Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Kopisten der Berufsschauspieler zu sein, deren Kunst man möglichst 
zu erreichen versuchen könne. 
Neu ist ferner das Stoffliche. Waren früher das Glaubensleben 
und religiöse Vorstellungen einerseits, der Alltag mit seinen oft 
drolligen Zufälligkeiten und des Menschen Schwächen anderseits 
die Quelle für dramatische Gestaltung gewesen, so griff diese Zeit 
ins volle gegenwärtige Leben und nahm bewußten Anteil an litera¬ 
rischer Mode. Man spielte, was in Wien, Graz, Prag gefallen hatte, 
man sah sich begierig an, wovon die literarischen Journale Rühm¬ 
liches zu berichten wußten. 
Mit dem Jahre 1784, in welchem Kaiser Josef II. das Armen¬ 
institut gegründet hat, beginnt weite Kreise das Bühnenfieber zu 
erfassen. Überall wird es lebendig. Beamte, Geistliche, Schullehrer 
helfen zusammen, um durch Vorstellungen so viel Geld hereinzu¬ 
bringen, daß man den „lieben Armen gern davon mitteilen konnte“, 
wie die echt josefinische Wendung noch bis vor einigen Jahren in 
unserem Feldfrüchtengebete lautete. 
Besonders die adeligen Kreise in Linz taten sich in Wohl- 
tätigkeits -Vorstellungen hervor.x) 
Cremeri dichtete nicht bloß selbst ein Stück mit dem Titel „Das 
Armeninstitut“, welches über die Dilettantenbühnen von Linz, 
Gmunden, Garsten, Kremsmünster u. a. ging, sondern er führte in 
seinem „Sittenkalender zur Verbreitung der Tugend“, den er im 
Jahre 1789 herausgab, förmlich Buch über die Tränen, die das Theater 
schon getrocknet hatte.2) 
Die Linzer Loge arbeitete in der „Linzer Zeitung“ im Sinne 
der „Menschenfreunde“, daher auch in vielen Stücken etwas Maurerei 
dabei war. Man halte sich z. B. den symbolistischen Hokuspokus 
gegenwärtig, der am 24. Juli 1786 gelegentlich der Aufführung des 
Stückes „Der Bauer aus dem Gebirge“ getrieben wurde. Die 
„Linzer Zeitung“ berichtet: 
Am Ende gaben sie noch eine sich recht sehr auszeichnende englische 
Scene, von der wir den Hauptgedanken unsern Lesern bekannt zu machen für 
eine Pflicht halten. Die Bühne stellte einen prächtigen Tempel vor, in der 
Mitte war ein Altar, auf dem ein großes Buch lag, am Altar saß die Religion 
auf ihren Arme gestützt in der ihr eigenen Sanftmuth, die Schlange unter 
2) In der Zeit vom Herbste 1791 bis zum September 1792 spielten sie 
z. B. einigemal den „Gutsherrn“ und die Oper „La bella pescatrice“ 
zum Besten der Armen. 
2) Nach seinem Verzeichnisse, das allerdings nicht ganz genau ist, gingen 
von 1784—1789 durch Armenvorstellungen bei 5000 fl. ein.
	        
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