Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1902 (1902)

(100) 
In diesem Augenblicke trat Katherl 
herein. Sie sah verwundert auf die Menschen 
gruppe mit den erregten Gesichtern, bot 
aber dann mit freundlichem Gruße Reginen 
die Hand, welche die Angelegenheit jetzt 
möglichst schnell abgewickelt haben wollte, 
ihres Erfolges gewiss war und darum, 
voll Zuversicht, ohne jede Einleitung fragte: 
„Nicht wahr, Katherl, Du gehst mit 
mir in die Stadt, wirst bei mir bleiben und 
immer mein liebes, kleines Mädchen sein?" 
Katherl horchte auf. „Nicht mehr die 
Schule besuchen, in die Stadt gehen, dort 
in einem schönen, großen Hause dienstbar 
walten", das war seitherdes Kindes liebster Ge 
danke und sehn 
lichster Wunsch. 
Was war wohl 
natürlicher, als 
dass es jetzt so 
fort mit strahlen 
den Augen zu 
stimmend nickte? 
Grubhofer, der 
mit lauerndem 
Blicke unver 
wandt auf das 
Mädchen ge 
schaut, sah dieses 
Nicken und war 
wie der Blitz aus 
dem Zimmer 
verschwunden. 
Ueber die 
Stiege raste er 
hinab und aus 
dem Hause hinaus. Ohne es klar zu wollen, 
schlug er instinctiv den Weg nach seinem 
neuen Wohnorte ein, der Hütte des Vetters 
auf dem Blümelsberge zu. 
Er lief das Sträßlein entlang, zwischen 
den üppigen Feldern, an den Gehöften der • 
Hoferbauern vorbei, dann den dunkel be- 
schaiteten Hohlweg hindurch, über das schmale 
Bächlein hinüber, wo jenseits auf einer langen 
Wiese die Steigung des Berges begann. 
Die Ufer des Baches waren dicht mit 
Erlengestrüpp und Weiden bewachsen und 
luden verlockend zur Ruhe. 
Und Grubhofer fühlte, dass er einmal 
ausschnaufen müsse; das rasche Gehen, der 
Sturm seiner Gedanken, es machte ihn 
ganz wirblig und toll, und ein heftiges 
Zittern lähmte ihm alle Gebeine. 
Hier, ein wenig abseits vom Wege, 
warf er sich lange ins Gras, und während 
sich nach und nach der Körper zu erholen 
begann, sammelten sich auch zugleich die 
Gedanken, und Grubhofer hörte es klar, 
wie noch immer der Nachhall der geifernden 
Worte Frau Heiders nicht aufgehört hatte, 
in seinen Ohren zu gellen. 
Herrgott im Himmel! Was hatten ihm 
diese bösen Weiber doch alles gesagt? — 
Das war nur so hageldicht, Schlag auf 
Schlag in einem Athem erfolgt, man konnte mit 
dem Anhören 
kaum so schnell 
hinterdrein sein; 
und, was wohl 
eigentlich das 
Quälendste war 
— der Mann 
schlug beide 
Hände stöhnend 
vor's Antlitz — 
sie hatten doch 
unleugbar nur 
die lautere 
Wahrheit gesagt, 
denn wirklich 
und wahrhaftig, 
er war so ein 
Mensch. Ein 
Säufer und 
Schlemmer, ein 
schlechter Gatte 
und Vater, er hatte ja wirklich Weib 
und Kind mehr als einmal, mit unbe 
kümmertem Herzen fremderz Hilfe anheim 
gestellt und war mit dem letzten Heller 
nach der Brantweinschenke gegangen; Dort 
war er mit einer berüchtigten Bande als 
ihr liebster Kumpan an einem Tische ge 
sessen, wider Gott und Kaiser und Vater 
land hatten sie wilde, ketzerische Reden ge 
führt und die Weltordnung nach ihrem 
rebellischen Sinne geschlichtet. O diese 
Frauen, die ihn heute so bitter ge 
schmäht, sie wussten ja gar nicht einmal 
all' die dunklen Spuren seiner lichtscheuen 
Wege. — — — — 
Der: ^Xumencorfo irt <SmurtScn. 
Das Boot der Erzherzogin Elisabeth in der Blumenschlacht. 
Momentaufnahme von Adler aus Wien.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.