Volltext: Einkreisung und Durchbruch der Zentralmächte [15/16]

solcher Völker zu besänftigen, die es diplomatisch oder im Kriege 
überwunden hatte, und um ihre künstigen Dienste als Ver¬ 
bündete oder als freundliche Neutrale zu belohnen, lieber aus 
unserem Besitz als aus eigenem zu bezahlen." (Deutschland 
hätte, nach diesem Gedankengange, die Franzosen etwa aus 
Ägypten hingewiesen, um sich dadurch ihre freundliche Neutra¬ 
lität zu erkaufen.) „Aus diesem Grunde, wenn nicht aus ande¬ 
ren, mußte uns viel daran gelegen sein, daß — wenn wir es 
irgend verhindern könnten — Deutschland nicht Europa be¬ 
herrsche. Andererseits schien sich Deutschland in dieser Zeit 
immer ernstlicher anzuschicken, diese Oberherrschaft zu erwerben. 
Von Jahr zu Jahr sprachen sich seine Schriftsteller immer 
offener und selbstbewußter aus. Deutschlands Rüstungen 
folgten seiner Politik." (Seiner ihm von mir zugeschriebenen 
Politik — müßte es heißen.) „Die schnelle Vermehrung einer 
Flotte, die das Gegenstück zu dem größten Heere Europas 
bildete, und die neue Verstärkung der Schlagkraft seines schon 
riesenhaften Heeres konnte keinen anderen Zweck haben. 
Schon von 1909 an war es unmöglich, in den Vorbereitungen 
Deutschlands etwas anderes zu sehen als eine direkte oder in¬ 
direkte Herausforderung für die Sicherheit des britischen 
Reiches.^) Infolgedessen kehrte die britische Politik schritt¬ 
weise, uneingestanden, aber sicher, zu ihren alten Linien zurück 
und sah sich wieder einmal an dem Machtgleichgewicht als der 
obersten Notwendigkeit interessiert. Das Mittel, das man 
ergriff, war die Tripelentente zwischen Großbritannien, 
Frankreich und Rußland. Der Zweck des Einvernehmens 
war, den vorausgesehenen Angriffen des Dreibunds der 
Zentralmächte, in welchem Deutschland der überwiegende Teil 
war, zu widerstehen." Nach einem geschichtlichen Rückblick 
aus die Zeiten Philipps von Spanien, Ludwigs XIV. und 
Napoleons heißt es weiter: „Daß ein Teil des britischen Kabi¬ 
netts die Gefahr von Zeit zu Zeit als ernst betrachtete, wissen 
wir aus Darlegungen dieser Minister vor und nach dem Aus- 
bruch des Krieges. Es war keine auf die Einbildungen unver¬ 
antwortlicher und schreckhafter Schriftsteller beschränkte Schi¬ 
märe. Es war nüchterne Wahrheit, daß im zwanzigsten Jahr¬ 
*) Kurz vor Ausbruch des Krieges schrieb ein entschiedener Anhänger 
des Ententegedankens, der britische Oberstleutnant Alsager Pollock, in einer 
englischen Zeitschrift, es wäre ebenso gröblich ungerecht wie albern, zu be¬ 
streiten, daß Deutschlands militärische Vorbereitungen unter den gegebenen 
Umständen für seine Sicherheit unbedingt nötig seien. — So spricht ein urteils¬ 
fähiger und wahrheitsliebender Gegner. 
2* 19
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.