Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

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106 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
früheren Großkaufmanns Dettweiler, der in Straßburg ein Tuch- und Garngeschäft be 
trieb und Ende der siebziger Jahre mit seiner Familie nach Frankreich auswanderte. 
Kapitän Dettweiler stand bis zum Ausbruch des Krieges in Nancy in Garnison. Seine 
bei dem Rettungswerk erhaltene Verwundung war nicht gefährlich. 
Ueberläufer 
Aus einem Feldpostbrief aus Warneton: „Während ich gestern bei den Grenadieren 
war, hab' ich etwas sehr Nettes erlebt. In vorderster Linie lag ein Landwehrregiment, 
das händeringend telephoniert, der Feind bereite einen Angriff mit ganz überlegenen 
Kräften vor, er hätte sich schon auf 600 Meter herangearbeitet. Sie könnten sich nicht 
halten, es sollten aktive Truppen zur Hilfe kommen. Na, die Grenadiere stellten sich 
alarmbereit dahinter auf. Wir sollten, sobald die Franzosen angriffen, mit Tambour und 
Musik vorstoßen. Es wurde dunkel und kein Mensch griff an, sondern ohne daß man einen 
Gewehrschuß hörte, kamen auf einmal 600 gefangene Franzosen an. Ich fragte gleich 
einen Offizier unter ihnen aus und er erzählte uns folgendes: „Wir sind doch nicht dazu 
da, uns für die Engländer totschießen zu lassen. Wir haben uns an eure Stellung her 
angearbeitet, um bei Nacht überlaufen zu können. Jetzt sind wir hier und sind sehr froh 
darüber." Sie hatten erst einige mit weißen Tüchern herübergeschickt, die sagen sollten, 
man möchte ja nicht schießen, es kämen noch mehr, und richtig, sie kamen auch scharen 
weise in unsern Schützengraben hereingehupft." 
Der Gefangenschaft entronnen 
Eine Kompagnie eines bayrischen Reserve-Infanterieregiments war in der Nacht vom 
31. Oktober auf den 1. November 1914 im Häuserkampf um Wyschaete auseinanderge 
kommen. Am Ostrande trafen mit dem Kompagniechef nur wenige Leute ein, die sämtlich 
mit Ausnahme des Augsburger Kriegsfreiwilligen Zott fielen. Zott, der früher zur See 
gefahren war und einige englische Ausdrücke und Flüche kannte, bekleidete sich mit Man 
tel und Mütze eines gefallenen Engländers und lief hinter die Front der englischen 
Schützen zu den Munitionswagen und Feldküchen. Dort blieb er mehrere Stunden, 
faßte mit den Engländern Kaffee und machte sich an einem Munitionswagen zu schaffen, 
indem er dessen Pferde fütterte. Als er erkannt zu werden fürchtete, setzte er sich auf 
das Sattelpferd des Wagens, brachte ihn zur englischen Schützenlinie vor und entleerte 
die Munition. Während die Engländer mit der Entgegennahme der Patronen beschäftigt 
waren, saß er auf und fuhr im Galopp über die Schützengräben in der Richtung aus die 
deutschen Stellungen, von Freund und Feind lebhaft beschossen. In einer kleinen Mulde 
fand er Deckung und wechselte seine englische Bekleidung gegen die deutsche um. Nach 
dem er einen verwundeten Offizier und drei verwundete Soldaten aufgeladen hatte, fuhr 
er zu der deutschen Linie weiter. Am Abend des 1. November kam er mit dem Wagen 
zum Generalkommando. Der Kommandierende General, der dies selbst berichtet, über 
gab Zott sogleich das Eiserne Kreuz. 
* * * 
Aus einem Feldpostbrief: „Kürzlich wäre ich beinahe belgischer Gefangener geworden. 
Wir hatten uns — ein Oberleutnant und 40 Mann — in ein von Belgiern besetztes 
Dorf zu weit vorgewagt und ein Haus besetzt. Der belgische Oberst, der einige unserer 
Verwundeten zu Gefangenen gemacht hatte, ließ uns sagen, daß wir uns gefangen geben 
sollten, widrigenfalls unser Haus mit Granaten beschossen werden würde. Wir ließen 
ihm sagen, daß wir Deutsche seien, und daß sich ein Deutscher nicht ergibt. Da sausten die 
Granaten in unser Haus und wir glaubten uns schon verloren. Plötzlich kam uns ein 
rettender Gedanke. Wir schlugen ein Loch in die Seitenwand des Hauses, gelangten so
	        
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