Volltext: Das Schützenregiment Graz Nr. 3 und der steirische Landsturm im Weltkrieg 1914 - 1918 II. Band (II. / 1931)

sein Beispiel, seine Leutseligkeit und seine große Menschenkenntnis jene 
Begeisterung zu erwecken, welche die Truppen zu den höchsten Leistungen 
befähigte. 
Am 31. Mai um 15 Uhr verschob sich das Rgt. über Kote 1325 entlang des 
Saumweges nach Casara Rigoni. Sowohl der Rgtsstab als auch das I. und 
HI. Baon kampierten im Walde nordöstl. Asiago. Der Angriff auf das Becken 
von Asiago erfolgte von Canove-Interotto, bezw. Mte. Nos und Mte. Baldo aus. 
Innerhalb zweier Wochen hatten die Truppen außer einer Anzahl der 
stärksten und modernsten Panzerwerke über 40 andere moderne Werke, 26 be¬ 
festigte Defensivkasernen und zahlreiche Batteriestellungen niedergekämpft und 
genommen, die überdies in dem schwierigen Gebirgsgelände die stärkste An¬ 
lehnung und Stütze gefunden hatten. Trotz dieser Unterstützung durch Kunst 
und Natur hatten sie den Italiener vollständig geschlagen und bis an die letzten 
Höhenabfälle zur venetianischen Ebene zurückgeworfen. Unsere Inf. hat hier 
gezeigt, daß sie unvergleichlich ist an Tapferkeit, Ausdauer und Angriffsgeist. 
Alle Gefangenen hatten aus die Frage nach ihren Eindrücken nur eine Antwort: 
„Eure Geschütze speien die Hölle, eure Leute sind nicht Soldaten, sie sind Löwen". 
Am 31. Mai verlies die eig. Front, dem Astico- und Assa-Tale folgend, nach 
Asiago und Gallio, gegen Nord über Mte. Baldo, Fiara zum Cm. di campo 
Bianca. Asiago wurde am 30. Mai durch Truppen des Hl. Kps. genommen. Die 
Absicht des Gegners, diese Stadt durch einen starken Gegenstoß zurückzugewin¬ 
nen, war wahrscheinlich. 
Die schöne, in einem Gebirgstal 1000 Meter über dem Meere gelegene 
Stadt Asiago, nach der alten eimbrisch-deutschen Bezeichnung „Sleghe" genannt, 
wurde nun von der sdl. Art. mit allen Kalibern beschossen. Trotz der zerstören¬ 
den Wirkung blieb die Stadt der Anziehungspunkt der folgenden Truppen. 
Auch vom Rgte., das am 1. Juni den Befehl erhalten hatte, sich als Res. der 
12. I.Brig. an den Waldrand nördl. Billa Rossi zu verschieben, begaben sich 
Gruppen in die eine schwache halbe Stunde entfernte Stadt. Gewohnt an Not 
und Leid, Tod und Verderben, konnte doch keiner von uns die Stadt ohne 
schmerzlichstes Empfinden, ohne tiefe Rührung verlassen. Die in Eile geräumten, 
einsamen Häuser, die verödeten, durch die rasche Flucht mit vielem Hausrat 
bedeckten Straßen, in denen Hühner und Ziegen, Katzen und Hunde wehklagend 
ihre Herren suchten, redeten eine Sprache, die das härteste Herz erzittern ließ. 
Mitten im schaffenden Leben, mitten im Treiben des Alltags kam der Fluch 
„Krieg" und riß ihnen allen Feder und Hammer, Kochlöffel' und Laute aus der 
Hand. Unter dem gellenden Schrei „Fliehen!" erstarb das Wort des Lehrers, 
des Pfarrers, des Vaters und der Mutter und zwang sie alle, ihre kostbaren 
Güter zurückzulassen, um wenigstens das nackte Leben zu retten. Dort stand 
ein Gemüsestand mit rotwangigen Paradeisäpseln» offen standen die Kaufläden 
der Schuster, der Schneider, der Goldarbeiter, der Krämer und Tischler. Überall 
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