Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

VIII. Dilettantenbühne. 
Die vielen Kriege, die das 18. Jahrhundert geführt hat, rissen 
dem Volkswohlstände blutige Wunden und vermehrten das Elend, 
das sich auch sonst durch verschuldete und unverschuldete Armut, 
Krankheiten und Elementar-Ereignisse einstellt, in erschreckender 
Weise. Da sollte und konnte das aus den allgemeinen Zeitideen 
geborene neue Humanitätsideal sich erproben. 
Was lag näher, als daß die Leute, welche die Schaubühne als 
einen regenerierenden Faktor betrachteten, sich von einem an solch 
wichtiger Stätte an die Herzen gerichteten Appell die wirksamsten 
Folgen versprachen? 
Und so stellte die josefinische Epoche die Bühne in den Dienst 
der Nächstenliebe, gleichgültig, ob die Träne des Mitleids vor Künstlern 
oder Laien-Schauspielern floß, sie schuf die Dilettantenbühne. 
Eine solche hat es freilich auch früher gegeben. Die Kreise, 
welche im Mittelalter das Volksschauspiel pflegten, waren ja auch 
keine Berufsschauspieler. Es sorgten zwar vielfach Stiftungen1) und 
Bruderschaften für die ständige Pflege dieses Zweiges der Seelsorge 
und es mögen auch die Rollen oft jahrelang an bestimmte Per¬ 
sonen verteilt gewesen sein, aber diese Dilettanten wußten nichts 
von einem Gegensätze zum „wirklichen“ Theater und weder erblickte 
das Mittelalter in den fahrenden Gauklern noch die Zeit der Gegen¬ 
reformation in den englischen Komödianten überlegene Rivalen. 
Wesentlich neu ist also am Liebhabertheater des 18. Jahr¬ 
hunderts das Bewußtsein der Arrangeure und Schauspieler, nur 
*) In Braunau machte z. B. im Jahre 1478 der Spitalkaplan Hans 
Behaim eine Stiftung für ein geistliches Schauspiel und englischen 
Gruß. Davon erhielt der Pfarrer 20 8, die zwei Kapläne 8 8, der Schulmeister 
32 o, der tribunus ecclesiasticus“ 8 8, die heil. Maria, 5 Engel und 5 Propheten 
vorstellende Spieler 8 o, zusammen 3 ß 22 o. (K. Meindl, Geschichte der Stadt 
Braunau 1882, II., S. 135.) 
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