Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Anhang 
Verwunderung blickte er auf das Leben dieser „nur die Gesellschaft von 
Palmen“ teilenden Einsiedler, die in ihre kleinen Kommunen „lebensmüde 
Menschen“, Menschen, die die Stürme dieser tragischen Epoche flohen, 
aufnahmen. Um diese Zeit zweigte sich von der essäischen Bewegung 
bereits eine Seitenrichtung ab, das Christentum, das seinen Apolitismus 
in aktiver Weise geltend machte, indem es sich mit seiner Predigt des 
Himmelreiches und des religiösen Individualismus selbst mitten ins Le 
ben stürzte. 
Note U: Der damascenische „Neue Bund“ 
Im Jahre 1910 veröffentlichte S. Schechter ein von ihm in der „Ge- 
nisa“ von Kairo auf gefundenes altes hebräisches Manuskript, das ein im 
Namen der „dem neuen Bunde im Lande von Damascus ßeigetretenen“ 
abgefaßtes Sendschreiben an das Volk enthält (Documents of Jewish 
sectaries: Fragments of a Zadokite Work. Cambridge, 1910). Aus dem 
fragmentarischen Text des Schreibens ist zu ersehen, daß es im Augen 
blick einer Krise in Judäa abgefaßt worden war, als irgendein „leicht 
sinniger Mensch“ (Isch ha’lazon) das Volk vom Wege der Wahrheit ab 
zulenken begann, die Gesetze übertrat und die Rechtschaffenen Verfol 
gungen aussetzte; diese Verfolgungen veranlaß ten viele, Judäa zu ver 
lassen und sich in Damaskus anzusiedeln, wo sie einen „Neuen Bund“ 
(Brith chadascha) gründeten. Der Bund setzte sich aus vier Gruppen zu 
sammen: aus Kohanim, Leviten, einfachen „Israeliten“ und „Gerim“ 
(Neubekehrte); an seiner Spitze standen zehn aus den ersten drei Gruppen 
Erwählte. Die Lehre der Sekte besagte, soweit man auf Grund der frag 
mentarischen Darstellung zu urteilen vermag, folgendes: die gesetzlichen 
Häupter des Volkes müßten die „Söhne Zadoks“ sein, die Abkömmlinge 
jenes Priestergeschlechtes, dem noch der Prophet Jeheskel die Herrschaft 
vorausgesagt hat; König David konnte die Thoragesetze noch nicht be 
obachten, denn die heiligen Bücher lagen bis zum Hervortreten Zadoks 
in der Lade versiegelt; demselben priesterlichen „Aaronsgeschlechte“, 
nicht aber dem Hause des Königs David, wie das allgemein gültige Dogma 
es wollte, müsse auch der Messias entstammen. Dies der Grund, warum 
auch jetzt, da Gesetzlosigkeit herrsche, die „Aaronssöhne“ (die Priester) 
die Errettung der nach Damaskus übergesiedelten Auswanderer aus Ju 
däa auf sich genommen hätten: irgendein „Lehrer der Wahrheit“ weist 
nunmehr den von der Wahrheit Abgeirrten den richtigen Weg. Die wich 
tigsten Gebote des „Neuen Bundes“ sind die folgenden: die die Sabbat 
heiligung betreffenden Thoravorschrif ten sind strengstens zu befolgen und 
sogar die Verrichtung der unerläßlichsten Arbeiten ist am heiligen Tage 
zu unterlassen; die Monogamie ist aufs peinlichste einzuhalten, nahe An 
verwandte, z. B. Nichten, dürfen nicht geehelicht werden; alle die ri 
tuelle und geschlechtliche Reinheit betreffenden Satzungen sowie die Spei 
segesetze sind zu beobachten; man soll den Nächsten lieben, Arme und 
Hilfsbedürftige unterstützen und dergl. mehr. Der Verfasser des Schrei- 
37 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Yolkes, Bd.II 
5 77
	        
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