1881
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sich dauernden Frieden und Freundschaft und wechselseitig eine
freundschaftliche Politik.
Durch diesen Vertrag wurde die von Österreich-Ungarn stets
gefürchtete Bildung eines großen serbischen Staates unter russi
scher Patronanz mit einer Österreich feindlichen Richtung in hohem
Maße beschworen. Serbien gehörte damit ganz unzweifelhaft zum
westlichen Interessengebiet des Balkans, und die österreich-ungari
sche Politik war in der Lage, ihre Beziehungen zu Serbien selbst zu
bestimmen. Die vertraglichen Bedingungen vom 16./28. Juni 1881
schufen hierfür jedenfalls alle nötigen Voraussetzungen. Auch
Deutschland konnte der weiteren Entwicklung der Dinge nunmehr
mit größerer Ruhe entgegensehen.
Der erste Dreibundvertrag vom 20. Mai 1882
Über Wien war im Oktober 1880 der Wunsch Italiens bekannt
geworden, in nähere Beziehungen zu Deutschland und Österreich-
Ungarn zu gelangen. Bismarck begrüßte die ersten Fühler auf
diesem Wege mit unverhohlenem Mißtrauen. Früher hatte er an die
Möglichkeit geglaubt, daß Italien ein sicherer und wertvoller Bundes
genosse für Deutschland werden könne, war aber seit Jahren zweifel
haft geworden. Man könne nicht einmal volle Zuversicht in den Be
stand der dortigen Monarchie haben, ließ er am 19. Mai 1881 nach
Rom schreiben, und eine italienische Republik würde mit der fran
zösischen gehen 1 . Jede Abmachung mit Italien würde im Wesen,
so äußerte er sich später, immer ein einseitiges Geschäft zum Vor
teil Italiens sein 1 2 .
Am 18. Januar 1882 erschien der italienische Botschafter in
Wien beim Grafen Kälnoky, der seit November 1881 Nachfolger des
Barons Haymerle als Minister des Äußeren geworden war, und teilte
ihm den Entschluß des italienischen Königspaares mit, sich der Poli
tik Österreich-Ungarns und Deutschlands eng anzuschließen. Kälnoky
ging freundlich darauf ein, und Bismarck riet, das, was die Italiener
jetzt ohne Anspruch auf Gegenleistung anböten, anzunehmen und so
viel wie möglich zu verwerten 3 .
Zunächst bemühten sich die Italiener um einen Neutralitäts
vertrag. Eine Hauptschwierigkeit für einen solchen lag nach Bis
marcks Ansicht darin 4 , daß bei der militärischen Schwäche Ita
liens die Machtverhältnisse und die von beiden Seiten zu erwarten
den Leistungen sehr ungleich wären; trotzdem sei es ein nicht zu
1 Gr. Pol. Nr. 537.
2 Gr. Pol. Nr. 541 (Berlin, 31. Dezember 1881).
* Gr. Pol. Nr. 543, 544.
* Gr. Pol. Nr. 547, 548.