Wasser des Lebensbornes: die eine ist die Dichtkunst, die andere die
Freundschaft." Das sinnige Wort, so uralt es ist, klingt wie von
heute, wie von einem der Unsrigen, und ist noch wahr nach Jahr¬
tausenden- denn das Menschenherz redet in ihm, dessen Sprache allen
Zeiten, Zungen und Zonen gemeinsam ist. Wer fühlte nicht schon in
seinem Leben den Segen, der von mitfühlender Freundschaft, die Trost¬
gewalt, die von einem echten Dichter ausgehen kann, denn die alten
echten Dichter sind Freunde der Menschen, und wer empfände nicht
gerade jetzt, in einer vom Hasse vergifteten Zeit, die den wildesten aller
Kriege gebar, ein Sehnen nach jenem Idealreiche der Vergangenheit,
wo man dieser besten Früchte des Daseins noch in sorgloserem Wandel
genießen durfte!
3.
Anton Matosch an Hans Zötl am 15. Jänner 1882:
Ja, seit Du mich gewürdigt hast, Zeuge Deiner einsamen Be¬
trachtungen zu sein, Zeuge Deines Selbstgespräches, ist mir der Blick
in Dein Inneres eröffnet.
Das Höchste, was der Mensch zu vergeben hat, ist dieser Einblick
in seine Innenwelt. Ein schönes Beispiel dafür ist die Natur- wie
ergreift sie uns, wenn wir ihr den Eingang in unser Inneres er¬
schließen, welch tiefes Glück, welch heilige Nutze vermag ein schöner
Abend in unsere Seele zu bringen!
Ich habe mit wahrer Andacht von Deinen abendlichen Spazier¬
gängen auf den Pöstlingberg gelesen. Du hast recht, aus dem Lärm
des menschlichen Treibens heraus gibt es keine schönere Zuffucht, als
zur Stunde der Vesper hinauszutreten in den ewigen Dom mit der
erdüberwölbenden Himmelskuppel. Da allein ist Erlösung, Erhebung,
Versöhnung, Unschuld, Friede! „Werdet wie die Kleinen", sprach der
göttliche Weise, und wir werden klein, wenn wir uns vertiefen in den
Anblick des sinkenden Tages
4.
Hans Zötl an Norbert Hanrieder am 25. Juni 1884:
Besuch bei Dechant Norbert Purschka. Wundervoller Tag, präch¬
tige Landschaft, harmonierend eigenen Stimmungen und dazu noch
der Vortrag dieses wahrhaftigen Jüngers Christi, atmend tiefe Wahr-
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