Dardanellenfront waren, geht auch für die Monate Juni 
bis August aus der traurigen Tatsache hervor, daß die Eng 
länder vor grausamster und völkerrechtswidriger Kampfes 
weise nicht zurückschreckten. Am 6. Juli beschoß ein feindlicher 
Monitor bei Ari Burun hinter einem ihn deckenden Laza 
rettschiff weg die türkischen Stellungen. Die Engländer ent 
blödeten sich also auch hier so wenig wie in Flandern, bei 
ihren Kämpfen unter dem Zeichen des Roten Kreuzes 
Deckung zu suchen. Wenn sie dafür ihre wohlverdiente 
Züchtigung erfuhren, beklagten sie sich über Barbarei. Sie 
selbst mißachten die Schutzzeichen der Verwundetenpflege, 
zu denen natürlich auch der Rote Halbmond gehört, geradezu 
gewohnheitsmäßig. Am 3. August warf ein feindlicher 
Flieger eine Granate auf das Hospital von Eznie südlich von 
Kum-Kale ab und tötete dadurch einen Verwundeten. Am 
5. belegten feindliche Flieger das Lazarett von Agadere bei 
Seddil-Bahr mit Bomben, obgleich sie die Fahne des Roten 
Halbmondes deutlich gesehen haben mußten. Am 9. August 
wiederum warf ein feindlicher Flieger drei Bomben auf 
das Lazarett in Ealaköj, das wagerecht, also für Flieger 
unbedingt deutlich sichtbar, das Zeichen des Roten Halb 
monds aufwies. Ein Soldat wurde getötet, drei verletzt. 
Angesichts dieser unmenschlichen „Heldentaten" kann man 
es wohl verstehen, daß die Türken mit scharfen Vergel 
tungsmaßregeln vorgehen wollten. Es wurde erwogen, 
für jeden durch solch rohe Überfälle wie die erwähnten um 
gekommenen türkischen Kämpfer einen gefangenen Eng 
länder ZU töten. (Fortsetzung folgt.) 
Illustrierte Kriegsberichte. 
Die Zerstörung des Eisenbahnviadukts 
bei Dammerkirch. 
(Hierzu das nebenstehende Bild.) 
Durch das Loch von Belfort waren die Franzosen in 
den ersten Tagen des 'Krieges in den Sundgau eingefallen 
und hatten, die schwachen deutschen Erenzschuhtruppen vor 
sich hertreibend, fast kampflos Mülhausen erreicht, wo sie 
indes bereits am 8. und 9. August 1914 unter schweren Ver 
lusten geschlagen und zum Rückzug auf Belfort gezwungen 
wurden. Wenn es ihnen trotzdem schon nach wenigen 
Tagen möglich war, erneut zum Angriff überzugehen und
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.