Volltext: Hier spricht der Feind

Sefchießung von Paris 
durch Zerngefchütze 
Aus dem Werk: „Les Bombardements de Paris/* 
Von Jules Poirier. Verlag Payoi, Paris, 
Der Morgen des 23. März 19 i 8 in Paris. — Seit langer Zeit war der Pariser 
an den trockenen, abgerissenen Krach der Fliegerbomben gewöhnt. Aber am 
23. März 1918 fiel aus heiterem Himmel ein Geschoß vor dem Haus Nr. 6 
Quai de la Seine nieder. Sein Knall hatte nichts von dem schon bekannten Ge¬ 
räusch, und in Paris glaubte man an eine Explosion von Handgranaten im 
Nordviertel. Dann folgten von 10 zu 10 Minuten und dann von Viertelstunde 
zu Viertelstunde andere Explosionen. Die Stunde, wo sich die Pariser an ihre 
Arbeitsstätten begeben, die Kinder in die Schule, die Hausfrauen in die Geschäfte, 
wo die Trambahnen und Metros fahren, war für einen Angriff recht gut gewühlt. 
Bei der Explosion schauten die Leute nach oben, ohne eine tiefere Besorgnis aus¬ 
zudrücken, konnten aber am ganzen Himmel nichts wahrnehmen. Aber diese ver¬ 
hältnismäßige Nuhe änderte sich, als gegen 8 Uhr 30 die Straßenbahnen der 
Strecke Ostbahnhof—Montrouge in die Depots von Montrouge zurückfuhren; 
auf dieser ganzen langen Strecke ließen die Schaffner keine Paffagiere einsteigen 
und erklärten ihnen, ein Geschoß habe vor dem Ostbahnhof 8 Personen getötet 
und 13 andere verwundet. Um 9 Uhr schlug die Zentralmeldestelle Lärm; der 
öffentliche Dienst wurde eingestellt, die Leute flohen in Deckung, und immer 
mehr Geschosse schlugen in Paris ein. Zu den üblichen Feuerwehrwagen, die 
Alarm gaben, kamen die Polizeiagenten hinzu, an die man Trommeln und 
Signalpfeifen ausgegeben hatte. Trotz des Ernstes der Stunde verspottete das 
Publikum schonungslos diese frischgebackenen Trommler, die ihr Möglichstes 
zur Ausführung ihres Auftrags taten. An einigen Stellen liefen' sogar Scharen 
von Straßenjungen hinter ihnen drein und verfolgten sie mit Hanswurstiaden. 
Die Behörde sah dann auch das Lächerliche dieser Neuerung ein. Am Nachmittag 
wurden Trommeln und Pfeifen verboten. 
Die Unruhe breitete sich rasch aus, denn die Beschießung wurde immer heftiger, 
und die Zahl der Opfer stieg, ohne daß man wußte, welche Ursache man hinter 
diesem Werk des Todes zu suchen hatte. Ein Kommunique des Kriegsministe¬ 
riums gegen 10 Uhr vermehrte die Verwirrung. Es war so abgefaßt: 
„Um 8 Uhr 20 gelang es feindlichen Fliegern, in sehr großer Höhe die Linien zu 
überfliegen und Paris anzugreifen. Sie wurden sofort von den Fliegern der 
198
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.