Volltext: Einkreisung und Durchbruch der Zentralmächte [15/16]

sächlich den Krieg wollte, oder ob sie zu ihrer Haltung (ins- 
besondere während der Tage der Krise), durch Umstände 
getrieben worden ist, die sie zwar selbst, nicht aber in der Absicht 
geschaffen hatte, daß der Krieg aus ihnen erwachse. 
Es hat in England in den letzten Iahren Politiker gegeben, 
die eine enge Annäherung an Deutschland befürworteten, 
weil sie Deutschland, als stammverwandt und geistesverwandt, 
als Bollwerk gegen Rußland betrachteten. Diese Politiker 
wurden nicht gehört, weil ihr Gedanke zu sehr im Gegensatz 
zu der Richtung stand, die unter König Eduard die herrschende 
geworden war; auch nicht, weil Deutschland ein Bundesgenosse 
von bedenklicher Stärke zu sein schien. Schließlich auch darum 
nicht, weil es für einen Bundesgenossen zu steif und fried¬ 
liebend schien. Deutschland hätte sich, wenn England mit 
seiner Hilfe einen Krieg gegen Rußland hätte führen wollen, 
ohne äußerste Not nicht dazu hergegeben, während Frankreich 
und Rußland für einen Krieg gegen Deutschland leicht zu 
haben, also die verwendbareren Bundesgenossen waren. 
Unter den Politikern der anderen Seite gab es zweierlei 
Grundtendenzen. Für die einen, die Eisenfresser, war Deutsch» 
land der Feind, der geschlagen, das Karthago, das zerstört 
werden mußte. Bei jedem Anlaß wiederholten sie, man 
müsse Deutschlands Kriegsflotte vernichten, sich seiner Handels- 
flotte bemächtigen, es von den Märkten der Welt vertreiben, 
und ihm das Blut in Strömen entziehen. Rur so könne England 
wieder zum ruhigen Genuß seiner politischen und Wirtschaft- 
lichen Weltmachtstellung gelangen, die von Deutschland bedroht 
werde und die umsomehr gefährdet sei, je mehr man ihm Zeit 
lasse, sich zu kräftigen. Neben ihnen aber gab es Anhänger 
einer nicht so unbedingten und nicht bis zu den äußersten 
Konsequenzen gehenden Politik. Sie sagten, daß England 
zwar einen Angriff Deutschlands auf Frankreich nicht erlauben 
dürfe, daß es aber ein Interesse daran habe, keine der 
beiden festländischen Gruppen zu stark werden zu lassen, und 
daher einen Krieg, der dem Sieger die Abermacht bringen 
würde, verhindern müsse. Was sie nicht sagten, war, daß es 
zweckmäßig sei, die Feindseligkeit zwischen den Grup- 
pen zu erhalten, damit sich nicht etwa Deutschland 
und Rußland eines Tages gegen England einigen 
könnten, das dann den einzigen militärischen Bundes- 
genossen Japan gehabt hätte, während es selbst über 
keine auch nur einigermaßen hinreichende eigene Armee 
verfügte. Im Sinne dieser Gleichgewichtspolitiker wäre es
	        
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