Volltext: Die Rainer am Cimone

Ein nebeliger Tag! Wie ein grauer Schleier legt es sich 
über die Gegend. Es ist eigentlich kein Tag zur Andacht 
und Erbauung, doch P. Bruno Spitzl, unser Feldkurat, 
ist bescheiden genug, sich nicht nur schöne Tage für die 
Veranstaltung der Feldmessen zu wünschen. Und sie wer 
den von unseren „Landlern" gerne besucht. Ihre Heimat 
Salzburg und Oberösterreich hat sich ja seit jeher durch 
besondere Religiosität ausgezeichnet. Und dieser Ein 
stellung trägt unser Feldkurat in weitestem Maße Rech 
nung. Seine Predigten, welche er zumeist auf religiöse 
Themen mit soldatischem Einschlag und Behandlung gerade 
aktueller Themen einstellt, werden gerne gehört. Gerade 
durch seine jeder Frömmelei entbehrende Frömmigkeit 
wirkt er überzeugend. Ist er den Rainern in Zeiten der 
Ruhe ein Freund und Berater, von dem sie sich ein liebe 
volles Eingehen in ihre Angelegenheiten erwarten können, 
so tritt dieses, sein ganzes Wesen ausfüllende Tun wäh 
rend des Gefechtes noch mehr in Erscheinung. Hier tröstet 
er einen Verwundeten, dort einen Sterbenden, überall 
hat er das richtige Wort, das den Seelenfrieden bringt. 
Er wirkt wie ein guter Geist, dessen bloße Anwesenheit 
schon Entspannung auslöst. 
Heute geht es beim IV. Baon gar festlich her. In 
Gottes freier Natur, im Walde, ist der Altar aufgebaut. 
Rund herum staut sich die Menge der Gläubigen. Jeder 
ist von der Weihe der Situation erfaßt. Die letzten Klänge 
der von Chargen vorgetragenen Deutschen Messe von 
Schubert sind verhallt. Nun spricht Feldkurat Spitzl, 
schlichte, einfache Worte von der Kameradschaft, von 
der Freundschaft. Und als er endet, glänzt in manchem 
Männerantlitz eine Träne. Eine wahrhaft soldatische An 
sprache unseres Regimentskommandanten Mjr. S ch a d 
beschließt die Feier. 
Denselben Weg, den wir gekommen, geht’s nun wieder 
zurück, zu unseren Laubhütten, zu unseren sonstigen Be 
schäftigungen. 
Die Meldungen der am 22. Mai von der Gruppe 
Gm. Müller am Tonezzaplateau vorgetriebenen Pa 
trouillen, laut welchen der Mte. Cimone kampflos erreicht 
worden sei, haben sich leider als unrichtig erwiesen. Das 
am nächsten Tage vorfühlende III. Baon des IR. 14 geriet 
in ein äußerst heftiges Artilleriefeuer und mußte sich damit 
begnügen, den in der Linie Kote 1068—1136 wohl ver 
schanzten starken Feind festzuhalten. Heute um 1.30 Uhr 
nachmittags soll nun der Angriff mit je drei Baonen des IR. 14 
und IR. 50 auf die feindliche Stellung erfolgen. Der den 
ganzen Nachmittag, aber auch abends anhaltende Nebel 
macht eine Artillerievorbereitung unmöglich, so daß sich 
Gm. Müller entschließt, den Angriff auf morgen zu 
verschieben. 
Feldkurat P. Bruno Spitzl 
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