Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Belgien unter deutscher Verwaltung 
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In Aerschot sind in der Pfarrkirche die Windfänge an der Nordseite und am West 
eingang durch Feuer zerstört, doch ist das Innere im übrigen erhalten, völlig unversehrt 
erhalten ist vor allem hier wie in Lierre der kostbare und überreiche spätgotische Lettner. 
In Aalst weist die riesige spätgotische Martinskirche vielfache Spuren von Schrapnells 
und am Choreingang zwei von Granaten herrührende Löcher auf, doch sind alle diese 
Schäden leicht auszubessern." 
Ueber den Zustand der Kunstdenkmäler von Ipern und Dixmuiden hat Geheimrat 
Clemen bereits im Zusammenhang seines Berichts über Nordfrankreich referiert (vgl. 
S. 223). Er verweist zum Schluß auf die ungeheure Menge der gänzlich unversehrten 
Kunstschätze Belgiens und schließt: „All diesen Reichtum zu wahren und zu schützen, hat 
die neue, in Verbindung mit dem Generalgouvernement eingesetzte Zivilverwaltung 
Belgiens als eine Ehrenpflicht erfaßt und noch zwischen den Schlachten eine eigene 
Organisation zum Schutz der unbeweglichen und beweglichen Denkmäler geschaffen. Die 
um den Bestand dieser Denkmäler besorgten Kreise der deutschen Kunstfreunde wie die 
durch die Uebertreibungen und falschen Gerüchte aufgeschreckten Kunstfreunde des Aus 
landes dürfen beruhigt sein und sich sagen, daß selbst unter den Unbilden des Krieges 
und selbst für kurze Zeit so kostbarer Kunstbesitz in der Hand der deutschen Verwaltung 
sicher aufgehoben ist." 
Die öffentliche Meinung in Belgien 
Während die Volks st immung in Brüssel (vgl. II, S. 184) unverändert ist, 
konnte man in Antwerpen von Anfang an feststellen, daß man hier den Deutschen 
höflich und korrekt begegnete und nicht wie dort die Faust in der Tasche ballte. Der 
„Nieuwe Rotterdamsche Courant" gibt eine interessante Beschreibung des Zustandes in 
Antwerpen, der die „Frankfurter Zeitung" folgendes entnimmt: „Es ist für viele nicht 
möglich, sofort zu vergessen, daß die deutschen Soldaten in der Stadt Fremde sind, aber 
man würdigt es dennoch, daß sie ohne große Prahlerei nach der Einnahme der Stadt 
in Antwerpen einzogen. Dieser Umstand hat zum großen Teil dazu beigetragen, das 
gute Verhältnis der gebliebenen Bürger mit den Soldaten zu dem zu machen, was 
es jetzt deutlich ist. Die Deutschen der Garnison Antwerpen gehören zum weitaus 
größten Teile zu den älteren Jahrgängen. Die meisten haben Frauen und Kinder zu 
Hause, und wenn man durch die Viertel der Außenstadt geht, so sieht man häufig einen 
stämmigen, bärtigen Marinesoldaten oder Marine-Infanteristen mitten in einer Gruppe 
von Frauen und Männern und der Soldat hat ein stattliches Kind aus dem Arme. 
Das Kind wird verwöhnt von dem gutmütigen Riesen, während die Eltern vergnügt 
lächeln. Der eine oder andere fragt den Soldaten, ob er selbst Kinder habe und dann 
zieht er aus einer sorgfältig verborgenen Brieftasche ein Porträt hervor, worauf ein 
Paar Kinder echt germanischer Rasse zu sehen sind und das Bild einer Frau. „Denkt 
Ihr denn, daß ich nicht auch lieber zu Hause bei meinen kleinen Jungen wäre? Das 
Vaterland hat mich gerufen, und da muß jeder mit, wenn es auch anfangs noch so 
schwer fällt." Dann geht gewöhnlich mit den Umstehenden eine Diskussion los über 
die Notwendigkeit des Krieges, wobei natürlich keine einmütige Meinung zu erzielen ist. 
Aber die Hauptsache bleibt, daß das Verhältnis gut ist. Es ist nicht warm dieses Ver 
hältnis, wie man wohl begreift, aber man spricht ohne Bitterkeit. Vor allen Dingen 
begreift das Volk, daß es Menschen vor sich hat, die genau, wie sie selbst sind und die 
durch einen unerbittlichen Befehl ausgerufen worden sind. 
Das Volk ist sehr erbittert über die Antwerpener Blätter, die auf Befehl der mili 
tärischen Behörde alles verkehrt dargestellt haben. Sie haben ein total bösartiges Bild 
vom deutschen Soldaten gegeben, und man nimmt es den verantwortlichen Personen
	        
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