Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. DritterBand. (DritterBand)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/16. 
Presse-Photo-Bertrieb, Berlin. 
Französische Blindgänger verschiedenen Kalibers. 
abermals Mülhausen zu besetzen, so verdankten die Fran 
zosen diesen Erfolg nicht zuletzt der Eisenbahnlinie, die 
Belfort mit Mülhausen verbindet, bei Valdieu (Eottestal) 
auf deutsches Gebiet übertritt und dann über Dammer 
kirch—Altkirch dem Rhein zu führt. Auf dieser Bahn konnten 
die bei Mülhausen geschlagenen Franzosen rechtzeitig Ver 
stärkungen aus Belfort herbeischaffen, die zwi 
schen Altkirch und Dammerkirch ihren Rückzug zum 
Stehen brachten und zugleich die Forts von Bel 
fort vor einem weiteren Vordringen der deutschen 
Truppen schützten. Den großen strategischen Wert 
dieser Eisenbahnlinie, die in dem hügligen Berg 
gelände der Vogesen militärischen Maßnahmen in 
hervorragender Weise zustatten kommt, wußten die 
Franzosen sehr wohl zu schätzen, und aus diesem 
Grunde sprengten sie, nachdem sie Ende August in 
folge der Niederlagen in Lothringen und des deut 
schen Vormarsches auf Paris zur endgültigen Räu 
mung Mülhausens und des Oberelsasses gezwun 
gen worden waren, den großen Eisenbahnviadukt, 
der zwischen Dammerkirch und Altkirch auf eine 
Länge von mehreren hundert Metern das Jlltal 
überbrückt, stellenweise in die Luft, nachdem das 
großartige Bauwerk schon während des Kampfes 
mehrfach von deutscher Artillerie beschädigt worden 
war. Die Franzosen suchten durch Zerstörung der 
Eisenbahnverbindung das deutsche Vorgehen gegen 
Belfort zu hemmen, in Wirklichkeit aber schadeten 
sie nur sich selbst; denn die deutsche Heeresleitung 
verzichtete von Anfang an auf größere Unterneh 
mungen im Elsaß und besonders gegen Belfort: 
man begnügte sich damit, den Feind in Schach zu 
halten, während die Würfel der Entscheidung in 
Nordfrankreich fallen sollten. Im Laufe des Stel 
lungskrieges, der sich allmählich im Vorgelände 
von Belfort entwickelte, gelang es den Franzosen, 
wieder über Dammerkirch, wo der Stab der fran 
zösischen „Armee des Elsasses" sein Hauptquartier 
aufschlug, in Richtung auf Altkirch vorzudringen 
und sich dieser Stadt bis auf wenige Kilometer 
zu nähern. Zu ernstlichen Kümpfen kam es indes 
auf diesem Kriegschauplatze nicht; offenbar fühlten 
sich die Franzosen zu einem Durchbruchsversuch 
nach dem Rhein zu schwach, oder sie hielten den 
günstigen Augenblick hierfür noch nicht für gekom 
men. Unermüdlich waren sie damit beschäftigt, ihre 
Stellungen auszubauen, Verhaue und Gräben an 
zulegen, und ganz besondere Aufmerksamkeit und 
Sorgfalt verwandten sie auf die Wiederherstellung 
des zerstörten Eisenbahnviadukts. Mehrere hundert Arbeiter, 
darunter auch viele Italiener, wurden herangezogen, unt 
den Schutt wegzuräumen und die zerstörten Pfeiler neu 
aufzuführen. Ganze Eisenbahnzüge voll Material wurden 
herbeigeschafft, die nahen Wälder und Schneidemühlen 
lieferten Holz zu dem gewaltigen Gerüst, das zu beiden 
Seiten des stellenweise bis zu 25 Meter hohen Viadukts 
emporwuchs. Im Winter erschwerten Kälte und Hoch 
wasser die Vauarbeiten, die viele Monate in Anspruch 
nahmen und oft von der Beschießung durch deutsche 
Artillerie und Flugzeuge gefährdet wurden. Ende Mai 
war es den Franzosen endlich gelungen, die zerstörten Bogen 
wiederherzustellen und den Viadukt betriebsfähig zu machen. 
Die Belastungsprobe war bereits abgehalten worden, und 
am 14. Juni, dem Jahrestag von Marengo und Friedland, 
sollte der Viadukt im Beisein des französischen Generalstabes 
unter den Klängen der Marseillaise eingeweiht und zunächst 
nur dem Militärverkehr übergeben werden. Schon hatte 
man Pfeiler, Bogen und Geländer mit Tannengirlanden und 
Maibäumen geschmückt und dazwischen in malerischem Bunt 
unzählige blauweißrote Fähnchen und Schleifen angebracht. 
Mit schmetternden Fanfaren wollte man ein Freudenfest 
auf der „erlösten" elsüssischen Erde feiern — allein es kam 
anders. 
An dem klaren Sonntagmorgen des 30. Mai erschienen 
in aller Frühe drei deutsche Flieger in einer Höhe von etwa 
2500—3000 Metern über Dammerkirch. Sie kreisten mehr 
mals, als wollten sie sich über einen bestimmten Punkt unter 
richten, über der Stadt, unbekümmert um das Feuer der 
französischen Abwehrkanonen, das ihnen keinen Schaden zu 
fügen konnte. Gegen dreiviertel sieben Uhr standen sie nahe 
zu senkrecht über dem Bahnviadukt; der eine hielt wenige 
Augenblicke fast still in der Luft — offenbar hatte er auf draht 
losem Wege den etwa 7^4 Kilometer entfernten deutschen 
Stellungen eine Meldung gemacht. Wenige Minuten später 
kam schon die Antwort herüber: ein weißes Wölkchen blitzte 
am hellblauen Horizont auf, flog singend, pfeifend und 
Pl ot. Bert. Jllustrat^-Ges. m. b. H. 
Französischer Artillerist beim Abfeuern eines Lufttorpedos.
	        
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