Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

Zustand der Derrtschruffen. 
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einem lettischen Direktorium. Gleichzeitig forderte Oberst Bermondt 
Letten und Litauer zum Kampf gegen die Bolschewisten auf, „mit denen 
ehrlose Leute im Begriff stehen, Frieden zu schließen", und sicherte beiden 
Ländern für später volle Autonomie zu. Es war kein Zweifel möglich, 
daß er damit den Bruch mit den Randstaaten vollzogen hatte. Wenn dies 
bei den Ulmanis-Letten vielleicht unvermeidlich war, so wäre den Litauern 
gegenüber nach Ansicht von genauen Kennern der Verhältniffe eine vor¬ 
sichtigere Politik am Platze gewesen. Der Weg an die Bolschewistenfront 
führte nun einmal durch Nordlitauen. Mußte man ihn sich erst mit 
Gewalt bahnen, so bedeutete das einen auf jeden Fall bedenklichen Kraft¬ 
verbrauch. Dazu kam, daß durch die Verlegung des Korps Wirgolitsch in 
die Gegend von Schaulen und dessen Auftreten gegen die dort befindlichen 
ungefährlichen litauischen Behörden und Wachen die Lage ohne Not ver¬ 
schärft wurde. Die Folge war, daß die Litauer ihre Streitkräfte zwischen 
Szadow und Radziwilischki versammelten und sich durch Verhandlungen mit 
den Bolschewisten den Rücken freizumachen suchten. Zunächst blieben 
allerdings die Dinge an dieser Stelle in der Schwebe. 
Der Zustand der deutsch-russischen Truppen. 
Zum Verständnis der nunmehr wieder beginnenden schweren Kämpfe muß 
man sich vor Augen halten, daß bei den Bermondt-Truppen zwar der Wille 
zum Vorgehen vorhanden war, aber die moralische Verfassung keineswegs 
überall gleichmäßig hoch stand. Sie ließ insbesondere bei den national¬ 
russischen Truppen, aber auch bei einzelnen Freikorps zu wünschen übrig. 
Auch die Ausrüstung entsprach in keiner Weise den Anforderungen eines 
vielleicht lange dauernden Winterfeldzuges in dem nordischen Klima des 
Baltikums. 
Trotz immer erneuter Bemühungen war es auch in den Zeiten, in denen 
keinerlei Nachschubverbot bestand, nicht gelungen, die Anforderungen der 
Truppe zu erfüllen, so daß die Mannschaften vielfach in Sommeruniformen, 
ohne Mäntel, mit ganz ungenügendem Schuhzeug ausrücken mußten. Wo 
der Fehler lag, war schwer festzustellen; die Tatsache als solche blieb jeden¬ 
falls für die Truppe um so unverständlicher, als diese die Russen und Letten, 
mit denen sie in unmittelbarer Berührung stand, vielfach mit wesentlich 
besseren deutschen Sachen ausgerüstet sah. Welches Maß von Erbitterung 
damit ausgelöst wurde, geht u. a. daraus hervor, daß am 3. Oktober deutsche 
Soldaten einen von der Wache allerdings abgewiesenen Angriff auf das 
Bekleidungsdepot in Mitau unternahmen. Wenn jetzt der Nachschub aus
	        
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